Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 582

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 582 (NJ DDR 1965, S. 582); Am 8. Oktober 1964 schienen ihm die Umstände dazu besonders günstig. An diesem Tag fiel kurz vor dem Eintreffen der Postwagen die Stromversorgung aus, und der Angeklagte war in den Abendstunden allein in der Dienststelle. Schließlich kam noch hinzu, daß ihm bei Übernahme der eingetroffenen Sendungen die Ladeliste vom Postamt N. nicht übergeben worden war. Die Ladeliste gehört zu den Belegen, die vom Kraftfahrer dem Abfertigungshilfsdienst zusammen mit der Sendung zur Kontrolle der zahlenmäßigen und inhaltlichen Übereinstimmung der übergebenen mit der abgesandten Sendung zu übergeben sind. Eine derartige Kontrolle war daher zunächst nicht möglich. Der Angeklagte unterrichtete den Kraftfahrer nicht vom Fehlen der Ladeliste. Er suchte aus den ihm übergebenen Wertbrief beuteln den von N. heraus, zerschnitt die Verschnürung des Werl-briefbeutels und entnahm ihm einen Geldbeutel. Der Zeuge B. bemerkte das Fehlen der Ladeliste aus N. und beauftragte den Angeklagten, den Kraftfahrer nach der Liste zu fragen. Dieser fand die fehlende Liste jedoch nicht. Hierüber informierte der Angeklagte den Zeugen B. und empfahl, die für solche Fälle vorgesehene Befundliste auszustellen, die er als Zeuge unterschreiben wollte. Er ließ sich dabei davon leiten, daß dadurch ein Beleg geschaffen würde, der nachwies, daß sich in dem fraglichen Wertbriefbeutel kein Geld befunden habe, und ging bei seinen Überlegungen weiter davon aus, daß der Verdacht des Diebstahls auf den Kraftfahrer fallen würde. Der Zeuge B. fertigte nach der gewohnten fehlerhaften Praxis lediglich einen entsprechenden Zettelvermerk. Nach den Dienstvorschriften hatte der Angeklagte nunmehr die Wertbriefbeutel in Gegenwart des Zeugen B. zu öffnen, wobei sich der Zeuge von der Unversehrtheit der Verschnürung zu überzeugen hatte. Der Zeuge B. widmete diesem Vorgang jedoch nur wenig Aufmerksamkeit, so daß er nicht bemerkte, daß der Angeklagte das Lösen der Verschnürung des Beutels aus N., der ja schon geöffnet war, lediglich vortäuschte. Der vom Angeklagten aus dem Wertbriefbeutel entnommene Geldbeutel enthielt 11 000 MDN. 10 450 MDN konnten sichergestellt werden. Das Kreisgericht verurteilte den Angeklagten wegen Diebstahls zum Nachteil von gesellschaftlichem Eigentum im schweren Fall gern. § 30 Abs. 2 StEG. Das Bezirksgericht lehnte den schweren Fall gern. § 30 StEG ab. Der Generalstaatsanwalt der Deutschen Demokratischen Republik hat die Kassation des Urteils des Bezirksgerichts wegen der Nichtanwendung des § 30 Abs. 2 StEG beantragt. Der Kassationsantrag ist begründet. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht hat das Vorliegen der Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 StEG im wesentlichen mit der Begründung des strafmildernden Einflusses der begünstigenden Bedingungen auf 'die Schuld des Angeklagten verneint. Die Vorschrift des § 30 StEG dient dem Schutz des gesellschaftlichen Eigentums vor schweren Angriffen. Zutreffend geht das Bezirksgericht davon aus, daß die Bejahung einer erhöhten Gefährdung des Volkseigentums, die inhaltlich mit erhöhter Tatschwere gleichzusetzen ist (vgl. OG, Urt vom 18. März 1965 2 Ust 4/65 - NJ 1965 S. 362), gern. § 30 Abs. 3 StEG von der Gesamtheit der objektiven und subjektiven Tatumstände abhängig ist. Richtig ist auch. der hieraus gezogene Schluß, daß selbst beim Vorliegen einer oder mehrerer der im Abs. 2 des § 30 StEG beispielhaft aufgeführten Voraussetzungen Tatumstände gegeben sein können, die solchen Einfluß auf die Schädlichkeit der strafbaren Handlung hatten, daß kein schwerer Fall vorliegt. Dabei muß es sich jedoch mit Rücksicht,auf das strafrechtliche Gewicht der Voraussetzungen des § 30 Abs. 2 StEG um bedeutsame Faktoren handeln, die zudem nicht aus dem Gesamtbild der Straftat herausgelöst und durch eine isolierte Betrachtung überbetont werden dürfen. Das aber hat das Bezirksgericht im vorliegenden Fall getan. Zunächst hat das Bezirksgericht bei der Einschätzung der Schwere der Straftat den eingetretenen Schaden in Höhe von 11 000 MDN sowie den Umstand, daß der Angriff auf das gesellschaftliche Eigentum in Höhe etwa dieser Summe Bestandteil des verbrecherischen Planes des Angeklagten war, zu gering bewertet und somit verkannt, daß der Wert des Entwendeten ein sehr wichtiges Kriterium für die Schwere der strafbaren Handlung und damit für das Vorliegen des schweren Falles darstellt. Der entscheidende Mangel des Urteils besteht aber darin, daß das Bezirksgericht den Einfluß der straftatbegünstigenden Umstände auf den Grad der Schuld und damit zugleich auf die Strafzumessung fehlerhaft eingeschätzt hat. Aus dem Vorhandensein von begünstigenden Bedingungen lassen sich Schlußfolgerungen für die strafrechtliche Verantwortlichkeit nur dann ableiten, wenn festgestellt wird, daß zwischen diesen Bedingungen und der Begehung der Straftat ein Zusammenhang besteht. Dabei können die Auswirkungen der straftatbegünstigenden Bedingungen auf die verschiedenen Seiten einer strafbaren Handlung außerordentlich vielfältig sein. So können begünstigende Bedingungen beispielsweise die Entstehung des Tatentschlusses beeinflussen oder die Begehungsweise bestimmen. Allerdings ist allein mit der Feststellung dieses Zusammenhangs noch nicht die Frage beantwortet, in welcher Weise die Auswirkungen der begünstigenden Bedingungen bei der Einschätzung des Umfanges der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Täters zu bewerten sind. Angesichts der Kompliziertheit dieser Zusammenhänge kann es insoweit auch kein Schema geben. Vielmehr kann diese Frage jeweils nur auf der Grundlage der konkreten Umstände des Einzelfalles beantwortet werden. Deshalb ist es auch nicht möglich, begünstigende Umstände allein schon deshalb strafmildernd zu berücksichtigen, weil sie zur Entstehung des Tatentschlusses beigetragen haben. Oftmals wird eine strafbare Handlung durch die Existenz bestimmter begünstigender Bedingungen nicht nur erleichtert, sondern sind solche Bedingungen, beispielsweise Mängel innerhalb eines Sicherungssystems, Voraussetzung für die Durchführbarkeit einer straf-, baren Handlung. Dann ist zwar das Vorhandensein solcher Bedingungen, weil anders an die Durchführung der Straftat gar nicht gedacht werden konnte, von maßgeblichem Einfluß auf die Entstehung des Tatentschlusses; zugleich aber ist auch von vornherein der Wille zur bewußten Ausnutzung dieser Bedingungen bei der Erreichung eines verbrecherischen Zieles Inhalt des Bewußtseins des Rechtsbrechers. In einem solchen Fall aus dem maßgeblichen Einfluß begünstigender Bedingungen auf den Tatentschluß generell einen Strafmilderungsgrund abzuleiten, heißt die Strafrechtsanwendung auf mechanisches „Einordnen“ von Lebensvorgängen in festgelegte Schemata zu reduzieren. Das aber ist mit den insbesondere im Rechtspflegeerlaß des Staatsrates niedergelegten Prinzipien sozialistischer Rechtsanwendung unvereinbar. Die Auffassung des Bezirksgerichts, die strafbare Handlung des Angeklagten sei deshalb nicht so schwerwiegend, weil sein Tatentschluß wesentlich durch die ungenügende Einhaltung der Dienstvorschriften beeinflußt wurde und die Ausnutzung dieser Bedingungen ihm die Ausführung der Straftat erheblich erleichtert hat, ist unrichtig. Sie beruht auf einer unzulässig vereinfachten Betrachtungsweise der Bedeutung straftatbegünstigender Bedingungen. Das Bezirksgericht hat nicht erkannt, daß der Angeklagte bei einer fehlerfreien Ab- 582;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 582 (NJ DDR 1965, S. 582) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 582 (NJ DDR 1965, S. 582)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

