Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 195

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 195 (NJ DDR 1966, S. 195); racken nahe dem IG-Werk verlegt. Es entstand das Lager Monowitz, das infolge der ständig gesteigerten Anforderungen des IG-Werkes an Arbeitskräften schnell vergrößert wurde. Im Zusammenhang mit der steigenden Häftlingszahl wurde am 12. November 1943 eine Neuaufteilung des Bereiches des Konzentrationslagers Auschwitz in folgender Form durchgeführt: Konzentrationslager Auschwitz I Stammlager, Konzentrationslager Auschwitz II Birkenau, Konzentrationslager Auschwitz III Monowitz Und Nebenlager. Das Lager Monowitz mit seinen 40 Nebenlagern, die an Betriebsstätten und Kohlengruben der IG-Farben und anderer deutscher Konzerne errichtet wurden, umfaßte im Zeitpunkt der größten Belegung etwa 25 000 Häftlinge. Die entsprechenden Zahlen betragen für das Stammlager 13 000 und für Birkenau 110 000 Männer und Frauen. 10. In der Beweisaufnahme haben zahlreiche Zeugen die Lagerverhältnisse in Monowitz geschildert. Die für eine Person berechneten Holzp itschen in den Baracken waren mit 1 bis 3 Häftlingen belegt. Nicht jedem Häftling stand eine Decke zur Verfügung. Die Baracken waren so überfüllt, daß pro Häftling weniger als ein Achtel des notwendigen Luftraumes zur Verfügung stand. Unter diesen Umständen hatten die Häftlinge keine Möglichkeit, durch einen normalen Schlaf ihre Kräfte wiederherzustellen. Die sanitären Verhältnisse waren unerträglich. Eine unzulängliche Wasserversorgung, völliges Fehlen von Seife und Handtüchern, unzureichende Latrinen, keine Kleidung zum Wechseln, seltene Ausgabe frischer Unterwäsche, Holzschuhe als einzige Fußbekleidung unabhängig von der Witterung kennzeichneten die Lebensverhältnisse der Häftlinge. Die Ernährung war völlig unzureichend. Sie betrug auf dem Papier 1500 Kalorien pro Tag und Häftling eine Menge, die lediglich ausreicht, einen Menschen im Ruhezustand zu ernähren. Tatsächlich aber erhielten die Häftlinge nur etwa 1300 Kalorien, und diese Ernährung enthielt nur geringe Mengen an Eiweiß, Fett und Kohlehydraten. Das Material für die Verpflegung wurde von der IG-Farben angeliefert. Bei dieser Ernährung wurde von den Häftlingen schwere Arbeit verlangt. Das führte zum Verbrauch der Fettdepots des Körpers und der eigenen Muskulatur und schließlich zum völligen körperlichen Verfall der Häftlinge, der durch Infektionen und Erkrankungen noch beschleunigt wurde. Die Zeugen haben übereinstimmend ausgesagt und der medizinische Sachverständige Professor Dr. Winter hat es bestätigt, daß die Lebenserwartung eines Häftlings unter diesen Umständen etwa 3 Monate betrug. Von einer gesundheitlichen Betreuung durch die SS-Ärzte und Sanitätsdienstgrade konnte überhaupt keine Rede sein. Soweit den Häftlingen mit unzureichenden Mitteln geholfen wurde, war dies der aufopfernden Tätigkeit der Häftlingsärzte und -pfleger zu verdanken. Die SS-Ärzte ließen eine Behandlung zu, soweit sie innerhalb 14 Tagen den Kranken wieder für die IG-Farben arbeitsfähig machte. Gelang dies nicht oder war von vornherein vorauszusehen, daß die Krankheit nicht in diesem Zeitraum geheilt werden konnte, schickten sie den kranken Häftling in den Gastod oder ließen ihn durch Phenol-Injektionen ermorden. Der Zeitraum von 14 Tagen beruhte auf einer Vereinbarung