Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 496

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 496 (NJ DDR 1966, S. 496); Handlungen innerhalb der Genossenschaft als Disziplinverstöße, durch Inanspruchnahme aus materieller Verantwortlichkeit nach den Bestimmungen des LPG-Rechts oder bei Eigentumsverletzungen als Übertretung geahndet. Diese Praxis führte hinsichtlich der Wirtschaftsdelikte zu einer Einschränkung der Anwendung des § 1 WStVO2. Unabhängig vom tatsächlichen Rückgang der genannten Straftaten bestehen unterschiedliche Rechtsauffassungen über die Beurteilung von Wirtschafts- und kleinen Eigentumsdelikten. Untersuchungen im Hinblick auf die Straf- und Ordnungsstrafgesetzgebung ergaben, daß wegen geringfügiger Eigentumsdelikte im Gegensatz zu früher gerichtliche Verfahren nur noch selten durchgeführt werden3. Statt dessen werden teilweise polizeiliche Strafverfügungen erlassen, Disziplinarmaßnahmen nach LPG-Recht durch Abzug von Arbeitseinheiten oder Berechnung eines mehrfachen Schadenersatzes angewandt, nach Übergabe oder auf Antrag des Vorstands Beratungen von den Schiedskommissionen durchgeführt und Ermittlungsverfahren unter Bezugnahme auf § 8 StEG nicht eingeleitet bzw. eingestellt. Diese unterschiedliche Bekämpfung derartiger Delikte wird einer allseitigen Unterstützung der Genossenschaften nicht gerecht. Offensichtlich bestehen über die Bedeutung und die Grenzen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit und ihr Verhältnis zur disziplinarischen und materiellen Verantwortlichkeit Unklarheiten. Deshalb werden solche Handlungen „irgendwie“ in den Genossenschaften „bereinigt“. Das gewährleistet aber nicht die volle Wirksamkeit des gesamten Rechtssystems und führt dazu, daß unter Berücksichtigung des Entwicklungsstandes und der Perspektive der Bildung von Schiedskommissionen die schon bestehenden Kommissionen bisher noch nicht genügend wirksam wurden11. Die Diskussion dieser Probleme soll theoretische Verallgemeinerungen für die Anwendung der verschiedenen Verantwortlichkeitsformen ermöglichen und einen Beitrag zur Herausarbeitung der Rolle und der Grenzen strafrechtlicher Verantwortlichkeit und ihres Verhältnisses zur disziplinarischen und materiellen im LPG-Recht und zur Klärung verschiedener aktueller Probleme der Straf- und Ordnungsstrafgesetzgebung leisten. Die Abgrenzung der verschiedenen Verantwortlichkeiten im Rechtssystem Das Bestreben, Abgrenzungskriterien zwischen slraf-und LPG-rechtlicher Verantwortlichkeit zu finden und 2 Die gegenwärtige gesetzliche Regelung der WStVO entspricht nicht mehr den gesellschaftlichen, vor allem ökonomischen Bedingungen. Beim erreichten Stand der Entwicklung spielen Wirtschaftsdelikte nicht mehr die Rolle wie vor 15 Jahren, obwohl für die betroffene LPG erhebliche ökonomische Verluste eintreten können. Selbst relativ schwerwiegende Straftaten führen aber zu keiner Gefährdung der Versorgung der Bevölkerung oder zur Beeinträchtigung der Wirtschaftsplanung. Diese Feststellungen für die Strafgesetzgebung stimmen mit den Untersuchungen anderer Organe bzw. Wissenschaftler überein. Die gleiche Problematik besteht auch bei Wirtschaftsdelikten in volkseigenen Gütern. So wurden z. B. 1964 ein Genossenschaftsbauer, weil er etwa 40 kg Futtergetreide entwendet hatte, zu einem öffentlichen Tadel und eine LPG-Bäuerin wegen Wegnahme von etwa 15 kg Torf zu einem öffentlichen Tadel und 100 MDN Geldstrafe verurteilt. In einem anderen Falle erhielt ein Genossenschaftsbauer wegen Entwendung von 10 Junghähnen drei Monate Gefängnis bedingt. 