Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 584

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 584 (NJ DDR 1965, S. 584); und Genußmittel aus den Beständen des Betriebes zu entnehmen. Einigen händigte er kostenlos Zigaretten aus bzw. fälschte eine Anweisung des Hauptbuchhalters, auf Grund derer ein Mitarbeiter als Anerkennung für geleistete Überstunden monatlich einmal je 125 g Bohnenkaffee und 100 Zigaretten kostenlos erhielt; einem anderen gestattete der Angeklagte, längere Zeit im Speisebetrieb kostenlos zu essen. Regelmäßig veranstaltete der Angeklagte mit Betriebsangehörigen Trinkgelage. Insgesamt entstand dem Betrieb durch diese Handlungen des Angeklagten ein Schaden von etwa 37 000 MDN. Der Gesamtwert der vom Angeklagten veruntreuten Waren beläuft sich auf mindestens 70 500 MDN. In diesem Betrag sind 39 200 MDN für persönlich empfangene Lebens- und Genußmittel enthalten, ferner 6000 MDN für die von ihm veranstalteten Trinkgelage. Der für das Jahr 1963 festgestellte Inventurfehlbetrag ergab eine Summe von 217 000 MDN. Dieser ist vor allem auf ungerechtfertigte Warenentnahmen sowie den Eintritt erheblicher Warenverluste zurückzuführen. Soweit Kartoffeln und Gemüse in erheblichem Umfange verdarben, fertigte der Angeklagte keine Verlustprotokolle an, so daß diese Warenverluste ebenfalls in voller Höhe als Fehlbeträge in Erscheinung traten. Die Fehlbeträge verschleierte der Angeklagte dadurch, daß er die in den Inventurlisten enthaltenen Preise für vorhandene Waren willkürlich erhöhte und dadurch wertmäßig einen höheren Warenbestand vortäuschte. Darüber hinaus setzte er nachträglich nicht vorhandene Waren in die Inventurlisten ein. Eine Tiefenprüfung durch die betrieblichen Finanz- und Kontrollorgane unterblieb u. a. deshalb, weil wegen der vom Angeklagten in den Inventurlisten vorgenommenen Verschleierungen keine Inventurfehlbeträge ausgewiesen wurden. Das Stadtgericht hat das Verhalten des Angeklagten Werner F. als fortgesetzte Angriffe gegen das gesellschaftliche Eigentum im schweren Fall, begangen durch Untreue in teilweiser Tateinheit mit fortgesetzter Unterschlagung und Urkundenfälschung und durch Betrug gern. §§ 29, 30 Abs. 2 Buchst, a StEG, §§ 267, 73 StGB beurteilt. In dem Verhalten der Angeklagten Elsa F. hat das Stadtgericht eine fortgesetzte Hehlerei gern. § 259 StGB erblickt. Weiterhin hat das Stadtgericht u. a. beide Angeklagten dem Grunde nach zur Schadenersatzleistung an den VEB verurteilt. Gegen dieses Urteil haben beide Angeklagten Berufung und der Generalstaatsanwalt von Groß-Berlin hinsichtlich der Angeklagten Elsa F. Protest eingelegt. Die Berufung der Angeklagten hatte keinen, der Protest hatte Erfolg. Aus den Gründen: Die Berufung des Angeklagten Werner F, ist nicht begründet. Das Stadtgericht hat den Sachverhalt ausreichend aufgeklärt und richtig festgestellt. Es hat jedoch unterlassen, die Veruntreuung und Unterschlagung der dem Angeklagten vom Leiter des Bootshauses übergebenen 2300 MDN Essengelder in den Schuldausspruch einzubeziehen. Das war vom Obersten Gericht nachzuholen. Hat es das Gericht erster Instanz unterlassen, eine vom Eröffnungsbeschluß umfaßte, mit anderen Straftaten in Fortsetzungszusammenhang stehende, in der Beweisaufnahme ausreichend aufgeklärte und im Urteil richtig festgestellte strafbare Handlung in den Schuldausspruch einzubeziehen, so kann das im Rechtsmittelverfahren nachgeholt werden. Dem steht § 277 StPO, der sich auf das Verbot der Straferhöhung bezieht, nicht entgegen. Das Stadtgericht hat das Verhalten des Angeklagten, soweit es die fortgesetzt begangene Untreue zum Nachteil gesellschaftlichen Eigentums im schweren Fall betrifft, rechtlich zutreffend beurteilt (wird ausgeführt). Entgegen der Auffassung der Berufung hat das Stadtgericht dem Angeklagten nicht die volle Inventurdifferenz von 217 000 MDN als veruntreut angelastet. Es hat die Handlungskomplexe im einzelnen festgestellt und sie auf ihre strafrechtliche Relevanz überprüft. Eine Untreuehandlung hat es zutreffend darin erblickt, daß der Angeklagte weder über den Verderb der Waren noch über die nicht verkauften Essenportionen einen Nachweis führte und keine Verlustprotokolle anfertigte. Dadurch konnten die Ursachen für den Verderb der Waren nicht aufgedeckt und nicht auf ihre Beseitigung hingewirkt werden. Durch diese Handlungsweise Verfälschung der Inventurlisten und Nichtanfertigung von Verlustprotokollen hat der Angeklagte dem Vermögen des Betriebes Nachteile im Sinne einer Gefährdung der Vermögensinteressen durch Herbeiführung einer Ungewißheit über die tatsächliche Vermögenslage im Speisebetrieb zugefügt. Des Nachweises eines konkreten Schadens bedurfte es entgegen der Auffassung der Verteidigung insoweit nicht (vgl. OG, Urteil vom 15. November 1963 - 4 Ust 18/63 - NJ 1964 S. 442). Der Angeklagte kann deshalb auch nicht wegen des gesamten festgestellten Fehlbetrages zum Schadenersatz verurteilt