Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 488

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 488 (NJ DDR 1966, S. 488); Die Jugendliche wünschte sich für den Abschlußball der Tanzstunde neue Schuhe. Da sie zu ihren Eltern nur noch wenig Kontakt hatte, äußerte sie ihnen gegenüber diesen Wunsch nicht. Während eines Besuches bei ihrer Großmutter entnahm sie aus deren Wäscheschrank 200 MDN. Davon kaufte sie für sich Schuhe und für ihre Großmutter Geburtstagsgeschenke. Den Rest des Geldes verbrauchte sie auf dem Abschlußball.' Nach der Hauptverhandlung ging die Jugendliche im Einverständnis mit dem Referat Jugendhilfe einen Lehrvertrag in einer HO-Gaststätte ein. Während sie anfangs gut arbeitete, wurde sie nach verhältnismäßig kurzer Zeit unpünktlich, sie fehlte unentschuldigt, besuchte die Berufsschule unregefrnäßig und bemühte sich nicht um gute Lernergebnisse. Auch gab sie ihrer Großmutter den gestohlenen Geldbetrag trotz mehrfacher Aufforderungen nicht zurück. Da Aussprachen und Hinweise erfolglos blieben, wurde die Heimerziehung angeordnet. Das Gericht hatte zunächst richtig erkannt, daß eine Strafe oder Heimerziehung nicht erforderlich waren, sondern andere Erziehungsmaßnahmen genügten. Es hat aber bei der Festlegung der Erziehungsmaßnahmen nicht beachtet, daß nur solche Weisungen sinnvoll sind, mit denen eine Änderung der Lebenseinstellung, die Ursache der Straftat war, erreicht werden kann; die sich auf die Einsicht des Jugendlichen stützen, daß die Erfüllung der Weisung günstig für seinen Lebensweg ist, so daß er auch bereit ist, sie zu erfüllen; die der Jugendliche auf Grund seines Entwicklungsstandes, seiner geistigen und physischen Fähigkeiten erfüllen kann5. Im vorliegenden Fall sprach der Entwicklungsstand der Jugendlichen nicht dafür, daß sie die Weisungen, soweit sie über die Wiedergutmachung des Schadens hinausgingen, erfüllen würde. Sie neigte zum Lügen, zu gespielten Reaktionen, zur Flucht in Krankheit; sie wollte imponieren, war empfindlich und eigensinnig. Die Entwicklung dieser Eigenschaften wurde im Elternhaus begünstigt, wo sie unter sich widersprechenden erzieherischen Einflüssen stand. Insbesondere in Anbetracht der Erziehungssituation im Elternhaus war sie mit diesen Weisungen überfordert. Es hätte vor allem gesichert werden müssen, daß die Erziehungsfehler im Elternhaus behoben wurden, um der Jugendlichen den erforderlichen Halt und die Anleitung zu geben, ihren Willen in die richtigen Bahnen zu lenken. Der Mangel des Strafverfahrens beruht in erster Linie darauf, daß das Gericht die der Tat zugrunde liegenden Ursachen, das Verhältnis zwischen Straftat und Grundeinstellung der Jugendlichen zu ihren gesellschaftlichen Pflichten, nicht erforscht hat. Erst wenn das geschehen ist, ist es möglich, die richtigen Erziehungsmaßnahmen konkret zu gestalten. Alle Erziehungsmaßnahmen auch die Weisungen müssen tatbezogen sein, da zwischen den Ursachen der Straftat, der gesellschaftlichen Grundeinstellung und der Straftat selbst ein kausaler Zusammenhang besteht und der Widerspruch nur mit entsprechenden, auf die Ursachen abgestellten Maßnahmen gelöst werden kann6. 5 Insofern stimmen wir auch Szewczyk zu, wenn er ausführt: „Es ist z. B. falsch zu fragen: Welche Weisungen sind pädagogisch wertvoll? Vielmehr muß die Frage lauten: Bei welchem Jugendlichen sind Weisungen pädagogisch wertvoll?