Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 220

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 220 (NJ DDR 1966, S. 220); 1954 bis 1958 insgesamt 6 235 000 DM zuviel für 67 274 t falsch deklarierten Schrott aus25 26. In krasser Form treten kriminelle Handlungen im Rüstungsgeschäft auf. Rüstungskorruption und Rüstungsbetrug haben einen solchen Umfang angenommen, daß bei der Staatsanwaltschaft am Sitz des Beschaffungsamtes der Bundeswehr in Koblenz ein spezielles Dezernat eingerichtet werden mußte. Es soll kriminelle Handlungen auf diesem Gebiet unter eine gewisse Kontrolle bringen und bei extremen Erscheinungsformen eine strafrechtliche Verfolgung einleiten. Nach Auffassung der Staatsanwälte dieses Dezernats betrügt und besticht bei Bundeswehraufträgen fast jeder. Jedoch werden nur 2 % der Korruptions- und Betrugshandlungen aufgedeckt20. Allein von 1962 bis 1964 wurden von der Koblenzer Staatsanwaltschaft gegen 17 Inhaber, Direktoren und leitende Angestellte westdeutscher Firmen, die von der Bundeswehr Rüstungsaufträge erhalten hatten und sich durch Bestechung und Betrug erhebliche zusätzliche Vorteile erschlichen, Haftbefehle erwirkt27. Über den Ausgang der Verfahren ist nur wenig bekannt, obwohl die Rüstungsskandale breite Kreise der Öffentlichkeit bewegen. Oft werden die Fälle durch Strafbefehl erledigt. Bankrott sowie Wechsel- und Scheckdelikte Im Gegensatz zu den bisher beschriebenen Erscheinungsformen krimineller Betätigung werden solche Handlungen, die die Regeln des Konkurrenzkampfes verletzen und sich gegen die Interessen der dominierenden Monopole richten, wie z. B. betrügerische Bankrotte, gnadenlos moralisch verurteilt. Die sich im Prozeß der staatsmonopolistischen Entwicklung voliziehende Liquidierung der kapital- und wirtschaftsschwächeren Betriebe ist von einer steigenden Insolvenzkurve und von betrügerischen Manipulationen dieser Unternehmer zur Verhinderung ihres Ruins begleitet. Allein von 1949 bis 1956 wurde statistisch ein Gesamtverlust von rund 3 Milliarden DM ausgewiesen28 29. Diese Entwicklung wird vom Statistischen Bundesamt als „wirtschaftlicher Ausleseprozeß“ kommentiert21’. In besonderem Maße treten Fälle der Zahlungsunfähigkeit im Einzelhandel und bei Baubetrieben auf-10. Die Konkursverluste steigen von Jahr zu Jahr. Die Zahl der wegen Konkursvergehen rechtskräftig verurteilten Personen hat erheblich zugenommen. Sie hatte sich bereits im Jahre 1954 gegenüber 1950 versechsfacht11. Zu den häufigsten Begehungsformen zählen: das Hinausschieben der Zahlungseinstellung und die Herausnahme von Gegenständen z. B. eines Zweigbetriebes aus der Vermögensmasse sowie bei Aktiengesellschaften das Unterlassen, die Bezüge des Vorstandes herabzusetzen, obwohl es die wirtschaftliche Lage der Gesellschaft erfordert. Es gibt genug Fälle, in denen neben einer ausgehöhlten Aktiengesellschaft „wirtschaftlich gut situierte“ Vorstandsmitglieder stehen52. In der staatsmonopolistischen Entwicklung verwurzelt sind auch illegale Kreditschöpfungen durch Wechselreiterei, die gegenwärtig von sog. Vermittlern sogar gewerbsmäßig betrieben wird, sowie die Herausgabe un- 25 süddeutsche Zeitung vom 27. Januar 1964, S. 5. 26 Der Spiegel 1964, Heft 19, S. 22 ff. 27 Der Spiegel 1964, Heft 24, S. 25 ff. 28 Vgl. Schultze, „Insolvenzen in der Statistik“, in: Wirtschaftsdelikte, a. a. O., S. 22. In der obigen Verlustquote nicht einbegriffen sind außergerichtliche Vergleiche, die in der Bauwirtschaft und in einigen Bereichen des Handwerks eine Rolle spielen. Auch solche Kleinbetriebe, die zahlungsschwach geworden sind und ihr Gewerbe abmelden, ohne daß ein Konkurs beantragt wurde, sind nicht erfaßt. 29 a. a. O., S. 25. 30 a. a. O., S. 26 und 28. 31 a. a. O., S. 31. 32 Hinrichs, „Bankrotthandlungen aus der Sicht des Konkurs-und Vergleichsverwalters“, in: Wirtschaftsdelikte, a. a. O., S. 39. gedeckter Schecks, die immer breiteren Raum einnimmt'0. Ohne die letztlich auch die Allgemeinheit schädigenden Auswirkungen der Insolvenz und ähnlicher Delikte in Abrede zu stellen, ist es für die westdeutsche Strafrechtsreform bezeichnend, daß diese Delikte im westdeutschen Strafgesetzbuch-Entwurf (E 1962) eine sehr eingehende, teils verschärfte Regelung gefunden haben (§§ 271 ff.), während z. B. eine Kriminalisierung des Niederkonkurrierens kleinerer Unternehmer durch die Monopole gänzlich unterblieben ist, obwohl dabei vielfach kriminelle Methoden angewandt werden. Auswirkungen der sog. Oberweltkriniinalität Die hier skizzierten Kriminalitätserscheinungen sind insgesamt Ausdruck der sich verschärfenden Widersprüche der staatsmonopolistischen Entwicklung. Die von der herrschenden Oberschicht begangenen Wirtschaftsdelikte beschleunigen den Prozeß der Anhäufung von Reichtum einer immer kleineren Gruppe Monopolgewaltiger und des Rückgangs des Anteils der Werktätigen am Nationaleinkommen. Diese Straftaten haben also große finanzielle Auswirkungen auf die Lebenslage der Werktätigen. Nicht unerheblich sind die nichtfinanziellen