4 Wenn Weber in seinem Beitrag „Zur Anwendung des § 8 StEG“ (NJ 1965 S. 438), ausführt, daß die Verlagerung der Grenze der Vergehen nach unten vor allem mit der 1960 einsetzenden Entwicklung der Konfliktkommissionen zusammenhängt, so ergibt sich demgegenüber für die Genossenschaften die Tatsache, daß die erst später folgende Bildung von Schiedskommissionen zur Herausbildung der angeführten Formen der Verantwortlichkeit für die genannten Rechtsverletzungen beitrug. eine weitgehende Trennung dieser Verantwortlichkeits-i'ormen vorzunehmen, geht davon aus, daß eine Verwischung zu einer Kriminalisierung von Rechtsverletzungen und damit zu einer im Widerspruch zu unserer gesamten Entwicklung stehenden Ausweitung des Strafrechts führen sowie gleichzeitig dessen notwendige volle Wirksamkeit in Frage stellen würde5. Zwar sind auch wir der Auffassung von M. Benjamin / R u t s c h 6, daß eine scharfe Schranke zwischen der Kriminalität als Gesamterscheinung und allen übrigen Rechts- und Moralverstößen u. E. aber nur im Bereich der kleinen Kriminalität nicht besteht. Jedoch muß die gegenwärtig unterschiedliche Einschätzung ähnlicher Handlungen und die darauf beruhende Anwendung verschiedener rechtlicher Maßnahmen überwunden werden. Mit der künftigen Gesetzgebung ist eine annähernd optimale Abgrenzung der Handlungen und ein differenzierter Einsatz der verschiedenen rechtlichen Sanktionen anzustreben, um die erzieherische Wirksamkeit des sozialistischen Rechtssystems zu steigern. Bei kleinen Delikten ist das Wesen sowohl der disziplinarischen als auch der materiellen und der strafrechtlichen Verantwortlichkeit darauf gerichtet, zu verantwortungsbewußtem Verhalten im gesellschaftlichen und persönlichen Leben zu erziehen. Jedoch zeigen sich Besonderheiten. Die disziplinarische Verantwortlichkeit wird durch Arbeitsvertrag, Mitgliedschaft, Dienstverhältnis o. ä. begründet, gilt also nur für bestimmte Personengruppen und erfaßt nicht nur Rechtsverletzungen, sondern auch Disziplinwidrigkeiten, die im Zusammenhang mit der Verletzung besonderer Pflichten stehen. Die strafrechtliche Verantwortlichkeit setzt dagegen eine schuldhaft begangene gesellschaftswidrige oder -gefährliche Handlung gegen einen Straftatbestand voraus. Sie schließt eine daneben bestehende disziplinarische Verantwortlichkeit nicht aus, so daß es u. U. zu einer doppelten Verantwortlichkeit kommen kann. Die materielle Verantwortlichkeit ist in allen ihren spezifischen Formen im System der rechtlichen Verantwortlichkeiten auf die Erziehung des Rechtsverletzers durch Wiedergutmachung des verursachten Schadens gerichtet. Je nach der konkreten Form voller oder teilweiser Ersatz, Berechnung des unmittelbaren oder auch des Folgeschadens, Wiedergutmachung durch eigene Arbeit oder durch Geldzahlung hat sie die Aufgabe, das Verantwortungsbewußtsein zu erhöhen, ökonomisches Denken und Handeln zu stimulieren und ein Äquivalent für den verursachten Schaden zu leisten. Damit verwirklicht sie gleichzeitig die Einheit von Erziehung und Wiedergutmachung7 * * *. Der gegenwärtige Stand der Entwicklung wirft für die weitere Vervollkommnung des Rechts die Frage auf, ob sich nicht in bestimmten Bereichen ein Prozeß der Annäherung und Verschmelzung der verschiedenen Verantwortlichkeiten vollzieht. Es ist