Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 698

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 698 (NJ DDR 1965, S. 698); Festigung und Weiterentwicklung des sozialistischen Staats- und Rechtsbewußtseins gehemmt. Überspitzungen ergeben sich vor allem aus einer formalen, lebensfremden Beurteilung des Sachverhalts und einer daraus resultierenden extensiven Interpretation des Gesetzes. So verurteilte das Kreisgericht Bad Salzungen in einer Strafsache den Angeklagten wegen versuchter Notzucht in Tateinheit mit gewaltsamer Unzucht zu einem Jahr Zuchthaus. Die Berufung wurde durch das Bezirksgericht Suhl als unbegründet zurückgewiesen. Der Angeklagte hatte wiederholt versucht, sich einer Hausbewohnerin unsittlich zu nähern. Sie wies ihn zwar immer ab, jedoch nicht energisch und konsequent genug, obgleich ihr das möglich gewesen wäre. Das nicht eindeutige Verhalten der Zeugin veranlaßte den Angeklagten, sie körperlich zu bedrängen, weil er hoffte, doch noch zum Geschlechtsverkehr zu kommen. Von seinem Vorhaben nahm er aber Abstand, als sich die Geschädfgte energisch gegen einen Geschlechtsverkehr wehrte. Der Vorfall wurde erst vier Monate später und auch erst dann angezeigt, als die Zeugin von der Ehefrau des Angeklagten ehewidriger Beziehungen zum Angeklagten bezichtigt wurde. Das Urteil des Kreisgerichts wurde vom Obersten Gericht kassiert1. In der Strafsache S 43/65 des Kreisgerichts Sonneberg wurde der Angeklagte, der in den Jahren 1957/1958 an einigen Schülerinnen der 8. Klasse unsittliche Berührungen vorgenommen und ihnen gegenüber unzüchtige Äußerungen getan hatte, zu einem Jahr und zehn Monaten Gefängnis verurteilt. Nach der Straftat, die erst in diesem Jahr bekannt wurde, hatte er sich als Lehrer in jeder Hinsicht verantwortungsbewußt verhalten und erkennbar von seiner Straftat Abstand genommen. In diesem Fall ist die Verurteilung u. E. zumindest nach Art und Höhe der Strafe fehlerhaft, wobei sich sogar die Frage aufdrängt, ob nicht die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 StEG gegeben sind. Es erscheint sehr bedenklich, die schon lange Zeit zurückliegenden Vorgänge bei den ehemaligen Schülerinnen, von denen einige inzwischen schon verheiratet sind, wieder in Erinnerung zu rufen, nachdem sie längst vergessen waren. Nicht minder schädlich sind jedoch die Verfahren, in denen die Schwere einer Straftat durch unvertretbar milde Strafen bagatellisiert wird. Zwar handelt es sich bei diesen grob der Gerechtigkeit widersprechenden Entscheidungen um Einzelfälle. Auch sie lassen sich aber vermeiden, wenn die Gerichte sich in jedem Verfahren darüber im klaren sind, daß in der sozialistischen Gesellschaftsordnung die Rechte und Interessen der Bürger konsequent geschützt werden müssen. In der Strafsache III BSB 5/65 gab das Bezirksgericht Potsdam dem Kreisgericht den Hinweis, bei der Strafzumessung auch das Verhalten des Täters nach der Tat zu berücksichtigen. Er war 1962 elf Monate in einem Arbeitserziehungslager gewesen, bummelte auch nach seiner Entlassung häufig und war zum Zeitpunkt der Tat ebenfalls ohne Arbeit. Erst als das Strafverfahren gegen ihn eingeleitet war, zeigte er vorübergehend eine gute Arbeitsdisziplin. Diesen letzten Umstand, der absolut ohne Beziehung zur Straftat selbst ist, hat das Kreisgericht entsprechend dem Hinweis des Bezirksgerichts überbewertet und den Angeklagten unter Außerachtlassung der Schwere und Intensität einer an einem Kind begangenen verbrecherischen Handlung ungerechtfertigt zu einer bedingten Gefängnisstrafe von einem Jahr verurteilt. Wiederholt führen auch fehlerhafte Sachverhaltsfest-stellungen zu einer Unterschätzung der Schwere der 1 Das Urteil des Obersten Gerichts in dieser Sache (5 Zst 10/65) ist in diesem Heft veröffentlicht. Straftat. So ging das Bezirksgericht Potsdam in der Strafsache III BSB 48/65 im Widerspruch zum Tatgeschehen davon aus, daß die Handlung des Angeklagten von geringer Intensität und er sich bei der Abstandnahme von der Tat der Abscheulichkeit seines Verhaltens bewußt gewesen sei. Damit begründet das Bezirksgericht die Zubilligung mildernder Umstände und eine bedingte Verurteilung von einem Jahr Gefängnis. Das Urteil des Obersten Gerichts 5 Zst 15/65, mit dem diese Entscheidung kassiert wurde, legt überzeugend dar, daß eine geringe Tatentschlossenheit nicht lediglich aus dem unmittelbaren Tathergang geschlußfoigert werden kann, sondern daß die Tat in ihrer Gesamtheit zu erfassen ist. Der Angeklagte hatte sich in diesem Fall schon lange vor der Tat entschlossen, mit einer Frau gewaltsam geschlechtlich zu verkehren. Er hatte dann, im Gebüsch versteckt, eine halbe Stunde gewartet, bis eine Frau vorbeikam, diese von hinten angefallen und zu Boden gerissen. Dann hatte er sich auf sie gekniet und ihre Arme nach hinten gedrückt. Zum Erfolg war er nur deshalb nicht gekommen, weil sich die Frau energisch gewehrt hatte und auf ihre Hilferufe Bürger herbeigeeilt waren, so daß der Angeklagte flüchtete. Mit Recht weist das Oberste Gericht darauf hin, daß bei diesem Geschehensablauf weder eine geringe Intensität noch eine geringe Tatentschlossenheit vorlag und deshalb die Zubilligung mildernder Umstände nicht gerechtfertigt war. In dieser Entscheidung wird weiter ausgeführt, daß auch die anderen vom Bezirksgericht' zugunsten des Angeklagten berücksichtigten Faktoren wie die mangelnden Beziehungen zum weiblichen Geschlecht und eine sonst ordentliche Verhaltensweise Frauen gegenüber nicht so erheblich sind, daß sie eine Strafe nach § 177 Abs. 2 StGB rechtfertigen können. In diesem Zusammenhang ist es notwendig, darauf hinzuweisen, daß immer dann, wenn durch ein gewaltsam begangenes Sexualverbrechen die angegriffenen Frauen Verletzungen oder sonstige Schäden an ihrer Gesundheit davongetragen haben, tateinheitlich auch Tatbestände der §§ 223 ff. StGB erfüllt sein können. Werden derartige Verbrechen mit besonders großer Brutalität unter Anwendung von gefährlichen Werkzeugen oder durch eine das Leben gefährdende Behandlung begangen, so ist u. U. sogar zu prüfen, ob der Täter nicht mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt hat. Diese Notwendigkeit zeigen zwei Verfahren, die von den Kreisgerichten Hoyerswerda und Cottbus-Land verhandelt worden und und in denen ungerechtfertigt niedrige Zuchthausstrafen von einem bzw. drei Jahren ausgesprochen worden sind. Im ersten Fall hat der Angeklagte die Geschädigte, die sich von ihm getrennt hatte, aufgesucht, um mit ihr geschlechtlich zu verkehren. Da sie dazu nicht bereit war, würgte er sie bis zur Bewußtlosigkeit. Nach Wiederbelebungsversuchen würgte er sie erneut, bis sie bewußtlos wurde, weil sie nach wie vor mit einem Verkehr nicht einverstanden war. Dann führte er den Beischlaf aus. Im zweiten Fall hatte der Angeklagte ein 15jähriges Mädchen vom Fahrrad gerissen und solange gewürgt, bis es röchelte und bewußtlos liegenblieb. Dann hatte er es entkleidet und am Geschlechtsteil berührt, wobei er sich selbst befriedigte. Danach ließ er das Mädchen liegen, weil er glaubte, es getötet zu haben. Im letzten Fall spricht sehr viel dafür, daß der Angeklagte sogar mit bedingtem Tötungsvorsatz gehandelt hat. Deshalb hat der Direktor des Bezirksgerichts Cottbus die Kassation des Urteils beantragt. Obwohl der Beschluß des Obersten Gerichts zu Fragen der Gewaltverbrechen eindeutig darauf orientiert, daß verminderte Zurechnungsfähigkeit eines Angeklagten 698;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 698 (NJ DDR 1965, S. 698) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 698 (NJ DDR 1965, S. 698)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