Schädigungen, insbesondere der Volksgesundheit. Auch die von Zirpins Terstegen hervorgehobene Sog- und Spiralwirkung, die Steuerhinterziehungen, die Verwendung verbotener Rohstoffe und ähnliche Praktiken haben51, geht zu Lasten der breiten Masse. Nicht übersehen darf man in diesem Zusammenhang auch den weiteren Abbau und die Aufhebung verfassungsmäßiger Rechte und Freiheiten. Denn dort, wo kriminelles Verhalten der herrschenden Oberschicht das Betriebsgeschehen mit beeinflußt, stößt der Kampf um die Verwirklichung eines demokratischen Mitbestimmungsrechts auf potenzierten Widerstand. Einige westdeutsche Juristen, Kriminalisten und Kriminologen haben wichtige Faktoren für die kriminelle Unterwanderung der Wirtschaft aufgedeckt. Sie wenden sich gegen den gegenwärtigen Rechtszustand und gegen die Praktiken der Untersuchungsorgane und Gerichte, die es ermöglichen, daß eine Straftat trotz Aufdeckung und Bestrafung für den Täter und Nutznießer ein gutes Geschäft bleiben kann®. Scharfe Kritik erfährt vor allem die durch das Wirtschaftsstrafgesetz vom 25. März 1952 i. d. Fassung des Gesetzes zur weiteren Vereinfachung des Wirtschaftsstrafrechts (Wirtschaftsstrafgesetz 1954) vom 9. Juli 1954 (BGBl. I S. 175) geschaffene Zweiteilung in Ordnungswidrigkeiten und Wirtschaftsstraftaten. Sie führt letztlich dazu, daß die Entscheidung für die gerichtliche Verurteilung von der Zahlungsfähigkeit des Rechtsverletzers abhängig gemacht wird30 31 32. Auch die empirisch orientierten Strömungen der westdeutschen Kriminologie bleiben aber im wesentlichen bei Vorschlägen für die Verbesserung der Technik der Bekämpfung stehen. So wird z. B. gefordert, dem spezialisierten Wirtschafts Verbrecher einen spezialisierten Ermittlungsbeamten bzw. Untersuchungsführer entgegenzustellen57, eine Zentralstelle zur Bekämpfung der Korruption zu schaffen58 u. ä., ohne daß dabei die gesellschaftlichen Grundlagen der Wirtschaftskriminalität aufgedeckt werden. Von einer Elhisierung der westdeutschen Wirtschaft ausgehend, wird der „Eigennutz“ zur 23 vgl. Niggemeyer, Einführung, in: Wirtschaftsdelikte, a. a. O., S. 7. 34 Zirpins/Terstegen, a. a. O., S. 95. 33 a. a. O., S. 103. 36 schmidt-Leichner, „Wirtschaftsdelikte aus der Sicht des Verteidigers“, in: Wirtschaftsdelikte, a. a. O., S. 117. 37 Niggemeyer, a. a. O., S. 9. 38 Kiehne, „Erfahrungen aus der Tätigkeit zentraler Dienststellen zur Bekämpfung der Korruption“, in: Wirtschaftsdelikte, a. a. O., S. 181 ff. 220;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 220 (NJ DDR 1966, S. 220) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 220 (NJ DDR 1966, S. 220)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Durch den Leiter der Hauptabteilung Kader undlj-S.chu lung und die Leiter der zuständigen Kaderorgane ist zu gewä rleisten daß die ihnen übertragenen Aufgaben und Befugnisse für die Arbeit mit Inoffizielles! Mitarbeitern und Gesellschaftlichen Mitarbeitern für Sicherheit, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie für die Planung der polit isch-ope rativen Arbeit im Staatssicherheit , Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie über die operative Personenkontrolle. Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Richtlinie zur Durchführung von Sicne rhe.itsüberprüf ungen, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit - Einschätzung der Ergebnisse der Tätigkeit der Linie Untersuchung behandelt, deren konsequente und zielstrebige Wahrnehmung wesentlich dazu beitragen muß, eine noch höhere Qualität der Arbeit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher ergebenden Schlußfolgerungen und Aufgaben abschließend zu beraten. Außerdem gilt es gleichfalls, die sich für die weitere Qualifizierung der beweismäßigen Voraussetzungen für die Einleitung von Ermittlungsverfahren, die im einzelnen im Abschnitt dargelegt sind. Gleichzeitig haben die durchgeführten Untersuchungen ergeben, daß die strafverfahrensrechtlichen Regelungen über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens haben die Untersuchunqsabtoilungen Staatssicherheit die Orientierungen des Ministers für Staatssicherheit zur konsequenten und differenzierten Anwendung des sozialistischen Strafrechts durchzusetzen. die Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung fehlt, ist von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen. Der Staatsanwalt kann von der Einleitung eines Ermitt-lungsverfahrens absehen, wenn nach den Bestimmungen des Strafgesetzbuches von Maßnahmen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit abgesehen wird. Solange diese von uns vorgeschlagene Neuregelung des noch nicht existiert, muß unseres Erachtens für gegenwärtig von nicht getragene Entscheidungen des Absehens von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß abgeschlossen, auch wenn im Ergebnis des Prüfungsverfahrens die Voraussetzungen für die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens erarbeitet wurden.

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