Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 564

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 564 (NJ DDR 1966, S. 564); dem gesellschaftlichen Rechtspflegeorgan nicht möglich ist16. Dabei geht Buchholz auf die spezielle LPG-recht-liche Problematik nicht ein. Seiner Meinung nach soll sogar die Anwendung der gebührenpflichtigen Verwarnung geprüft werden. Buchholz bringt damit zum Ausdruck, daß für die Verfolgung von Eigentumsverletzungen mit unbedeutenden Schäden neben der strafrechtlichen Verantwortlichkeit andere Rechtsformen geeignet sein können. Diesem Grundgedanken ist zuzustimmen; problematisch ist nur, ob das Ordnungsstrafrecht und die gebührenpflichtige Verwarnung die geeigneten Mittel sind. Nach geltendem Recht umfassen Ordnungswidrigkeiten solche Handlungen, die als Disziplinlosigkeiten eine wirksame staatliche Leitungstätigkeit erschweren, indem sie die Durchführung bestimmter staatlicher Aufgaben hemmen, die öffentliche Sicherheit und Ordnung stören oder wirtschaftsleitende Maßnahmen bzw. Schutz- und Sicherungsmaßnahmen in ihrer Wirksamkeit behindern oder erschweren. Hierbei handelt es sich vor allem um die ordnungsgemäße Regelung der sozialistischen Produktion auf der Grundlage des heutigen Standes der Produktivkräfte und den Schutz der äußeren Ordnung in unserem Staat. Das Ordnungsstrafrecht schützt aber nicht grundlegende gesellschaftliche Verhältnisse, wie z. B. das sozialistische Eigentum oder die Rechte und Interessen der Bürger. Es geht im Prinzip auch davon aus, daß der Rechtsverletzer bekannt ist, und kennt demzufolge nur sehr beschränkte Ermittlungsmöglichkeiten. Schließlich wird es von dem Grundsatz beherrscht, daß es im Ermessen des Leiters des mit Ordnungsstrafbefugnis ausgestatteten Organs liegt, ob ein Verfahren durchgeführt wird. Zur Sicherung der Interessen jedes einzelnen Bürgers erscheint es uns aber notwendig, prozessual den Grundsatz der Strafverfolgung mit dem möglichen Einsatz prozeßrechtlicher Maßnahmen beizubehalten, um z. B. unbekannte Täter ermitteln zu können oder Beweise zu sichern. So werden auch bisher als Übertretungen verfolgte geringfügige Eigentumsdelikte (§ 370 Abs. 1 Ziff. 5 und 6 StGB) materiell- und prozeßrechtlich als Straftaten behandelt. In den anderen sozialistischen Ländern geht die Entwicklung ebenfalls dahin, vor allem die Wirksamkeit der gesellschaftlichen Rechtspflegeorgane zu verstärken. Selbst wo ein verhältnismäßig umfassendes Ordnungsstrafrecht besteht, entscheiden in der Regel Kollektivorgane der örtlichen Räte. Als ein wichtiger Gesichtspunkt kommt jedoch hinzu, daß in der Moral- und Rechtsauffassung unserer Bevölkerung kleine Eigentumsdelikte nicht bloße Ordnungsverstöße sind. Deshalb hat z. B. die Entwendung eines geringen Geldbetrags, eines Sacks Futtermittel oder einer Tüte Kaffee einen anderen Charakter und auch moralisch eine andere Qualität als die Verletzung von Sicherheits- und Ordnungsbestimmungen. Schließlich zeigen die von Buchholz verwendeten Begriffe „unbedeutende Entwendungen“ für Ordnungswidrigkeiten und „ohne bedeutenden Schaden“ für Straftaten, daß eine solche Abgrenzung auch praktisch nicht möglich ist. In den Genossenschaften bieten sich wirksame Methoden zur Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte bei der Überwindung geringfügiger Strafrechtsverletzungen an. Die unmittelbare Beratung und Entscheidung über eine solche Handlung ist hier viel wirksamer als z. B. der Erlaß einer polizeilichen Strafverfügung, und zwar selbst dann, wenn dieser die gesellschaftliche Auswertung der Straftat vorhergeht oder folgt. Für die Vielzahl der Angriffe auf das genossenschaftliche Eigentum sind eine relativ geringe Schwere der 16 Buehholz, a. a. O., S. 534. Schädigung sowie auch andere Merkmale einer leichten Rechtsverletzung typisch. In den früheren Diskussionen wurde deshalb ein besonderer Tatbestand für diese leichten Vergehen vorgeschlagen17. Im Gegensatz zum Tatbestand „fahrlässige Wirtschaftsschädigung“ wurde die materielle Verantwortlichkeit für besondere Einzelfälle nicht als Sanktion aufgenommen. Richtig ist davon ausgegangen worden, daß die materielle Verantwortlichkeit für Eigentumsdelikte als alleinige Sanktion infolge der Schwere der Schuld und der unterschiedlichen Zielrichtung der Handlung hier Vorsatz und Bereicherungsstreben, dort ausschließlich fahrlässige Schädigung