Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 397

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 397 (NJ DDR 1966, S. 397); soziale und ethische führte vielerorts dazu, diese in § 11 MKSchG enthaltene Formulierung nur bei Vorlie-gen eng medizinischer Indikationen als Erlaubnis zur Schwangerschaftsunterbrechung aufzufassen. In der Praxis dominierte deshalb die Ansicht, die Genehmigung einer Schwangerschaftsunterbrechung dürfe sich nur auf rein medizinische Befunde stützen; die Lebensbedingungen der Antragstellerin seien nicht einzubeziehen. Das stand im Gegensatz dazu, daß es nach der modernen medizinischen Wissenschaft notwendig ist, den Menschen in seinen Lebensverhältnissen zu betrachten, um zu einer gültigen Diagnose und einer wirksamen Therapie zu gelangen. Diese zwischen Theorie und Praxis bestehende Unstimmigkeit war Anlaß, die Verwendbarkeit des Begriffs ■„medizinische Indikation“ im Zusammenhang mit § 11 MKSchG zu überprüfen3. Der Begriff „medizinische Indikation“ ist in der gesetzlichen Regelung der Schwangerschaftsunterbrechung nicht erwähnt. Diese Feststellung ist deshalb von großer Bedeutung, weil für die Entscheidungen der Kommissionen nur das Gesetz verbindlich sein kann. Danach darf aber eine Schwangerschaft nicht nur dann unterbrochen werden, wenn das Leben d'er schwangeren Frau gefährdet ist, sondern auch dann, wenn .ihre Gesundheit ernstlich gefährdet würde. Während der Begriff „Leben“ keiner Erörterung bedurfte, war eine Verständigung über den Inhalt des Begriffs „Gesundheit“ erforderlich. Insoweit ist u. E. von dem in der Konstitution der Weltgesundheitsorganisation (WHO)4 festgelegten Prinzip „Health is a state of complete physical, mental and social well-being and not merely the absence of disease or infirmity“5 auszugehen. Daraus ergibt sich, daß für die Beurteilung des Gesundheitszustandes der medizinische und der soziologische Befund als Einheit berücksichtigt werden muß. Der Begriff „medizinische Indikation“ kann im Zusammenhang mit § 11 MKSchG demnach nur im Sinne der Einheit von medizinischem und soziologischem Befund verwendet werden. Um eine Entscheidung im Sinne der gesetzlichen Bestimmungen über die Schwangerschaftsunterbrechung treffen zu können, bedarf es sowohl einer exakten und unangreifbaren Diagnose als auch einer Prognose, die dem durch die Austragung des Kindes bedingten Leistungsanspruch an die Schwangere voll entspricht. Das bedeutet, daß die in Aussicht stehenden Folgen und Dauerschäden unter Berücksichtigung der Umweltbedingungen ebenso sorgfältig geprüft und hinsichtlich ihrer Schwere abgewogen werden müssen wie der augenblickliche Zustand der Schwangeren. Die Prognosestellung erfordert besonders große Erfahrung und ein Höchstmaß an Verantwortungsbewußtsein. Diese Darlegungen sind notwendig, um die in der Vergangenheit recht unterschiedliche Praxis der Genehmigung von Anträgen auf Schwangerschaftsunterbrechung zu verstehen. Seit Erlaß des MKSchG verminderte sich laufend die Anzahl der genehmigten Schwangerschaftsunterbrechungen. In den Jahren von 1959 bis 1982 wurde nur eine Genehmigung auf 20 000 der Bevölkerung erteilt. Eine gleiche Entwicklung nahmen die Anträge auf Schwangerschaftsunterbrechung. Wie niedrig die Unterbrechungsziffer ist, wird bei einem Vergleich mit den entsprechenden Zahlen anderer Länder deutlich. So betrugen die Unterbrechungsziffern auf 10 000 der Bevölkerung 3 vgl. Rothe, „Zur gesetzlichen Regelung der Schwangerschaftsunterbrechung“, Das Deutsche Gesundheitswesen 1963, Heft 12, S. 555 ff. 4 Konstitution der Weltgesundheitsorganisation, ln: Basic Documents of the World Health Organization, Fourteenth Edition, Geneva 1963. 5 „Gesundheit ist ein Zustand vollständigen körperlichen, gei- stigen und sozialen Wohlbefindens und nicht nur die Abwesenheit von Krankheit oder Gebrechen“. im Jahre 1961 in Schweden 3,5; in Polen 48,5; in Jugoslawien 58; in der CSSR 69; in Bulgarien 88,5; in Japan 111; in Ungarn 170. Diese Zahlen sind in den letzten Jahren vielfach noch weiter angestiegen6. Die Ursache für die niedrigen Unterbrechungsziffern in der DDR kann nicht nur in einer Verbesserung der therapeutischen Möglichkeiten und der Lebensbedingungen der Schwangeren gesucht werden, sondern ist vor allem in der oben dargelegten Auffassung zu suchen, daß sich die Genehmigung einer Schwangerschaftsunterbrechung nur auf isolierte medizinische Befunde stützen dürfe. Diese enge Beurteilungsweise führte