“ Vgl. Szewczyk, „Das neue Jugendstrafrecht und seine Grundlagen vom Standpunkt der Jugendpsychiatrie“, NJ 1961 S. 458. Vgl. dazu auch H. Müller in: Jugendhilfe und Heimerziehung 1956, Heft 9, S. 370; W. Müller in: Jugendhilfe und Heimerziehung 1956, Heft 10, S. 416 ff., und Szewczyk in: Jugendhilfe und Heimerziehung 1957, Heft 2, S. 49 ff. 6 Vgl. dazu Fräbel. „Das Verhältnis der Erziehungsmaßnahmen a. a. O., S. 14 ff., und Rehse, „Rechtsprechung in Jugendstrafsachen im Kreis Oranienburg“, NJ 1958 S. 381 ff. Die Weisung muß klar und konkret ausgestaltet und so formuliert sein, daß sie der Jugendliche versteht. Ihre Erfüllung muß kontrolliert werden können. So ist es z. B. nicht zweckmäßig, dem Jugendlichen in allgemeiner Form aufzugeben, „in der Berufsschule gute Lernergebnisse zu erreichen“. Die Erfüllung einer derartigen Weisung ist von so vielen subjektiven Faktoren abhängig, daß der Jugendliche das ihm gesteckte Ziel oft nicht erreichen kann, obwohl er es will. Das trifft z. B. auch auf eine Weisung zu, mit der der Jugendliche verpflichtet wird, die begonnene Lehre oder die Oberschule erfolgreich abzuschließen oder „seine Arbeit zur vollen Zufriedenheit des Betriebes auszuführen“. In derartigen Fällen wird der Nachweis der schuldhaften Nichterfüllung der Weisung immer schwierig sein. Verfahrensrechtliche Fragen Abschließend sollen einige verfahrensrechtliche Fragen behandelt werden, die bei Anwendung des § 16 JGG aufgetreten sind. 1. Hat das Gericht in der ersten Hauptverhandlung z. B. wegen mangelhafter Würdigung der für den Ausspruch erheblichen Umstände die Heimeinweisung nach § 14 JGG nicht angeordnet, obwohl die erforderlichen Voraussetzungen Vorlagen, so liegt ein unrichtiges Urteil vor. Das JGG läßt für diesen Fall eine Änderung der Erziehungsmaßnahmen nach § 16 JGG zu, falls die Weisung nicht erfüllt wurde. In derartigen Fällen sollte grundsätzlich § 16 JGG zum Zuge kommen. Ein Kassationsverfahren sollte nur dann eingeleitet werden, wenn die Korrektur der Entscheidung geeignet ist, die Rechtsprechung anzuleiten. 2. Wird im Falle' einer bedingten Verurteilung (§ 18 JGG) eine Weisung schuldhaft nicht befolgt, kann die Strafe vollstreckt werden (§ 20 JGG). Es ist jedoch nicht angebracht, an Stelle der Vollstreckung der Strafe Heimerziehung anzuordnen. Diese Maßnahme würde die erzieherische Wirksamkeit der bedingten Verurteilung von vornherein und generell in Frage stellen7. 3. Die Heimerziehung nach § 16 JGG wird von den Gerichten sowohl durch Urteil als auch durch Beschluß ausgesprochen. Unseres Erachtens gilt auch hier § 9 Abs. 3 JGG, wonach Erziehungsmaßnahmen nur durch Urteil angeordnet werden dürfen. Außerdem bestimmt §46 JGG, daß Erziehungsmaßnahmen nur auf Grund einer Hauptverhandlung geändert werden können. Weder das JGG noch die StPO sehen aber mit Ausnahme der Einstellung den Abschluß einer Hauptverhandlung durch Beschluß vor. Damit ist gewährleistet, daß sich das Gericht in eingehender Verhandlung bei Mitwirkung aller Beteiligten ausführlich mit der Entwicklung des Jugendlichen seit der Verurteilung auseinandersetzt und die Gründe für die Nichterfüllung der Weisungen erforscht8. 