Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 498

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 498 (NJ DDR 1966, S. 498); zur erzieherischen Einflußnahme auf den Täter obwohl dieser bisher noch keine Bereitschaft zur Wiedergutmachung erkennen ließ könnte auch seitens des, Staatsanwalts erfolgen. Die Konsequenz wäre, im genannten Vorschlag das Wort „Verurteilung“ durch „Verpflichtung“ zu ersetzen, damit wie in allen anderen Fällen des Absehens von Strafe auch hier der Staatsanwalt die gleichen Rechte erhält. Praktische Bedeutung erhält diese Regelung vor allem dann, wenn eine Übergabe an gesellschaftliche Rechtspflegeorgane nicht möglich ist, der Täter jedoch durch die gesellschaftliche Einwirkung eines Kollektivs zu verantwortungsbewußtem Verhalten erzogen werden kann. In der Gesetzgebungsarbeit ist vorgeschlagen worden, eine solche Bestimmung ausdrücklich zuzulassen. Damit würde der Grundsatz durchgesetzt, daß dann, wenn andere Formen der rechtlichen Verantwortlichkeit zur Erziehung des Rechtsverletzers ausreichen, kein Raum für die strafrechtliche Verantwortlichkeit mehr gegeben ist. Das gleiche Ergebnis würde auch erreicht, wenn folgende Bestimmung aufgenommen würde: „Die strafrechtliche Verantwortlichkeit entfällt, wenn im Einzelfall, insbesondere bei geringem Verschulden, die materielle oder disziplinarische Verantwortlichkeit zur Erziehung des Täters geeignet ist und angewandt wird.“ In der StPO müßte dazu das Recht des Staatsanwalts festgelegt werden, diese Verfahren einzustellen, wenn „durch andere gesetzlich vorgesehene Maßnahmen eine ausreichende erzieherische Wirkung auf den Bürger erreicht werden kann.“ Eine ähnliche Regelung ist bereits in § 14 Abs. 1 Ziff. 2 der OrdnungsstrafVO vom 5. November 1963 (GBl. II S. 773) enthalten und auch künftig vorgesehen. Mit diesen Bestimmungen würden die Fälle der fahrlässigen Wirtscha'ftsschädigung und der kleinen Eigentumsdelikte erfaßt, bei denen sowohl von der Schuld, den Folgen der Tat als auch von der Täterpersönlichkeit her alle Voraussetzungen gegeben sind, daß außerstrafrechtliche Formen der Verantwortlichkeit ausreichen12. (wird fortgesetzt) 2 Zu dieser gesamten Problematik gehört auch die Frage der Abgrenzung Straftat Nichtstraftat, auf die konkret im Zusammenhang mit den Konsequenzen für die Straftatbestände eingegangen wird. CERHART MÜLLER, Staatsanwalt beim Generalstaatsanwalt der DDR Zur prozessualen Stellung des Staatsanwalts in der künftigen ZPO Die bisherigen prozessualen Rechte des Staatsanwalts in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtsverfahren sind gesetzlich in verschiedenen Einzelbestimmungen geregelt. Danach kann der Staatsanwalt in allen diesen Verfahren durch Abgabe mündlicher oder schriftlicher Stellungnahmen oder durch Abgabe von Rechtsgutachten mitwirken (§ 22 Abs. 1 Buchst, c StAG), und er kann die Prozeßakten anfordern (§ 22 Abs. 2 StAG). Er ist darüber hinaus in allen Arbeitsrechtssachen berechtigt, selbst Klage zu erheben, Anträge zu stellen und Rechtsmittel einzulegen (§ 15 GBA). Ein eigenes Antragsrecht hat der Staatsanwalt auch hinsichtlich der Einleitung eines Verfahrens wegen Entmündigung infolge Geisteskrankheit oder Geistesschwäche (§ 646 ZPO), wegen Todeserklärung (§ 16 Abs. 2 Buchst, a Verschollenheitsgesetz), wegen Feststellung der Nichtigkeit einer Ehe (§ 35 Abs. 2 FGB) und wegen Anfechtung der Vaterschaft eines während der Ehe oder bis zum Ablauf des 302. Tages nach ihrer Beendigung geborenen Kindes (§ 62 Abs. 2 FGB). Neu hinzugekommen ist das Klagerecht des Staatsanwalts wegen Feststellung der Unwirksamkeit eines beurkundeten Vaterschaftsanerkenntnisses bzw. wegen Aufhebung einer gerichtlichen Vaterschaftsfeststellung (§§ 59 Abs. 3, 60 FGB). Diese dem Staatsanwalt eingeräumten prozessualen Rechte haben sich in der Praxis bewährt und als notwendig erwiesen. Sie sind daher weder abzuschaffen noch einzuschränken. Dagegen ist für die Gestaltung der künftigen ZPO zu prüfen, ob diese Rechte nicht für das Zivilverfahren erweitert werden müssen. Das gilt besonders für die Frage, ob ein Klage-, Antrags- und Rechtsmittelrecht des Staatsanwalts geschaffen werden soll. Das kann nicht ohne Einschränkung bejaht werden, da die für das Klagerecht des Staatsanwalts in Arbeitsrechtssachen und in bestimmten Familiensachen maßgebenden Gesichtspunkte nicht bzw. nicht im gleichen Maße auf Zivilsachen zutreffen. Das Klagerecht des Staatsanwalts in A r b e i t s -rechtssachen ist vor allem zur besseren Gewährleistung der einheitlichen und richtigen Anwendung des sozialistischen Arbeitsrechts als eines wichtigen Mittels unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates zur Ver- wirklichung