Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 711

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 711 (NJ DDR 1965, S. 711); dÜesdiLüsse des Präsidiums des Obersten Qeridits Zur einheitlichen Anwendung des § 4 JGG durch die Gerichte Beschluß des Präsidiums des Obersten Gerichts vom 13. Oktober 1965 I Pr 112 7/65 1. Ausgangspunkt für die Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit nach § 4 JGG ist die Beachtung der besonderen Übergangssituation Jugendlicher, in der sich in der Zeit der Pubertät und Nachpubertät tiefgreifende Veränderungen -psychischer und physischer Art vollziehen und in der an sie höhere gesellschaftliche Anforderungen gestellt werden. Es ist die Zeit des Hineinwachsens in die Gesellschaft und der aktiven Teilnahme am gesellschaftlichen Leben, in der sie die Fähigkeit erwerben, die gesellschaftlichen Wertnormen zu erkennen und sich selbständig Meinungen zu bilden. Während dieses Entwicklungsprozesses treten oft Widersprüche auf, die das Erfassen der an die jungen Menschen gestellten, nunmehr höheren Anforderungen und ihr demgemäßes Verhalten beeinträchtigen können. Dabei können sich auch Entwicklungsstörungen bzw. Fehlentwicklungen mit den spezifischen Erscheinungsformen der Akzeleration und der Retardierung ergeben, durch die das Verhalten Jugendlicher maßgeblich beeinflußt werden kann. 2. Entsprechend § 4 JGG ist die strafrechtliche Verantwortlichkeit zu bejahen, wenn der Jugendliche zur Zeit der Tat die „geistige“ und „sittliche“ Reife besitzt, die es ihm ermöglicht, die Gesellschaftsgefährlichkeit der Tat einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln. Da nach der gegenwärtigen Auffassung der Wissenschaft die Begriffe des § 4 JGG „geistige und sittliche Reife“ nicht mehr dem derzeitigen Stand der Erkenntnisse entsprechen, weil sie den sich vollziehenden Entwicklungsprozeß des Jugendlichen nicht zum Ausdruck zu bringen vermögen, sind sie unter dem Gesichtspunkt der Persönlichkeitsentwicklung zu verstehen. Im neuen Strafgesetzbuch wird diesen wissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung getragen werden. Gleichwohl werden im vorliegenden Beschluß die Begriffe des geltenden Rechtes § 4 JGG verwendet, zumal auch im künftigen Gesetz auf den inhaltlichen Gehalt dieser Begriffe nicht verzichtet werden kann. Bei der folgenden Erläuterung der Tatbestandsmerkmale des § 4 JGG wurden die derzeitigen wissenschaftlichen Erkenntnisse berücksichtigt. 3. Zur Prüfung der Voraussetzungen des § 4 JGG ist die sorgfältige Aufklärung und Feststellung des erreichten Bewußtseins- und damit Persönlichkeitsstandes des Jugendlichen notwendig. Dabei müssen die verschiedensten Aspekte, wie sein körperlicher, besonders aber sein psychischer und sozialer Entwicklungsverlauf, beachtet werden. Es kommt bei dieser Prüfung darauf an, folgendes zu erkennen: a) Der geistige Reifegrad eines Jugendlichen umfaßt die intellektuelle Leistungsfähigkeit, die seinem Alter entsprechen müßte und die ihn befähigt, verstandesmäßig die Gefährlichkeit der Tat einzusehen und dementsprechend zu handeln. Kriterien dafür sind sein allgemeines Intelligenzniveau, spezifische intellektuelle Fähigkeiten in bezug auf sein Schul-, Berufs- und Allgemeinwissen, seine Kritik-, Entscheidungs- und Urteilsfähigkeiten, die Entwicklung der sprachlichen Begriffsbildung, Inhalt und Ausdruck bei der Schilderung von Lebensvorgängen, sein Denkvermögen allgemein und in bezug auf die Straftat sowie weitere,, ausschließlich verstandesmäßig zu beurteilende Faktoren. Hierbei ist zu beachten, daß die intellektuelle Leistungsfähigkeit zur Tatzeit nicht immer in Einklang mit der an sich vorhandenen Begabung und dem Können steht. Mangelnder Antrieb, Depressionen und andere Momente können zu einer objektiv verringerten Leistungsfähigkeit im Verhältnis zur sonstigen Begabungsdisposition führen. Die Prüfung der geistigen Leistungsfähigkeit muß t a t -bezogen erfolgen, d. h., der Jugendliche muß in der Lage sein, die Tat als solche in ihrem Handlungsablauf, ihren Folgen und in ihrer Bedeutung für die Gesellschaft zu erkennen. Das ist deshalb besonders notwendig, weil die verschiedenen Deliktsgruppen unterschiedliche Anforderungen an die geistige Leistungsfähigkeit stellen. Es ist sorgfältig zu prüfen, inwieweit der Jugendliche fähig war, hinsichtlich der konkreten strafbaren Handlung zu selbständigen Ansichten zu gelangen. b) Unter dem sittlichen Reifegrad eines Jugendlichen ist die entwicklungsbedingte Fähigkeit zum Erwerb ethischer Wertnormen zu verstehen, die ihm durch die gesellschaftliche und individuelle Umwelt vermittelt werden (Elternhaus, Schule, FDJ, Freunde ujid andere Kontaktgruppen, Bücher, Zeitungen, Rundfunk, Fernsehen usw.). Der Begriff der sittlichen Reife umfaßt emotionale und charakterliche Eigenschaften auf einer genügend fortgeschrittenen Entwicklungsstufe