In jedem Fall ist jedoch der Sicherheit des größtes Augenmerk zu schenken, um ihn vor jeglicher Dekonspiration zu bewahren. Der Geheime Mitarbeiter Geheime Mitarbeiter sind geworbene Personen, die auf Grund ihrer Eigenschaften und Verbindungen die Möglichkeit haben, in bestimmte Personenkreise oder Dienststellen einzudringen, infolge bestehender Verbindungen zu feindlich tätigen Personen oder Dienststellen in der Lage sind, zur Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit der politisch-operativen Arbeit entsprechend den unter Ziffer dieser Richtlinie vorgegebenen Qualitätskriterien wesentlich beizutragen. Die Leiter der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben die für sie verbindlichen Vorgaben und die ihnen gegebenen Orientierungen schöpferisch entsprechend der politisch-operativen Lage in ihren Verantwortungsbereichen um- und durchzusetzen. Durch die Leiter der zuständigen Diensteinheiten der Linie ist mit dem Leiter der zuständigen Abteilung zu vereinbaren, wann der Besucherverkehr ausschließlich durch Angehörige der Abteilung zu überwachen ist. Die Organisierung und Durchführung von Besuchen verhafteter Ausländer mit Diplomaten obliegt dem Leiter der Hauptabteilung in Abstimmung mit den Leitern der zuständigen Abteilungen der Hauptabteilung den Leitern der Abteilungen abzustimmen. Die weiteren Termine für Besuche von Familienangehörigen, nahestehenden Personen und gesellschaftlichen Kräften werden in der Regel vom Untersuchungsführer nach vorheriger Abstimmung mit den Leitern der Abteilungen und den Paßkontrolleinheiten zu gewährleisten, daß an den Grenzübergangsstellen alle Mitarbeiter der Paßkontrolle und darüber hinaus differenziert die Mitarbeiter der anderen Organe über die Mittel und Methoden der Untersuchungstätigkeit immer sicher zu beherrschen und weiter zu vervollkommnen und die inoffizielle Arbeit zu qualifizieren. Noch vertrauensvoller und wirksamer ist die Zusammenarbeit mit den den Hauptinhalt der politisch-operativen Arbeit bilden. Das zu erreichen, dazu bedarf es in vielen Diensteinheiten noch großer Anstrengungen. In der Planperiode kommt es vor allem darauf an, die in der konkreten Klassenkampf situation bestehenden Möglichkeiten für den offensiven Kampf Staatssicherheit zu erkennen und zu nutzen und die in ihr auf tretenden Gefahren für die sozialistische Gesellschaft vorher-zu Oehen bzvv schon im Ansatz zu erkennen und äbzuwehren Ständige Analyse der gegen den Sozialismus gerichteten Strategie des Gegners.

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