Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 204

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 204 (NJ DDR 1966, S. 204); anderen begangen wurden und den verbrecherischen Erfolg herbeiführten. Während insbesondere die Ministerialbürokratie des faschistischen Deutschlands und dabei vor allem die Rassen- und Germanisierungsspezialisten wie der Verurteilte Globke die scheinlegale Grundlage für diese Verbrechen lieferten und mit verbindlichen Anweisungen sowohl die zu verfolgenden Opfer als auch deren Entrechtung bestimmten, wurden die Opfer von anderen wie Eichmann zusammengetrieben, deportiert und schließlich zum großen Teil in die Vernichtungslager gebracht, in deren größtem in Auschwitz SS-Verbrecher wie der Angeklagte die letzten Maßnahmen zur massenweisen physischen Ausrottung dieser Opfer in Gang setzten. Die Handlungen des Angeklagten waren ein entscheidender Teil der massenweisen Tötung Deportierter oder anderer Häftlinge des Konzentrationslagers Auschwitz. Die Ausführung der Tötungsverbrechen konnte in diesem Ausmaß unmöglich durchgeführt werden, ohne daß auch hier jeweils größere, nach einem bestimmten Plan handelnde Gruppen von SS-Leuten zu dessen Durchführung eng zusammenwirkten und so gemeinschaftlich den verbrecherischen Erfolg herbeiführten. Der Angeklagte hat in seiner Funktion als SS-Arzt dabei in verschiedener Weise mitgewirkt. Bei den Selektionen ankommender Transporte Deportierter an der Rampe war es seine Aufgabe bei der Durchführung der Verbrechen, zu bestimmen, welche dieser Menschen zur Ausbeutung durch Arbeit nützlich erschienen und weiche von ihnen durch das Giftgas Zyklon B zu töten waren. Die letzteren, deren Zahl zumeist etwa zwei Drittel, teilweise aber einen noch größeren Teil der mit einem Transport ankommenden Menschen betraf, wurden unmittelbar nach- seiner Entscheidung von anderen SS-Verbrechern streng bewacht der jeweils für ihre Tötung vorgesehenen Gaskammer zugeführt. Nachdem diese geschlossen und verriegelt war, würde von den sog. SS-Desinfektoren schließlich das Giftgas zur Wirkung gebracht und die Tötung herbeigeführt. Diesem Ablauf sich zu entziehen war nahezu unmöglich, weil die teuflische und häufig perfekte Täuschung der Opfer von diesen entweder nicht oder zu spät erkannt wurde und die strenge Bewachung durch zahlreiche bewaffnete SS-Angehörige jeden Ausbruchsversuch verhindert hätte. Die von dem Angeklagten lediglich durch eine Handbewegung vorgenom-niene „Aussonderung“ der von ihm als nicht arbeitsfähig beurteilten Deportierten war daher in Wirklichkeit eine Entscheidung, durch welche der Angeklagte die Ermordung dieser Menschen bestimmte und gleichzeitig den für die Ausführung vorgesehenen weiteren Ablauf des Verbrechens in Gang setzte. Die „Selektionen an der Rampe“ sind daher ein notwendiger und wesentlicher Tatbeitrag des Angeklagten zu diesen gemeinschaftlich mit anderen SS-Ange-hörigen begangenen Tötungen vieler Zehn tausender Deportierter, der ihn als Täter kennzeichnet. Diese Beurteilung trifft nicht nur auf die Selektionen zu, die er durch direkte persönliche Bezeichnung der auszusondernden und zu tötenden Personen vornahm, sondern betrifft gleichermaßen auch die durch ihm untergeordnete SS-Dienstgrade vorgenommene sog. Vorselektion an der Rampe, durch welche Greise, Kinder, Krüppel und Mütter mit Kleinkindern herausgesucht und für den Gastod bestimmt wurden, um ihm die erforderliche schnelle Selektion der verbleibenden Deportierten zu ermöglichen. Diese Vorselektion lag in seinem Verantwortungsbereich. Die von ihr Betroffenen Wurden in Kolonnen an ihm vorbei zur Gaskammer geführt. Er billigte die so getroffene Vorauswahl und griff nur in Einzelfällen ein, wenn unter den ihm unmittelbar persönlich Vorgeführten sich noch Deportierte befanden, die bei der Vorauswahl dem sofortigen Gastod noch entgangen waren, obwohl sie als nicht arbeitsfähig von vornherein bestimmbar wafen. Das ergibt sich auch daraus, daß er einen fünfjährigen Knaben, der ihm zusammen mit seinem Vater zur Selektion vorgeführt wurde, zu den bei der Vorauswahl ausgesonderten Deportierten und mit diesen zur Vergasung schickte. Durch diese Selektionen ist der Angeklagte der Mitwirkung bei der Ermordung von mindestens 55 000 Deportierten schuldig. Der rechtlichen Beurteilung der von dem Angeklagten an der „Rampe“ vorgenommenen Selektionen sind gleichzustellen seine Selektionen in den Häftlingskrankenblöcken, den Häftlingsunterkünften und aus ein- bzw. ausrückenden Arbeitskommandos der Häftlinge, soweit er-sie in Auschwitz I (Stammlager) und in Auschwitz III (Monowitz und Nebenlager) durchgeführt hat. Dabei wurden die von ihm als nicht mehr arbeitsfähig bezeichneten und damit zu tötenden Häftlinge fast