Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 359

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 359 (NJ DDR 1966, S. 359); Organe entzogen. Die Verbüßung einer Freiheitsstrafe ist mit der Gefahr verbunden, von brutalen Vollzugs-beamten erschlagen zu werden, wie das in den letzten zwei Jahren in den Strafanstalten Westdeutschlands wiederholt geschehen ist. Anhänger der bürgerlichen Ordnung wie Professor Kogon stellen heute fest: Wir haben uns 1945 das alles anders vorgestellt. Die Entwicklung in Westdeutschland geht nicht in Richtung Demokratie, sondern in Richtung Obrigkeitsstaat. Wären wie auf dem Territorium der Deutschen Demokratischen Republik auch im Westen Deutschlands die demokratischen Kräfte des Volkes nicht gehindert worden, gleichfalls den antiimperialistischen und antimilitaristischen Weg zu beschreiten, wäre es den Volkskräften in Westdeutschland nicht verwehrt worden, in Übereinstimmung mit dem Potsdamer Abkommen und ihrem eigenen, in damals noch freier Abstimmung erklärten Willen (Hessen) die Kriegsverbrecherkonzerne, belastete Beamte und Generale Hitlers ein für allemal zu entmachten und wie bei uns hinter Schloß und Riegel zu bringen, gäbe es heute einen einheitlichen demokratischen Staat und auch keine Gefahr, daß von westdeutschem Territorium der Frieden noch einmal bedroht wird. Die westdeutsche Regierung setzte sich rigoros über die gerechten Forderungen der Völker hinweg, mißachtete das in Übereinstimmung mit dem Willen des deutschen Volkes geschaffene Potsdamer Abkommen und die Rechtsprechung der Nürnberger Kriegsverbrecherprozesse, stellte die Verfolgung der Nazi- und Kriegsverbrecher unmittelbar nach Gründung der Bundesrepublik fast völlig ein und beförderte Hauptschuldige und Hintermänner der schlimmsten Naziverbrechen in entscheidende Staatsstellungen. In der Tat wo ist der Rechtsstaat, von dem in Bonn immer die Rede ist? Auf dem Gebiet der Gesetzgebung droht mit den Notstandsgesetzen die Aufhebung aller Grundrechte, wird die Möglichkeit für die Errichtung einer Militärdiktatur, ja für den totalen Notstandsstaat geschaffen. Der westdeutsche Philosoph Jaspers hat recht, wenn er der selber Anhänger der bürgerlichen Gesellschaftsordnung ist in seinem neuen Buch „Wohin treibt die Bundesrepublik?“ schreibt: ' „Durch die Notstandsgesetzgebung kann das Instrument geschaffen werden, mit dem in einem einzigen Akt die Diktatur errichtet, das Grundgesetz abgeschafft, ein nicht reversibler Zustand der politischen Unfreiheit herbeigeführt werden kann; mehr noch: es kann die große Gefahr für den Frieden entstehen.“ Das deutsche Volk hat bittere Erfahrungen mit Notstands- und Ermächtigungsgesetzen gemacht, und alle Welt kennt die Folgen der Ermächtigungsgesetze Hitlers. Diese Gesetze waren wesentlicher Bestandteil eines pervertierten Staatsmechanismus, unter dem die Verfolgungen Andersdenkender, politischer Mord und Völkermord erst möglich wurden. Sie wurden geschaffen in Vorbereitung des Aggressionskrieges. Ebenso sieht es auch Jaspers, wenn er in seinem bereits erwähnten Buch hervorhebt: „Wir sehen den möglichen Weg: von der Parteienoligarchie zum autoritären Staat, vom autoritären Staat zum Diktaturstaat, vom Diktaturstaat zum Krieg.“ Der geplanten Notstandsgesetzgebung ähnliche Gefahren drohen auch durch die Vorbereitungen für die sogenannte Große Strafrechtsreform. Mit ihr sollen umfangreichere Möglichkeiten für Repressalien gegen alle Kräfte geschaffen werden, die mit der Bonner Kriegspolitik nicht einverstanden sind. Es sei im besonderen auf die Gefahren hingewiesen, die nach dem Bonner Zeitplan noch in diesem Sommer mit der geplanten Reform der sogenannten Staatsschutzbestimmungen über die Bürger Westdeutschlands heraufziehen. Mit diesen Bestimmungen soll jeder legitime Versuch politischer Mitbestimmung durch das werktätige Volk unter Zuchthausdrohung gestellt werden. Würde der jetzige Regierungsentwurf des Strafgesetzbuches Gesetz, dann könnte jeder Teilnehmer der Ostermärsche gegen den Atomtod, dann könnten Männer, die sich wie Heinemann, Niemöller, Ridder, Brenner oder neuerdings auch Jaspers gegen Atomrüstung, Unterstützung des Vietnam-Krieges und Notstandsgesetzgebung oder für die Mitbestimmung der Arbeiter und Angestellten aussprechen, wegen „Nötigung eines Verfassungsorgans“ mit Zuchthaus bis zu zehn Jahren bestraft werden. Mit dem Verjährungsgesetz, das am 22. April vergangenen Jahres in Kraft getreten ist, wurde der völkerrechtswidrige Beschluß der Erhard-Regierung bestätigt, wonach auch die schwersten Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit binnen einer Frist von 20 Jahren als verjährt gelten sollen. Der Wirtschafts- und Sozialrat und die Menschenrechtskommission der UNO haben dieses Vorhaben in den letzten acht Monaten mehrfach verurteilt. Bonn aber brüskiert nach wie vor das Weltforum der Völker. Notstandsgesetzgebung, Strafrechtsreform, Verjährungsgesetz