Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 193

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 193 (NJ DDR 1966, S. 193); NUMMER 7 JAHRGANG 20 ZEITSCHRIF mJustiz T FÜR RECHT w UND RECHTSWI BERLIN 1966 1. APRILHEFT UND RECHTSWISSENSCHAFT Gerechte Strafe für Verbrechen gegen die Menschlichkeit Urteil des Obersten Gerichts vom 25. März 1966 1 Zst (I) 1/66 gegen den KZ-Arzt Fischer I 1. Gegenstand dieses Strafverfahrens sind schwerste Verbrechen gegen die Menschlichkeit, die während der Hitlerbarbarei gegen Deutsche und Angehörige zahlreicher anderer europäischer Völker, vor allem gegen jüdische Menschen verschiedener Nationalität, im Konzentrationslager Auschwitz und seinen Nebenlagern begangen wurden. Diese Verbrechen liegen mehr als 20 Jahre zurück; sie unterliegen jedoch nach völkerrechtlichen Grundsätzen keiner Verjährung, wie das Gesetz der Deutschen Demokratischen Republik über die Nichtverjährung von Nazi- und Kriegsverbrechen vom 1. September 1964 feststellt. Diese völkerrechtlichen Grundsätze beruhen auf der Erkenntnis, daß Verbrechen gegen den Frieden, Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit ohne Rücksicht auf den Zeitablauf bestraft werden müssen, um der Gerechtigkeit Genüge zu tun und für die Zukunft vorzusorgen. Denn nur die Gewißheit einer gerechten Bestrafung der Täter schützt die Völker vor der Wiederholung derartiger Verbrechen. 2. Wie das Oberste Gericht bereits in seinem Urteil gegen Schäfer 1 Zst (I) 1/61 vom 20. Mai 1961' festgestellt hat, wurde die faschistische Diktatur in Deutschland von den aggressivsten Kreisen des deutschen Imperialismus errichtet. Sie begann sofort organisierten Terror gegen alle demokratischen und friedliebenden Kräfte auszuüben, vor allem gegen die Arbeiterklasse und die Kommunistische Partei Deutschlands. Zu diesem Zweck errichtete sie Konzentrationslager, die seit 1934 unter der Bewachung und Leitung der SS standen. Gleichzeitig begann eine grausame, sich ständig steigernde Verfolgung jüdischer Menschen. Mit dem Überfall deutscher Truppen auf Österreich, die Tschechoslowakei, Polen, Dänemark, Norwegen, die Niederlande, Belgien, Frankreich, Jugoslawien, Griechenland und die Sowjetunion dehnte das Hitler-Regime seine Terrorherrschaft und das System der Konzentrationslager auf die besetzten Teile Europas aus. Ein Netz derartiger Lager wurde geschaffen, das der Verfolgung und Vernichtung der Hitlergegner, Widerstandskämpfer und jüdischer Bürger aller europäischen Völker diente. Für die Vernichtung der europäischen Juden stellte die Naziführung in der Wannsee-Konferenz vom 20. Januar 1942 ein Programm zur sog. Endlösung der Judenfrage auf, dessen Inhalt im Urteil des Obersten Gerichts gegen Globke - 1 Zst (I) 1/63 - vom 23. Juli 1963 (Abschnitt D III)1 2 ausführlich dargelegt ist. Während noch zu Beginn des zweiten Weltkrieges der politische Charakter der Inhaftierung in den Konzentrationslagern im Vordergrund stand, änderte sich 1942 diese Zielsetzung. Ein Bericht des Chefs des SS-Wirtschafts-Verwaltungs-hauptamtes, SS-Obergruppenführer Pohl, vom 30. April 1942 an Himmler sagt darüber aus: 1 NJ 1961 S. 440 !. 2 NJ 1963 S. 449 ff., hier insb. 475 ff. „1. Der Krieg hat eine sichtbare Strukturänderung der Konzentrationslager gebracht und ihre Aufgaben hinsichtlich des Häftlingseinsatzes grundlegend geändert. Die Verwahrung von Häftlingen nur aus Sicherheits-, erzieherischen oder vorbeugenden Gründen allem steht nicht mehr im Vordergrund. Das Schwergewicht hat sich nach der wirtschaftlichen Seite verlagert. Die Mobilisierung aller Häftlingsarbeitskräfte zunächst für Kriegsaufgaben (Rüstungssteigerung) und später für Friedensaufgaben schiebt sich immer mehr in den Vordergrund. 2. Aus dieser Erkenntnis ergeben sich die notwendigen Maßnahmen, welche eine allmähliche Überführung der Konzentrationslager aus ihrer früheren einseitigen politischen Form in eine den wirtschaftlichen Aufgaben entsprechende Organisation erfordern.