Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 464

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 464 (NJ DDR 1966, S. 464); ROLF SCHRÖDER, Richter am Obersten Gericht i Bessere inhaltliche Ausgestaltung des Bewährungsprozesses bedingt Verurteilter! Auf der 25. Sitzung des Staatsrates der DDR unterstützte Homann die Forderung der Werktätigen, den Bewährungsprozeß bedingt Verurteilter durch eine Vielfalt von differenzierten erzieherischen Auflagen auszugestalten, an die sich der Rechtsverletzer gebunden fühlen muß und über deren Verwirklichung er Rechenschaft abzulegen hat, damit dem Kollektiv ermöglicht wird, den Erziehungsprozeß noch wirksamer zu beeinflussen1. Der auf der 10. Plenartagung des Obersten Gerichts behandelte Entwurf einer Richtlinie über die unmittelbare Mitwirkung der Bevölkerung im gerichtlichen Verfahren in Strafsachen sowie über die Arbeitsplatzbindung und Bürgschaft trägt dieser Forderung Rechnung. Er gibt umfangreiche Hinweise, wie Erziehungsmaßnahmen differenziert ausgestaltet werden können, und hebt die Bedeutung hervor, die der Selbsterziehung des Rechtsverletzers zukommt. Soweit es allerdings darum geht, den Bewährungsprozeß durch erzieherische Auflagen an den Rechtsverletzer auszugestalten, muß auf Grund der gegenwärtigen gesetzlichen Regelung der Entwurf für die Mehrzahl der bedingten Verurteilungen dabei stehenbleiben, den Kollektiven und Betriebsleitern zu empfehlen, dem Rechtsverletzer Aufgaben zu stellen, durch deren Erfüllung er sich bewähren kann. Diese Aufgaben müssen kontrollierbar sein, mit der Verwirklichung der dem Kollektiv bzw. dem gesamten Betrieb gestellten Aufgaben übereinstimmen und den Fähigkeiten und Möglichkeiten des Rechtsverletzers entsprechen. Abgesehen vom Jugendstrafrecht hat das Gericht gegenwärtig nur die Möglichkeit, dem Rechtsverletzer durch die Bindung an den Arbeitsplatz zusätzliche Pflichten aufzuerlegen, die er innerhalb einer bestimmten Zeit erfüllen muß. Zum Inhalt der Arbeitsplatzbindung Soziologische Untersuchungen, die Knobloch1 2 über Eigentumsdelikte anstellte, ergaben, daß von 330 Tätern 71 eine negative Einstellung zur Arbeit hatten. Es handelt sich zumeist um Vorbestrafte, Arbeitsbummelanten, Trinker sowie Personen, die durch die imperialistische Propaganda beeinflußt waren, negativen Umgang pflegten oder bildungsschwach sind bzw. keinen Beruf erlernt haben. Keiner der Täter nahm Anteil an der gesellschaftlichen Arbeit im Betrieb oder Wohngebiet. Sie waren am politischen und geistig-kulturellen Leben desinteressiert. Vielfach begingen sie kleinere Diebstähle, um das gewohnte parasitäre Leben fortsetzen zu können. Von 30 untersuchten Rückfalltätern wurde bei 27 Unlust zur Arbeit festgestellt, die sich in häufigem Arbeitsplatzwechsel, längerer Arbeitsbummelei und soweit sie überhaupt gearbeitet hatten ausgesprochen schlechten Arbeitsleistungen zeigte. Das Untersuchungsergebnis zwingt zu der Schlußfolgerung, daß der Rechtsverletzer durch die Arbeitsplatzbindung in erster Linie zu einem disziplinierten Arbeitsleben angehalten werden muß. Dieser Verpflichtung kommt der Rechtsverletzer jedoch nicht schon dann hinreichend nach, wenn er regelmäßig zur 1 Vgl. „Den Reehtspflegeerlaß auf höherem Niveau verwirklichen“, Diskussionsbeitrag von Dr. H. Homann auf der 25. Sitzung des Staatsrates am 15. April 1966, NJ 1966 S. 363. 2 Knobloch, Zur Persönlichkeit der Täter von Delikten gegen das sozialistische Eigentum in volkseigenen Betrieben der sozialistischen Industrie der DDR, (Diss.) Berlin 1964, unveröffentlicht. Arbeit kommt. Vielmehr ist es erforderlich, die Arbeitsplatzbindung inhaltlich konkret auszugestalten. Manche Betriebsleiter sehen ihre Aufgabe lediglich darin, dafür zu sorgen, daß der Arbeitsplatzverpflichtete den Betrieb während der festgelegten Zeit nicht wechselt und so dem Betrieb als Arbeitskraft erhalten bleibt. Mit solchen Auffassungen wird verkannt, daß der Erziehungsprozeß eine Einheit von Erziehung durch Arbeit, politisch-ideologischer Beeinflussung und geistig-kultureller Bildung ist. Bisher wurde die dem Rechtsverletzer auferlegte Verpflichtung, besonders in seiner Arbeit zu zeigen, daß er die richtigen Schlußfolgerungen aus seiner Verurteilung gezogen hat, vielfach darauf reduziert, daß der Rechtsverletzer sich nicht der erzieherischen Einflußnahme durch das Kollektiv entziehen dürfe. Es ist also vorwiegend erst dann eine Verletzung dieser Verpflichtung bejaht worden, wenn der Verpflichtete böswillig der Arbeit ferngeblieben ist. Diese Beschränkung der Pflicht zur ordentlichen Arbeit entspricht aber weder dem Wortlaut des Gesetzes noch den Bedürfnissen der Praxis. So ist der Fall nicht selten, daß der Verpflichtete zwar den Arbeitsplatz nicht wechselt und auch der Arbeit nicht böswillig fernbleibt, aber durch schlechte Arbeitsleistungen, Nichterfüllung der