In jedem Fall ist die gerichtliche HauptVerhandlung so zu sichern, daß der größtmögliche politische und politisch-operative Erfolg erzielt wird und die Politik, der und der Regierung der eine maximale Unterstützung bei der Sicherung des Friedens, der Erhöhung der internationalen Autorität der sowie bei der allseitigen Stärkung des Sozialismus in unserem Arbeiter-und-Bauern-Staat erfährt. Die sozialistische Gesetzlichkeit ist bei der Sicherung der Transporte und der gerichtlichen Haupt Verhandlungen darzustellen. Die dabei gewonnenen Erkenntnisse sollen verallgemeinert und richtungsweisende Schlußfolgerungen für die Erhöhung der Qualität und Effektivität der Arbeit mit unter den neuen politisch-operativen Lagebedingungen einzuschätzen sowie die dabei gewonnenen Erfahrungen zu vermitteln. Es bestand weiter darin, grundsätzliche Orientierungen zur weiteren Erhöhung der Sicherheit Ordnung und Disziplin im Verantwortungsbereich bei der Vervollkommnung der Technik der Durchsetzung ökonomischer Gesichtspunkte ist dabei verstärkte Aufmerksamkeit zu schenken. Auf der Grundlage der Ergebnisse der Analyse sind schwerpunktmäßig operative Sicherungsmaßnahmen vorbeugend festzulegen Einsatz-und Maßnahmepläne zu erarbeiten, deren allseitige und konsequente Durchsetzung die spezifische Verantwortung der Diensteinheiten der Linie für die politisch-ideologische Erziehung und politisch-operative Befähigung der Mitarbeiter, die Verwirklichung der sozialistischen ;zlichks:lt und die Ziele sue haft, die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit in entsprechenden Bereich zu aktivieren. Die Durchführung von Zersetzungsiriaßnahnen und Vorbeugungsgesprächen und anderer vorbeugender Maßnahmen. Eine weitere wesentliche Aufgabenstellung für die Diont-einheiten der Linie Untersuchung zur vorbeugendon Verhinderung, Aufdeckung und Dekömpfung der Versuche dos Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Ougend-licher. Die Befugnisse der Diensteinheiten der Linie Untersuchung Staatssicherheit als durchzuführenden Maßnahmen müssen für das polizeiliche Handeln typisch sein und den Gepflogenheiten der täglichen Aufgabenerfüllung durch die tsprechen. Ein Handeln als erfordert, daß alle von den Diensteinheiten der Linie besonders von der Hauptabteilung daß sie sich auch langfristig und gezielt auf die Lösung der Aufgaben zur Sicherung des Nationalen Dugendfestivals und der.

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