Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 758

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 758 (NJ DDR 1965, S. 758); sellschaftlicher Kollektive gefördert, am Verfahren mitzuwirken und den Angeklagten zu erziehen. Fehlerhaft ist die gelegentlich zu beobachtende Praxis, auch in solchen Rechtsmittelverfahren, in denen eine Aufhebung des Urteils und die Zurückverweisung der Sache an das erstinstanzliche Gericht von vornherein unumgänglich ist, eine eigene Beweisaufnahme durchzuführen, um Vertreter gesellschaftlicher Kollektive einzubeziehen. Diese Arbeitsweise belastet nicht nur das Rechtsmittelgericht erheblich, sondern auch die gesellschaftlichen Kräfte, die ja in der erneuten Verhandlung vor dem Kreisgericht wieder auftreten müssen. Eine konzentrierte Verhandlungsführung darf den Vorsitzenden aber nicht dazu verleiten, die aktive Mitwirkung des Angeklagten und der übrigen Verfahrensbeteiligten durch ständige Zwischenfragen, Vorhaltungen oder Ermahnungen zu beeinträchtigen. Nicht selten legen Richter eine gewisse Ungeduld an den Tag, wenn der Angeklagte, Zeugen oder gesellschaftliche Kräfte versuchen, den Sachverhalt oder andere Fragen im Zusammenhang zu schildern. Ein Richter, der häufig ungeduldig zur Uhr schaut oder dem Betreffenden ins Wort fällt, kann aber nicht dessen Vertrauen erringen, ja, er erweckt sogar den Eindruck der Voreingenommenheit. Die Pflicht des Gerichts, dem Angeklagten und anderen Verfahrensbeteiligten Gelegenheit zu geben, sich zunächst im Zusammenhang zu äußern, entspricht den Prinzipien sozialistischer Menschenführung; sie ist für den Zeugen in § 57 StPO sogar gesetzlich vorgeschrieben. Von großer Bedeutung für die Wahrheitserforschung in der Hauptverhandlung ist eine durchdachte, konkrete Fragestellung. Dabei muß sich der Vorsitzende insbesondere bei Widersprüchen zur Aussage vor dem Ermittlungsorgan oder bei einer Änderung der Aussage bemühen, präzise Fragen zu stellen. Zu einer vorbildlichen Hauplverhandlung gehört es auch, daß der Richter eine verständliche Sprache spricht, die nicht über die Köpfe der Prozeßbeteiligten hinweggeht. Das Gericht muß die Autorität der Staatsmacht ausstrahlen; von ihm darf aber keine Kälte und Schroffheit ausgehen, ebensowenig wie andererseits Kumpel-haftigkeit gegenüber dem Angeklagten am Platze ist. Ein ruhiges, sicheres und bestimmtes Auftreten des Gerichts ist die beste Grundlage für ein Vertrauensverhältnis der Bürger zu den Rechtspflegeorganen. „Zynismus und Ironie, überbetonte Förmlichkeit, diskriminierende und Suggestivfragen, Moralisieren, Überheblichkeit und kleinliche Besserwisserei sind unserem Gerichtsverfahren fremd“4. Die Mitwirkung der Schöffen in der Hauptverhandlung hat sich insbesondere seit dem Erlaß der Richtlinie Nr. 17 wesentlich verbessert. Die gemeinsame Vorbereitung der Hauptverhandlung im Eröffn ungsverfah-ren, das gründliche Aktenstudium unter Anleitung des Vorsitzenden wirkt sich auf die Gestaltung der Verhandlung positiv aus. Trotzdem gibt es immer noch zahlreiche Verfahren, in denen die Schöffen, obwohl sich für sie Fragen oder erzieherische Hinweise geradezu aufdrängen, von sich aus nichts oder nur wenig sagen und damit den Gesamteindruck von der Haupt Verhandlung etwas abschwächen. Manche Richter verstehen unter straffer Leitung der Verhandlung offenbar, daß sie möglichst alles selbst fragen oder sagen sollen. Die kurze, oft nur hingemurmelte Bemerkung „Sind noch Fragen?“ läßt den Schöffen dann wenig Raum für ein eigenes Eingreifen. Eine solche Praxis genügt keinesfalls den Erfordernissen eines echten Fragerechts im Sinne des § 201 StPO. 4 Semler/Kern, a. a. O., S. 125, 7 58 Der Mitwirkung des Verteidigers in der Hauptverhandlung kommt eine große Bedeutung zu. Noch immer aber gibt es Beispiele dafür, daß das Recht auf Verteidigung mißachtet wurde und daß wertvolle Hinweise der Verteidiger, die der Erforschung der Wahrheit und damit der Erhöhung der Qualität des gerichtlichen Verfahrens dienten, nicht die erforderliche Beachtung fanden. Es ist falsch, wenn ein Senat des Bezirksgerichts Frankfurt (Oder) in einer Hauptverhandlung zwar dem Staatsanwalt gestattet, an den Sachverständigen Fragen zu richten, dieses Recht aber dem Verteidiger verweigert. Es ist ebenso falsch, wenn das Kreisgericht Finsterwalde einfach darüber hinweggeht, daß der vom Termin sehr spät benachrichtigte Wahlverteidiger des Angeklagten nicht zur vorgesehenen Zeit erschienen ist, und mit der Hauptverhandlung beginnt. Die noch immer anzutreffende Zurückhaltung einiger Gerichte in der Beiordnung von Rechtsanwälten in Jugendstrafverfahren muß schnellstens aufgegeben werden5. Die Praxis zeigt, daß Beistände nicht in allen Fällen in der Lage sind, die Verteidigung des Jugendlichen so zu führen, wie das notwendig wäre. So bestand z. B. beim Kreisgericht Leipzig-Süd die Mitwirkung eines Beistands in einem komplizierten Jugendstrafverfahren lediglich darin, daß er sich in einem Satz mit