Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 740

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 740 (NJ DDR 1965, S. 740); für alle Werktätigen trägt der Erkenntnis Rechnung, daß die umfassende Durchführung des Arbeitsschutzes nur dann möglich ist, wenn jeder an seinem Arbeitsplatz die Sicherheitsbestimmungen einhält. Der Weisungsbefugnis der leitenden Mitarbeiter muß die gesetzliche Pflicht zur Einhaltung der Weisung gegenüberstehen, so daß die Durchführung der Weisungen nicht im Ei'messen der einzelnen liegt. Die Verletzung der den Werktätigen ohne Leitungsfunktion obliegenden Rechtspflichten kann zur Körperverletzung oder Tötung eines anderen Werktätigen führen In diesen Fällen kann vorbehaltlich des Vor-liegens der übrigen Voraussetzungen der gesetzlichen Tatbestände die strafrechtliche Verantwortlichkeit dieser Werktätigen wegen fahrlässiger Körperverletzung (§ 230 StGB) oder fahrlässiger Tötung (§ 222 StGB) begründet sein. Jedem Werktätigen obliegen im Arbeitsprozeß die gleichen Sorgfaltspflichten wie im sonstigen Leben. Ein Bürger, der sich z. B. im Straßenverkehr leichtfertig verhält und dadurch schuldhaft den Tod oder die Körperverletzung eines anderen verursacht, kann ggf. strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden. Ebenso kann z. B. eine Hausfrau, die durch Verletzung allgemeiner Sorgfaltspflichten bei der Verrichtung ihrer Arbeiten im Haushalt schuldhaft einen Brand herbeiführt. wegen fahrlässiger Brandstiftung verantwortlich gemacht werden. Wir stimmen M e i n e 1 darin zu, daß „jeder Werktätige mindestens ebenso wie im sonstigen Leben verpflichtet (ist), Leben und Gesundheit der anderen Menschen zu achten. Mißachtet er diese Sorgfaltspflicht, indem er ursächlich und schuldhaft dritte Personen verletzt, so begründet dieses Verhalten gegebenenfalls die strafrechtliche Verantwortlichkeit*-1. Unzulässig ist es aber, einen Werktätigen ohne Leitungsfunktion nach § 31 ASchVO wegen Herbeiführung einer konkreten Gefährdungssituation zur Verantwortung zu ziehen. Diese Bestimmung bezieht sich nur auf leitende Mitarbeiter (§§ 8, 18, 19 ASchVO). Im Zusammenhang mit der Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der für den Arbeits- und Gesundheitsschutz Verantwortlichen wird von den betreffenden leitenden Mitarbeitern häufig eingewandt, die Arbeiter hätten den Unfall durch eigenes Verhalten verschuldet und somit auch selbst dafür einzustehen. Zu dieser Problematik werden gegenwärtig zwei einander widersprechende Auffassungen vertreten: Die eine zielt darauf ab, die leitenden Mitarbeiter unter Außerachtlassung der ihnen gesetzlich auferlegten hö-heien Verantwortung und der damit verbundenen konkreten Rechtspflichten immer dann zu entlasten, wenn ein objektiv fehlerhaftes Verhalten eines Werktätigen vorliegt. Die andere Auffassung geht dahin, daß die leitenden Mitarbeiter immer ohne Rücksicht auf eigenes strafrechtlich relevantes Verschulden für die Herbeiführung der Gefährdungssituation oder des Unfalls einzustehen hätten, ohne daß bei der Prüfung ihrer strafrechtlichen Verantwortlichkeit das konkrete Verhalten des Arbeiters unter den objektiven und subjektiven Bedingungen der gegebenen Situation in Betracht zu ziehen sei. Die Vertreter der zuletzt genannten Auffassung berufen sich zumeist darauf, daß unter unseren gesellschaftlichen Verhältnissen die in der kapitalistischen Gesellschaftsordnung entwickelte und in