dazu, daß die Aussichten auf eine Genehmigung nur gering waren. Deshalb wandten sich nur noch wenige Frauen vertrauensvoll an die Kommissionen. Diese Kommissionen verhielten sich auch oft so ablehnend, daß zahlreiche Frauen von vornherein auf eine Antragstellung verzichteten. Dieser Zustand leistete illegalen Schwangerschaftsunterbrechungen Vorschub. Seit dem Jahre 1963 wurden jedoch wieder mehr Anträge auf Schwangerschaftsunterbrechung gestellt, was zweifellos auf die zahlreichen Diskussionen der Bevölkerung über die Arbeitsweise der Kommissionen zurückzuführen ist. Wie unterschiedlich die Auffassungen der einzelnen Kommissionen über die Anwendung des § 11 MKSchG waren, ergibt sich aus den genehmigten Anträgen auf Schwangerschaftsunterbrechung. Sie lagen im Jahre 1964 zwischen 2,4 und 0,2 je 10 000 der Bevölkerung. Zur einheitlichen Anwendung von § 11 MKSchG erließ der Minister für Gesundheitswesen am 15. März 1985 eine Instruktion, die unter Berücksichtigung der Ergänzungen vom 5. Juni 1965 durch Bekanntmachung vom 22. Oktober 1965 veröffentlicht wurde7. In der Instruktion wird klargestellt, daß eine Schwangerschaftsunterbrechung genehmigt werden kann, wenn die auf Grund der ärztlichen Untersuchung gestellte Diagnose und Prognose bei Berücksichtigung der Lebenssituation der Schwangeren eine Gefährdung ihres Lebens oder eine ernstliche Herabsetzung ihrer physischen und psychischen Gesundheit infolge der durch die Austragung oder durch die Pflege des Kindes entstehenden Belastungen erwarten läßt. Das Genehmigungsverfahren Der Antrag auf Schwangerschaftsunterbrechung ist über die Schwangerenberatungsstelle an das für das Gesundheitswesen im Kreis zuständige Leitungsorgan zu richten. Bei minderjährigen Schwangeren oder bei Erwachsenen, für die ein gesetzlicher Vertreter eingesetzt ist, ist entweder der Antrag des gesetzlichen Vertreters oder seine Zustimmung erforderlich. Die Schwangerenberatungsstelle hat zu dem Antrag Stellung zu nehmen, die von der Antragstellerin angeführten Gründe zu beurteilen und zweckdienliche Auskünfte über die bisherigen Schwangerschaften, über den Gesundheitszustand, die Lebenssituation usw. zu geben. Über die Genehmigung einer Schwangerschaftsunterbrechung entscheidet die für den Wohnort der Schwangeren zuständige Kreiskommission für Schwangerschaftsunterbrechung. Diese Kommission stützt sich bei der Entscheidung über den Antrag in der Regel auf die bereits getroffenen ärztlichen und fürsorgerischen Feststellungen. Sie kann ggf. eine ergänzende ärztliche Untersuchung und die weitere Überprüfung der Lebenssituation der Schwangeren fordern. Die Kommissionen haben zu berücksichtigen, daß erfahrungsgemäß bestimmte Schwangere wegen ihres Alters, einer raschen 6 Angaben nach Mehlan (persönliche Mitteilung). 7 Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Gesundheitswesen 1965, Nr. 23/24, S. 185; Textausgabe „Mütter-, Kinder- und Jugendgesundheitsschutz“, Staatsverlag der DDR, Berlin 1966. 39 7;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtSozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rück Verbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rah- inen der Absicherung des Reise-, Besucherund Trans tverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen, Die Aufdeckung und Überprüf ung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Spitzengeheimnisträger in staatlichen und bewaffneten Organen, in der Volkswirtschaft, in Forschungseinrichtungen einschließlich Universitäten und Hochschulen; Einschätzung der Wirksamkeit der politisch-operativen Aufklärung, Überprüfung und Kontrolle der Rück Verbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rah- inen der Absicherung des Reise-, Besucherund Trans tverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtSozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rück Verbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rah- inen der Absicherung des Reise-, Besucherund Trans tverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Siche rung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Der Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen im Rahmen der gesamten politisch-operativen Arbeit zur Sicherung der Staatsgrenze des Verkehrswesens der Transitwege großer Produktionsbereiche einschließlich stör- und havariegefährdeter Bereiche und von Kleinbetrieben und sowie zur Außensicherung itärischer. bjekte.

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