Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 756

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 756 (NJ DDR 1965, S. 756); 2. Um zu verhindern, daß von deutschem Boden jemals wieder gleiches oder ähnliches Unheil ausgeht, darf die Verfolgung der Nazi-Verbrechen nicht eingestellt werden. Dies erfordert, daß in der Bundesrepublik alle künstlich geschaffenen justiziellen Schranken, die die Verwirklichung des Rechts behindern, beseitigt werden. Es ist unerträglich, nun schon seit Jahren mitansehen zu müssen, daß die Mitwirkung an Massenmorden ungestraft bleibt, nur weil Gerichte es sich erlauben dürfen, aus dem Massenmorden einen gewöhnlichen Totschlag, aus der Täterschaft an nazistischen Gewaltverbrechen belanglose Teilnahme und aus alledem ein angeblich seit Jahren verjährtes Delikt zu konstruieren. Wir müssen hier mit allem Nachdruck fordern, daß nicht nur einer solchen Praxis ein Ende gesetzt wird, sondern auch das vom Bundestag beschlossene Verjährungsgesetz fällt. 3. Aus Nürnberg Lehren ziehen, heißt zugleich auch jeder gerichtlichen Abschwächung des verbrecherischen Charakters der begangenen Verbrechen entgegentreten. Eine Rechtsprechung, die den Massenmord im Strafausspruch geringer bewertet als einen gewöhnlichen Diebstahl oder gar zur Entschuldigung derartiger Verbrechen führt, kann nur die Ermunterung der Täter zur Folge haben. Dies dürften die antisemitischen Ausschreitungen aus jüngster Zeit, gegen demokratisch denkende und handelnde Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens gerichtete Brandstiftungen und Bücherverbrennungen sowie die blutrünstigen Drohungen gegen die Verfasser der Denkschrift der Evangelischen Kirche (EKD) mit erschreckender Deutlichkeit bewiesen haben. 4. Die Gerechtigkeit sowie die Wirksamkeit der Strafverfolgung erfordern die Entfernung all jener Personen aus den Schlüsselstellungen des öffentlichen Lebens, die sich der Begehung von Nazi-Verbrechen schuldig gemacht haben. Sie, die den Geist der Vergangenheit in die Gegenwart getragen und wie die Ereignisse zeigen - auf eine neue Generation übertragen haben, haben das Recht, die Geschicke der Nation zu gestalten, verloren. 5. Die Erkenntnis der Ursachen und des Weges, der zur Errichtung des Nazi-Regimes und zu seinen Verbrechen führte, zwingt noch zu weitergehenden Schlußfolgerungen. Nazi-Regime und Aufhebung der politischen und demokratischen Freiheiten und Rechte waren ein und dasselbe. Staatsrechtlich nahmen die Verbrechen mit der Vernichtung der Grundrechte ihren Anfang. Wer den Anfängen wehren will, muß sich deshalb mit aller Konsequenz gegen Notstandsgesetze und Notstandsverfassung sowie gegen das gegenwärtige politische Strafrecht der Bundesrepublik wenden, die eben diese Grundrechte außer Kraft setzen und das Tor zu neuem Unheil weit öffnen. Soziologisch gesehen begannen die Nazi-Verbrechen mit der Zerschlagung der organisierten Kraft der Arbeiterklasse und ganz zuerst mit dem blutigen Feldzug gegen die KPD als der konsequentesten Gegnerin des Faschismus. Hieraus ergibt sich die unabweisbare Forderung, die auch von westdeutschen Gelehrten, wie Helmut R i d d e r, aufgegriffen w'orden ist: Die politischen und demokratischen Freiheiten des Volkes müssen wiederhergestellt werden, das Verbot der KPD muß aufgehoben werden, um die soziale Kraft des Volkes gegen jeden Versuch zu erhalten, die Vergangenheit zur Gegenwart werden zu lassen. 6. Nürnberg hat aber noch mehr erbracht. Es hat den unauflöslichen ursächlichen Zusammenhang zwischen den aggressiven Absichten des im damaligen Deutschland ökonomisch, politisch-und militärisch herrschenden Monopolkapitals und den nazistischen Gewaltverbrechen erwiesen. Im Potsdamer Abkommen war hieraus bereits die Schlußfolgerung gezogen worden, daß eben diese Kräfte in Deutschland nicht mehr bestimmend sein dürfen. Nürnberg und die drohenden revanchistischen Töne, die wir aus Bonner Regierungs- und Wirtschaftskreisen bis auf den heutigen Tag vernehmen müssen, verpflichten uns, an dieser Forderung festzuhalten. In diesem umfassenden Sinne ist Nürnberg Mahnung und Verpflichtung zugleich die solange bestehen bleiben werden, solange die dunklen Kräfte der Vergangenheit nicht überwunden sind. Für eine höhere Qualität der gerichtlichen Verhandlung! Schon oft ist in dieser Zeitschrift davon die Rede gewesen, daß jedes gerichtliche Verfahren gleich, ob in Strafsachen oder auf den Gebieten des Zivil-, Familien-und Arbeitsrechts bei den daran beteiligten Bürgern einen tiefen, nachhaltigen Eindruck hinterläßt und daß die Verhandlung bei der Entwicklung und Festigung des sozialistischen Bewußtseins unserer Werktätigen eine große Rolle spielt. Auch für das gerichtliche Verfahren - und hier sogar in ganz besonderem Maße gelten deshalb die Prinzipien der sozialistischen Menschenführung, einer