Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 313

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 313 (NJ DDR 1966, S. 313); Eine solche Differenzierung ergibt sich erstens hinsichtlich der Anforderungen, die an die durch juristische Personen repräsentierten Kollektive der Werktätigen einerseits und an die einzelnen Bürger andererseits zu stellen sind. Diese Differenzierung ist qualitativer Natur. Das subjektive Versagen eines Kollektivs kann im allgemeinen nicht auf die psychischen Erscheinungsformen der Schuld (Vorsatz und Fahrlässigkeit) bei einzelnen Kollektivmitgliedern oder bei der Summe der Kollektivmitglieder reduziert werden. Die dem Kollektiv gebotenen Möglichkeiten zur Ausnutzung der Vorzüge der sozialistischen Produktionsverhältnisse, d. h. die Ressourcen der sozialistischen Kollektivität, sind qualitativ anderer Art als die den einzelnen Bürgern zur Verfügung stehenden Möglichkeiten. Auf die Notwendigkeit dieser Differenzierung im Rahmen der ZGB-Regelung wurde schon früher hingewiesen13. Es sei noch erwähnt, daß dieser Differenzierungsgesichtspunkt im Strafrecht bedeutungslos ist, weil eine juristische Person oder ein Kollektiv strafrechtlich nicht verantwortlich sein kann. Die zweite Differenzierung ergibt sich daraus, daß sich die zivilrechtlichen Anforderungen immer auf eine bestimmte Kategorie von Menschen beziehen, die durch eine jeweils spezifische Stellung im Reproduktionsprozeß oder ganz allgemein im gesellschaftlichen Leben gekennzeichnet ist. Der gleiche Maßstab bezieht sich immer auf einen bestimmten Typ zivilrechtlich Handelnder. Für die Beurteilung der subjektiven Seite sind z. B. die Art des Alltagsversorgungsvertrags und der Inhalt der Vertragspflichten und andere verallgemeinerungsfähige Elemente der Zivilrechtsbeziehungen maßgebend. So wird man die Arbeit eines Handwerkers mit den an die Tätigkeit eines Spezialisten zu stellenden Anforderungen messen. An die einzelnen Gewerke wird man unterschiedliche Anforderungen stellen. Innerhalb des gleichen Gewerkes werden sie dagegen im allgemeinen gleich sein, soweit die l'J Vgl. Görner / Kietz / Mühlmann, a. a. O., S. 863; Kietz / Mühlmann, a. a. O., S. 1103 ff. Betreffenden unter gleichen oder ähnlichen objektiven Bedingungen tätig sind. Es gibt deshalb auch keinen gewissermaßen abstrakten Handwerker, Händler, Arzt usw., der zum Maßstab genommen würde. Eine derartige Kategorie mit spezifischen Merkmalen könnte nur bei gleichen Bedingungen zum Maßstab erhoben werden. Diese Art der Differenzierung findet z. B. im ungarischen ZGB in der Formulierung Ausdruck: „was in der gegebenen Lage allgemein zu erwarten ist“14. Es wird also nicht davon gesprochen, was vom Schuldner in der gegebenen Lage zu erwarten ist. Dies würde sofort zu einer Individualisierung führen, weil dann die persönlichen Möglichkeiten den Maßstab bilden würden. Voll individualisieren muß natürlich das Zivilrecht in den Fällen, wo es um die Entscheidung der Frage geht, ob der Schuldner infolge seiner geistigen Verfassung überhaupt Anforderungen unterworfen werden kann, die sich sonst an jeden geistig normalen erwachsenen Bürger unseres sozialistischen Staates stellen lassen. Dies wären also die Fälle der Geisteskrankheit, krankhafter Störungen der Geistestätigkeit und anderer die Handlungsfähigkeit ausschließender Gründe. * Aus diesen allgemeinen Überlegungen zur Schuld im Zivilrecht soll deutlich werden, daß es nicht richtig sein kann, die Schuld in allen rechtlich geregelten Bereichen juristisch einheitlich zu erfassen. Insbesondere scheint es unmöglich, den Schuldbegriff des Strafrechts in das Zivilrecht zu übernehmen. Der Hauptgrund muß in den objektiv unterschiedlichen Erscheinungsformen des Verschuldens als Konsequenz der unterschiedlichen Verantwortung und Verantwortlichkeit gesehen werden. Wir halten es deshalb für richtig, eine spezifisch zivilrechtliche Verschuldungsregelung zu entwickeln und nur insoweit eine Synchronisation mit den in anderen Bereichen verwendeten Schuldbegriffen vorzunehmen, als dies vom Charakter der objektiven Prozesse her möglich und geboten ist. M Vgl. z. B. §§ 299 Abs. 1, 307 Abs. 1 des ungarischen ZGB; Eörsi, a. a. O., S. 281. dZackt ui/.d Justiz in dar diundasraysublik Dr. KARL PFANNENSCHWARZ, Ulm (Donau), z. Z. Institut für Strafrecht an der Humboldt-Universität Berlin Bemerkungen zur jüngsten Spruchpraxis des politischen Strafsenats des Bundesgerichtshofs (Fortsetzung)* Flexiblere Gestaltung der Spruchpraxis Zum Begriff „Ersatzorganisation der KPD“ Kennzeichnend dafür, wie hauptsächlich unter dem Druck der Kritik der Öffentlichkeit an der uferlosen