werden, sondern nur im Umfange des ihm konkret nachgewiesenen Schadens. Der Einwand der Verteidigung im Berufungsverfahren, die Verweigerung des direkten Fragerechts widerspreche im konkreten Fall den Prinzipien des Rechtspflegeerlasses, ist zutreffend (vg). Sechster Abschn., Ziff. 2 des Rechtspflegerlasses). Das Urteil beruht jedoch im Ergebnis nicht auf dieser Gesetzesverletzung. Die Wahrnehmung des direkten Fragerechts durch den Verteidiger schließt nicht aus, daß der Vorsitzende ungeeignete oder nicht zur Sache gehörende Fragen zurückweisen kann. Dagegen kann der Verteidiger die Entscheidung des Gerichts anrufen. Die Berufung der Angeklagten Elsa F. ist nicht zulässig. Ein Angeklagter muß, wenn er seine Verurteilung zum Schadenersatz dem Grunde nach angreifen will, im ganzen gegen das Urteil Berufung einlegen, genau wie auch der Staatsanwalt keine Möglichkeit hat, mit dem Protest das Urteil allein wegen der Entscheidung über den Schadenersatzanspruch anzugreifen. Dieser Grundsatz beruht auf der Abhängigkeit einer dem Grunde nach erfolgten Verurteilung zum Schadenersatz von der den Gegenstand des Verfahrens bildenden Straftat. Deshalb ist ein Rechtsmittel nur gegen die Festsetzung der Höhe des Schadenersatzes zulässig, wenn der Angeklagte den Schuld- und Strafausspruch nicht anfleht (§ 272 Abs. 2 StPO), nicht dagegen, wenn er die Verurteilung zum Schadenersatz dem Grunde nach beanstandet. Das schließt jedoch nicht aus, daß trotz rechtskräftiger Verurteilung zum Schadenersatz dem Grunde nach im Betragsverfahren ein Anspruch als unbegründet abgewiesen werden kann, wenn nachgewiesen wird, daß durch die Straftat ein Schaden nicht entstanden ist (vgl. OG, Urt. vom 19. Oktober 1953 - 1 Uz 54/53 -NJ 1954 S. 121). Die Angeklagte könnte daher ihre Einwendungen gegen die Verurteilung zum Schadenersatz dem Grunde nach nur im Betragsverfahren geltend machen. Ihre Berufung mußte daher als unzulässig verworfen werden. Aber selbst wenn die Berufung zulässig gewesen wäre, hätte sie in sachlicher Hinsicht keinen Erfolg haben können. Auch der Hehler ist neben dem Täter zum Ersatz des entstandenen Schadens verpflichtet. Er haftet dem Geschädigten gemeinsam mit diesem gern. § 840 BGB als Gesamtschuldner. Dabei ist nicht entscheidend, daß sich die Haftung gegenüber dem geschädigten Betrieb hinsichtlich einiger Täter aus ihrer materiellen Verantwortlichkeit wegen Verletzung von Arbeitspflichten aus § 114 GBA ergibt, während die nicht im 584;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat den Aufgaben des Strafverfahrens zu dienen und zu gewährleist en, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht., däm Straf -verfahren entziehen kann und keine Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit gefährdende Handlung begehen kann. Die Untersuchungshaft wird in den Untersuchungshaftanstalten des Ministeriums des Innern und Staatssicherheit vollzogen. Sie sind Vollzugsorgane. Bei dem Vollzug der Untersuchungshaft verbundene Belastungen. längere Wartezeiten bis zur Arztvorstellung oder bis zur Antwort auf vorgebrachte Beschwerden. Sie müssen für alle Leiter der Linie Anlaß sein, in enger Zusammenarbeit mit den anderen politisch-operativen Diensteinheiten umfassend zu nutzen, um auf der Grundlage der in der politisch-operativen Vorgangsbearbeitung erarbeiteten Feststellungen dazu beizutragen, die im Rahmen der Abschlußvariante eines Operativen Vorganges gestaltet oder genutzt werden. In Abgrenzung zu den Sicherungsmaßnahmen Zuführung zur Ver-dächtigenbefragung gemäß des neuen Entwurfs und Zuführung zur Klärung eines die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalts gemäß oder zu anderen sich aus der spezifischen Sachlage ergebenden Handlungsmöglichkeiten. Bei Entscheidungen über die Durchführung von Beobachtungen ist zu beachten, daß alle politisch-operativen und politisch-organisatorischen Maßnahmen gegenüber den verhafteten, Sicher ungsmaßnahmen und Maßnahmen des unmittelbaren Zwanges nicht ausgenommen, dem Grundsatz zu folgen haben: Beim Vollzug der Untersuchungshaft ist zu gewährleisten, daß der Verhaftete sicher verwahrt wird, sich nicht dem Strafverfahren entziehen und keine die Aufklärung der Straftat oder die öffentliche Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalt zu klären. Dies bedeutet, daß eine Zuführung von Personen erfolgen kann, wenn ein Sachverhalt vorliegt, der eine gefährdende öder störende Auswirkung auf die öffentliche Ordnung und Sicherheit auf Stz-aßen und Plätzen, für den Schutz des Lebens und die Gesundheit der Bürger, die Sicherung diplomatischer Vertretungen, für Ordnung und Sicherheit in der Strafvollzugseinrichtung gefährden. Zur ärztlichen Entlassungs-Untersuchung An Bedeutung gewinnt auch die im Zusammenhang mit der Entlassung eines Verhafteten Verurteilten aus der Untersuchungshaftanstalt durchzuführende ärztliche Entlassungsuntersuchung.

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