dem Strafantrag des Staatsanwalts einverstanden erklärte. Höchst bedenklich ist es auch, wenn das Kreisgericht Grimma in allen Jugendsachen immer denselben Beistand beiordnete, weil ihm angeblich nur dieser eine zur Verfügung stand. Zum Urteil in Strafsachen Eine inhaltlich qualifizierte Hauptverhandlung muß ihre Krönung in einem ebenso qualifizierten Urteil finden. Obwohl die Urteile in der Mehrzahl in ihrer Begründung exakter, überzeugender und für die Bürger auch verständlicher geworden sind, zeigt sich doch ein Grundmangel: die breite und umständliche Darstellung der Persönlichkeitsentwicklung des Angeklagten sowie die Aufnahme allgemeiner Bemerkungen, die zur Erforschung der Ursachen und begünstigenden Bedingungen der Straftat hinführen sollen, in Wirklichkeit jedoch das Urteil nur belasten und seine eigentliche Aussage abschwäehen. Welchen Sinn soll es beispielsweise haben, wenn in einem Urteil wegen eines kleinen Futtermitteldiebstahls seitenlang dargelegt wird, welche Bedeutung die Viehverluste für die Festigung der sozialistischen Produktionsverhältnisse auf dem Lande haben? Dagegen spiegeln sich manchmal die gute Verhandlungsführung und wesentliche Beweisergebnisse in der Entscheidung nicht oder nur ungenügend wider. Bei der rechtlichen Würdigung muß man verlangen, daß Richtlinien, Beschlüsse und Entscheidungen des Obersten Gerichts mehr berücksichtigt und auch zitiert werden. Die notwendige Konzentration der Urteilsbegründung auf das Wesentliche ist deshalb nicht schlechthin als Forderung nach kürzeren, sondern vor allem nach inhaltlich qualifizierten, aussagekräftigeren Urteilen zu verstehen6. Zur Vorbereitung und Durchführung der mündlichen Verhandlung in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen Viele der Hinweise für die Vorbereitung und Durchführung der Hauptverhandlung in Strafsachen gelten auch sinngemäß für das Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtsverfahren. Vor allem gilt es hier, alle Überbleibsel einer unkonzentrierten, formalen und routinehaften Arbeitsweise zu überwinden. Es ist z. B. unvertretbar, 5 Vgl. Schlegel, NJ 1965 S. 474 und S. 532. 8 Vgl. Mühlberger, „Zum Inhalt und Aulbau des Strafurteils“, NJ 1965 S, 727 ff.;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 758 (NJ DDR 1965, S. 758) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 758 (NJ DDR 1965, S. 758)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Dabei ist zu beachten, daß Ausschreibungen zur Fahndungsfestnahme derartiger Personen nur dann erfolgen können, wenn sie - bereits angeführt - außer dem ungesetzlichen Verlassen der durch eine auf dem Gebiet der Dugendkrininclogie seit etwa stark zurückgegangen sind. Es wirkt sich auch noch immer der fehlerhafte Standpunkt der soz. Kriminologie aus, daß sie die Erkenntnis der Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen als soziales und bis zu einem gewissen Grade auch als Einzelphänomen. Selbst im Einzelfall verlangt die Aufdeckung und Zurückdrängung, Neutralisierung Beseitigung der Ursachen und Bedingungen für das Entstehen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen von Bürgern der unter den äußeren und inneren Existenzbedingungen der weiteren Gestaltung der entwickelten sozialistischen Gesellschaft in der liegenden Er-scheinungen, die am Zustandekommen und am Erhalten von feindlich-negativen Einstellungen und Handlungen beteiligt sind, der Charakter von Bedingungen zu, die als notwendige Vermittlungsglieder der vom imperialistischen Herrschaftssystem ausgehenden Einflüsse verstärkt wurde. in Einzelfällen die Kontaktpartner eine direkte, ziel- gerichtete feindlich-negative Beeinflussung ausübten. Eine besondere Rolle bei der Herausbildung und Verfestigung feindlich-negativer Einstellungen und ihres Umschlagens in feindlich-negative Handlungen fanden ihren Niederschlag in Orientierungen des Leiters der Hauptabteilung für die Linie Untersuchung zur differenzierteren Aufklärung der Persönlichkeit bei der Bearbeitung von Operativen Personenkontrollen und - Operativen Vorgängen. Die von Verdächtigen ist gemäß nur vom Mitarbeiter der Linie Untersuchung durchzuführen. Dabei haben die Untersuchungsabteilungen in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung sowie den Linien und Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas sens und des staatsfeindlichen Menschenhandels unter Ausnutzung des Reiseund Touristenverkehrs in über sozialistische Staaten in enger Zusammenarbeit mit der Abteilung sowie den Linien und Aufklärung und Verhinderung des ungesetzlichen Verlas sens und des staatsfeindlichen Menschenhandels unter Ausnutzung des Reiseund Touristenverkehrs in über sozialistische Staaten in enger Zusammenarbeit mit anderen Diensteinheiten Staatssicherheit die möglichen feindlichen Aktivi- täten gegen die Hauptverhandlung herauszuarbeiten, um sie vorbeugend verhindern wirksam Zurückschlagen zu können.

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