Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 351

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 351 (NJ DDR 1966, S. 351); geklagten E wegen ihrer faschistischen Betätigung „wegbringen“ lassen. Das erzählte die Angeklagte B. dem Angeklagten E., wobei sie zum Ausdruck brachte, er solle sich „in acht“ nehmen. Einige Tage vor dem 9. Oktober 1945 kamen beide Angeklagten überein, H. zu töten. Er sollte mit einer Pistole, die der Angeklagte E. im Besitz hatte, erschossen werden. Dazu sollte die Angeklagte B. mit ihrem Ehemann am Abend des 9. Oktober 1945 die Landstraße von D. nach O. benutzen. Der Angeklagte E. wollte beiden folgen und H. durch einen Schuß aus dem Hinterhalt töten. So geschah es auch. Das Bezirksgericht- hat die Angeklagten wegen gemeinschaftlich begangenen Mordes (§§ 211, 47 StGB) zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. Gegen diese Entscheidung haben die Angeklagten Berufung eingelegt. Die Berufung der Angeklagten B. führte zur Abänderung des Schuldausspruchs. Aus den Gründen: Zutreffend bejaht das Bezirksgericht ein Handeln des Angeklagten E. aus niedrigen Beweggründen. Das Oberste Gericht hat mehrfach ausgesprochen, daß niedrige Beweggründe im Sinne von § 211 Abs. 2 StGB dann vorliegen, wenn der Täter aus so krassem Egoismus handelt, daß dieser die allgemeine Verwerflichkeit, die allen Tötungsverbrechen innewohnt, übersteigt und somit das Verbrechen vom Motiv her in besonderem Maße verachtenswert macht. Die große moralische Verwerflichkeit der Handlung des Angeklagten E. kommt darin zum Ausdruck, daß er einen Bürger, der das gesellschaftliche Erfordernis der strikten Untersuchung und Verfolgung nazistischer Betätigung erkannte, tötete, um etwaigen Konsequenzen zu entgehen und auch seinen Vater davor zu bewahren. Dabei ist ohne Belang, daß H. seine Androhungen im Rahmen familiärer Auseinandersetzungen vorbrachte. Entscheidend ist, daß er mit der Familie E. nichts mehr zu tun haben wollte und wiederholt deren -faschistische Haltung als Grund dafür angab. Gerade diese Androhung H.’s war es, die den Angeklagten E. zu der Überlegung brachte, ihn zu töten. Die vorsätzliche Tötung wurde auch durch die heimtückische Begehungsweise zum Mord qualifiziert. Zu Recht stützt sich das Bezirksgericht auf die ständige Rechtsprechung des Obersten Gerichts zu dieser Frage, indem es davon ausgeht, daß sich der Angeklagte E. bei seiner Tat auf die geschaffene Arglosigkeit des Opfers verlassen hat (vgl. Urteil des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 30. November 1963 I PrZ 15 8/63 NJ 1964 S. 22 ff.). Er selbst hatte zwar den Getöteten nicht arglos gemacht. Er bediente sich jedoch nach vorheriger Absprache der Mitangeklagten B., die am besten in der Lage war, die für die Tatausführung nötige Arglosigkeit H.’s zu schaffen. Sie ging unter einem Vorwand mit H. zum Tatort, legte ihren Arm um ihn, damit er keinen Argwohn schöpfen und vielmehr glauben sollte, die Angeklagte sei bereit, sich mit ihm zu vertragen. Beide Angeklagten spekulierten auf die bei H. noch vorhandene Zuneigung zur Angeklagten B. Den bisherigen Entscheidungen des Obersten Gerichts zur Frage der Heimtücke lag zwar ein solcher Sachverhalt zugrunde, bei dem der Täter selbst sein Opfer arglos machte oder ein zwischen ihnen bestehendes Vertrauensverhältnis zur Tat ausnutzte, folglich ih unmittelbare Beziehung zum Opfer trat. Das schließt jedoch nicht aus, daß ein Täter nicht auch über einen Mittäter oder Gehilfen die Arglosigkeit des Opfers herbeiführen oder verstärken kann. Für den Angeklagten war es auf Grund des angespannten Verhältnisses zu H. schwierig, ihn arglos und somit wehrlos zu machen und das Verbrechen sicher durchzuführen. Dagegen vermochte die Angeklagte B. als Ehefrau des Getöteten um so besser die Arglosigkeit herbeizuführen. Die. dem gemeinsamen Plan entsprechende Durchführung des Verbrechens stellt für den Angeklagten E. eine heimtückisch begangene Tötung (§ 211 Abs. 2 StGB) dar. Die auf diese Weise verwirklichte Heimtücke charakterisiert das Verbrechen als besonders raffiniert und kaltblütig begangen und brachte das Opfer in eine aussichtslose Lage, in welcher es dem verbre-; cherischen Angriff wehrlos ausgeliefert war. Das Bezirksgericht hat den Tatbeitrag der Angeklagten B. als in Mittäterschaft begangenen Mord beurteilt und dazu ausgeführt, die Angeklagten hätten sich gemeinschaftlich und bewußt entschieden, H. zu töten, und die Tat entsprechend ausgeführt. Ihnen sei bewußt gewesen, daß die Tötung nur möglich war, wenn jeder auf die festgelegte Weise seinen Tatbeitrag leistete. Sie hätten in ihren Vorsatz das Handeln des anderen mit aufgenommen. Diese Begründung geht fehl. Das Bezirksgericht hat die für die rechtliche Beurteilung ihres Handelns entscheidende Frage, ob die Angeklagte durch ihren Tatbeitrag an der Tötung H.’s unmittelbar mitwirkte und insofern an der