Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 598

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 598 (NJ DDR 1965, S. 598); SIEGFRIED WITTENBECK, Richter am Obersten Gericht Rechtsmittelverhandlung vor erweiterter Öffentlichkeit Durch die Verhandlung vor erweiterter Öffentlichkeit sollen einem größeren, oftmals speziell ausgewählten und in vielen Fällen sachkundigen Zuhörerkreis die Ergebnisse des Verfahrens vermittelt werden. Die Verhandlung vor erweiterter Öffentlichkeit dient zugleich der Erziehung der Zuhörer, die dazu veranlaßt werden sollen, die in der Hauptverhandlung gewonnenen Erkenntnisse in ihrem Arbeitsbereich bzw. Wohnbezirk durchzusetzen1. Es hat sich gezeigt, daß diese Form der Gerichtsverhandlung auch besonders geeignet ist, die Ergebnisse des Verfahrens in die Leitungstätigkeit anderer staatlicher Organe und gesellschaftlicher Organisationen zu übertragen. Sie kann deshalb u. U. eine wirksamere Methode als die nachträgliche Auswertung des Verfahrens oder die Berichterstattung darüber in der Presse sein. Diese Überlegungen gelten sowohl für das Verfahren erster Instanz als auch für das Rechtsmittelverfahren. Die gesellschaftliche Wirksamkeit eines Rechtsmittel-veffahrens vor erweiterter Öffentlichkeit wird dann am größten sein, wenn der Rechtsmittelsenat eine eigene Beweisaufnahme vornimmt. Die Zuhörer können sich intensiv mit den vielfältigen Problemen des Verfahrens befassen. Dennoch kann eine Rechtsmittelverhandlung vor erweiterter Öffentlichkeit auch ohne eine eigene Beweisaufnahme erforderlich sein, z. B. wenn der Angeklagte entgegen dem Ergebnis des Verfahrens erster Instanz ohne weitere Beweiserhebungen freigesprochen werden muß und wenn das Gericht erster Instanz ebenfalls vor erweiterter Öffentlichkeit verhandelt hat. Der 2. Strafsenat des Obersten Gerichts hat beispielsweise die seiner Entscheidung vom 4. April 1964 2 Ust 29/63 (NJ 1964 S. 282) vorausgehende Verhandlung ohne eigene Beweisaufnahme in Jena durchgeführt. In diesem Fall waren die Angeklagten in Verkennung des grundsätzlichen Problems der Verantwortung des Investitionsbauleiters für den Gesundheitsund Arbeitsschutz auf Invest-Baustellen vom Bezirksgericht verurteilt worden. Der 2. Strafsenat hat vor Arbeitern und leitenden Mitarbeitern mehrerer Großbetriebe verhandelt und die Probleme des Verfahrens in einem sich an die Rechtsmittelverhandlung anschließenden Forum ausgewertet. In der Regel ist aber die Verhandlung vor erweiterter Öffentlichkeit nur bei einer eigenen Beweisaufnahme des Rechtsmittelsenats sinnvoll. Die Möglichkeiten zur Durchführung solcher Verhandlungen werden insoweit durch den Ausnahmecharakter der eigenen Beweisaufnahme (§ 289 Abs. 4 StPO), d. h. letztlich durch den Überprüfungscharakter des Rechtsmittelverfahrens, eingeschränkt. Das ist auch unter dem Gesichtspunkt der den Senaten obliegenden Leitungsfunktion richtig, weil es nicht darauf ankommt, eine Vielzahl von Einzelfällen nach eigener Beweisaufnahme selbst rechtskräftig abzuschließen, sondern darauf, an Hand besonders geeigneter Verfahren den nachgeordneten Gerichten die Methoden der* Vorbereitung, Durchführung und Auswertung von Verhandlungen vor erweiterter Öffentlichkeit zu demonstrieren. Für die Entscheidung der Frage, ob eine Rechtsmittelverhandlung vor erweiterter Öffentlichkeit durchzuführen ist, sind folgende Kriterien zu beachten: 1. Das erstinstanzliche Gericht hat ebenfalls vor erweiterter Öffentlichkeit verhandelt, und es sind wesent- 1 Vgl. hierzu auch Feistkorn, „Verhandlung vor erweiterter Öffentlichkeit“, NJ 1964 S. 101 ff., und Schlegel, „Zur gesellschaftlichen Wirksamkeit des Jugendstrafverfahrens“, NJ 1965 S. 530 ff. liehe Mängel in der Verhandlung oder in der Entscheidung auf ge treten. Das trifft insbesondere für die Fälle zu, in denen der Senat entgegen dem Ergebnis des Verfahrens erster Instanz den Angeklagten möglicherweise freizusprechen oder zu verurteilen oder anstelle einer unbedingten Strafe eine bedingte oder umgekehrt auszusprechen hat. 2. Das erstinstanzliche Gericht hat nicht vor erweiterter Öffentlichkeit verhandelt, obwohl dies angesichts der Bedeutung und des Charakters des Verfahrens notwendig gewesen wäre. Die Rechtsmittelverhandlung vor erweiterter Öffentlichkeit wird in diesen Fällen vor allem dann erforderlich sein, wenn die erstinstanzliche Entscheidung im Arbeits- oder Wohn-bereich des Verurteilten nicht die erforderliche gesellschaftliche Wirksamkeit erzielt hat. 3. Der Rechtsmittelsenat will mit seiner Entscheidung neue, wichtige Probleme aufgreifen und verbindlich entscheiden2 3. Im Verfahren gegen den Sicherheitsinspektor R. hat der 2. Strafsenat des Obersten Gerichts die Verhandlung vor erweiterter Öffentlichkeit im VEB Waggonbau B. durchgeführt und sich dabei von folgenden Gesichtspunkten leiten lassen2: Das Bezirksgericht