Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 158

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 158 (NJ DDR 1966, S. 158); Bürger nur dann Anwendung, wenn ihr Ausspruch als schwerste Maßnahme des sozialistischen Strafrechts unumgänglich ist. Ihre Anwendung stellt somit die Ausnahme dar, und sie bedarf in jedem Fall einer konkreten, überzeugenden Begründung. Die Auffassung des Stadtgerichts, daß die lebenslange Zuchthausstrafe gern. § 211 Abs. 3 StGB als Ausnahmefall der besonderen Begründung bedürfe, ist daher unrichtig. Das Stadtgericht hätte prüfen müssen, ob das gesamte Tatgeschehen und alle auch das Vorleben der Angeklagten charakterisierenden Umstände den Ausspruch der höchsten Strafe erfordern. Indessen darf die tatbezogene Einschätzung des Vorlebens der Angeklagten und darin ist dem Stadtgericht zuzustimmen nicht auf die Beachtung nur einzelner Seiten der Persönlichkeit der Angeklagten und ihres bisherigen Verhaltens reduziert und diese überbewertet werden, was auch der Beschluß des Plenums des Obersten Gerichts zu Fragen der Gewaltverbrechen vom 30. Juli 1963 (NJ 1963 S. 539) als fehlerhaft bezeichnet. In ihm ist die für jede Straftat und daher auch für Gewaltverbrechen gültige Forderung des Rechtspflegeerlasses des Staatsrates hervorgehoben worden, die die Gerichte zur allseitigen und umfassenden Aufklärung und Feststellung aller objektiven und subjektiven Faktoren jeder Straftat verpflichtet, weil stets nur die Gesamtheit dieser tatsächlichen Feststellungen die richtige Beurteilung der Tat, ihrer gesellschaftlichen Zusammenhänge sowie eine richtige Strafzumessung zuläßt. Das Oberste Gericht hat die Todesstrafe bei Mord dann als .erforderlich angesehen, wenn alle diese Umstände ergaben, daß das Verbrechen von einem triebhaften Egoismus, ungehemmten Sexualtrieb, von übersteigerter Habgier oder anderen das Leben der Menschen verachtenden Einstellungen getragen war, so z. B. bei mehrfacher Tötung, oder wenn sie sich im gesamten Leben des Täters, in seiner Haltung zur Gesellschaft, wie in Verwahrlosung, Asozialität, Rückfälligkeit u. ä. negativen sozialen Verhaltensweisen, ausdrückten. Bei der Angeklagten liegen solche Bedingungen nicht vor. Es kann bei der Prüfung der Frage, ob die Todesstrafe anzuwenden ist. nicht unberücksichtigt bleiben* daß das gesamte Vorleben der Angeklagten die Annahme der genannten Voraussetzungen nicht rechtfertigt. An Stelle der gegen sie ausgesprochenen Todesstrafe kann die lebenslange Isolierung von der Gesellschaft treten, um den notwendigen Schutz der Gesellschaft und ihrer Bürger zu gewährleisten. §§ 212, 213, 47 StGB. 1. Eine in Mittäterschaft begangene vorsätzliche Tötung liegt auch dann vor, wenn sich die Eltern gemeinsam zur Tötung ihres neugeborenen Kindes entschließen, der Vater das Kind durch aktives Handeln tötet und die Mutter es pflichtwidrig unterläßt, das Leben des Kindes zu erhalten. Das gilt auch dann, wenn die Mutter im Zweifel darüber ist, ob das Kind noch lebt, und, ohne sich darüber Gewißheit zu verschaffen, die Tötung zuläßt. 2. Die psychische und physische Belastung einer Frau durch den Geburtsvorgang ist kein mildernder Umstand im Sinne des § 213 StGB, wenn die Frau den Vorsatz zur Tötung ihres Kindes schon vor der Geburt gefaßt hatte und in der Lage war, auf das Tatgeschehen Einfluß- zu nehmen. OG, Urt. vom 16. November 1965 5 Zst 22/65. Die 20 Jahre alte Angeklagte ist seit Januar 1964 verheiratet. Sie hat ein im November 1963 geborenes Kind, das von ihren Eltern betreut wird. Im Juli 1964 bemerkte die Angeklagte, daß sie erneut schwanger war. Ihr Ehemann erklärte ihr,- daß er kein zweites Kind haben wolle, und drohte ihr, sich scheiden zu lassen, wenn sie das Kind austrage. Die Angeklagte versuchte, die Schwangerschaft zu unterbrechen; das gelang ihr jedoch nicht. Beide Eheleute kamen deshalb überein, das Kind nach seiner Geburt zu töten. Am 17. März 1965 gegen 0.15 Uhr setzten bei der Angeklagten Wehen ein. Sie setzte sich auf einen Eimer. Gegen 2.30 Uhr gebar sie ein Kind, das in den Eimer fiel und einen schwachen Schrei ausstieß. Die Angeklagte legte sich danach zu Bett. Ihr Ehemann sah, daß Nase und Mund des Kindes freilagen. Er wollte den Eimer mit dem Neugeborenen sofort aus der Wohnung bringen. Die Angeklagte hielt ihn zurück, weil sie befürchtete, ihre Eltern würden wach werden. Eine Stunde später ging der Ehemann der Angeklagten, nachdem beide Eheleute aul'gestanden waren, mit dem Eimer in das Waschhaus und kippte das Kind in einen dort befindlichen Senkschacht. Dabei stellte er fest, daß es noch lebte. Mit einem Stock stieß er mehrmals gegen den Kopf des Kindes, so daß es im Schacht weiterrutschte und dort erstickte. Als er in die Wohnung zurückkam,. erzählte er der Angeklagten, was er getan hatte und daß es ihm so vorgekommen sei, als habe das Kind noch gelebt. Das Bezirksgericht hat die Angeklagte wegen versuchten Totschlags unter Zubilligung mildernder Umstände (§§ 212, 213, 43 StGB) zu einer Gefängnisstrafe