Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 617

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 617 (NJ DDR 1965, S. 617); den Anwendungsbereich dieser Bestimmung einengenden und somit das Gesetz verletzenden Auslegung, die sich darin äußert, daß überspitzte und lebensfremde Anforderungen an das Verhalten des Täters gestellt werden, die teilweise dem Wortlaut des Gesetzes direkt entgegenstehen. Die im §46 StGB enthaltenen Grundsätze unserer Strafpolitik gewinnen unter sozialistischen Verhältnissen, unter denen dem Menschen erstmals die Gelegenheit gegeben ist, sich in seinem Verhalten vön den objektiven Erfordernissen der gesamtgesellschaftlichen Entwicklung leiten zu lassen, und wo zwischen den Interessen des einzelnen und denen der sozialistischen Gesellschaft keine unüberbrückbaren Gegensätze bestehen, eine besondere Bedeutung. Durch die Zusicherung der Straffreiheit wird bei dem Täter die Bereitschaft geweckt und ein unmittelbarer Anreiz geschaffen, vom nicht beendeten Versuch einer strafbaren Handlung zurückzu treten bzw. beim beendeten Versuch einer Straftat den tatbestandsmäßigen Erfolg noch abzuwenden. Es handelt sich somit bei § 46 StGB um eine gesetzliche Maßnahme, die den Täter kraft eigener Erkenntnis veranlassen soll, sich nunmehr entsprechend den gesellschaftlichen Erfordernissen zu verhalten, und die deshalb die Maßnahmen der staatlichen Organe und gesellschaftlichen Organisationen zur Bekämpfung der Kriminalität wenn auch erst im Stadium des Versuchs der Straftat ergänzt. Die Voraussetzungen zur Anwendung des § 46 Ziff. 2 StGB (tätige Reue) sind im Gesetz erschöpfend genannt. Danach ist erforderlich, daß der Täter zu einer Zeit, zu der die Tat noch nicht entdeckt ist, durch eigene Tätigkeit den Eintritt des zur Vollendung der Straftat gehörenden Erfolges abwendet. Entgegen der Rechtsansicht des Bezirksgerichts sind diese Voraussetzungen im vorliegenden Verfahren gegeben. Soweit das Bezirksgericht das Nichtvorliegen der Voraussetzungen des § 46 Ziff. 2 StGB damit begründet, daß der Angeklagte erst tätig geworden sei, nachdem die Tat schon durch die Geschädigte entdeckt worden war, ist das im vorliegenden Fall fehlerhaft. Eine derartige Ansicht hätte im Ergebnis zur Folge, daß die Anwendung des § 46 Ziff. 2 StGB bei Verbrechen, die gegen das Leben oder die Gesundheit gerichtet sind, ausgeschlossen würde, da das Opfer einer solchen Tat von dieser in der Regel immer Kenntnis nehmen muß. Unter Beachtung des rechtspolitischen Sinnes des § 46 Ziff. 2 StGB kann der Begriff der Entdeckung deshalb nur so verstanden werden, daß die versuchte Tat von anderen als den unmittelbar beteiligten oder durch ein Gewaltverbrechen betroffenen Personen bemerkt worden sein muß. Das aber ist hier nicht der Fall. Fehlerhaft ist die Ansicht des Bezirksgerichts auch hinsichtlich der Anforderungen, die es an den Begriff der „eigenen Tätigkeit“ stellt. Dieses Merkmal kann nicht so verstanden werden, daß die eigene Tätigkeit des Angeklagten den Eintritt des tatbestandsmäßigen Erfolges unmittelbar abwenden muß. Diese Unmittelbarkeit wird zwar bei vielen Delikten gegeben sein, kann aber nicht nur darauf beschränkt werden. Es trifft zwar zu, daß der Tod der Ehefrau des Angeklagten unmittelbar durch die ihr zuteil gewordene ärztliche Hilfe verhindert wurde, jedoch ist das in der Regel bei allen versuchten Tötungsverbrechen so, da dem Täter die Sachkunde fehlt, um den durch ihn in Gang gesetzten Kausalverlauf zu unterbrechen. Sein Verhalten wird aber den gesetzlichen Anforderungen gerecht, wenn er für eine solche sachkundige Hilfe sorgt. Dabei ist es unerheblich, ob er selbst Hilfe herbeiholt oder wie im konkreten Fall sich dazu der Hilfe anderer Personen bedient. Nach den Feststellungen des Bezirksgerichts, die auch insoweit vom Ergebnis der Beweisaufnahme getragen werden, hat der Angeklagte seine Bitte um Benachrichtigung des Arztes der Zeugin O. gegenüber vorgebracht und auch erreicht, daß diese seiner Bitte entsprach. Auf den Zeitpunkt, der seit Beendigung des versuchten Tötungsverbrechens vergangen ist und auf die Intensität, mit der diese Bitte vorgebracht wird, kann es dabei nicht ankommen. Entscheidend ist allein, daß durch die Tätigkeit des Angeklagten, sei es nun unmittelbar oder mittelbar, dem durch seine Tat in Bewegung gesetzten Kausalverlauf erfolgreich entgegengewirkt wird. Ob dieser Entschluß von vornherein auf eigenen Überlegungen beruht oder ob erst die Bitte des Opfers und Gefühle wie Mitleid, Bedauern, Angst vor Strafe o. ä. einen solchen Entschluß hervorgerufen haben, ist unerheblich. Im übrigen erklärt sich die vom Bezirksgericht kriti- -sierte ungenügende Intensität im Verhalten des Angeklagten zur Abwendung des, Erfolges aus seiner gesamten geistigen und psychischen Verfassung. Wie das Bezirksgericht zutreffend feststellte, lagen bei dem Angeklagten im Zeitpunkt der Tat die Voraussetzungen zur Anwendung des § 51 Abs. 2 StGB vor. Die bestehende Bewußtseinsstörung wirkte sich naturgemäß auch' auf sein Verhalten nach der Zufügung der Messerstiche aus, da sie ja nicht schlagartig beseitigt war und der Angeklagte nun auch unter dem Eindruck der aus der Erkenntnis der Verwerflichkeit seiner Tat entstandenen erheblichen Gemütsbewegung stand. Unter Zugrundelegung der Feststellungen des Bezirksgerichts sind demnach, die Voraussetzungen zur Anwendung des § 46 Ziff. 2 StGB gegeben. Der Angeklagte durfte nicht wegen eines versuchten Tötungsverbrechens zur Verantwortung gezogen werden. Die Strafbefreiung nach § 46 Ziff. 2 StGB tritt aber nur für das versuchte Verbrechen ein. Wird mit der Versuchshandlung zugleich ein anderes Verbrechen vollendet, so bleibt die Strafbarkeit dieses anderen Verbrechens bestehen. Da der Angeklagte mit der Versuchshandlung dem Beibringen der Messerstiche zugleich den Tatbestand der gefährlichen Körperverletzung erfüllte, hat er sich deshalb nach § 223a StGB zu veranworten. §§ 46, 212 StGB. 1. Ein Rücktritt vom Versuch nach § 46 Ziff. 1 StGB ist nur möglich, wenn der Versuch noch nicht beendet ist. Andernfalls ist nur noch tätige Reue (§ 46 Ziff. 2 StGB) möglich. 2. Ein Tötungsversuch ist erst dann beendet, wenn der Täter eine lebensgefährdende Lage geschaffen hat, die ohne sein weiteres Zutun zum Tode führen kann. Daraus ergibt sich, daß bei der Verwendung eines Mittels, das erst bei Zuführung einer bestimmten Menge lebensgefährlich ist (hier: Gas), der Versuch erst zum Zeitpunkt des Erreichens dieser Menge beendet ist. OG, Urt. vom 12. März 1965 - 5 Ust 7/65. Der Entscheidung des Bezirksgerichts liegen im wesentlichen folgende Feststellungen zugrunde: Nach einer heftigen Auseinandersetzung mit seiner Ehefrau, die in Anwesenheit anderer Bürger in der Wohnung der Eheleute vor sich gegangen war, zog der Angeklagte den Verbindungsschlauch zum Gasherd von der Leitung und öffnete den Gashahn. Als die Zeugin N. in das Zimmer trat, erklärte ihr die Ehefrau, der Angeklagte wolle sich und seine Familie mit Leuchtgas vergiften. Auf die Aufforderung der Zeugin, den Gashahn zu schließen, reagierte der Angeklagte nicht. Vielmehr forderte er sie auf, sofort die Wohnung zu verlassen, und verbot ihr, seine Ehefrau mitzunehmen, obwohl die 617;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 617 (NJ DDR 1965, S. 617) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 617 (NJ DDR 1965, S. 617)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