hatte in erster Instanz die Verhandlung ebenfalls im Betrieb durchgeführt; das Ergebnis des Verfahrens wurde von der Beweisaufnahme nicht getragen; die Rechtsauffassung des Bezirksgerichts über die Verantwortung des Sicherheitsinspektors für bestimmte Bereiche des Brandschutzes entsprach nicht den gesellschaftlichen Erfordernissen und konnte was für den Rechtsmittelsenat von vornherein erkennbar war nicht bestätigt werden; Hauptverhandlung und Urteil erster Instanz hatten bewirkt, daß in dem Betrieb das Vertrauen der Werktätigen zur Tätigkeit der Rechtspflegeorgane beeinträchtigt war. So wurde u. a. die Auffassung vertreten, daß jeder leitende Mitarbeiter, insbesondere aber der Sicherheitsinspektor und der Hauptbrandschutzverantwortliche, ohne Rücksicht auf eigenes Verschulden in jedem Falle des Eintritts schädlicher Folgen mit einer gerichtlichen Verfolgung und Bestrafung zu rechnen hätte. Zur Vorbereitung einer Rechtsmittelverhandlung vor erweiterter Öffentlichkeit ist es grundsätzlich erforderlich, daß sich der Senat rechtzeitig vor dem Termin durch eine Aussprache mit Werktätigen und leitenden Funktionären (z. B. Betriebsleiter, BGL und Parteileitung) mit der konkreten Situation in dem betreffenden Bereich vertraut macht, in dem er die Verhandlung durchführen will. So ist es z. B. bei der Durchführung von Verfahren in ökonomischen Bereichen wegen Verletzung der Bestimmungen des Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutzes, der Wirtschaftsstrafverordnung usw. notwendig, sich durch das Studium der technischen, technologischen und arbeitsorganisatorischen Bedingungen die zur Verhandlung und Entscheidung erforderliche Sachkunde anzueignen. Das ist in diesen Fällen besonders wichtig, weil sich Mängel in der Sachkunde des Gerichts, das meistens vor einem sachkundigen Zuhörerkreis verhandelt, nachteilig auf die gesellschaftliche Wirksamkeit des Verfahrens auswirken können. In bestimmten Fällen wird es vor einer 2 vgl. z. B. das Urteil des Obersten Gerichts vom 4. April 1964 - 2 Ust 29/63 - (NJ 1964 S. 282). 3 Urteil vom 9. Juli 1965 2 Ust 14/64 (nicht veröffentlicht). 598;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 598 (NJ DDR 1965, S. 598) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 598 (NJ DDR 1965, S. 598)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Der Leiter der Untersuchungshaftanstalt kann auf Empfehlung des Arztes eine Veränderung der Dauer des Aufenthaltes im Freien für einzelne Verhaftete vornehmen. Bei anhaltend extremen Witterungsbedingungen kann der Leiter der Untersuchungshaftanstalt seine Bedenken dem Weisungserteilenden vorzutragen und Anregungen zur Veränderung der Unterbringungsart zu geben. In unaufschiebbaren Fällen, insbesondere bei Gefahr im Verzüge, hat der Leiter der Untersuchungshaftanstalt seine Bedenken dem Weisungserteilenden vorzutragen und Anregungen zur Veränderung der Unterbringungsart zu geben. In unaufschiebbaren Fällen, insbesondere bei Gefahr im Verzüge, hat der Leiter der Untersuchungshaftanstait seine Bedenken dem Weisungserteilenden vorzutragen und Anregungen zur Veränderung der Unterbringungsart zu geben. Ir, unaufschiebbaren Fällen, insbesondere bei Gefahr im Verzüge, hat der Leiter der Untersuchungshaftanstalt ein wirksames Mittel zur Kontrolle über die Einhaltung aller gesetzlichen Vorschriften und Fristen, die im Zusammenhang mit der Verhaftung und Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt auf der Grundlage der Hausordnung über ihre Rechte und Pflichten zu belehren. Die erfolgte Belehrung ist aktenkundig zu machen. Inhaftierte Personen unterliegen bei der Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt auf der Grundlage der Hausordnung über ihre Rechte und Pflichten zu belehren. Die erfolgte Belehrung ist aktenkundig zu machen. Inhaftierte Personen unterliegen bei der Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt auf der Grundlage der Hausordnung über ihre Rechte und Pflichten zu belehren. Die erfolgte Belehrung ist aktenkundig zu machen. Inhaftierte Personen unterliegen bei der Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt verfügten und diei linen bei Besuchen mit Familienangehörigen und anderen Personen übergeben wurden, zu garantieren. Es ist die Verantwortung der Diensteinheiten der Linie muß stiärker darauf gerichtet sein, durch eine qualifizierte Untersuchungsarbeit noch wesentlich mehr Erkenntnisse über den konkreten Sachverhalt und seine Zusammenhänge zu anderen, über die Täterpersönlichkeit, die Ursachen und begünstigenden Bedingungen für feindliche Handlungen, politisch-operativ bedeutsame Straftaten, Brände, Havarien, Störungen politisch operativ bedeutsame Vorkommnisse sowie von Mängeln, Mißständen im jeweiligen gesellschaftlichen Bereich umfassend aufzudecken.

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