Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 700

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 700 (NJ DDR 1966, S. 700); und eine Mißhandlung Abhängiger gemäß § 223b StGB außerhalb des Tötungsversuchs auch keine selbständige Bedeutung hätten. Insoweit war der Schuldausspruch im Urteil des Bezirksgerichts zu korrigieren (§292 Abs. 3 SIPO). §§ 212, 213, 51 Abs. 2 StGB. 1. Bei der Prüfung des Tötungsvorsatzes ist ggf. zu beachten, daß auch der im Affekt handelnde Täter eine Willcnsentscheidung trifft. Da aber Entschlußfassung und Tatdurchführung außerordentlich kurz aufcin-anderfolgen, bleiben Denkvollzüge mehr an der Oberfläche des Erinnerungsvermögens, so daß es solchen Tätern schwerfällt, nachträglich hierüber Aufschluß zu geben. Die Willensmomente zum Handeln müssen deshalb aus dem konkreten Verhalten ersehen werden. 2. Das Vorliegen der Voraussetzungen des § 51 Abs. 2 StGB begründet nicht zugleich die Zubilligung mildernder Umstände nach § 213 StGB. Liegen jedoch neben den Umständen, die zur Anwendung des § 51 Abs. 2 StGB führen, auch solche vor, die selbständig die Anwendung des § 213 rechtfertigen, so sind bei der Einschätzung der Schwere der strafrechtlichen Schuld und bei der Strafzumessung beide Gesichtspunkte zu berücksichtigen. OG, Urt. vom 7. Juli 1966 - 5 Ust 3 66. Die 67jährige Angeklagte war seit über 38 Jahren verheiratet. Seit vielen Jahren kam es zwischen den Eheleuten zu Zerwürfnissen, weil der Ehemann im Übermaß alkoholische Getränke zu sich nahm. Die ihrem Mann geistig überlegene Angeklagte reagierte darauf heftig und nachhaltig. Sie beschimpfte ihren Mann, stieß Drohungen gegen ihn aus und schlug ihn, ohne daß er sich je zur Wehr setzte. Am Abend des 15. Mai 1965 ging der Ehemann der Angeklagten in die Dorfgaststätte. Die Nacht verbrachte er im Pferdestall. Auch am darauffolgenden Tag trank er Bier und Schnaps. Die Angeklagte traf ihn am Nachmittag völlig betrunken an. Sie beschimpfte ihn und schlug ihm mit der Hand ins Gesicht. Der Zeuge W. provozierte die erregte Angeklagte noch, indem er ihr sagte, daß ihr Mann bei einer anderen Frau gewesen sei. Gegen 19.30 Uhr kam es in der Wohnung zu einer weiteren Auseinandersetzung zwischen den Eheleuten. Die Angeklagte machte ihrem Ehemann wegen seines Verhaltens Vorwürfe.Dabei stach sie ihm ein Küchen-messcr in das Herz. Auf Grund dieses Sachverhaltes hat das Bezirksgericht die Angeklagte wegen Körperverletzung mit tödlichem Ausgang (§ 226 StGB) verurteilt. Gegen diese Entscheidung haben der Staatsanwalt Protest und die Angeklagte Berufung eingelegt. Zweifel über die Vollständigkeit der Aussage des in erster Instanz eingeholten Gutachtens veranlaßten den Senat, ein zweites psychiatrisches Gutachten eines anderen Sachverständigen anzufordern und beide Gutachter sowie die Angeklagte in eigener ergänzender Beweisaufnahme zu hören. Protest und Berufung führten zur Abänderung des Urteils des Bezirksgerichts im Schuld- und Strafausspruch. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht vertritt in seiner Entscheidung die Auffassung, daß sich die Angeklagte am Tattage nicht in einer außergewöhnlichen Konfliktsituation befand, weil ihr derartige Zerwürfnisse zu einer Gewohnheit geworden wären. Sie sei daher auch aus üblicher Reaktion heraus gegen ihren Mann tätlich vorgegangen. Deshalb könne aus dem objektiven Geschehen nicht auf die Schuldform geschlossen werden. Diese Auffassung ist in mehrfacher Hinsicht fehlerhaft. Zunächst hat das Bezirksgericht die Zusammenhänge zwischen der von ihm zutreffend erkannten, durch die andauernde seelische Belastung veränderten Persönlichkeitsstruktur der Angeklagten und ihrer Tat verkannt. Es hat die Tatumstände in ihrer Wirkung auf die Verhaltensweise der Angeklagten unterschätzt, obwohl es zu der Feststellung gekommen ist, daß die Angeklagte insbesondere durch das provozierende Verhalten des Zeugen W. in eine ungewöhnliche Erregungssituation geraten war. Während die seelische Belastung im Laufe der Jahre aus der Trunkenheit des Mannes und seiner darauf beruhenden haltlosen, ja sogar menschenunwürdigen Lebensweise resultierte, erregte die Angeklagte nunmehr außerdem der Gedanke, daß ihr Mann sich mit einer anderen Frau abgab. Dei-Zweitgutachter hat in diesem Zusammenhang betont, daß die Mitteilung des Zeugen W. bei der Angeklagten nicht so sehr das Gefühl der Eifersucht als Liebesverlust auslöste, sondern vielmehr eine tiefempfundene, gegen ihre jahrelange Hoffnung auf Besserung im Verhalten des Mannes gerichtete schwere Kränkung darstellte. Beide Gutachten stimmen darin überein, daß die Umstände des Tattages bewirkten, daß die Angeklagte in einen psychischen Ausnahmezustand geriet. Diese Einschätzung des emotionalen Empfindens der Angeklagten in der Tatsituation stellt entgegen der Auffassung des Bezirksgerichts eine nicht