tatbestandsmäßigen Ausführungshandlung beteiligt war, unrichtig beantwortet. Das Präsidium des Obersten Gerichts hat in seiner bereits zitierten Entscheidung (NJ 1964 S. 22 ff.) zur Frage der Mittäterschaft Stellung genommen. Es hat hierzu ausgeführt, daß eine Mittäterschaft nicht vorliegt, wenn der Teilnehmer an der Ausführung der Tötungshandlung nicht mitwirkt, sondern gemeinsam mit dem Täter die Voraussetzungen schafft, die diesem die Ausführung der Tötungshandlung ermöglichen. Es hat fernerhin eine Auseinandersetzung mit Erscheinungen der bürgerlichen subjektiven Teilnahmelehre, wie sie auch in der oben dargestellten Argumentation des Bezirksgerichts zum Ausdruck kommt, gefordert. Diese Lehre geht von der Auffassung aus, daß für eine Mittäterschaft entscheidend sei, ob der Teilnehmer die Tat, an der mehrere in verschiedener Weise mitwirken, als eigene betrachtet. Den Prinzipien des sozialistischen Strafrechts entspricht es dagegen, jede subjektivistische und letztlich idealistische Auffassung zurückzuweisen und den Tatbeitrag des einzelnen danach zu beurteilen, inwieweit er selbst an der im Tatbestand beschriebenen Ausführung der Straftat auf Grund des gemeinsamen Vorsatzes unmittelbar beteiligt war. Soweit eine Mittäterschaft unter dem Gesichtspunkt der Arbeitsteilung begründet wird, ist zu beachten, daß sie sich auf die tatbestandsmäßigen Ausführungshandlungen beziehen muß. Die Angeklagte B. hat an der Tötung H.’s insofern mitgewirkt, als sie die entscheidenden Voraussetzungen zur Verwirklichung des verbrecherischen Planes schuf. Sie hat daher dem Täter zur Begehung eines Verbrechens durch Rat und Tat wesentlich Hilfe geleistet (§ 49 Abs. 1 StGB). Die Tötung selbst hat allein der Angeklagte E. mit der Schußwaffe ausgeführt. Durch diese von der Entscheidung des Bezirksgerichts abweichende rechtliche Beurteilung des Tatbeitrages der Angeklagten B. ist die Bedeutung und Schwere ihrer Mitwirkung an der Tötung H.’s noch nicht charakterisiert, weil Beihilfehandlungen je nach Art und Umfang im unterschiedlichen Maße zum Gelingen des verbrecherischen Vorhabens beitragen können. Der Tatbeitrag kann derart entscheidend sein, daß von der Bestimmung des § 49 Abs. 2 StGB, die Strafe des Gehilfen nach den Grundsätzen über die Bestrafung des Versuchs ermäßigen zu können, kein Gebrauch gemacht werden kann. Die Angeklagte B. hat den Angeklagten E. bei der Ausführung des Mordes nicht nur unterstützt und sein Vorhaben erleichtert, sondern es überhaupt erst ermöglicht. Sie hatte ein eigenes Interesse an der Tötung ihres Mannes und kannte die äußerst 351;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 351 (NJ DDR 1966, S. 351) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 351 (NJ DDR 1966, S. 351)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Die Anforderungen an die Beweiswürdigung bim Abschluß des Ermittlungsverfahrens Erfordernisse und Möglichkeiten der weiteren Vervollkommnung der Einleitungspraxis von Ermittlungsverfähren. Die strafverfahrensrechtlichen Grundlagen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens und das Erwirken der Untersuchungshaft in tatsächlicher Hinsicht die beiveismäßigen Erfordernisse für die Begründung des Verdachts des dringenden Verdachts, einer Straftat und die daraus resultierenden Verhaltensanforderungen an die Mitarbeiter der -Abteilung Staatssicherheit Vertrauliche Verschlußsache , tierter in Auswirkung der zunehmenden Aggressivität und Gefährlichkeit des Imperialismus und die sich daraus für den Untersucht! rkung im Strafverfahren wird vollem Umfang gewährleistet sha tvcIzug ablei Aufgaben zur Gewährlei tung dieses Rechts werden voll sichergestellt. Das Recht auf Verteidigung räumt dem Beschuldigten auch ein, in der Beschuldigtenvernehmung die Taktik zu wählen, durch welche er glaubt, seine Nichtschuld dokumentieren zu können. Aus dieser Rechtsstellung des Beschuldigten ergeben sich für die Darstellung der Täterpersönlichkeit? Ausgehend von den Ausführungen auf den Seiten der Lektion sollte nochmals verdeutlicht werden, daß. die vom Straftatbestand geforderten Subjekteigenschaften herauszuarbeiten sind,. gemäß als Voraussetzung für die Feststellung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit, die Art und Weise der Tatbegehung, ihre Ursachen und Bedingungen, der entstandene Schaden, die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren zu leistenden Erkenntnisprozeß, in sich bergen. Der Untersuchungsführer muß mit anderen Worten in seiner Tätigkeit stets kühlen Kopf bewahren und vor allem in der Lage sein, den Verstand zu gebrauchen. Ihn zeichnen daher vor allem solche emotionalen Eigenschaften wie Gelassenheit, Konsequenz, Beherrschung, Ruhe und Geduld bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Sugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlun-gen Jugendlicher.

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