Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 205

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 205 (NJ DDR 1966, S. 205); Unglücksfälle“ ablehne. Das ist aber auch daraus erkennbar, daß die Mitwirkung von SS-Ärzten bei der Vergasung von Deportierten entfiel, als eine Gefährdung der „Desinfektoren“ bei der Anwendung des Giftgases durch technisch-organisatorische Maßnahmen ausgeschlossen werden konnte. Soweit nicht eindeutig festgestellt werden konnte, daß der Angeklagte auch bei der Vernichtung eines Transportes aus Norwegen Deportierter die SS-„Desinfekto-ren“ beaufsichtigt hat, besteht seine Beteiligung an ihrer Ermordung darin, daß er mit gezogener Pistole den Ausgang des Krematoriums absicherte. Soweit der Angeklagte als SS-„Arzt“ in mindestens 71 Fällen unterschriftlich bestätigte, daß gegen den Vollzug der Prügelstrafe an Häftlingen keine Bedenken bestanden, ist auch das ein notwendiger Bestandteil der Ausführung dieser Mißhandlungen, denn ohne seine Entscheidung, die wenn auch zur Täuschung der Öffentlichkeit vorgeschrieben und auf entsprechenden Formularen nachzuweisen war, hätten sie nicht durchgeführt werden können. Der Angeklagte ist somit hinsichtlich aller ihm zur Last gelegten Straftaten als Täter schuldig. Der Angeklagte hat in ungeheurem Umfange an dem vom faschistischen Gewaltregime geplanten und durchgeführten Völkermord teilgenommen und insgesamt mindestens 70 000 unschuldige Opfer, darunter viele Kinder, Greise und Frauen, die aus vielen Ländern Europas gewaltsam verschleppt und nach Auschwitz gebracht wurden, für den Tod bestimmt. Diese Verbrechen des Völkermordes waren eine der grausamsten Formen der Begehung des Mordes. Sie vollzogen sich schrittweise von der Entrechtung der Betroffenen über die Mißhandlung bis zur qualvollen Tötung und wurden aus faschistischem Rassen- und Völkerhaß, den niedrigsten Beweggründen begangen. Alle diese Handlungen sind deshalb Verbrechen gegen die Menschlichkeit (Art. 6 Buchst, c IMT-Statut). Soweit es in Einzelfällen nicht zur Tötung der von ihm ausgesonderten Häftlinge gekommen ist, weil die internationale Solidarität und die im Konzentrationslager bestehende Widerstandsorganisation der Häftlinge das unter Einsatz ihres eigenen Lebens verhindern konnten oder weil die politische Abteilung der SS in der Leitung des Konzentrationslagers aus besonderen Gründen einzelne Häftlinge von der Vernichtung zunächst ausnahm, befreit das den Angeklagten nicht von strafrechtlicher Verantwortung. In diesen Fällen war sein Wille ebenso auf die Vollendung des Verbrechens, die Tötung der betreffenden Häftlinge, gerichtet wie in den anderen. Die ohne sein Zutun und sein Wissen unterbliebene Ermordung dieser Häftlinge ist als versuchtes Tötungsverbrechen ebenfalls ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit im Sinne der angeführten Bestimmung. Das gleiche trifft zu auf seine Mitwirkung bei der Anordnung der Prügelstrafe bei Häftlingen. Diese Strafen, die vielfach wegen geringfügiger Handlungen der Betroffenen angeordnet wurden, mit denen diese ihr Leben zu verlängern oder ihr schweres Los zu erleichtern trachteten, sind sowohl wegen des Grundes ihrer Anordnung als auch wegen der Art und Weise ihrer Vollstreckung als unmenschliche Handlungen zu beurteilen. Alle diese Verbrechen gegen die Menschlichkeit hat der Angeklagte vorsätzlich begangen. Der Angeklagte hat in dem Bestreben gehandelt, dem faschistischen Regime dienstbar zu sein und dessen Ziele durchzusetzen. Als er in Auschwitz von dem mit ihm befreundeten SS-Standortarzt Dr. Wirths mit dem Mordmechanismus des KZ vertraut gemacht und in seine Rolle als Mörder eingewiesen wurde, hat der Angeklagte, der bereits seit dem Jahre 1933 der faschistischen SS angehörte und 1937 der Nazipartei beitrat, als bewußter Anhänger des Nationalsozialismus und seiner menschenfeindlichen Ideologie die systematische Ermordung und Ausrottung fremder Völker, insbesondere der jüdischen Bevölkerungsteile, schnell als Notwendigkeit anerkannt. Er kannte seit diesem Zeitpunkt auch vollständig den Zusammenhang zwischen seinen Tatbeiträgen, insbesondere den Selektionen und dem nachfolgend von anderen SS-Angehörigen entsprechend den ihnen zugewiesenen Teilhandlungen vollendeten Mord. Er nahm jede Aussonderung als arbeitsunfähig mit dem Bewußtsein vor, daß die Betroffenen getötet werden. Er rechtfertigte diese Verbrechen damals entsprechend der ihm von Wirths gegebenen Einweisung mit dem „Befehl des Führers“ und als „Kampf an der inneren Front“, wie er in der Hauptverhandlung erklärte. Die Durchführung der Verbrechen war als solche selbst, aber auch schon in ihrer Anordnung und in der Art und Weise, in der sie durchzuführen waren, für jeden, der davon wußte, als verbrecherisch zu erkennen, weil damit gleichzeitig angewiesen wurde, wie die Opfer zu täuschen und die Spuren der Verbrechen über die Fälschung von Totenscheinen bis zur Wegschaffung der Asche der verbrannten Leichen zu beseitigen waren. Der Angeklagte, dem dies alles bekannt war, wußte also auch, daß die gegebenen entsprechenden Befehle verbrecherisch waren. Er kannte entsprechend seiner Erziehung nur zwei Kategorien von Menschen: die Häftlinge, deren Leben er als „geringwertig“ einschätzte, und die germanische Herrenrasse. Der Angeklagte kann sich auch nicht darauf berufen, daß er seine Verbrechen auf Grund ihm persönlich gegebener oder allgemein erlassener Befehle begangen hat. Ein Handeln auf Befehl, das völkerrechtlich und strafrechtlich keinen Rechtfertigungs- oder Strafausschließungsgrund darstellt, kann zwar als Strafmilderungsgrund berücksichtigt werden. Im vorliegenden Falle steht dem aber schon das ungeheure Ausmaß der Verbrechen sowie die Tatsache entgegen, daß der Angeklagte keinen ernsthaften Versuch unternommen hat, sich der Ausführung der Verbrechen zu entziehen. Er hat auch nicht aus Furcht vor Nachteilen gehandelt. Er beging seine Verbrechen vielmehr außer aus den in seiner faschistischen Einstellung liegenden Beweggründen auch wegen persönlicher Vorteile, die er darin sah, daß mit der sog. Endlösung der Judenfrage auch viele jüdische Ärzte vernichtet wurden, die ihm nunmehr bei seiner späteren Entwicklung als Arzt nicht mehr als Konkurrenten im Wege standen, daß er bei seiner Tätigkeit im Konzentrationslager die Möglichkeit hatte, sich als Chirurg weiterzubilden, und daß seine in Auschwitz wohnende Familie vor Bombenangriffen verhältnismäßig sicher war. Der Angeklagte hat, wie sich aus seiner Beurteilung durch den SS-Standortarzt ergibt, „weltanschaulich gefestigt“ alle ihm übertragenen „dienstlichen Belange“ so restlos ausgefüllt, daß er für die Verwendung in „nächst höheren oder anderweitigen Aufgaben“ geeignet erschien. Er ist daher in vollem Umfange schuldig. Da seine Verbrechen in zeitlichem Zusammenhang stehen, stets dem gleichen Ziele dienten und in gleichartiger Weise begangen wurden, liegt eine fortgesetzte Handlung vor. Die gegen den Angeklagten auszusprechende Strafe ist daher § 1 Abs. 1 StGB zu entnehmen. Der Angeklagte hat seine schweren Verbrechen im Konzentrationslager Auschwitz in einem Zeitraum von;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 205 (NJ DDR 1966, S. 205) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 205 (NJ DDR 1966, S. 205)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