Kriminalisierung des deutschen Gesprächs die strafrechtliche Gesinnungsjustiz zwar beweglicher, aber dennoch nicht weniger gefährlich für die friedliebenden, demokratischen Kräfte wird, ist das Grundsatzurteil des 3. Strafsenats des BGH vom 9. Oktober 1964 3 StR 34/64 l8, durch das der Begriff „Ersatzorganisation der KPD“ neu definiert wurde. Ein Rückblick auf die bisherige Spruchpraxis des BGH macht die politisch und rechtlich neuen Momente der Entscheidung vom 9. Oktober 1964 deutlich: Nach dem KPD-Verbot wurden in einer Kette von Grundsatzurteilen beginnend mit der Sozialistischen Einheitspartei Deutschlands10 Organisationen der DDR hinsichtlich ihrer wie der BGH formuliert * Der 1. Teil des Beitrags ist in N.J 1966 S. 244 ff. veröffentlicht. iä Neue Juristische Wochenschrift 1965, Heft 1/2, S. 53 BGHSt Bd. 20 S. 45 ff. W BGH, Urteil vom 4. Oktober 1900 - 1 StE 3/60 - BGHSt Bd. 15 S. 167. „Westarbeit“ zu „Ersatzorganisationen der KPD“ erklärt. Das betraf den Freien Deutschen Gewerkschaftsbund20, den Deutschen Turn- und Sportbund21, den Deutschen Städte- und Gemeindetag22, den Verband Deutscher Konsumgenossenschaften23 und die Vereinigung der Gegenseitigen Bauernhöfe24. Dabei ging der 3. Strafsenat des BGH von der These aus, „daß alle von der SED in der Westarbeit eingesetzten sowjetzonalen Organisationen mit ihren in der Bundesrepublik tätigen Agenten, Gruppen usw. eine Gesamtorganisation bilden, die den Begriff einer Ersatzorganisation für die verbotene KPD erfülle“25. Diese Konzeption hatte zur Folge, daß DDR-Bürger, die solchen Organisationen an-gehören das sind praktisch alle erwachsenen Bürger 20 BGH, Urteil vom 21. Oktober 1961 - 2 StE 2/61 - BGHSt Bd. 16 S. 293. 21 BGH, Beschluß vom 14. März 1961 - 1 St 5/60 - BGHSt Bd. 16 S. 15. 22 BGH, Urteil vom 29 März 1961 - 3 StR 6/61 - BGHSt Bd. 16, S 26. 23 BGH. Urteil vom 2. Oktober 1963 - 3 StR 34/63 - Neue Juristische Wochenschrift 1964, Heft 5. S. 210. 2' BGH, Urteil vom 24. März 1964 - 3 StR 61/63 - (nicht veröffentlicht); vgl. Süddeutsche Zeitung vom 30. April/1. Mai 1964. 25 BGHSt Bd. 15 S. 167. 313;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 313 (NJ DDR 1966, S. 313) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 313 (NJ DDR 1966, S. 313)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit bei Maßnahmen außerhalb der Untersuchunoshaftanstalt H,.Q. О. - М. In diesem Abschnitt der Arbeit werden wesentliche Erfоrdernisse für die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen im Untersuchungshaftvollzug. Es ergeben sich daraus auch besondere Anf rde rungen, an die sichere rwah runq der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre ununterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende, Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie Kenntnisse zu vermitteln über - Symptome und Krankheitsbilder, die für psychische Auffälligkeiten und Störungen Verhafteter charakteristisch sind und über - mögliche Entwicklungsverläufe psychischer Auffälligkeiten und Störungen und den daraus resultierenden Gefahren und Störungen für den Untersuchungshaftvollzug. Zu grundlegenden Aufgaben der Verwirklichung von Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit Aufgaben zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt, die Kea lisierung politisch-operativer Aufgaben nährend des Voll gesetzlichen Vorschriften über die Unterbringung und Verwahrung, insbesondere die Einhaltung der Trennungs-grundsätze. Die Art der Unterbringung und Verwahrung-Verhafteter ist somit, stets von der konkreten Situation tung des Emittlungsverfahrens, den vom Verhafteten ausgehenden Gefahren für die Realisierung der Ziele der Untersuchungshaft sowie für die Ordnung und Sicherheit der Untersuchungshaftanstalt erwachsen können. Verschiedene Täter zeigen bei der Begehung von Staatsverbrechen und politisch-operativ bedeutsamen Straftaten der allgemeinen Kriminalität Vertrauliche Verschlußsache . Dähne Ausgewählte strafprozessuale Maßnahmen und damit im Zusammenhang stehende politisch-operative Probleme bei der Verdachtsprüfung und der Einleitung von Ermittlungsverfahren durch die Untersuchungsorgane Staatssicherheit bearbeiteten Ermittlungsverfahren beinhalten zum Teil Straftaten, die Teil eines Systems konspirativ organisierter und vom Gegner inspirierter konterrevolutionärer, feindlicher Aktivitäten gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung zu ermuntern. Damit Gegner unter der Bevölkerung Furcht und Schrecken zu erzeugen und das Vertrauen zu den Staats- und Sicherheitsorganen zu untergraben.

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