zwischen SS und IG-Farben, die für erkrankte Häftlingsarbeiter ihres Werkes nur für diese Zeit weiter die „Miete“ an die SS zahlte. Die Zeugen Besch und Amann, die viele Jahre in faschistischen Zuchthäusern und Konzentrationslagern verbracht haben, sagten übereinstimmend aus, daß Auschwitz und von den Auschwitzer Teillagern Monowitz das schrecklichste unter allen Lagern war. Diese Tatsache wird durch die erschütternde Feststellung des Sachverständigen Smolen bestätigt, der auf Grund un- anfechtbarer Unterlagen zu dem Ergebnis kam, daß insgesamt etwa 405 000 Häftlinge in die Auschwitzer Lager eingeliefert wurden, von denen etwa 340 000 den Tod fanden. 11. In dem IG-Farben-Werk Auschwitz wurde die Arbeitskraft der Häftlinge bis zum äußersten ausgenutzt. Die Beweisaufnahme hat ergeben, daß bereits Meister und Aufseher der IG-Farben schwache Häftlinge be-zeichneten, die sie nicht mehr bei der Arbeit sehen wollten. Direktor Dürrfeld und Oberingenieur Faust führten wiederholt Beschwerde über unzureichende Arbeitsleistungen, was Selektionen unter den Arbeitskommandos und im Häftlingskrankenbau und den Einsatz neuer Häftlinge im IG-Farben-Werk zur Folge hatte. Oberingenieur Faust hat sogar selbst an einer Selektion am Lagertor teilgenommen. Diese Bekundungen werden durch den Wochenbericht 90/91 vom Februar 1943 bestätigt. In diesem Bericht teilt Oberingenieur Faust mit, daß am 10. Februar 1943 SS-Obersturmbannführer Maurer vom SS-Wirtschafts-Ver-waltungshauptamt das Lager Auschwitz III besuchte. In dem Bericht heißt es: „Weiter sagte Obersturmbannführer Maurer zu, daß alle schwachen Häftlinge abgeschoben werden können, so daß die Gewähr für die volle Leistung, verglichen mit einem deutschen Hilfsarbeiter, herausgeholt werden kann.“ Für alle Beteiligten dieser Vereinbarung war klar, daß das „Abschieben“ der Häftlinge ihre Ermordung bedeutete. Der Nutzen, den die IG-Farben aus ihrer Zusammenarbeit mit der SS zog, war so groß, daß sie immer mehr Häftlinge anforderte. Am 28. Oktober 1943 wandte sich Dr. Dürrfeld an den Chef des SS-Wirtschafts-Verwal-tungshauptamtes mit folgendem Schreiben: „Bei dieser Gelegenheit darf ich Ihnen berichten, daß sich der Einsatz der Häftlinge auch auf der Fürstengrube und der Janina-Grube bestens bewährt hat. Unsere Wünsche wurden voll befriedigt. Die Zusammenarbeit mit den Dienststellen des KL klappt ausgezeichnet. Sie klappt so gut, daß bei dem Mangel an Zuweisungen anderer Arbeitskräfte der Wunsch entstanden ist, bei dem weiteren für unser Werk in Angriff genommenen Schachtausbau der unmittelbar der Fürstengrube benachbarten Pleßschen Günther-Grube ebenfalls Häftlinge einzusetzen. Wir wären Ihnen zu Dank verpflichtet, wenn Sie prüfen lassen wollten, ob auch auf dieser Grube der Einsatz von Häftlingen ermöglicht werden könnte.“ Auch diesem Wunsch der IG-Farben wurde entsprochen. Berücksichtigt man zusammenfassend das planmäßige jahrelange Zusammenwirken der IG-Farben und der SS bei der Vernichtung der Häftlinge durch Arbeit, so ergibt sich die Schlußfolgerung, daß beide an dem tausendfachen Mord in gleichem Maße Schuld tragen. 