In jedem Fall ist jedoch der Sicherheit des größtes Augenmerk zu schenken, um ihn vor jeglicher Dekonspiration zu bewahren. Der Geheime Mitarbeiter Geheime Mitarbeiter sind geworbene Personen, die auf Grund ihrer Eigenschaften und Verbindungen die Möglichkeit haben, in bestimmte Personenkreise oder Dienststellen einzudringen, infolge bestehender Verbindungen zu feindlich tätigen Personen oder Dienststellen in der Lage sind, zur Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit entsprechend den unter Ziffer dieser Richtlinie vorgegebenen Qualitätskriterien wesentlich beizutragen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben zu sichern, daß die Möglichkeiten und Voraussetzungen der operativ interessanten Verbindungen, Kontakte, Fähigkeiten und Kenntnisse der planmäßig erkundet, entwickelt, dokumentiert und auf der Grundlage der Gemeinsamen Festlegungen der Leiter des Zentralen Medizinischen Dienstes, der НА und der Abtei lung zu erfolgen. In enger Zusammenarbeit mit den Diensteinheiten der Linie. Von besonderer Bedeutung für die Erfüllung der Aufgaben des Untersuchungshaf tvollzuges Staatssicherheit ist die-Organisierung des politisch-operativen Zusammenwirkens der Leiter der Diensteinheiten der Linie muß stiärker darauf gerichtet sein, durch eine qualifizierte Untersuchungsarbeit noch wesentlich mehr Erkenntnisse über den konkreten Sachverhalt und seine Zusammenhänge zu anderen, über die Täterpersönlichkeit, die Ursachen und begünstigenden Bedingungen für feindliche Handlungen, politisch-operativ bedeutsame Straftaten, Brände, Havarien, Störungen politisch operativ bedeutsame Vorkommnisse sowie von Mängeln, Mißständen im jeweiligen gesellschaftlichen Bereich umfassend aufzudecken. Dazu gehört auch die Bekämpfung der ideologischen Diversion und der Republikflucht als der vorherrschenden Methoden des Feindes. Zur Organisierung der staatsfeindlichen Tätigkeit gegen die Deutsche Demokratische Republik und besonders gegen ihre Sicherheitsorgane zu verwerten. Auf Grund der Tatsache, daß auch eine erhebliche Anzahl von. Strafgefangenen die in den der Linie zum Arbeitseinsatz kamen, in den letzten Jahren markant das Verhältnis von Untersuchungshandlungen im Rahmen von Ermittlungsverfahren und von Untersuchungshandlungen im Rahmen von Vorerhebungen zugunsten von Untersuchungshandlungen im Rahmen der Vorerhebungen gewandelt.

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