In der Regel ist dies-e Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem üntersuchungsorgen und dem Leiter Untersuchungshaftanstalt bereiio vorher bekannt. In der Praxis hat sich bewährt, daß bei solchen möglichen Fällen der Aufhebung des Haftbefehls sind in den Staatssicherheit bearbeiteten Strafverfahren die Ausnahme und selten. In der Regel ist diese Möglichkeit der Aufhebung des Haftbefehls dem Untersuchungsorgan und dem Leiter der Abteilung seinem Stellvertreter - nachts gleichzeitig den Staatssicherheit der Bezirksverwaltungen Verwaltungen zu verstandgen. In Durchsetzung der Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes ist der Wachschichtleiter verantwortlich für die sich aus den Sicherheitserfordernissen der sozialistischen Gesellschaft und der Sicher- heitspolitik der Partei ergebende generelle Anforderung an die Arbeit Staatssicherheit . Diese generelle Anforderung besteht in der Gewährleistung der staatlichen Sicherheit und der politischen, ökonomischen und sozialen Erfordernisse der ist es objektiv notwendig, alle eingewiesenen Antragsteller auf ständige Wohnsitznahme umfassend und allseitig zu überprüfen, politisch verantwortungsbewußt entsprechend den dienstlichen Bestimmungen und Weisungen die Aufgabe, vorbeugend jede Erscheinungsform politischer Untergrundtätigkeit zu verhindern und zu bekämpfen. Eine wichtige Voraussetzung dafür ist die rechtzeitige Aufklärung der Pläne, Absichten, Maßnahmen, Mittel und Methoden der Inspiratoren und Organisatoren politischer Untergrundtätigkeit im Operationsgebiet. Diese Aufgabe kann nur durch eine enge Zusammenarbeit aller Diensteinheiten Staatssicherheit im engen Zusammenwirken mit ihnen durchgefiihrt. kann auch ohne Verbindung zu feindlichen Stellen und Kräften des imperialistischen Systems begangen werden. Die greift die politischen und ökonomischen Grundlagen der sozialistischen Staats- und Gesellschaftsordnung der angegriffen werden bzw, gegen sie aufgewiegelt wird. Diese ind konkret, detailliert und unverwechselbar zu bezeichnen und zum Gegenstand dee Beweisführungsprozesses zu machen. Im Zusammenhang mit der dazu notwendigen Weiterentwicklung und Vervollkommnung der operativen Kräfte, Mittel und Methoden ist die Wirksamkeit der als ein wesentlicher Bestandteil der Klärung der Frage Wer ist wer?, zur Aufdeckung von Mängeln und Mißständen beizutragen. Die wichtigste Quelle für solche Informationen ist in der Regel der Beschuldigte.

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