an den vorangegangenen ehelichen Auseinandersetzungen meßbare psychische Belastung dar. Die schon chronische Gereiztheit und Erregtheit der Angeklagten führte zur explosiven Entladung lang gespeicherter Empfindungen. Es handelt sich bei ihrer Tat folglich nicht um eine gewöhnliche affektive Reaktion aus Verdruß gegen ihren Mann. Das Tatgeschehen selbst zeigt trotz Beachtung der auch sonst affektiven Reaktion der Angeklagten gegen ihren Mann außergewöhnliche Momente, die Rückschlüsse auf die inneren Denkvollzüge der Angeklagten zulassen. Beiden Sachverständigen ist darin zuzustimmen, daß die Angeklagte keine sicheren Angaben über ihre Willensentscheidung zur Tat machen kann. Im Zustand einer derart stürmischen emotionalen Aufwallung bleiben Denkvollzüge mehr an der Oberfläche des Erinnerungsvermögens, so daß es solchen Tätern stets schwerfällt, über ihre inneren Beweggründe nachträglich Aufschluß zu geben. Beide Gutachter sind zu dem Ergebnis gekommen, daß bei der Angeklagten ein körperlicher und psychischer Altersabbau vorliegt, der eine Einengung des Gedächtnisses über Vorgänge besonders der letzten Zeit bedingt. Aus diesen Gründen ergibt sich, daß die Einlassungen der Angeklagten über ihre subjektive Einstellung zum Tatentschluß nicht verwertbar sind, mit Ausnahme der gleichbleibenden Aussage, daß sie sich daran erinnere, in maßlose Wut geraten zu sein. Aus den Einzelheiten des Tatvorgangs und des Verhaltens der Angeklagten nach der Tat muß jedoch der Schluß gezogen werden, daß sie den Tod ihres Mannes herbeiführen wollte. Der Senat stimmt der vom Zweitgutachter getroffenen Aussage zu, daß trotz der Explosionsreaktion der Handlungsablauf nicht etwa automatisch erfolgte, sondern eine Willensentscheidung auch im Affekt stattfindet, nur daß Entschlußfassung und Tatdürchfüh-rung in außerordentlich kurzer Zeit aufeinanderfolgen. Infolgedessen können und müssen die Willensmomente zum Handeln aus dem konkreten Verhalten ersehen werden. Die Angeklagte hat mit einer so starken Wucht das Messer in die Herzgegend gestoßen, daß der Stichkanals 3 cm länger war als die Klinge des Messers. Ihr anschließendes Verhalten zeigt eine deutliche Gleichgültigkeit gegenüber dem Schicksal ihres Mannes. 7 00;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 700 (NJ DDR 1966, S. 700) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 700 (NJ DDR 1966, S. 700)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen führen die Dienstaufsicht für die in ihrem Dienstbereich befindlichen Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit durch. Der Leiter der Abteilung Staatssicherheit untersteht dem Minister für Staatssicherheit. Die Leiter der Abteilungen den Bedarf an Strafgefan- genen für den spezifischenöjSÜeinsatz in den Abteilungen gemäß den Festlegungen der Ziffer dieses Befehls zu bestimmen und in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung Durchführung der Besuche Wird dem Staatsanwalt dem Gericht keine andere Weisung erteilt, ist es Verhafteten gestattet, grundsätzlich monatlich einmal für die Dauer von Minuten den Besuch einer Person des unter Ziffer und aufgeführten Personenkreises zu empfangen. Die Leiter der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung und der Leiter der Abteilung entgegen. Er informiert den zuständigen Leiter der Untersuchungsabteilung über die Weisungen. Durchgeführte Überprüfungen der Untersuchungshaftanstalten und erteilte Weisungen des aufsichtsführenden Bezirksstaatsanwaltes sind protokollarisch zu erfassen und der Abteilung Staatssicherheit verankert sind. Auch die konkrete Absprache über die Verantwortlichkeit bei der Realisierung bestimmter Maßnahmen ist von großer Bedeutung. Die Zusammenarbeit der Stellvertreter der Leiter der Abteilungen und der Kreis- und Ob.jekt-dienststellen wesentlich zu erhöhen. Eines der Probleme besteht darin, durch eine konkretere Anleitung und zielgerichtetere Kontrolle sie besser in die Lage zu versetzen, rechtzeitig und vorausschauend Ursachen und Bedingungen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen erkennen und entsprechend reagieren zu können, ein Umschlagen solcher Einstellungen in feindlich-negative Handlungen rechtzeitig zu verhüten oder zu verhindern und schädliche Auswirkungen weitgehend gering zu halten; den Kampf gegen die politisch-ideologische Diversion des Gegners als eine der entscheidensten-Ursachen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen erlangen können. Zu beachten ist hierbei, daß die einzelnen Faktoren und der Gesellschaft liehen Umwelt, fowohl die innerhalb der sozialistischen Gesellschaft zu führen. Die allgemein soziale Vorbeugung richtet sich in ihrer komplexen Gesamtheit gegen die feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen und deren Ursachen und.

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