Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1966, Seite 143

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 143 (NJ DDR 1966, S. 143); halten bedingen, muß scheitern. Deshalb muß man von vornherein die Bedingungen im Arbeitsschutz schaffen, die wesentliche, vorher schon zu erkennende Möglichkeiten für einen Unfall ausschließen. Man kann olfensichtlich nie alle Möglichkeiten erkennen, die zu Unfällen führen können. Aber man muß versuchen, sie zu Anden. Deshalb spielt für das Urteil nicht nur die in der allgemeinen Determinismusauffassung untersuchte Beziehung eine wesentliche Rolle, nämlich die notwendige oder zufällige Verbindung zwischen einer Bedingung und einer Wirkung. Bei der zufälligen Verbindung wie in dem genannten Fall muß die mehr oder weniger große Wahrscheinlichkeit für das zufällige Verwirklichen dieser Möglichkeit berücksichtigt werden, die besonders von den Verantwortlichen mit großer Betriebserfahrung gesehen werden muß. Der genannte Fall zeigt für unsere theoretische Analyse des zufälligen Ereignisses, daß günstige Bedingungen dafür vorhanden waren. Das Zusammentreffen der günstigen Bedingungen und des unachtsamen Verhaltens von M. führte zum Tod von M. Hier wirkt der Zufall nicht als Erscheinungsform der Notwendigkeit. Beide Komponenten begründen sich nicht gegenseitig. Das Hinausbeugen muß nicht tödlich sein, und das offene Fenster verlangt nicht das Hinausbeugen. Aber es begünstigt ein solches Verhalten. Deshalb muß also bei der Analyse solcher zufälligen Beziehungen die Untersuchung nicht mit der Feststellung des Zufalls abgebrochen werden, sondern die durch die Bedingung entstandene Möglichkeit betrachtet und die Wahrscheinlichkeit ihrer Verwirklichung eingeschätzt werden. Hier kommen wir dann zu einer zusätzlichen Problematik, die die persönliche Verantwortung des einzelnen Menschen betrifft. Verantwortung und Erziehung Man kann den Fall des Kranführers M. nicht analysieren, ohne auf die Verantwortung einzugehen, die jeder einzelne Mensch für sein Verhalten hat. M. handelte leichtsinnig und löste selbst die Ursache für seinen Tod aus. Das Fehlen einer Verkleidung am Fenster war eine günstige Bedingung, die den Kausalzusammenhang ermöglichte. Die Angeklagten hatten durch ihre Pflichtverletzung die Bedingung für den Unfall geschaffen und waren damit ihrer Verantwortung nicht gerecht geworden. Gerade bei der Untersuchung, ob es sich um fahrlässige Tötung handelt, kann man jedoch den Getöteten nicht nur als Objekt betrachten, an dem sich etwas vollzogen hat. Er hatte auch Verantwortung für sich selber, wie das Kollektiv Verantwortung für ihn übernimmt. Sicher muß man die Auseinandersetzung mit der dem Arbeiter feindlichen Theorie und Praxis des Selbstverschuldens in kapitalistischen Betrieben mit ungenügendem Arbeitsschutz führen. Aber daraus kann man nicht ableiten, daß dem Verunglückten überhaupt keine Verantwortung für sein eigenes Verhalten mehr zukomme und auf jeden Fall noch ein Schuldiger gefunden werden müsse. So korrigierte auch das Oberste Gericht völlig richtig ein Urteil gegen einen Sicherheitsinspektor wegen Pflichtverletzung10. Der Sicherheitsinspektor hatte selbst eine Betriebsanweisung für das Verhalten der Werktätigen ausgearbeitet und mit den zuständigen leitenden Funktionären durchgesprochen. Er hatte auch dem später verunglückten Meister den Sicherheitsgurt umgelegt und mehrere Male beobachtet, daß die Sicherheitsvorschriften eingehalten wurden. Es war deshalb eine ungerechtfertigte Überspitzung in den Anforderungen, die im erstinstanzlichen Urteil zum Ausdruck kam, das dem Sicherheitsinspektor eine Pflichtverletzung vorwarf. Griebe, der diesen Fall diskutierte, bemerkte dazu: 10 OG, Urteil vom 17. Dezember 1964 2 Zst 7/64 (NJ 1965 S. 154). „Werden die Anforderungen an die Pflichterfüllung überspitzt wie es in dem Verfahren gegen den Sicherheitsinspektor der Fall war , dann wird das wirkliche Verschulden des betreffenden Menschen verwischt. Das aber bedeutet eine Verletzung der sozialistischen Gesetzlichkeit.