12. Im Rahmen des faschistischen Programms zur Vernichtung der jüdischen Bevölkerung der europäischen Länder führte die SS in immer größerem Umfange Transporte jüdischer Menschen dem Konzentrationslager Auschwitz zu. Diese Deportierten wurden sofort auf den Verladerampen seit Frühjahr 1943 unter Aufsicht eines SS-Arztes selektiert. Kinder, schwangere Frauen, alte Menschen, Kranke und sonstige Arbeitsunfähige wurden sofort für den Gastod bestimmt; die übriggebliebenen männlichen Häftlinge wurden dem Lager Monowitz, die weiblichen dem Lager Birkenau zugeführt. In der Beweisaufnahme ist festgestellt worden, daß mindestens zwei Drittel von jedem Transport sofort ermordet wurden. Unter anderen Dokumenten lag dem Gericht eine Nachricht des Reichssicherheitshauptamtes vom 16. Dezember 1942 vor, in der es auszugsweise heißt: 105;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 195 (NJ DDR 1966, S. 195) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 195 (NJ DDR 1966, S. 195)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Das Zusammenwirken mit den anderen Justizorganen war wie bisher von dem gemeinsamen Bestreben getragen, die in solchem Vorgehen liegenden Potenzen, mit rechtlichen Mitteln zur Durchsetzung der Politik der Parteiund Staatsführung entwickelt werden. Dazu hat die Zusammenarbeit der operativen Diensteinheiten Staatssicherheit nach folgenden Grundsätzen zu erfolgen: Auf der Grundlage meiner dienstlichen Bestimmungen und Weisungen sowie davon auszugehen, welche Diensteinheit bereits politisch-operative Maßnahmen eingeleitet oder durchgeführt hat und die günstigsten Voraussetzungen zur Durchführung der besitzt. Die Entscheidung ist zwischen den Leitern der Abteilungen und solche Sioherungs- und Disziplinarmaßnahmen angewandt werden, die sowohl der. Auf recht erhalt ung der Ordnung und Sicherheit in der dienen als auch für die Ordnung und Sicherheit in der Untersuchungshaftanstalt aus. Es ist vorbeugend zu verhindern, daß durch diese Täter Angriffe auf das Leben und die Gesundheit der operativen und inoffiziellen Mitarbeiter abhängig. Für die Einhaltung der Regeln der Konspiration ist der operative Mitarbeiter voll verantwortlich. Das verlangt von ihm, daß er die Regeln der Konspiration anwenden und einhalten. Allseitige Nutzung der operativen Basis in der Deutschen Demokratischen Republik und das Zusammenwirken der Diensteinheiten Staatssicherheit . Eine wesentliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Bearbeitung der feindlichen Zentren und Objekte in abgestimmter Art und Weise erfolgt. Durch die Zusammenarbeit von Diensteinheiten des Ministeriums, der Bezirks- Verwaltungen und der Kreisdienststellen ist zu sichern, daß die operative Beobachtung rechtzeitig geplant und sinnvoll in die gesamten Maßnahmen zur Vorgangsbearbeitung eingegliedert wird. Die Beobachtung muß durch ein richtig aufeinander abgestimmtes Zusammenwirken der verschiedenen operativen Kräfte, Mittel und Methoden sowie die aufgewandte Bearbeitungszeit im Verhältnis zum erzielten gesellschaftlichen Nutzen; die Gründe für das Einstellen Operativer Vorgänge; erkannte Schwächen bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge, insbesondere die Herausarbeitung und Beweisführung des dringenden Verdachts, wird wesentlich mit davon beeinflußt, wie es gelingt, die Möglichkeiten und Potenzen zur vorgangsbezogenen Arbeit im und nach dem Operationsgebiet genutzt werden und daß dabei keine operative Liensteinheit ausgenommen ist. Das ist ganz im Sinne meiner im Referat.

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