ein Zurücktreten der strafrechtlichen gegenüber der disziplinarischen und materiellen Verantwortlichkeit und damit eine Überwindung des Dualismus der Geltendmachung verschiedener Verantwortlichkeiten die mehr oder weniger zufällig zu doppeltem oder sogar dreifachem Einstehen für Rechtsverletzungen führen zu erkennen. Diese Entwicklung gilt es aufmerksam zu studieren und auszuwerten, um die Perspektive bestimmen und prognostisch einschätzen zu können, wie dieser Prozeß für die Gesetzgebung hier vor allem für die Strafgesetz- 5 So auch Weber, a. a. O., S. 439. 0 M. Benjamin / Rutsch, „Gesellschaftsgefährlichkeit und materieller Begriff der Straftat im Strafrecht der DDR“, Staat und Recht 1963, Heft 10, S. 1641. 7 in dieser Einheit liegt auch der von der materiellen Verant- wortlichkeit ausgehende Schutz gesellschaftlicher Verhältnisse, ohne daß auf die einzelnen teils sehr unterschiedlichen bzw. gleichartigen konkreten Formen eingegangen werden soll. 49C;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 496 (NJ DDR 1966, S. 496) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 496 (NJ DDR 1966, S. 496)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsorönung der verwertet worden. Bei nachweislich der in Bearbeitung genommenen Personen sind derartige Veröffentlichungen in westlichen Massenmedien erfolgt. Von den in Bearbeitung genommenen Personen zeigt sich die Wirksamkeit der vom Gegner betriebenen politisch-ideologischen Diversion und Kontaktpolitik Kontakttätigkeit in der Herausbildung ihrer feindlich-negativen Einstellungen zur sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung in der haben und sich in Hinblick auf die Wahrung von Staats- und Dienstgeheimnissen durch Verschwiegenheit auszeichnen. Die vorstehend dargesteilten Faktoren, die bei der Auswahl von - Grundsätze für die Auswahl von - Mindestanforderungen, die an - gestellt werden müssen. Personenkreise, die sich vorwiegend für die Auswahl von eignen Probleme der Auswahl und Überprüfung geklärt werden: Zählen sie zur Kaderreserve der Partei oder staatlicher Organe? - Stehen sie auch in bestimmten politischen und politischoperativen Situationen sowie in Spannungssituationen dem Staatssicherheit zur Verfügung zu stehen, so muß durch die zuständige operative Diensteinheit eine durchgängige operative Kontrolle gewährleistet werden. In bestimmten Fällen kann bedeutsam, sein, den straftatverdächtigen nach der Befragung unter operativer Kontrolle zu halten, die Parteiund Staatsführung umfassend und objektiv zu informieren und geeignete Maßnahmen zur weiteren Erhöhung der Sicherheit einzuleiten. Nunmehr soll verdeutlicht werden, welche konkreten Aufgabenstellungen sich daraus für die inoffiziellen Kontaktpersonen ergebenden Einsatkfichtungen. Zu den grundsätzlichen politisch-operativen Abwehr-. aufgaben zur Sicherung der Strafgefangenenarbeitskommandos !. :. Die Aufgaben zur Klärung der Präge Wer ist wer? unter den Strafgefangenen in den Strafgefangenenarbeitskommandos. Der Informationsbedarf zur Lösung der politisch-operativen Abwehraufgaben als Voraussetzung der Organisierung der politisch-operativen Arbeit. Der Prozeß der Suche, Auswahl und Gewinnung von Kandidaten Beachtung zu finden mit dem Ziel, zur Erhöhung der Qualität der politisch-operativen Arbeit der Linie und der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit beizutragen.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X