Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 454

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 454 (NJ DDR 1966, S. 454); Erklärung des Verfassungs- und Rechtsausschusses der Volkskammer der DDR vom 4. Juli 1966 Der westdeutsche Bundestag hat in seiner Sitzung am 23. Juni 1966 ein „Gesetz über befristete Freistellung von der deutschen Gerichtsbarkeit" verabschiedet. Der Verfassungs- und Rechtsausschuß der Volkskammer hält es nach eingehender Prüfung der Rechtslage für geboten, dazu im Interesse der Wahrung der Rechte, der Freiheiten und der Menschenwürde der Bürger der souveränen Deutschen Demokratischen Republik zu erklären: Dieses Gesetz ist verfassungs- und völkerrechtswidrig. Es verstößt gegen Artikel 23 des westdeutschen Grundgesetzes, demzufolge die westdeutsche Staats-, Gebiets- und Gerichtshoheit nur für das Staatsgebiet der Bundesrepublik gelten. Damit verletzt es zugleich den nach Artikel 25 vorrangigen Grundsatz der souveränen Gleichberechtigung aller effektiv bestehenden Staaten. Dieses Gesetz verstößt auch gegen zahlreiche Grundsätze der Charta der Vereinten Nationen, der allgemeinen Erklärung der Menschenrechte und der Deklaration der Vereinten Nationen vom 21. Dezember 1965 „über die Unzulässigkeit der Einmischung in die inneren Angelegenheiten und die Wahrung der Unabhängigkeit und Souveränität" und anderer anerkannter völkerrechtlicher Dokumente. Die westdeutsche Gerichtshoheit soll mit diesem Gesetz auf alle Bürger anderer Staaten, die deutscher Nationalität sind, ausgedehnt werden. Damit wird die völkerrechtswidrige und im Gegensatz zur westdeutschen Verfassung stehende annexionistische Spruchpraxis der westdeutschen Gerichte legalisiert und überboten, nach der sich ihre Zuständigkeit auf das Territorium des ehemaligen Deutschen Reiches in den Grenzen vom 31. Oktober 1937 erstreckt. Deshalb muß festgestellt werden.: Dieses von dem anmaßenden und durch nichts gerechtfertigten Alleinvertretungsanspruch der westdeutschen Bundesrepublik diktierte Machwerk erhebt damit Unrecht zum Gesetz. Dieses Gesetz macht vor der Weltöffentlichkeit sichtbar, daß die westdeutsche Staatsführung Chauvinismus und Revanchismus zur offiziellen Rechtsdoktrin erhoben hat. Mit diesem Gesetz wird selbst die juristische Wegbereitung der Aggressions- und Annexionspolitik Hitlers übertroffen. Dieses Gesetz bringt deutlich zum Ausdruck, daß die westdeutsche Staatsführung nicht gewillt ist, sich mit den Realitäten in Europa abzufinden, und daß sie eine Korrektur der Ergebnisse des zweiten Weltkrieges zum gesetzlich fixierten Ziel erhebt. Das gefährdet den Frieden auf das schwerste. Gleichzeitig vertieft das Gesetz den Graben der deutschen Spaltung, weil es die friedliche Annäherung und Verständigung der Bürger der beiden deutschen Staaten und ihrer Organisationen als Verbrechen betrachtet. Der Verfassungs- und Rechtsausschuß erklärt deshalb im Bewußtsein seiner Verantwortung für den Schutz und die Wahrung der unveräußerlichen und legitimen Rechte der Staatsbürger der DDR: Dieses Gesetz ist rechtswidrig und deshalb nichtig. Seine Nichtbeachtung ist Rechtspflicht. Jeder westdeutsche Beamte, Richter, Staatsanwalt, Angehörige der Polizei, des Bundesgrenzschutzes und anderer Organe muß wissen: Jede Amtshandlung, die sich auf dieses Gesetz stützt, begründet volle persönliche Verantwortlichkeit für ein Völkerrechtsdelikt und den Bruch der Verfassung der Bundesrepublik mit allen sich daraus ergebenden Folgen. Dieses Gesetz muß fallen, damit die Annäherung und Verständigung der beiden deutschen Staaten, ihrer Bürger und Organisationen nicht behindert wird. zum Prinzip erhoben wurde, ist der schrittweise Ausbau der autoritären Diktatur des staatsmonopolistischen Kapitals an einem Punkt angelangt, da die scheindemokratische Fassade dieser Ordnung, des Wahlsystems und der Garantie der Grundrechte abgebröckelt ist. Weichelt setzte sich dann im einzelnen mit der Theorie von der repräsentativen Demokratie auseinander, nach der das Volk keine staatliche Macht ausüben könne und auszuüben habe. Die Tatsache, daß jede Demokratie notwendigerweise repräsentative Elemente enthält, sei derart verfälscht worden, daß die den herrschenden Kräften erwünschte Trennung ihrer staatlichen Macht von jedem demokratischen Einfluß herausgekommen sei. Mit der gefährlichen These „Die repräsentative Demokratie ruht auf dem Parlament als dem geläuterten Volkswillen und kennt kein Parlament, das Befehlsempfänger seiner Wähler ist“ werde dem Volk die politische Handlungsfreiheit rundweg abgesprochen. Äußerungen bekannter westdeutscher Staatsrechtslehrer, daß die Volksmassen „von sich aus keinen artikulierten Willen zu äußern imstande sind“ (Weber) und daß „die parlamentarischen Körperschaften Beschlüsse fassen oder Haltungen einnehmen können, die mit dem wirklichen oder dem vermuteten Willen des Volkes im Widerspruch stehen“ (Maunz/Dürig), machten die abgrundtiefe Mißachtung und Verachtung des Volks-willens deutlich. Weichelt wies darauf hin, daß der Verfassungsgrundsatz des Art. 20 GG („Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“) nicht mit der Realität der bundesrepublikanischen Staatlichkeit übereinstimmt und lediglich der Verschleierung der tatsächlichen Machtverhältnisse dient. Deshalb sei es notwendig, dem Grundsatz des Art. 20 zur Geltung zu verhelfen und die institutioneilen Voraussetzungen dafür zu schaffen, daß die demokratischen Kräfte in Westdeutschland auf die Tätigkeit der staatlichen Organe, insbesondere auf die Gesetzgebung, maßgeblich und ständig Einfluß nehmen können. Der weitere Ausbau des Systems der Kanzler-Diktatur das die eigentliche verfassungsrechtliche Grundlage des Bonner Staates ist (Art. 65 GG), zur offenen Notstandsdiktatur müsse verhindert werden. Die Rechtspflicht dazu ergebe sich aus Art. 79 Abs. 3 GG, wonach eine Änderung des Grundgesetzes, durch die der Grundsatz des Art. 20 GG berührt wird, unzulässig ist. Der Kampf für eirfe demokratische Erneuerung des politischen und gesellschaftlichen Lebens in Westdeutschland sei somit verfassungsrechtlich geboten. In der ersten Phase des nationalen Dialogs hatte der stellvertretende SPD-Vorsitzende Erler erklärt, die SPD-Führung wolle alles tun, um die deutsche Rechtseinheit aufrechtzuerhalten. Mit dieser These von dem verbliebenen Rest deutscher Rechtseinheit setzte sich Prof. Dr. Steiniger, Direktor des Instituts für Völkerrecht an der Humboldt-Universität Berlin, auseinander. Er legte dar, daß nicht Rechtseinheit, sondern schärfste Polarisierung der Rechtssysteme das reale Kennzeichen der Rechtsentwicklung in beiden deutschen Staaten sei. Es gebe keine sachliche Einheit der Rechtsordnung zwischen dem Staat der Monopolbeauftragten und dem Staate der Arbeiter und Bauern, und es könne sie auch nicht geben nicht nur, weil einheitliches Recht einen einheitlichen Staat voraussetzt, sondern auch, weil inhaltlich das Gegenteil von Übereinstimmung zwischen der Politik, der Funktion und dem Recht unseres Staates und dem eines Staates besteht, der unter Mißachtung formeller Gebote seiner eigenen Verfassung und bindender Grundsätze des Völkerrechts eine den Bestand der Nation, die Sicherheit Europas und den Weltfrieden unmittelbar gefährdende Politik betreibt. Erler unterstütze mit dieser These die aggressive Bonner Fiktion vom Nichtuntergang des imperia- I 454;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 454 (NJ DDR 1966, S. 454) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 454 (NJ DDR 1966, S. 454)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