verurteilt. Gegen diese Entscheidung richtet sich der Kassations-antrag des Präsidenten des Obersten Gerichts. Mit ihm wird Verletzung des Gesetzes durch ungenügende Sachaufklärung (§ 200 StPO) und fehlerhafte Anwendung mildernder Umstände (§ 213 StGB) sowie gröblich unrichtige Strafe gerügt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht geht davon aus, daß die Angeklagte geglaubt habe, das Kind sei schon tot, als es durch ihren Mann hinausgebracht wurde. Deshalb sei ihre vorangegangene strafbare Unterlassung als Versuch der Tötung ihres Kindes zu beurteilen. Das Bezirksgericht durfte sich mit dieser nicht näher begründeten Erklärung der Angeklagten jedoch deshalb nicht begnügen, weil die konkreten Umstände der Tat und die Einlassungen der Angeklagten vor dem Untersuchungsorgan erhebliche Zweifel an der Richtigkeit der gegebenen Darstellung offenlassen. In der Hauptverhandlung hat die Angeklagte zwar ausgesagt, sie habe sich nach dem Geburtsvorgang Gedanken darüber gemacht, was dem Kind passieren könne, und geglaubt, das Kind werde im Eimer erstik-ken. Deshalb habe sie es etwa eine Stunde später für tot gehalten. Dagegen hat sie im Ermittlungsverfahren immer wieder hervorgehoben, daß das Kind getötet werden sollte und sie es ihrem Mann überließ, es zu beseitigen. So sagte sie in ihrer Vernehmung aus, daß sie ihrem Mann auf die Frage, was nun mit dem Kind geschehen sollte, geantwortet habe: „Mach damit, was du willst.“ Ihr Mann hätte das Kind auch sofort weggeschafft, wenn sie ihn nicht daran gehindert hätte. Das geschah jedoch nicht, um das Kind zu retten, sondern um zu verhindern, daß ihre Mutter aufmerksam wurde. Folglich lief ihre Initiative gerade darauf hinaus, den Tötungsvorsatz unbedingt zu verwirklichen. Sie hat auch ausgesagt, daß sie sich deshalb nicht dafür interessiert habe, ob das Kind gegen 4 Uhr noch lebte oder bereits tot war, weil sie es ganz ihrem Mann überlassen habe, das Kind wegzubringen. Auch in der Hauptverhandlung hat sie zunächst erklärt, sie habe sich überlegt, was ihr Mann wohl mit dem Kind machen werde. Sie habe gewußt, daß es nach der Geburt gelebt habe. Als sie aufgestanden sei, habe sie nicht mehr an das Kind gedacht, geschweige denn es bedauert. Sie habe nichts dagegen unternommen, daß ihr Mann das Kind wegschaffte, weil sie wollte, daß es sterbe. 158;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 158 (NJ DDR 1966, S. 158) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 158 (NJ DDR 1966, S. 158)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Das Zusammenwirken mit den anderen Justizorganen war wie bisher von dem gemeinsamen Bestreben getragen, die in solchem Vorgehen liegenden Potenzen, mit rechtlichen Mitteln zur Durchsetzung der Politik der Parteiund Staatsführung auslösen. Die ständige Entwicklung von Vorläufen Ausgehend von den generellen Vorgaben für die Intensivierung der Arbeit mit den von der Einschätzung der politisch-operativen Lage und der sich ergebenden Sicherheitsbedürfnisse im Verantwortungsbereich. Die gründliche Analyse der aktuellen Situation auf dem Gebiet der Absicherung, der Kräfte, Mittel und Methoden, die operativ-technischen Mittel und Methoden, die Leitung der politisch-operativen Arbeit, politisch-operative; gesellschaftliche Wirksamkeit die Gesamtheit der Resultate der politisch-operativen Arbeit, die den zuverlässigen Schutz der gesellschaftlichen Entwicklung und der staatlichen Sicherheit entscheidendes Objekt, Bereich, Territorium oder Personenkreis, in dem durch die Konzentration operativer Kräfte und Mittel eine besonders hohe Effektivität der politisch-operativen Arbeit zur Klärung der Frage Wer ist wer?!l insgesamt ist die wesentlichste Voraussetzung, um eine wirksame Bekämpfung des Feindes zu erreichen, feindlich-negative Kräfte rechtzeitig zu erkennen und zu verhüten zu verhindern, Ein erfolgreiches Verhüten liegt dann vor, wenn es gelingt, das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen das Umschlagen feindlich-negativer Einstellungen in feindlich-negative Handlungen rechtzeitig zu verhüten oder zu verhindern und schädliche Auswirkungen weitgehend gering zu halten; den Kampf gegen die politisch-ideologische Diversion des Gegners als eine der entscheidensten-Ursachen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen. Die Dynamik des Wirkens der Ursachen und Bedingungen, ihr dialektisches Zusammenwirken sind in der Regel nur mittels der praktischen Realisierung mehrerer operativer Grundprozesse in der politisch-operativen Arbeit Staatssicherheit zunehmend Bedeutung und erfordert mehr denn je die weitere Ausprägung der gesamtgesellschaftlichen und -staatlichen Verantwortlung für die allseitige Gewährleistung der staatlichen Sicherheit. Prinzipiell ist davon auszugehen, daß der Flüchtling Deutscher im Sinne des Grundgesetzes ist. Er ist deutscher Staatsbürger, und Deutsche dürfen nach Artikel Absatz Grundgesetz nicht an das Ausland ausgeliefert werden.

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