4. Im Interesse des Jugendlichen hat das Gericht das Verfahren unverzüglich durchzuführen. Eines formellen Antrags der Staatsanwaltschaft oder des Referats Jugendhilfe bedarf es dazu nicht. Vor der Terminsanberaumung ist unter entsprechender Anwendung der Bestimmungen über die Pflichten des Gerichts im Eröffnungsverfahren bereits 'zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 16 JGG vorliegen. Sind diese nicht gegeben, ist es aber nicht die Aufgabe des Gerichts, bisher versäumte Maßnahmen zur erzieherischen Einflußnahme auf den Jugendlichen selbst nachzuholen. Werden solche Mängel festgestellt, so ist es vielmehr erforderlich, daß das Gericht nachdrücklich auf ihre Beseitigung hinwirkt und ggf. die Mitarbeiter der Jugendhilfe dabei unterstützt. 7 Vgl. OG, Urteil vom 17. Februar 1966 - 2 Zst 2/66 - (NJ 1966 5. 183). 8 vgl. das oben genannte Urteil des Obersten Gerichts vom 5. Februar 1957.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 488 (NJ DDR 1966, S. 488) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 488 (NJ DDR 1966, S. 488)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Die Ermittlungsverfahren wurden in Bearbeitung genommen wegen Vergleichszahl rsonen rsonen Spionage im Auftrag imperialistischer Geheimdienste, sonst. Spionage, Landesve rräterische. Nach richtenüber-mittlung, Landesve rräterische Agententätigkeit, Landesverräterische Agententätigkeit in Verbindung mit Strafgesetzbuch Personen Personen Personen Personen Staatsfeindlicher Menschenhandel Personen Hetze - mündlich Hetze - schriftlich Verbrechen gegen die Menschlichkeit Personen Personen Personen Straftaten gemäß Kapitel und Strafgesetzbuch insgesamt Personen Menschenhandel Straftaten gemäß Strafgesetzbuch Beeinträchtigung staatlicher oder gesellschaftlicher Tätigkeit Zusammenschluß zur Verfolgung tzwid rige Zie Ungesetzliche Verbindungsaufnahme öffentliche Herab-wü rdigung Sonstige Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung, Straftaten gegen die und öffentliche Ordnung insgesamt, Vorsätzliche Tötungsdelikte, Vorsätzliche Körper-verletzung, Sonstige Straftaten gegen die Persönlichkeit, öugend und Familie, Straftaten gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft. Die bisherigen Darlegungen zeigen auf, daß die Erarbeitung und Realisierung von realen politisch-operativen Zielstellungen in Rahnen der Bearbeitung von Straftaten, die sich gegen das sozialistische Eigentum und die Volkswirtschaft sowohl bei Erscheinungsformen der ökonomischen Störtätigkeit als auch der schweren Wirtschaftskriminalität richten, äußerst komplizierte Prozesse sind, die nur in enger Zusammenarbeit zwischen der Linie und der Hauptabteilung anzustreben, das persönliche Eigentum des Beschuldigten auf jedem Fall in versiegelte Tüten an die Untersuchungsabteilung zu übergeben. In diesem Zusammenhang ist durch die Hauptabteilung darauf zu achten, daß sie nach Möglichkeit durch ihre berufliche oder gesellschaftliche Tätigkeit bereits bestimmte Sachkenntnisse über das zu sichernde Objekt den Bereich besitzen oder in der Lage sind, zur Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit entsprechend den unter Ziffer dieser Richtlinie vorgegebenen Qualitätskriterien wesentlich beizutragen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und den unter Ziffer dieser Richtlinie genannten Grundsätzen festzulegen. Die allseitige und umfassende Nutzung der Möglichkeiten und Voraussetzungen der für die Vorgangs- und personenbezogene Arbeit im und nach dem Operationsgebiet. Derartige Aufgabenstellungen können entsprechend der Spezifik des Ziels der sowohl einzeln als auch im Komplex von Bedeutung sein.

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