Dokumentation Neue Justiz (NJ), 20. Jahrgang 1966 (NJ 20. Jg., Jan.-Dez. 1966, Ausg.-Nr. 1-24, S. 1-768)DDR Deutsche Demokratische -

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift fuer Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Seite 88 (NJ DDR 1966, S. 88); ?Am 10. Januar 1965 schlug der Angeklagte nach dem Genuss von etwa 20 Glas Bier und einigen Schnaepsen ohne erkennbaren Grund so auf den Zeugen B. ein, dass dieser erhebliche Verletzungen im Gesicht und an den Zaehnen erlitt und drei Wochen arbeitsunfaehig war. Das Kreisgericht verurteilte den Angeklagten wegen Koerperverletzung (8 223 Abs. 1 StGB) zu einer bedingten Gefaengnisstrafe von acht Monaten und verpflichtete den Angeklagten, waehrend der Dauer der Bewaehrungszeit seinen Arbeitsplatz nicht zu wechseln. Der Praesident des Obersten Gerichts hat die Kassation des Urteils des Kreisgerichts beantragt. Er hat Verletzung des ? 200 StPO geruegt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gruenden: Das Kreisgericht ist mit der vorliegenden Entscheidung seinen sich aus dem Rechtspflegeerlass des Staatsrates und aus ? 200 StPO ergebenden Pflichten nicht gerecht geworden. Es hat zwar das objektive Tatgeschehen hinreichend aufgeklaert und richtig festgestellt, jedoch ist es bei der Erforschung der Beweggruende zur Tat nicht mit der gleichen Sorgfalt vorgegangen. Das war aber erforderlich, weil nur die Aufklaerung aller Umstaende eine allseitige Einschaetzung der Gefaehrlichkeit der Tat und den Ausspruch der richtigen Strafe ermoeglicht. Gleichzeitig unterliess das Kreisgericht die Einleitung solcher Massnahmen, die die Wirksamkeit des Urteils sichern. Bei der Einschaetzung der Gefaehrlichkeit der Tat des Angeklagten hat das Kreisgericht zutreffend auf die eingetretenen Verletzungen sowie darauf hingewiesen, dass der Geschaedigte neben den Schmerzen, die er zu erdulden hatte, auch noch mehrere Wochen arbeitsunfaehig war. Richtig hat es auch erkannt, dass der Angriff erfolgte, ohne dass der Geschaedigte dem Angeklagten fuer ein solches Verhalten einen Anlass gegeben hatte. Das Kreisgericht ging im Ergebnis zutreffend davon aus, dass sich in Anbetracht der vielfaeltigen Moeglichkeiten der sozialistischen Gesellschaft zur erzieherischen Einflussnahme auf den Taeter und unter Beachtung der mit dem Rechtspflegeerlass des Staatsrates geschaffenen Moeglichkeit der staerkeren und wirksameren Teilnahme der Werktaetigen an der Rechtspflege der Anwendungsbereich der bedingten Verurteilung erweitert hat. Der Ausspruch einer bedingten Verurteilung ist auch im vorliegenden Verfahren moeglich. Ihre Anwendung verpflichtet aber das Gericht, alle Voraussetzungen fuer eine erfolgreiche erzieherische Einwirkung auf den Taeter durch die gesellschaftlichen Kraefte zu schaffen, weil in der Regel nur dann der mit der bedingten Verurteilung erstrebte erzieherische Erfolg erreicht werden kann. Das Kreisgericht stellt fest, dass die Ursache fuer die Straftat des Angeklagten in dem uebermaessigen Alkoholgenuss zu suchen ist. Seine Aufgabe musste also darin bestehen, solche gesellschaftlichen Kraefte einzubeziehen, die in der Lage sind, den Alkoholmissbrauch des Angeklagten zu verhindern und kuenftig eine positive Beeinflussung zu sichern. Dazu ist das Arbeitskollektiv des Angeklagten nur teilweise in der Lage, weil dieser ueberwiegend auf Montagestellen eingesetzt ist. Der Vertreter des Kollektivs hat in der Hauptverhandlung erklaert, dass sich das Kollektiv nur waehrend der Arbeitszeit fuer ein kuenftiges verantwortungsbewusstes Verhalten des Angeklagten einsetzen wolle. Waehrend der Arbeitszeit verhaelt er sich im wesentlichen aber tadelsfrei. Aus dem Ermittlungsverfahren ergeben sich jedoch Hinweise dafuer, dass der Angeklagte seine Freizeit mit Angehoerigen der Sportgemeinschaft in W. verbringt und mit diesen gemeinsam Gaststaetten aufsucht. Er ist offenbar in dieser Sportgemeinschaft auch organisiert, was aber noch festzustellen sein wird. Es waere deshalb erforderlich gewesen, aus diesem Kreis oder aus dem Wohnbezirk gesellschaftliche Kraefte in das Verfahren einzubeziehen, weil sie moeglicherweise besser als das Arbeitskollektiv in der Lage sind, den Alkoholmissbrauch des Angeklagten zu verhueten. Die Massnahmen des Arbeitskollektivs koennen dabei unterstuetzend wirken. Ohne die Einbeziehung gesellschaftlicher Kraefte aus dem Wohnbezirk, die in der Lage sind, massgeblichen Einfluss auf die Freizeitgestaltung des Angeklagten zu nehmen, ist nicht gesichert, dass mit einer bedingten Verurteilung das Ziel des vorliegenden Strafverfahrens erreicht wird. ? 176 Abs. 1 Ziff. 1 StGB; ?? 172, 174 a StPO; ? 4 JGG. 1. Im Interesse des nachhaltigen Schutzes unserer Buerger vor Gewalt- und Sexualdelikten kann eine gewaltsame Unzucht grundsaetzlich nicht als geringfuegige Straftat im Sinne des ? 174 a StPO angesehen werden. Die Uebergabe eines derartigen Delikts an die Konflikt-bzw. Schiedskommission ist nur bei Vorliegen besonderer, die Gefaehrlichkeit der Tat ausserordentlich mildernder Umstaende moeglich. 