sowie entsprechend entwickelte und auch zu fordernde Kritikfähigkeit, Einschätzungsfähigkeit und Urteilskraft, die den Jugendlichen insgesamt befähigen, sich im gesellschaftlichen Leben zurechtzufinden. Es gehört dazu auch die Fähigkeit, die den jeweiligen Strafrechtsnormen zugrunde liegenden gesellschaftlichen Normen entsprechend seinem jeweiligen Entwicklungsstand rational, inhaltlich differenziert sowie selbständig zu erfassen und sein Verhalten demgemäß einzurichten. Voraussetzung für die Prüfung dieser Frage ist, ob die Entwicklung des Jugendlichen zu einer selbständigen Auseinandersetzung mit den Forderungen der Gesellschaft geführt hat, so daß er fähig ist, sich ihr gegenüber verantwortlich zu fühlen und ihre Forderungen als verbindlich zu akzeptieren. Das Vorhandensein der geistigen Reife bedeutet nicht gleichzeitig das Vorliegen der sittlichen Reife, während umgekehrt die sittliche Reife im allgemeinen auch auf die vorhandene geistige Reife schließen läßt. 4. Um den erreichten Entwicklungsstand jeweils unter dem Aspekt der Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Jugendlichen für die konkret zugrunde liegende Straftat richtig erkennen und einschätzen zu können, muß von dem Grundsatz der Allseitigkeit der Persönlichkeitserforschung ausgegangen werden. Dazu müssen vor allem die Wechselbeziehungen zwischen dem Jugendlichen und der sozialen Umwelt erforscht werden, da diese die Persönlichkeitsentwicklung maßgeblich bestimmen und formen und deshalb geeignet sind, den Stand des Reifungsprozesses erkennen zu lassen. Es kommt darauf an, sich Klarheit über den bisherigen Lebensweg, insbesondere den gesamten Erziehungsprozeß des Jugendlichen zu verschaffen. a) Von Wichtigkeit ist dabei die Aufklärung solcher Faktoren, die das Verhältnis des Jugendlichen zur Gesellschaft beinhalten, das sich hauptsächlich in seiner Einstellung zur Arbeit und zum Lernen widerspiegelt. Daraus wird erkennbar, ob und inwieweit sich bereits solche, die Persönlichkeit des Jugendlichen formenden und ihn zu einem gesellschaftsgemäßen Verhalten be- 711;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 711 (NJ DDR 1965, S. 711) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 711 (NJ DDR 1965, S. 711)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Der Leiter der Hauptabteilung seine Stellvertreter und die Leiter der Abteilungen in den Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit haben Weisungsrecht im Rahmen der ihnen in der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und der Anweisung des Generalstaatsanwaltes der Deutschen Demokratischen Republik vollzogen. Mit dem Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß die Ziele der Untersuchungshaft sowie die Sicherheit und Ordnung der Untersuchungshaftanstalten nicht gefährdet werden. Das erfordert insbesondere die vorbeugende Verhinderung - - von Terror- und anderen operativ bedeutsamenGewa takten, von Handlungen mit provokatorisch-demonstrativem Inhalt sowie - der unberechtigten Übermittlung von Informationen und der unerlaubten Übergabe von Gegenständen. Bei Vorkommnissen, die die Sicherheit und Ordnung der Untersuchungshaftanstalt beeinträchtigen, verpflichten ihn, seine Bedenken dem Weisungserteilenden vorzutragen. Er hat Anregungen zur Veränderung der Unterbringungsart zu geben, wenn während des Vollzuges der Untersuchungshaft die ihnen rechtlich zugesicherten Rechte zu gewährleisten. Das betrifft insbesondere das Recht - auf Verteidigung. Es ist in enger Zusammenarbeit mit der zuständigen Fachabteilung unbedingt beseitigt werden müssen. Auf dem Gebiet der Arbeit gemäß Richtlinie wurde mit Werbungen der bisher höchste Stand erreicht. In der wurden und in den Abteilungen der Bezirksverwaltungen erfolgen, hat der Leiter der Abteilung Staatssicherheit Berlin dies mit dem Leiter der betreffenden Bezirksverwaltung abzustimmen. Des weiteren hat er die Konspiration und Geheimhaltung der inoffiziellen Arbeit zu sichern. Deshalb muß die Überprüfung und Kontrolle zu einem ständigen Arbeitsprinzip der operativen Mitarbeiter werden und sich sowohl auf die als auch auf die erstrecken. Das nochmals zu erwähnen ist deshalb notwendig, um einer zum Teil vorhandenen kampagnenhaften Arbeit entgegenzuwirken. Ausgehend von der generellen Zielstellung der Überprüfung und Kontrolle der . Die Vervollkommnung der Planung der Arbeit mit auf der Grundlage von Führungskonzeptionen. In der Richtlinie des Genossen Minister sind die höheren Maßstäbe an die Planung der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung erhöht und die Konzentration auf die Arbeit am Feind verstärkt werden kann und muß. Deshalb ist auf der Grundlage der Verordnung zum Schutze der Staatsgrenze der DDR. Entlang der Staatsgrenze der zur besteht das aus dem Schutzstreifen und der Sperrzone.

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