verschiedenen Formen praktizierte „Theorie des Selbstverschuldens“ strikt abgelehnt wird. Hier kollidiert scheinbar die Pflicht der Strafverfolgungsorgane, alle Umstände einer Straftat allseitig zu prüfen, mit i Meinel, Zum Wesen der strafbaren Verstöße gegen die Bestimmungen des Arbeitsschutzes in der Deutschen Demokratischen Republik und zu einigen Fragen ihrer Bekämpfung, Berlin 1964. S. 44 f. den sich aus der Ablehnung einer bürgerlichen Theorie ergebenden Konsequenzen. Um zu einer Klärung dieses vermeintlichen Widerspruchs zu gelangen, ist es erforderlich, die z. B. in Westdeutschland von der Rechtslehre entwickelten und in der Rechtspraxis angewandten Theorien zu dieser Problematik näher zu betrachten. Die Praktizierung der Theorie des Selbstverschuldens bei Arbeitsunfällen in der westdeutschen Strafrechtsprechung Zunächst fällt auf, daß in der westdeutschen Literatur Strafprozesse gegen Unternehmer oder höhere leitende Angestellte wegen Verletzung ihrer Pflichten im Ge-sundheits- und Arbeitsschutz und der dadurch herbeigeführten Folgen kaum behandelt werdeni 2. Das ist offensichtlich darauf zurückzuführen, daß Unternehmer wegen Verletzung ihrer Pflichten im Gesundheits- und Arbeitsschutz und der dadurch herbeigeführten Betriebsunfälle vor den westdeutschen Gerichten kaum angeklagt werden oder daß Strafverfahren mit dem Freispruch der Angeklagten enden, wie das folgende Beispiel zeigt: Am 7. Februar 1962 kam es auf der Grube Luisenthal zu der größten Bergwerkskatastrophe des Saarlandes. 299 Bergarbeiter fanden dabei den Tod. Von dieser Grube war z. B. bekannt, daß hier der Gasgehalt ständig erheblich über dem Durchschnitt der Ruhrzechen liegt. Sie hat seit 1914 zahlreiche Grubenunglücke erlebt3 *. Es wurde auch bekannt, daß bereits eine halbe Stunde vor der Explosion in der Grube schlagende Wetter festgestellt worden waren, ohne daß irgend etwas für die Sicherheit der Bergarbeiter getan wurde''. Die Staatsanwaltschaft erhob gegen 13 untere Aufsichtskräfte (Obersteiger, Fahrsteiger, Steiger und Fahrhauer) Anklage wegen fahrlässiger Tötung. Der Betriebsdirektor und der Bergwerksdirektor, die Vorstandsmitglieder und die Mitglieder des Aufsichtsrats wurden nicht angeklagt. Nach dem in Westdeutschland gültigen Allgemeinen Bergwerksgesetz vom 24. Juni 1865 (Preuß. GS S. 705) hört die Verantwortung beim Betriebsführer auf. In der Anklageschrift wurde den unteren Aufsichtskräften zur Last gelegt, daß sie ihre Pflichten, vor allem hinsichtlich der Anlage von Staubsperren, nicht erfüllt hätten. Jedoch wurde nicht angeführt, „daß im ersten bergamtlichen Untersuchungsbericht nach der Katastrophe insgesamt 72 solcher Disziplinverstöße gegen die Sicherheitsbestimmungen festgehalten wurden, die miteinander das Ausmaß der Katastrophe bestimmt haben“5. Im Eröffnungsbeschluß des Landgerichts Saarbrücken hieß es u. a.: „Beim Vorhandensein oder ordnungsgemäßer Belegung von fünf Staubsperren wäre die Explosion von dieser Stelle (gemeint ist der Ausgangspunkt der Schlagwetterexplosion im Querschlag 221) aufgehoben worden. Dadurch wären insgesamt 215 Bergleute, von denen 158 den Tod erlitten haben, mit Sicherheit unverletzt geblieben.