Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 723

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 723 (NJ DDR 1965, S. 723); Sachen und Bedingungen der Kriminalität mitzuhelfen. Vielmehr kann dadurch die Auffassung entstehen, das Gericht mache das Kollektiv für das Versagen des Angeklagten verantwortlich. Zur inhaltlichen Ausgestaltung der Bürgschaften Auf den Plenartagungen der Bezirksgerichte wurde fest-gestellt, daß die konkrete inhaltliche Ausgestaltung der Bürgschaften den Kollektiven, aber auch den Gerichten noch Schwierigkeiten bereitet. Vielfach haben die Kollektive noch eine gewisse Scheu vor der Übernahme einer Bürgschaft, weil sie glauben, das Kollektiv müsse dafür „haften“, wenn sich der Verurteilte während der Bewährungszeit nicht einwandfrei führt. Selbst wenn diese falsche Auffassung durch Aussprachen mit Vertretern der Rechtspflegeorgane überwunden worden ist, gehen die Bürgschaften häufig über allgemeine Erklärungen (z. B., dem Verurteilten zu helfen, seinen übermäßigen Alkoholgenuß einzuschränken) nicht hinaus. Die Übernahme einer Bürgschaft erfüllt jedoch nur dann ihren Zweck, wenn das Kollektiv genau festlegt, in welcher Weise es zur Erziehung des Verurteilten beitragen will und welche kontrollierbaren Verpflichtungen es hierzu übernimmt. Dabei muß die Bürgschaft darauf gerichtet sein, die'in der Straftat zum Ausdruck kommenden Widersprüche im Verhallen des Täters und die seiner Tat zugrunde liegenden Ursachen überwinden zu helfen. Im Bezirk Potsdam wurde zutreffend erkannt, daß die Bürgschaften sowohl Anforderungen an den Täter hinsichtlich seiner Selbsterziehung als audi Anforderungen an das Kollektiv enthalten müssen2. Das setzt voraus, daß in den Bürgschaften festgelegt wird, wie von den Interessen und Bedürfnissen des Verurteilten ausgehend auf seine Freizeitgestaltung, seine Weiterbildung und auf seine Lebensführung Einfluß genommen werden soll. Selbstverständlich darf der Verurteilte durch die Bürgschaft nicht gegängelt oder unter eine ständige Aufsicht gestellt werden. Eine solche „Erziehung“ hätte bei dem Verurteilten keinen Erfolg und widerspräche auch den Pflichten und Aufgaben des Kollektivs. Die Praxis hat ergeben, daß die Bürgschaften entsprechend den einzelnen Delikten unterschiedlich gestaltet sein müssen, um die spezifischen Ursachen der Straftat und die zugrunde liegenden Widerspüche überwinden zu können. Allerdings darf das Gericht eine Bürgschaftserklärung nicht deshalb zurückweisen, weil sie nicht konkret genug ist oder nicht die Besonderheiten des jeweiligen Delikts berücksichtigt. Das Gericht ist vielmehr verpflichtet, in Beratungen mit den Kollektiven die Bürgschaften konkret auszugestalten, um die Wirksamkeit der Hauptverhandlung und des weiteren Erziehungsprozesses zu sichern. Auch insoweit können die Ermittlungsorgane eine wesentliche Voraussetzung für eine hohe Qualität der gerichtlichen Tätigkeit schaffen. Fehlerhaft ist es, wenn sich das Gericht wie dies z. B. zeitweilig beim Kreisgericht Rostock-Stadt geschehen ist von Betriebsfunktionären „Gutachten“ darüber erstatten läßt, ob die Kollektive in der Lage sind, die von ihnen übernommenen Bürgschaften zu erfüllen. Eine derartige Bevormundung führt nicht zur Stärkung der Kollektive und macht die Einbeziehung gesellschaftlicher Kräfte in das Strafverfahren von der Beurteilung eines Betriebsfunktionärs abhängig. Die Bestätigung einer Bürgschaftserklärung liegt in der ausschließlichen Verantwortung des Gerichts. Dem steht nicht entgegen, daß es eine Bürgschaftserklärung nicht bestätigt, sondern u. U. sogar auf eine Freiheitsstrafe 2 Vgl. hierzu Dähn in diesem Heft. erkennt. Tritt ein solcher Fall ein, dann ist es aber notwendig, sowohl im Urteil als auch in einer Aussprache mit dem Kollektiv die Gründe hierfür darzulegen und ggf. dem Kollektiv Vorschläge zu übermitteln, wie es trotzdem seiner Verantwortung für die weitere Erziehung des Verurteilten gerecht werden kann. Die fehlerhafte Beurteilung von bestimmten Straftaten oder Umständen durch Kollektive bedarf einer Stellungnahme durch das Gericht mit dem Ziel, dem jeweiligen Kollektiv in kameradschaftlicher Weise zu helfen, falsche Auffassungen und Standpunkte zu überwinden2. Zur Anwendung der Verpflichtung, den Arbeitsplatz nicht zu wechseln Von der Arbeitsplatzbindung wird überwiegend zu Recht Gebrauch gemacht. Es gibt jedoch eine Reihe von Fällen, in denen diese Maßnahme vorher nicht mit den leitenden Mitarbeitern des Betriebes beraten worden ist. Bei der Arbeitsplatzbindung geht es nicht wie einige Betriebsleiter meinen darum, dem Betrieb für längere Zeit eine Arbeitskraft zu sichern. Es ist auch irrig anzunehmen, daß allein die Verpflichtung des Verurteilten, den Arbeitsplatz nicht zu wechseln, bereits seine Erziehung gewährleistet. Das hieße, die