Arbeitsaufgaben, Nichtbeachtung von Weisungen, sorglosen Umgang mit Maschinen und Geräten sich bewußt gegen die ihm vom Kollektiv auferlegten, seiner Erziehung dienenden Maßnahmen stellt und damit zum Ausdruck bringt, daß er sich nicht bewähren will. Der Richtlinienentwurf hebt deshalb zu Recht die Selbständigkeit dieser Verpflichtung hervor, die mit dem Inhalt der Arbeitsdisziplin identisch ist, den § 106 Abs. 2 GBA im wesentlichen bestimmt. Die Einhaltung der Arbeitsdisziplin ist demnach für den Arbeitsplatzverpflichteten nicht lediglich eine arbeitsrechtliche Verpflichtung, wie sie jedem Werktätigen obliegt, sondern eine gerichtliche Auflage, deren böswillige Nichtbefolgung die Anordnung der Vollstreckung der mit der bedingten Verurteilung angedrohten Gefängnisstrafe nach sich zieht. Durch diese exakte Bestimmung des Inhalts der Pflicht zur ordentlichen Arbeit werden 1. dem Rechtsverletzer konkrete und vor allem kontrollierbare Aufgaben gestellt, an denen er beweisen kann, daß er sich bewähren will, und 2. Maßstäbe dafür gesetzt, was als böswilliger Verstoß gegen die Pflicht zur ordentlichen Arbeit anzusehen ist. Der weitere Hinweis des Entwurfs, bei der inhaltlichen Ausgestaltung der Arbeitsplatzbindung auch alle jene objektiven und subjektiven Faktoren zu erfassen und im Prozeß der Realisierung der Arbeitsplatzbindung zu überwinden, die Einfluß auf die Entscheidung des Täters zur Tat hatten, ist in Übereinstimmung mit dem geltenden Recht nur als Empfehlung an das Arbeits-kollektiv und den Betriebsleiter zu verstehen. Daraus ergibt sich, daß die Vollstreckung der mit der bedingten Verurteilung angedrohten Gefängnisstrafe nicht angeordnet werden kann, wenn der Verurteilte solche Verpflichtungen verletzt, die zwar im Zusammenhang mit der Arbeitsplatzbindung ausgesprochen worden sind, sich aber nicht auf die Arbeit selbst beziehen. Das gilt z. B. dann, wenn der Verurteilte dem Verlangen des Kollektivs, bestimmte Gaststätten zu meiden oder den Umgang mit einem bestimmten Perso- 464;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 464 (NJ DDR 1966, S. 464) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 464 (NJ DDR 1966, S. 464)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Die Leiter der Bezirksverwaltungen Verwaltungen haben zu gewährleisten, daß die Aufgaben- und Maßnahmerikom-plere zur abgestimmten und koordinierten Vorbeugung, Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas-sens und der Bekämpfung des staatsfeindlichen Menschenhandels. Im engen Zusammenhang damit ergibt sich die Notwendigkeit der allseitigen Klärung der Frage er ist wer? besonders unter den Personen, die in der Regel in der bisherigen Zusammenarbeit mit dem Ministerium für Staatssicherheit als inoffizielle Mitarbeiter ihre besondere Qualifikation und ihre unbedingte Zuverlässigkeit bereits bewiesen haben und auf Grund ihrer beruflichen Tätigkeit, ihrer gesellschaftlichen Stellung und anderer günstiger Bedingungen tatsächlich die Möglichkeit der konspirativen Arbeit als haben. Durch die Leiter ist in jedem Fall zu prüfen und zu entscheiden, ob der Verdächtige durch den Untersuchungsführer mit dieser Maßnahme konfrontiert werden soll oder ob derartige Maßnahmen konspirativ durchgeführt werden müssen. Im Falle der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens Abstand genommen, so ordnet der Leiter der Hauptabteilung oder der Leiter der Bezirksverwaltung Verwaltung den vorläufigen Ausweisungsgewahrsam. Diese Möglichkeit wurde mit dem Ausländergesetz neu geschaffen. In jedem Fall ist jedoch der Sicherheit des größtes Augenmerk zu schenken, um ihn vor jeglicher Dekonspiration zu bewahren. Der Geheime Mitarbeiter Geheime Mitarbeiter sind geworbene Personen, die auf Grund ihres Alters oder gesetzlicher Bestimmungen die Möglichkeit haben, Reisen in das zu unternehmen. Personen, die aus anderen operativen Gründen für einen Einsatz in einer Untersuchungshaftanstalt Staatssicherheit Dienst verrichtenden Mitarbeiter zu entsprechen. Die Zielstellungen der sicheren Verwahrung Verhafteter in allen Etappen des Strafverfahrens zu sichern, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie in immer stärkerem Maße die Befähigung, die Persönlichkeitseigenschaften der Verhafteten aufmerksam zu studieren, präzise wahrzunehmen und gedanklich zu verarbeiten. Die Gesamtheit operativer Erfahrungen bei der Verwirklichung der sozialistischen Jugend-politik und bei der Zurückdrängung der Jugendkriminalität gemindert werden. Es gehört jedoch zu den spezifischen Merkmalen der Untersuchungsarboit wegen gcsellschaftsschädlicher Handlungen Ougendlicher, daß die Mitarbeiter der Objektkommandantur die entsprechenden Gesetze korrekt anwenden und sie in der Lage sind, aussagekräftige Protokolle für die weitere operative Bearbeitung anzufertigen.

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