nicht ausreicht. Bei der Verletzung sozialer Anforderungen und Pflichten und bei der moralischen Bewertung ist auch danach zu unterscheiden, ob Sachen gestohlen oder im Produktionsprozeß fahrlässig in ihrer Substanz gemindert werden. Bei Eigentumsdelikten ist materielle Verantwortlichkeit allein wirkungslos, weil lediglich die entwendeten Sachen bzw. ihr Ersatz herausgegeben werden müßten18. Deshalb erscheint hier die disziplinarische Verantwortlichkeit als die geeignete Form, weil sowohl ein Äquivalenzausgleich als auch zusätzlich eine fühlbare Sanktion erfolgt und dadurch insgesamt der Schutz des genossenschaftlichen Eigentums wirksam gewährleistet wird. Bei derartigen, in der Regel einmaligen Handlungen kann die Erziehung des Täters durch konsequent angewendete Disziplinarmaßnahmen durchaus erreicht werdend Es sollte daher geprüft werden, ob dieser Grundsatz nicht gesetzlich ausdrücklich festzulegen ist. Diese Auffassung zwingt uns, zur Problematik derjenigen Handlungen Stellung zu nehmen, die gegenwärtig den Tatbestand eines Eigentumsdelikts erfüllen, bei denen aber die schädlichen Auswirkungen und die Schuld des Täters so unbedeutend sind, daß Rechte und Interessen der Bürger oder der Genossenschaft nicht in strafrechtlich relevanter Art geschädigt wurden. Buchholz und andere Autoren wollen das Problem damit lösen, daß sowohl die Fälle des § 8 StEG als auch geringfügige Eigentumsdelikte ggf. ordnungsstrafrechtlich verfolgt werden. Wir sind der Meinung, daß solche in der Landwirtschaft oft vorkommenden Handlungen wie ,z. B. die Mitnahme einiger Kilo Kartoffeln, eines Bündels Heu oder einiger Rüben weder Straftaten noch Ordnungswidrigkeiten sind. Diese Handlungen sind zwar nicht zu rechtfertigen, sie sind aber von der objektiven Interessenschädigung her keine strafbaren Rechtsverletzungen. Das gilt vor allem dann, wenn keine erschwerenden Kriterien vorliegen. Entscheidend ist hier, daß auf diese Handlungen überhaupt reagiert wird und daß vor allem mittels der Kraft des Kollektivs und der öffentlichen Meinung die geringfügigen Schädigungen überwunden werden. Gesetzgeberisch tritt damit die Frage auf, ob nicht als Konsequenz des unterschiedlichen Charakters derartiger Handlungen bestimmte Schlußfolgerungen zu ziehen sind. M. Benjamin/Schmidt wiesen bereits darauf hin, daß solche Handlungen z. B. in der CSSR als Verfehlungen charakterisiert werden, die vorrangig vor den gesellschaftlichen Rechtspftegeorganen behandelt werden, sofern die disziplinarische oder materielle Verantwortlichkeit nicht ausreicht19. Sie schlugen vor, auch in unserem Rechtssystem diese Handlungen als leichteste Gruppe von Straftaten ge- 17 Buchholz, a. a. O., S. 532. 18 Im Gegensatz zu Weber, „Kriminalitätsbekämpfung und Komplexität des sozialistischen Rechts“, Staat und Recht 1966, Heft 6, S. 974, sind wir der Auffassung, daß es sich bei der Verpflichtung zur Zahlung eines Mehrfachbetrages des Entwendeten nicht um materielle, sondern um disziplinarische Verantwortlichkeit, allerdings mit materiellen Sanktionen, handelt. 19 M. Benjamin/Schmidt, „Die Verantwortlichkeit für leichte Vergehen“, Staat und Recht 1966, Heft 1, S. 28 ff. 5 64;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 564 (NJ DDR 1966, S. 564) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 564 (NJ DDR 1966, S. 564)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft fester Bestandteil der gewachsenen Verantwortung der Linie Untersuchung für die Lösung der Gesamtaufgaben Staatssicherheit bleiben wird. Im Zentrum der weiteren Qualifizierung und Vervollkommnung der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung zur Klärung der Frage Wer ist wer? muß als ein bestimmendes Kriterium für die Auswahl von Kandidaten ableiten: Frstens müssen wir uns bei der Auswahl von Kandidaten vorrangig auf solche Personen orientieren, die sich aufgrund ihrer bisherigen inoffiziellen Zusammenarbeit mit dem Staatssicherheit vom und der Vereinbarung über die Aufnahme einer hauptamtlichen inoffiziellen Tätigkeit für Staatssicherheit vom durch den Genossen heimhaltung aller im Zusammenhang mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Tatbegehung, der Ursachen und Bedingungen, des entstandenen Schadens, der Persönlichkeit des Beschuldigten sowie des Verhaltens vor und nach der Tat.

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