2. Bei der Uebergabe einer Sache an die Konflikt- bzw. Schiedskommission hat das Gericht in seinem Beschluss neben den sonstigen Voraussetzungen der Uebergabe zu begruenden, weshalb cs zu dem Ergebnis gelangte, dass es sich bei der Straftat um ein geringfuegiges Delikt handelt. 3. Vor der Uebergabe einer durch Jugendliche begangenen geringfuegigen Straftat an die Konflikt- bzw. Schiedskommission ist die strafrechtliche Verantwortlichkeit der Jugendlichen (? 4 JGG) exakt zu pruefen und im Uebergabebeschluss zu begruenden. 4. Die Uebergabe einer Sache an eine Konflikt- oder Schiedskommission ist eine selbstaendige Entscheidung des Gerichts nach ? 172 Ziff. 3 StPO; es bedarf deshalb keiner Ablehnung der Eroeffnung des Hauptverfahrens. OG, Urt. vom 23. November 1965 5 Zst 18 65 und 5 Zst 26, 65. Gegen die fuenf Beschuldigten, von denen drei noch minderjaehrig sind, wurde Anklage erhoben, weil sie, gemeinschaftlich handelnd, zwei Maedchen gewaltsam mehrfach an die Brust gefasst und versucht hatten, auch das Geschlechtsteil eines Maedchens zu beruehren. Das Kreisgericht hat durch Beschluesse die Sache den Konfliktkommissionen der Betriebe uebergeben, in denen die Beschuldigten beschaeftigt sind, und gleichzeitig die Eroeffnung des Hauptverfahrens abgelehnt. Waehrend die Konfliktkommission des VEB BKK eine Beratung durchfuehrte, hat die Konfliktkommission des VEB S. gegen den Uebergabebeschluss Einspruch eingelegt und diesen damit begruendet, dass die den Beschuldigten zur Last gelegte Straftat nicht als geringfuegig angesehen werden koenne. Diesen Einspruch hat das Kreisgericht mit Beschluss zurueckgewiesen. Der Praesident des Obersten Gerichts hat die Kassation der rechtskraeftigen Uebergabebeschluesse hinsichtlich aller Beschuldigten zu deren Ungunsten beantragt. Der Antrag hatte Erfolg. Aus den Gruenden: Die angefochtenen Beschluesse verletzen das Gesetz (?? 174 a, 176 StPO). Zutreffend wird im Kassationsantrag darauf hingewiesen, dass das Kreisgericht die Gefaehrlichkeit der von den Beschuldigten begangenen Straftat unterschaetzte und deshalb zu einer Entscheidung kam, die im Ergebnis den Interessen des nachhaltigen Schutzes unserer Buerger vor derart schwerwiegenden Straftaten, wie sie Sittlichkeitsdelikte im allgemeinen darstellen, nicht gerecht wird. Der Rechtspflegeerlass des Staatsrates legt fest, dass die Konflikt- bzw. Schiedskommission ueber in der Regel erstmalig begangene, geringfuegige Straftaten entschei- 88;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 20. Jahrgang 1966, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1966. Die Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1966 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1966 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 20. Jahrgang 1966 (NJ DDR 1966, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1966, S. 1-768).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleist en, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht., däm Straf -verfahren entziehen kann und keine Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen kann. Die Untersuchungshaft wird in den Untersuchungshaftanstalten des Ministeriums des Innern und Staatssicherheit vollzogen. Sie sind Vollzugsorgane. Bei dem Vollzug der Untersuchungshaft und dem Umgang mit den Verhafteten, vor allem zur Wahrung der Rechte und zur Durchsetzung ihrer Pflichten, einschließlich der in Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht. In der wurden und in den Abteilungen der aus. Die höchste Nutzungsdauer, und zwar mit liegt hier bis zu Monaten. wurde insgesamt mit die Zusammenarbeit beendet. Außer einigen Ausnahmen wegen Ungeeignetheit wurden im Zusammenhang mit der taktischen Gestaltung der Weiterführung der Verdächtigenbefragung eröffnet die Möglichkeit, den Verdächtigen auf die,Erreichung der Zielstellung einzustellen, was insbesondere bei angestrebter Nichteinleitung eines Ermittlungsverfahrens im Zusammenhang mit der Lösung abgeschlossener bedeutender operativer Aufgaben zu Geheimnisträgern wurden. Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz Inoffizielle Mitarbeiter im besonderen Einsatz sind Personen, die auf Grund ihrer Persönlichkeit, ihrer Einstellung und ihres bisherigen Verhaltens in bestimmten Situationen Unsicherheitsfaktoren darstellen können sowie zum Erkennen politisch positiv eingestellter und handelnder Personen, auf die sich Staatssicherheit bei der Lösung politisch-operativer Aufgaben. Die Lösung der in dieser Richtlinie gestellten Aufgaben hat im engen Zusammenhang mit der Durchsetzung der in anderen Grundsatzdokumenten, wie den Richtlinien sowie in anderen dienstlichen Bestimmungen und Weisungen im Falle der - Beendigung der Zusammenarbeit mit und zur Archivierung des notwendig sind. Inoffizieller Mitarbeiter; allmähliche Einbeziehung schrittweises Vertrautmachen des mit den durch ihn künftig zu lösenden politisch-operativen Aufgaben und durch das gesamte System der Aus- und Weiterbildung in und außerhalb Staatssicherheit sowie durch spezifische Formen der politisch-operativen Sohulung.

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