“ 3. Die Aufgabenstellung der Wannsee-Konferenz und der Häftlingseinsatz für Rüstungszwecke wurden in der bestialischsten Form im Konzentrationslager Auschwitz dem Tatort der Verbrechen des Angeklagten verwirklicht. Es war das größte und am besten organisierte Vernichtungszentrum der Hitlerfaschisten und diente der maximalen Ausbeutung billiger Arbeitssklaven für die deutschen Monopole, vor allem die IG-Farben und die SS-eigenen Betriebe, der Vernichtung nicht mehr arbeitsfähiger Häftlinge und ihrer Ersetzung durch neue Arbeitssklaven, der Vernichtung der willkürlich als arbeitsunfähig eingestuften jüdischen Deportierten unmittelbar nach ihrer Ankunft. Nach der Zielsetzung der SS wurden also die Opfer, wie die Beweisaufnahme umfassend bestätigt hat, entweder sofort dem Gastod zugeführt oder durch Arbeit vernichtet, wobei die Häftlinge im Lager starben oder als arbeitsunfähig schließlich dem Tode überantwortet wurden. An dieser Massenvernichtung unschuldiger Menschen hat der Angeklagte in der Funktion eines SS-Arztes maßgebend mitgewirkt. 4. Am 27. April 1940 erließ Himmler den Befehl, das Konzentrationslager Auschwitz für eine Kapazität von 10 000 Häftlingen zu errichten, und ernannte Rudolf Höß zum Kommandanten. Das Lager sollte von den dorthin überstellten Häftlingen selbst ausgebaut werden. Bereits im Mai 1940 wurden dreißig Kriminelle und am 14. Juni 1940 die ersten 728 polnischen politischen Häftlinge nach Auschwitz übergeführt. Zur gleichen Zeit begann die Aussiedlung der in Auschwitz und Umgebung ansässigen polnischen Bevölkerung. Das sog. Interessengebiet der SS in Auschwitz und Umgebung erstreckte sich schließlich auf einen Bereich von 40 Quadratkilometern. Bereits Anfang 1942 war der Häftlingsbestand auf 28 000 gestiegen. 5. Anfang 1941 begann die IG-Farben zur maximalen Erhöhung der Produktion kriegswichtiger chemischer Er- 193;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 193 (NJ DDR 1966, S. 193) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 193 (NJ DDR 1966, S. 193)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Der Leiter der Abteilung im Staatssicherheit Berlin und die Leiter der Abteilungen der Bezirksverwatungen haben in ihrem Zuständigkeitsbereich unter Einhaltung der sozialistischen Gesetzlichkeit und konsequenter Wahrung der Konspiration und Geheimhaltung durchzuführen; die ständige Erschließung und Nutzung der Möglichkeiten der Staatsund wirtschaftsleitenden Organe, Betriebe, Kombinate und Einrichtungen sowie gesellschaftlichen Organisationen und Kräfte zur Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge genutzt angewandt und in diesen Prozeß eingeordnet wird. Ausgehend von der Analyse der operativ bedeutsamen Anhaltspunkte zu Personen und auf der Grundlage exakter Kontrollziele sind solche politisch-operativen Maßnahmen festzulegen und durchzuführen, die auf die Erarbeitung des Verdachtes auf eine staatsfeindliche Tätigkeit ausgerichtet sind. Bereits im Verlaufe der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens alles Notwendige qualitäts- und termingerecht zur Begründung des hinreichenden Tatverdachts erarbeitet wurde oder ob dieser nicht gege-. ben ist. Mit der Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege. In Ausnahmefällen können im Ergebnis durchgeführter Prüfungshandlungen Feststellungen getroffen werden, die entsprechend den Regelungen des eine Übergabe der Strafsache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Auswahl der Sachverständigen stets zu beachten, daß die auszuwählende Person nicht selbst an der Straftat beteiligt ist oder als möglicher Verantwortlicher für im Zusammenhang mit der Beschuldigtenvernehmung tätliche Angriffe oder Zerstörung -von Volkseigentum durch Beschuldigte vorliegen und deren Widerstand mit anderen Mitteln nicht gebrochen werden kann.

 Arthur Schmidt  Datenschutzerklärung  Impressum 
Diese Seite benutzt Cookies. Mehr Informationen zum Datenschutz
X