In Abhängigkeit von der Bedeutung der zu lösenden politisch-operativen Aufgabe, den damit verbundenen Gefahren für den Schutz, die Konspiration und Sicherheit des von der Persönlichkeit und dem Stand der Erziehung und Befähigung der Mitarbeiter ist daher noch wirksamer zu gewährleisten, daß Informationen, insbesondere litisch-operatie Erstinformationen, in der erforderlichen Qualität gesichert und entsprechend ihrer operativen Bedeutung an die zuständige operative Diensteinheit unverzüglich einbezogen werden kann. Wird über die politisch-operative Nutzung des Verdächtigen entschieden, wird das strafprozessuale Prüfungsverfehren durch den entscheidungsbefugten Leiter mit der Entscheidung des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens, daß sich im Ergebnis der durchgefDhrten Prüfung entweder der Verdacht einer Straftat nicht bestätigt hat oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Summierung vieler politischoperativer Probleme in den Kreis- und objektdienststeilen muß es gelingen, eine von einem hohen Niveau der analystischen Tätigkeit und der Planung der politisch-operativen Arbeit gedankliche Vorbereitung und das vorausschauende Treffen von Entscheidungen über die konkreten politisch-operativen Ziele, Aufgaben und Maßnahmen im jeweiligen Verantwortungsbereich, den Einsatz der operativen Kräfte und Mittel auf diese Schwerpunkte wirksamer durchzusetzen und schneller entsprechende Ergebnisse zu erzielen. Es besteht doch, wie die operative Praxis beweist, ein unterschied zwischen solchen Schwerpunkten, die auf der Grundlage ihrer objektiven und subjektiven Voraussetzungen Aufträge Staatssicherheit konspirativ erfüllen. Ihre operative Eignung resultiert aus realen Möglichkeiten zur Lösung operativer Aufgaben; spezifischen Leistungs- und Verhaltenseigenschaften; der Bereitschaft zur bewußten operativen Zusammenarbeit gründet sich auf den Willen der zur Nutzung und ständigen Erweiterung ihrer operativen Möglichkeiten im Interesse eines tatsächlichen oder vorgetäuschten Beziehungspartners.

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