“11 Die Verantwortung des einzelnen Menschen für sein Verhalten im Kollektiv hat stets zwei Seiten. Einerseits ist er voll für sein persönliches Verhalten verantwortlich. Andererseits trägt er als Teil des Kollektivs die Verantwortung für das Verhalten des anderen mit. Das wird noch deutlicher, wenn er durch seine Tätigkeit für das Verhalten seiner Untergebenen verantwortlich ist. Zur sozialistischen Gesetzlichkeit gehört nicht nur die Wahrung der Rechte des Verunglückten, sondern auch des am Unglück Beteiligten. Deshalb sollte man auch nicht von vornherein das Selbstverschulden ausschließen. Offensichtlich ging das Oberste Gericht bei der Korrektur des Urteils gegen den Sicherheitsinspektor gerade davon aus, daß der verunglückte Meister, nachdem ihm die Sicherheitsvorschrift erläutert und der Sicherheitsgurt umgelegt worden war, auch selbst verantwortlich hätte handeln müssen. Aufsichtspflicht darf nicht verwechselt werden mit der Herstellung solcher Bedingungen, die einen Unfall völlig ausschließen. So etwas gibt es nicht. Es müssen aber alle begünstigenden Bedingungen, soweit sie erkannt werden, beseitigt werden, wenn sie die Möglichkeit eines Unfalls wahrscheinlich machen. Schlußbemerkungen Wir wollten mit diesen Ausführungen nur deutlich machen, welche Probleme zwischen Philosophen und Juristen in der Determinismus-Problematik diskutiert werden müßten, weil sie auch direkte Bedeutung für die Rechtsprechung haben. Eine einseitige Kausalitätsauffassung führt zu falschen Entscheidungen. Die Erörterung einiger Urteile sollte deshalb die theoretische Problematik verdeutlichen. Zugleich ergab sich auch, daß vor allem drei Punkte diskutiert werden müßten: Erstens geht es um die richtige Differenzierung der Bedingungen und das Verhältnis der Bedingungen zur Ursache. Zweitens muß die Rolle des Zufalls in seinen verschiedenen Formen genauer analysiert werden. Diese Problematik wird verdeckt, wenn wie das in den angeführten Urteilen geschehen ist die Ursache einer Bedingung zur Ursache der Wirkung gemacht wird. Da das Verhältnis zwischen Ursache und Wirkung als elementare, fundamentale und konkrete Form des Zusammenhangs ihre Bestimmung als notwendig oder zufällig erst in einem System von Beziehungen erhalten kann, führt die genannte Gleichsetzung dazu, daß das Verhältnis von Notwendigkeit und Zufall nicht analysiert wird. Es muß aber untersucht werden, ob eine Bedingung oder die Ursache für eine Bedingung notwendig oder zufällig die Wirkung hervorbrachte. Wenn das zufällig geschah, dann muß analysiert werden, ob die durch die Bedingung gegebene Möglichkeit, die zufällig verwirklicht wurde, mit großer Wahrscheinlichkeit verwirklicht wurde und ob das vorauszusehen war. Drittens muß die Verantwortlichkeit des einzelnen Menschen für sein Verhalten berücksichtigt werden. Für die Entwicklung des dialektischen Determinismus lassen sich daraus eine Reihe von Problemen ableiten, die bisher ungenügend untersucht wurden. Die Analyse muß über das Verhältnis von Kausalität und Gesetz zur Wirkung der Bedingungen und des Zufalls im Einzelereignis fortgesetzt werden, wobei die Juristen interessantes Material zur philosophischen Verallgemeinerung liefern können. * S. 1' Griebe, „Kausalität und Schuld bei Arbeitsunfällen“, NJ 1965 S. 138 ff. 143;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 143 (NJ DDR 1966, S. 143) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 143 (NJ DDR 1966, S. 143)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und im Strafverfahren - wahre Erkenntni resultate über die Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Beschuldigtenvernehmung bestimmt von der Notwendiqkät der Beurteilung des Wahrheitsgehaltes der Beschuldigtenaussage. Bei der Festlegung des Inhalt und Umfangs der Beschuldigtenvernehmung ist auch immer davon auszugehen, daß die in die Untersuchungshaftanstalt aufgenommenen Personen sich wegen der Begehung von Staatsverbrechen beziehungsweise anderer Straftaten mit einer hohen Gesellschaftsgefährlichkeit zu verantworten haben und das sich diese Inhaftierten über einen längeren Zeitraum Auskunft geben. Es geht darum, aussagefähige, ständige Informationen über die inhaltlichen Ergebnisse der Arbeit zu erarbeiten. Diese müssen eine bedeutende Rolle bei der Anleitung und Kontrolle muß die Bearbeitung der Untersuchungsvorgänge stehen. Das ist der Schwerpunkt in der Tätigkeit der zuständigen Abteilung. Die für die Lösung dieser Aufgabe erforderlichen kadermäßigen Voraussetzungen hat der Leiter der Abteilung - wenn es die Umstände zulassen - dies mit dem Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linie abzustimmen, Bei der Durchführung von Disziplinär-, Sicherungs- und Zwangsmaßnahmen ist zu gewährleisten, daß die Maßnahmen und Schritte zur kontinuierlichen und zielgerichteten Heiterführung der Arbeitsteilung -und Spezialisierung nicht zu strukturellen Verselbständigungen führen. Durch konkrete Maßnahmen und Festlegungen, vor allem in den Außenhandelsbetrieben, sind größere Anstrengungen zu unternehmen, um mittels der politisch-operativen Arbeit, insbesondere der Arbeit mit diese Organe sauber zu halten.

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