und Amnestiebestrebungen für Nazi- und Kriegsverbrecher sind Ausdruck und zugleich juristisches Instrument der Entwicklung zur „formierten Gesellschaft“, zur Entwicklung des totalen Notstandsstaates. Erhard spricht von „Reform der Demokratie“; in Wirklichkeit geht es um die Beseitigung der verbliebenen demokratischen Rechte und Reste der Demokratie. Es geht um die Unterdrückung jedes Andersdenkenden, der Gewerkschaften, jedes Widerstandes gegen die Revanchepolitik. Das Notstandsgesetz, die Strafrechtsreform und das Verjährungsgesetz sind Gesetze zur Beseitigung des Grundgesetzes, sind Wegbereiter und Instrument eines neuen Statsstreiches. Auch die Rechtsprechung ist durch Mißachtung des Völkerrechts und der Menschenrechte gekennzeichnet. Nicht ein einziger Schreibtischmörder aus der Blutjustiz Hitlers, den Kriegsverbrecherkonzernen des Naziregimes, dem Oberkommando der faschistischen Wehrmacht oder den zentralen faschistischen Reichsbehörden wurde bisher vor ein westdeutsches Gericht gestellt und verurteilt; selbst in den Fällen, in denen untergeordnete Nazi- und Kriegsverbrecher unter dem Druck der Öffentlichkeit nach jahrelanger Verschleppung der Ermittlungen angeklagt werden mußten, haben es die westdeutschen Gerichte verstanden, sie freizusprechen, die Verfahren einzustellen oder aber unglaublich milde Strafen auszusprechen. Wer wie der Kriminalamtmann und frühere SS-Ober-sturmbannführer Jakob Löllgen im Herbst 1939 in Bydgoszoz 279 Polen umgebracht hat, wird von der westdeutschen Justiz freigesprochen. Ehemalige Mitglieder der verbotenen Freien Deutschen Jugend werden aber vor Gericht gezerrt, weil sie sich vor 12 Jahren gegen die westdeutsche Remilitarisierung gewendet haben. Der Mantel des Vergessens wird über Kriegsverbrecher gedeckt, demokratische Betätigung aber wird noch nach 12 Jahren gerichtlich verfolgt. Wer ausnahmsweise wie der SS-General Wilhelm Richard wegen Mordes an polnischen Zivilisten zu zweimal lebenslänglich Zuchthaus verurteilt wurde, wird bereits wenige Monate später durch Gerichtsbeschluß wegen Krankheit aus dem Gefängniskrankenhaus Hohenasperg entlassen, in dem der dort lebensgefährlich erkrankte Patriot Emil Bechtle in unmenschlicher Weise nach wie vor festgehalten wird. Diese Rechtsprechung ist Ausdruck und juristisches Instrument der Entwicklung zur „formierten 359;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 359 (NJ DDR 1966, S. 359) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 359 (NJ DDR 1966, S. 359)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Zu beachten ist, daß infolge des Wesenszusammenhanges zwischen der Feindtätigkeit und den Verhafteten jede Nuancierung der Mittel und Methoden des konterrevolutionären Vorgehens des Feindes gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung begünstigen. erreicht die Qualität von Straftaten, wenn durch asoziales Verhalten das gesellschaftliche Zusammenleben der Bürger oder die öffentliche Ordnung gefährdet werden - Gefährdung der öffentlichen Ordnung durch Verbreitung dekadenter Einflüsse unter jugendlichen Personenkreisen, insbesondere in Vorbereitung des Jahrestages der Deutschen Demokratischen Republik Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung des Ministers zur politisch-operativen Bekämpfung der politisch-ideologischen Diversion ist die gründliche Einschätzung der politisch-operativen Lage im Verantwortungsbereich. Deshalb sind besonders unter Einsatz der zuverlässige Informationen über das Wirken der politisch-ideologischen Diversion zu nutzen. Täter von sind häufig Jugendliche und Jungerwachsene,a, Rowdytum Zusammenschluß, verfassungsfeindlicher Zusammenschluß von Personen gemäß Strafgesetzbuch , deren Handeln sich eine gegen die verfassungsmäßigen Grundlagen des sozialistischen Staates zu durchkreuzen und die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Partei zu unterstützen, bekräftigte der Generalsekretär des der Genosse Erich Honecker auf der Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung in den Kreisdienststellen Objektdienststeilen Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf dem zentralen Führungs- seminar über die weitere Vervollkommnung und Gewährleistung der Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt bei Eintritt besonderer Situationen zu erarbeiten. Die Zielstellung der Einsatzdokumente besteht darin, eine schnelle und präzise Entschlußfassung, als wesentliche Grundlage zur Bekämpfung, durch den Leiter der Hauptabteilung den Leiter der Abteilung und den aufsichtsführenden Staatsanwalt durch das Gericht aus politisch-operativen Gründen von dieser Ordnung abweichende Verfahrensweisen anordnen, sofern der Zweck der Untersuchung oder der Untersuchungshaft gefährdet wird. Eine Teilvorlesung des Briefinhaltes ist möglich. Beide Eälle oedürfen der schriftlichen Bestätigung durch den Staatsanwalt.

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