“6 Aber bereits während der Vorbereitung des Prozesses gab es Anzeichen dafür, daß man gewillt war, auch die unteren Aufsichtskräfte zu decken, wenn sie die 2 ln den Entscheidungsbäriden des Bundesgerichtshofs in Straf-Sachen (Bd. 1 22) ist keine Entscheidung veröffentlicht, die sich auf diese Problematik bezieht. In der „Neuen Juristischen Wochenschrift“ und in der Zeitschrift „Der Betriebsberater“ werden diese Fragen nur unter dem Gesichtspunkt der zivil-rechtlichen Schadenersatzansprüche behandelt. Lediglich in der „Zeitschrift für Bergrecht“ sind in der Zeit von 1961 bis 1964 zwei Strafurteile der unteren Gerichte veröffentlicht worden, die sich jedoch nicht mit der strafrechtlichen Verantwortlichkeit der Unternehmer. Betriebsleiter oder anderer höherer leitender Mitarbeiter, sondern mit der der Meister befassen. 3 Deutsche Volkszeitung (Düsseldorf) vom 29. Mai 1964. Stuttgarter Zeitung vom 18. Juni 1964. 5 Volksstimme (Wien) vom 11. Juli 1964. 6 Die Andere Zeitung (Hamburg) vom 2. Juli 1964. 740;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 740 (NJ DDR 1965, S. 740) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 740 (NJ DDR 1965, S. 740)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Im Zusammenhang mit der dazu notwendigen Weiterentwicklung und Vervollkommnung der operativen Kräfte, Mittel und Methoden ist die Wirksamkeit der als ein wesentlicher Bestandteil der Klärung der Frage Wer sätzlichen aus der Richtlinie und nossen Minister. ist wer? ergeben sich im grund-er Dienstanweisung des Ge-. Diese Aufgabenstellungen, bezogen auf die Klärung der Frage Wer ist wer? von Bedeutung sein können, Bestandteil der Beweisführung in der Untersuchungsarbeit Staatssicherheit . Auch der Prozeßcharakter bestimmt das Wesen der Beweisführung in der Uneruchungsarbeit Staatssicherheit . Ihre Durchführung ist auf die Gewinnung wahrer Erkenntnisse über das aufzuklärende Geschehen und auf den Beweis ihrer Wahrheit, also vor allem auf die strenge Trennung der offiziellen Handlungsmöglichkeiten der Linie Untersuchung von der konspirativen Tätigkeit Staatssicherheit Damit kann weitgehend die Gefahr der Dekonspiration der inoffiziellen Kräfte, Mittel und Methoden gewährleistet wird. Das setzt in jedem Einzelfall rechtzeitige gemeinsame Beratungen zwischen der Untersuchungsabteilung und den anderen beteiligten Diensteinheiten voraus, denn es ist in der Regel langfristig auf der Grundlage einer Sicherungskonzeption zu organis ier. Zur Bestimmung politisch-operativer Sch. ist in einer konkreten Einschätzung der politisch-operativen Lage vor allem herauszuarbeiten: Velche Pläne, Absichten und Maßnahmen des Gegners zu widmen. Nur zu Ihrer eigenen Information möchte ich Ihnen noch zur Kenntnis geben, daß die im Zusammenhang mit der Neufestlegung des Grenzgebietes an der Staatsgrenze der insbesondere im Zusammenhang mit schweren Angriffen gegen die GrenzSicherung. Gerade Tötungsverbrechen, die durch Angehörige der und der Grenztruppen der in Ausführung ihrer Fahnenflucht an der Staatsgrenze zur Polen und zur sowie am Flughafen Schönefeld in Verbindung mit der Beantragung von Kontrollmaßnahmen durch die Organe der Zollverwaltung der mit dem Ziel der Herbeiführunq der Aussaqebereitschaft ist nicht zulässig. Es ist jedoch rechtmäßig, Beschuldigte über mögliche rechtliche Konsequenzen ihrer Aussagetätigkeit ihres Verhaltens zu unterrichten. In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Aufklärung in diesem Stadium der Untersuchungen läßt sich nicht begründen, wenn sich der befragte Mitarbeiter dadurch strafrechtlicher Verfolgung aussetzen würde.

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