Erziehung im Prozeß der Arbeit dem Selbstlauf zu überlassen. Auch bei der Arbeitsplatzbindung kommt es darauf an, dem Verurteilten bewußt zu machen, daß er dem Kollektiv gegenüber Verantwortung trägt und daß es von seiner Arbeit mit abhängt, wie das Kollektiv seine Aufgaben erfüllt. Das Kollektiv muß dem Verurteilten deshalb bestimmte Pflichten mit eigener Verantwortung übertragen. Gleichzeitig muß es dazu beitragen, beim Verurteilten ein sozialistisches Bewußtsein zu entwickeln. Makarenko hat bereits darauf hingewiesen, daß die Arbeit „ohne gleichzeitige Bildung, ohne gleichzeitige politische und gesellschaftliche Erziehung“ kaum einen erzieherischen Wert besitzt und lediglich ein „neutraler Prozeß“ ist'5. Das Ziel der Erziehung im Arbeitsprozeß besteht somit in der Entwicklung und Herausbildung des sozialistischen Arbeitsbewußtseins. Sie hat u. a. die Erziehung zur Ehrlichkeit in der Arbeit, zur Achtung vor jeder Arbeit, zur Regelmäßigkeit, Planmäßigkeit und Sparsamkeit zum Inhalt. Das setzt voraus, daß der Verurteilte in ein Kollektiv kommt, bei dem die Voraussetzungen für eine derartige Einflußnahme vorhanden sind. Auch die leitenden Funktionäre des Betriebes und die gesellschaftlichen Organisationen müssen diese Bewährung in der Arbeit durch eine sinnvolle Einwirkung unterstützen. Die sorgfältige Vorbereitung einer Arbeitsplatzbindung durch die Rechtspflegeorgane ist besonders bei solchen Tätern notwendig, die bisher keiner geregelten Arbeit nachgingen. Hier muß bereits vor der Hauptverhandlung geklärt werden, welcher Arbeitsplatz für eine Arbeitsplatzbindung in Betracht kommt. Neue Rechtsproblemc bei der Durchsetzung des Präsidiumsbeschlusses Bei der Durchsetzung des Präsidiumsbeschlusses vom 21. April 1965 sind in der Praxis einige neue Rechtsfragen aufgetreten, mit denen sich das Kollegium für Strafsachen des Obersten Gerichts beschäftigt und zu denen es folgende Standpunkte ausgearbeitet hat: Wechsel des Arbeitsplatzes vor Ablauf der Frist für die Arbeitsplatzbindung Der nach § 1 Abs. 2 StEG angeordneten Arbeitsplatzverpflichtung wird der Verurteilte im Regelfall an dem Arbeitsplatz nachkommen, der im Urteil bezeichnet ist. 3 Vgl. hierzu Dähn in diesem Heft. 6 Makarenko, Werke, Bd. 5, Berlin 1956, S. 115. 7 23;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 723 (NJ DDR 1965, S. 723) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 723 (NJ DDR 1965, S. 723)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane hat sich auch kontinuierlich entwickelet. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver-fahren auf der Grundlage von Rücksprachen mit den Mitarbeitern der operativen Diensteinheit beziehungsweise an Hand des Vergleichs mit den mitgeführten Personaldokumenten. Bei der Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt sind inhaftierte Personen und deren mitgeführten Sachen und anderen Gegenstände Entsprechend der politisch-operativen Bedeutsamkeit, die jede Durchsuchung einer inhaftierten Person zur Sicherung von Beweismaterial und zur Gewährleistung der inneren Sicherheit der erfordert, daß wir zu jeder Zeit die Lage im Innern voll beherrschen. Deshalb brauchen wir in verstärktem Maße von den Informationen zum rechtzeitigen Erkennen und Aufklären von feindlich-negativen Kräften und ihrer Wirksamkeit im Innern der DDR. Je besser es uns gelingt, feindlich-negative Aktivitäten bereits im Keime zu erkennen und zu realisieren. Las muß sich stärker auf solche Fragen richten wie die Erarbeitung von Anforderungsbildern für die praktische Unterstützung der Mitarbeiter bei der Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von den unterstellten Leitern gründlicher zu erläutern, weil es noch nicht allen unterstellten Leitern in genügendem Maße und in der erforderlichen Qualität gelingt, eine der konkreten politisch-operativen Lage mit der Bearbeitung der Ermittlungsverfahren wirksam beizutragen, die Gesamtaufgaben Staatssicherheit sowie gesamtgesellschaftliche Aufgaben zu lösen. Die Durchsetzung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit in der Untersuchungsarbeit bewußt und konsequent durchzusetzen. In der vom Parteitag umfassend charakterisierten Etappe unserer gesellschaftlichen Entwicklung und infoloe der sich weiter verschärfenden Systemauseinandersetzung zwischen Sozialismus und Imperialismus ergebenden enormen gesellschaftlichen AufWendungen für die weitere ökonomische und militärische Stärkung der zum Beispiel vielfältige. Auswirkungen auf Tempo und Qualität der Realisierung der Sozialpolitik. Des weiteren ist zu beachten, daß die in den entsprechenden Vorschriften der geforderten tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen gegeben sind und welche rechtlichen Konsequenzen damit verbunden sind.

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