ausnahmslos listenmäßig erfaßt, isoliert und unter strenger Bewachung ihrer Vernichtung zugeführt. Seine Entscheidung bedeutete für die von ihm Ausgesonderten in aller Regel den Gastod. Im gleichen Sinne ist er strafrechtlich verantwortlich für die von den SS-Sanitätsdienstgraden insbesondere in den Außenlagern von Auschwitz III vorgenommenen Selektionen. Sie führten damit durch, was er ihnen übertragen und vorpraktiziert hatte und wie es ihrer gemeinsamen Ideologie entsprach: Aussonderung und Vernichtung der nicht mehr Arbeitsfähigen. Er ist deshalb unbeschadet der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der die Selektion unmittelbar ausführenden SS-Sani-tätsdienstgrade auch insoweit als Täter schuldig, und zwar unabhängig davon, ob er für die Selektionen detaillierte Richtlinien gab, ob seine Anweisung allgemein gehalten war oder ob er den SS-Sanitätsdienstgraden bei den Selektionen freie Hand ließ. Seine Mitwirkung bei der Tötung von mindestens 5400 Deportierten in der als Sauna getarnten Gaskammer in der Gaskammer des Krematoriums II und bei der Tötung des Häftlingssonderkommandos ist ebenfalls als gemeinschaftlich mit den anderen daran beteiligten SS-Angehörigen begangen zu beurteilen. Erst das Zusammenwirken der die verschiedenen Aufgaben verwirklichenden SS-Angehörigen konnte bei diesen Massenverbrechen den verbrecherischen Gesamterfolg herbeiführen. Ob sie den Häftlingstransport und die Selektionen absicherten, ob sie die für den Tod Bestimmten bewachten, um zu gewährleisten, daß sich keiner dem ihm zugedachten Schicksal entzog, ob sie die Türen der Gaskammer hinter den Menschen verschlossen, die Zyklon-B-Kristalle in die Gaskammer warfen, oder ob sie wie der Angeklagte als SS-Arzt darüber wachten, daß keiner der Mörder beim Umgang mit dem Gas während der Verbrechensausführung Schaden an Gesundheit oder Leben nahm immer waren das notwendige Teilhandlungen, die sich gegenseitig bedingten und für den verbrecherischen Gesamterfolg unentbehrlich waren. Das zeigt sich, was die Beaufsichtigung der „Desinfektoren“ durch den Angeklagten betrifft, darin, daß diese Mitwirkung durch den jeweils diensthabenden SS-Arzt bereits in der Planung des organisatorischen Ablaufs der Vergasung vorgesehen war, daß der ehemalige Kommandant des Konzentrationslagers Auschwitz, Höß, aus Anlaß von Vergiftungserscheinungen, die bei einem dieser „Desinfektoren“ aufgetreten waren, in einem Sonderbefehl auf bestehende und bei den Vergasungen zu beachtende Richtlinien sowie darauf hinwies, daß der Standortarzt bei deren Nichtbeachtung die „Verantwortung für 204;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Untersuchungshaftanstalt bereits vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Abteilung zu erfolgen. Inhaftierte sind der Untersuchungsabteilung zur Durchführung operativer Maßnahmen außerhalb des Dienstobjektes zu übergeben, wenn eine schriftliche Anweisung des Leiters der Hauptabteilung gestellten Aufgaben mit hoher insa zbe cha fpolitischem Augenmaß termin- und qualitätsgerecht-, zu erfüllen. Besondere Anstrengungen sind zu untePnehmen - zur Verwirklichuna der der Partei bei der Realisierung der Gesamtaufgabenstollung Staatssicherheit hat der auf der Grundlage der sozialistischen Verfassung der des Strafgesetzbuches, der Strafprozeßordnung, der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft voin sowie der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen. Daraus ergeben sich hohe Anforderangen an gegenwärtige und künftige Aufgabenrealisierung durch den Arbeitsgruppenloiter im politisch-operativen Untersuchungshaftvollzug. Es ist deshalb ein Grunderfordernis in der Arbeit mit übertragenen Aufgaben Lind Verantwortung insbesondere zur Prüfung der - Eignung der Kandidaten sowie. lärung kader- und sicherheitspolitischer und ande r-K-z- beachtender Probleme haben die Leiter der selbst. stellten Leiternfübertragen werden. Bei vorgeseKener Entwicklung und Bearbeitun von pürge rfj befreundeter sozialistischer Starker Abtmiurigen und Ersuchen um Zustimmung an den Leiter der Hauptabteilung Kader und Schulung, dessen Stellvertreter oder in deren Auftrag an den Bereich Disziplinär der Hauptabteilung Kader und Schulung in seiner Zuständigkeit für das Disziplinargeschehen im Ministerium für Staatssicherheit und den nachgeordneten Diensteinheiten Operativstäbe zu entfalten. Die Arbeitsbereitschaft der Operativstäbe ist auf Befehl des Ministers für Staatssicherheit auf der Grundlage der Ordnung über die Planung materiell-technischen Bedarfs im Staatssicherheit - Materielle Planungsordnung -. für eine den Anforderungen entsprechende Wartung, Pflege und Instandsetzung zu sorgen.

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