seiner ökonomischen Politik notwendig. Jeder ungelöste Arbeitsrechtsstreit hemmt wenn auch in unterschiedlichem Maße die Herausbildung des sozialistischen Rechtsbewußtseins und seines Kernstücks, einer sozialistischen Arbeitsmoral. Zur Überwindung dieser Hemmnisse und somit zur besseren Durchsetzung der wirtschaftlich-organisatorischen und kulturell-erzieherischen Funktion des sozialistischen Arbeitsrechts ist oft ein Eingreifen des Staatsanwalts unvermeidlich. In Anbetracht der überragenden Bedeutung der durch das Arbeitsrecht geregelten gesellschaftlichen Verhältnisse muß der Zufallsfaktor bei der Beseitigung von Ungesetzlichkeiten, wie er bei einer alleinigen prozessualen Dispositionsbefugnis der Partner des Arbeitsrechtsverhältnisses vorhanden wäre, weitgehend ausgeschlossen werden. Mit anderen Worten: Das Klagerecht des Staatsanwalts in Arbeitsrechtssachen ist ein notwendiger Sicherungshebel des sozialistischen Staates zur strikten Wahrung des sozialistischen Arbeitsrechts. Es darf auch nicht übersehen werden, daß der Staatsanwalt das Klagerecht in Arbeitsrechtssachen häufig im Interesse der Werktätigen ausübt, die aus verschiedenen Gründen mitunter annehmen, ihre Rechte gegenüber bestimmten Betriebsfunktionären nicht durchsetzen zu können. Dem sozialistischen Staat kann es keineswegs gleichgültig sein, wenn Werktätige in ihren arbeitsrechtlich garantierten und sich auf ihre soziale Lage oft spürbar auswirkenden Rechten beeinträchtigt werden. Das Klagerecht des Staatsanwalts Diese Gesichtspunkte, die das Klagerecht des Staatsanwalts in Arbeitsrechtssachen rechtfertigen, treffen nicht, zumindest nicht im gleichen Maße, auf die zivilrechtlichen Beziehungen der Bürger zu. Die hier geltenden gesetzlichen Bestimmungen lassen meist einen weiten Spielraum für abweichende Vereinbarungen oder Verhaltensweisen. Hinzu kommt, daß die weitere Entwicklung der sozialistischen Demokratie und die Entwicklung zum Volksstaat, die u. a. eine ständige Erhöhung der Rechtsgarantien für die Bürger bedeuten, es m. E. 498;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 498 (NJ DDR 1966, S. 498) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 498 (NJ DDR 1966, S. 498)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt muß vor der Entlassung, wenn der Verhaftete auf freien Fuß gesetzt wird, prüfen, daß - die Entlassungsverfügung des Staatsanwaltes mit dem entsprechenden Dienstsiegel und eine Bestätigung der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Untersuchungshaftanstalt bereits vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls durch das zuständige Gericht vorliegt. Das erfolgt zumeist telefonisch. bei Staatsverbrechen zusätzlich die Entlassungsanweisung mit dem erforderlichen Dienstsiegel und der Unterschrift des Ministers für Staatssicherheit und des Ministers des Innern und Chef der Deutschen Volkspolizei über die Durchführung der Untersuchungshaft - Untersuchungshaftvclizugsordnung - sowie der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung und seines Stellvertreters, den besonderen Postenanweisungen und der - Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel vor allem für die Schaffung, Entwicklung und Qualifizierung dieser eingesetzt werden. Es sind vorrangig solche zu werben und zu führen, deren Einsatz der unmittelbaren oder perspektivischen Bearbeitung der feindlichen Zentren und Objekte in abgestimmter Art und Weise erfolgt. Durch die Zusammenarbeit von Diensteinheiten des Ministeriums, der Bezirks- Verwaltungen und der Kreisdienststellen ist zu sichern, daß kein politischer Schaden entsteht. Zur Erreichung einer praxiswirksameren Umsetzung der von mir und meinen Stellvertretern gegebenen Weisungen und Orientierungen zur qualitativen Erweiterung unseres BeStandes stehen die Leiter der Hauptabteilungen und Bezirksverwaltungen Verwaltungen nicht alles allein bewältigen. Sie müssen sich auf die hauptsächlichsten Probleme, auf die Realisierung der wesentlichsten sicherheitspolitischen Erfordernisse im Gesamtverantwortungsbereich konzentrieren und die sich daraus für den Untersucht! rkung im Strafverfahren wird vollem Umfang gewährleistet sha tvcIzug ablei Aufgaben zur Gewährlei tung dieses Rechts werden voll sichergestellt. Das Recht auf Verteidigung räumt dem Beschuldigten auch ein, in der Beschuldigtenvernehmung die Taktik zu wählen, durch welche er glaubt, seine Nichtschuld dokumentieren zu können. Aus dieser Rechtsstellung des Beschuldigten ergeben sich für die Mitarbeiter eine Vielzahl von Aufgaben, deren Lösung in der erforderlichen Qualität nur durch die konsequente Anwendung des Schwerpunktprinzips möglich ist.

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