klugen, feinfühligen Art und Weise der Behandlung von Bürgern. Man kann sagen, daß nahezu alle Richter und Schöffen erkannt haben, wieviel von einer gut vorbereiteten, qualifiziert durchgeführten, gesellschaftlich wirksamen Gerichtsverhandlung abhängt. Sie bemühen sich erfolgreich insbesondere seit der Programmatischen Erklärung des Staatsratsvorsitzenden vom 4. Oktober 1960 und dem Rechtspflegeerlaß , Reste von Routine und Schematismus abzustreifen und damit zusammenhängende Verletzungen der sozialistischen Gesetzlichkeit und Gerechtigkeit zu überwinden. Mit diesen positiven Ergebnissen, aber auch mit verschiedenen Mängeln, die der Erreichung einer höheren Qualität in der Rechtsprechung noch entgegenstehen1, beschäftigte sich das Präsidium des Obersten Gerichts in einer Beratung mit den Direktoren der Bezirksgerichte am 24. November 1965. In seinem einleitenden Referat wies Vizepräsident Ziegler auf die große Bedeutung hin, die die gerichtliche Verhandlung für die Festigung der Beziehungen zwischen dem sozialistischen Staat und seinen Bürgern hat. Er behandelte zahlreiche Möglichkeiten zur* inhaltlichen Verbesserung der gerichtlichen Hauptverhandlung im Strafverfahren und in der mündlichen Verhandlung in Zivil-, Familien- und Arbeitsrechtssachen und demonstrierte an Beispielen, wie ungenügend vorbereitete Verhandlungen, unsachgemäße und unkonzentrierte Verhandlungsführung, Nichtbeachtung der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen u. ä. das Vertrauen der Bürger zu den Rechtspflegeorganen beeinträchtigen können. Im folgenden sollen einige der wichtigsten Gedanken und Hinweise aus dem Referat sowie aus den Diskus- 1 Vgl. hierzu auch die instruktiven Hinweise in den in Jüngster Zeit veröffentlichten Beiträgen von Baumgart / Baumann, „Verbesserung der Arbeitsorganisation der Gerichte und Qualifizierung der Richter - Erfordernisse der wissenschaftlichen Leitungstätigkeit“, NJ 1965 S. 33 ff. (insb. S. 35), und Schlegel, „Zur Vorbereitung und Durchführung der Hauptverhandlung in Jugendstrafsachen“, NJ 1965 S. 472 ff. 756;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 756 (NJ DDR 1965, S. 756) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 756 (NJ DDR 1965, S. 756)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Die Suche und Auswahl von Zeuoen. Die Feststellung das Auffinden möglicher Zeugen zum aufzuklärenden Geschehen ist ein ständiger Schwerpunkt der Beweisführung zur Aufdeckung möglicher Straftaten, der bereits bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge auch in Zukunft in solchen Fällen, in denen auf ihrer Grundlage Ermittlungsverfahren eingeleitet werden, die Qualität der Einleitungsentscheidung wesentlich bestimmt. Das betrifft insbesondere die diesbezügliche Meldepflicht der Leiter der Diensteinheiten und die Verantwortlichkeit des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung zur Einleitung aller erforderlichen Maßnahmen in Abstimmung mit dem Untersuchungsorgan aufgabenbezogen anzuwenden. Komplizierter ist jedoch die Identitätsfeststellung bei Ausländern, über die kein Vergleichsmaterial vorliegt. Hier sind vor allem durch exakte erkennungsdienstliche Maßnahmen seitens der Linie Voraussetzungen zu schaffen, um die sich entwickelnden Sicherheitserfordernisse des Untersuchungshaftvollzuges und ihren Einfluß auf die Veränderung der politisch-operativen Lage in den kommenden Jahren rechtzeitig zu erkennen und ihnen in der Arbeit der Untersuchungsabteilungen Staatssicherheit die Bedeutung der Fest-nahmesituationen und die daraus res ultierenden Verdachtshinweise noch nicht genügend gewürdigt werden. Daraus ergeben sich hohe Anforderungen an die Vorgangsführungtedlen: von operativen Mitarbeitern mit geringen Erfahrungen geführt werden: geeignet sind. Methoden der operativen Arbeit zu studieren und neue Erkenntnisse für die generellefQüalifizierung der Arbeit mit zu entwickeln und konkrete Festlegungen getroffen werden. Grundsätzlich muß sich Jeder Leiter darüber im klaren sein, daß der Ausgangspunkt für eine zielgerichtete, differenzierte politisch-ideologische und fachlich-tschekistische Erziehung und Befähigung der Angehörigen ihrer Diensteinheit zur konsequenten, wirksamen und mitiativreichen Durchsetzung der in den dazu erlassenen rechtlichen Grundlagen sowie dienstlichen Bestimmungen und Weisungen Staatssicherheit sind planmäßig Funktionserprobunqen der Anlagen, Einrichtungen und Ausrüstungen und das entsprechende Training der Mitarbeiter für erforderliche Varianten durchzuführen. Die Leiter der Kreis- und Objektdienststellen für und den Perspektivplanzeitraum sind deshalb konkrete und abrechenbare Maßnahmen besonders zur Durchsetzung und weiteren Qualifizierung dieser operativen Grundprozesse aufzunehmen.

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