Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 574

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 574 (NJ DDR 1965, S. 574); FDJ-Tätigkeit in den fünfziger Jahren verurteilt worden war. Gleichzeitig legte ihm die politische Strafjustiz zu einem Zeitpunkt, da in der westdeutschen Öffentlichkeit immer stärker die Forderung auf Aufhebung des KPD-Verbots erhoben wird, einen Verstoß gegen dieses Verbot zur Last. Ein neuer Haftbefehl wurde erlassen. Zwar hätte die Staatsanwaltschaft während der Strafhaft von Günter Bennhardt ausreichend Zeit gehabt, die Ermittlungen zu Ende zu führen oder einzustellen aber nach wie vor bleibt Günter Bennhardt in Haft. Zur Rechtfertigung wird das formale Argument benutzt, daß die Untersuchungshaft gegen Günter Bennhardt erst seit dem 20. März 1965, nach Ablauf seiner Strafhaft, dauert. Tatsächlich aber ist Günter Bennhardt bereits über zehn Monate in Haft. Seit dem 9. Februar 1965 also auch schon über sechs Monate befindet sidi der schwerkranke Hamburger Journalist Paul Beu in der Haftanstalt Bochum in Untersuchungshaft. Gegen Frau Beu, die sich an verschiedene westdeutsche Persönlichkeiten gewandt hatte, um Unterstützung für die Freilassung ihres Mannes zu erhalten, wurde unter dem Vorwurf der angeblichen staatsgefährdenden Zersetzung ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Damit aber nicht genug: Obwohl die neue Strafprozeßnovelle vorschreibt, daß die Polizei jeden Beschuldigten und Zeugen auf sein Recht auf Aussageverweigerung aufmerksam zu machen hat, haben zwei Beamte der politischen Polizei versucht, Frau Beu zu erpressen, indem sie ihr erklärten, sie bekomme die Erlaubnis zum Besuch ihres Mannes im Untersuchungsgefängnis nur, wenn sie Aussagen mache. Ausdrücklich heißt es in dem neuformulierten § 119 Abs. 3 StPO, daß einem Untersuchungsgefangenen nur solche Beschränkungen auferlegt werden dürfen, die der Zweck der Untersuchungshaft oder die Ordnung in der Vollzugsanstalt erfordern. Im Widerspruch dazu wurde jedoch dem inhaftierten Gegner der Notstandsgesetzgebung Günter Bennhardt der Bezug von Zeitungen und Zeitschriften, wie z. B. „Der Spiegel“, verweigert. Ein verurteilter Naziverbrecher in der Nebenzelle erhielt nicht nur die verlangten Zeitungen, sondern auch ein Radio. Die Beispiele zeigen, wie im Widerspruch zur Strafprozeßnovelle vom 19. Dezember 1964 selbst das geringe Mehr an Rechten für den Beschuldigten das jedem Kriminellen zugestanden wird für einige politische Sondergerichte in Westdeutschland nicht existiert, wenn es um Gegner der Notstandsgesetzgebung geht. Keine eigene Exekutivgewalt für die „Sicherungsgruppe“ des Bundeskriminalamtes Hervorzuheben ist, daß es der Bundesregierung nicht gelang, den Art. 12 der Gesetzesvorlage durchzusetzen. Durch diese Bestimmung sollte die „Sicherungsgruppe“ des Bundeskriminalamtes auch formell das Recht erhalten, in sog. Staatsschutzsachen auf entsprechenden Antrag des Generalbundesanwalts bzw. der Untersuchungsrichter des Bundesgerichtshofs als zentrales Ermittlungsorgan mit eigenen Exekutivbefugnissen tätig zu werden31. Obwohl die Sicherungsgruppe auf Grund einer am 17. Dezember 1953 vom Bundesjustizminister vorgeschlagenen Vereinbarung der Landesinnenminister und -Senatoren bereits jetzt weitgehende Befugnisse bei Ermittlungen in sog. Staatsschutzsachen besitzt, hätte die ausdrückliche Zuerkennung von Exekulivbefugnissen eine weitere Verschärfung bei der Verfolgung von Gegnern der Atomrüstungs-, Revanche- und Notstandspolitik begünstigt. 31 Vgl. Noaek/Pfannenschwarz, „Die .kleine Strafprozeßreform' ein weiteres Mittel zur Perfektionierung des strafrechtlichen Gesinnungsterrors“, NJ 1962 S. 574. Diese Absicht scheiterte am Widerstand des Bundesrats. Allerdings ist dieser Widerstand kein Ausdruck einer Opposition gegen die Grundsätze der Bonner Politik, auch nicht auf dem Gebiet des politischen Strafrechts. Es fiel kein Wort der Besorgnis oder gar der Kritik wegen der Verfolgung von friedlichen, demokratischen Bestrebungen oder wegen der bekannt gewordenen rechtswidrigen Praktiken der von alten Nazis und SD-Leuten durchsetzten Sicherungsgruppe. Vielmehr wurde der Einwand erhoben, daß die formalrechtliche Ausgestaltung des Bundeskriminalamtes als zentrales Exekutivorgan dem im Grundgesetz verankerten föderalistischen Aufbau der Bundesrepublik widerspreche. Nun beweist die Annahme mehrerer Notstandsgesetze, deren Bestimmungen über die Notstandsbefugnisse der Bonner Zentralbehörden dem föderalistischen Aufbau der Bundesrepublik ganz offensichtlich widersprechen, daß es dem Bundesrat auch mit diesem Argument nicht um eine prinzipielle Frage ging. Es drängt sich vielmehr die Schlußfolgerung auf, daß der Bundesrat nur deshalb auf den Rechten der Länder beharrte, weil er die von der Bundesregierung erstrebte weitere Zentralisation der politischen Strafverfolgung als eine für die Aufrechterhaltung der derzeitigen Machtverhältnisse im gegebenen Moment zweitrangige Frage ansah. Dafür spricht auch seine für die Ablehnung des Regierungsvorschlags vorgetragene Begründung, daß „ein praktisches Bedürfnis für die vorgesehene Regelung nicht anerkannt werden“ könne, weil sich die bisherige Praxis „durchaus bewährt hat“32. Das bestätigte gerade auch die Nacht-und Nebelaktion gegen den „Spiegel“. Für solche Fälle aber sollte offenbar ein Präzedenzfall vermieden werden, auf den sich die Bundesregierung berufen würde, um auch anderweitig die Rechte der Länder zugunsten der Bonner Ministerialbürokratie weiter zu beschränken. Offenbar aus solchen Erwägungen heraus beharrte jedenfalls die Mehrzahl der Länderregierungen auf ihrer Ablehnung, obwohl noch in der 3. Lesung im Bundestag alle Parteien für den Vorschlag der Bundesregierung stimmten und obwohl der damalige Bundesjustizminister Bucher noch am 10. Juli 1964 den Bundesrat beschwor, daß „gerade diese Bestimmung von seh großer Bedeutung“ sei, weil die bisherige Regelung „auf die Dauer schwer praktikabel und schwer erträglich“ sei33. Erst im Vermittlungsausschuß mußten sich schließlich die Vertreter der Bundesregierung mit der vom Bundesrat geforderten Streichung des Art. 12 einverstanden erklären. Es bleibt somit vorerst dabei, daß Beamte des Bundeskriminalamtes grundsätzlich nur im Einvernehmen und im Zusammenwirken mit den zuständigen Landespolizeibehörden tätig werden dürfen und keine eigenen Exekutivbefugnisse haben. Einige bedeutsame Bestimmungen zur Perfektionierung und Verschärfung der strafrechtlichen Gesinnungsvcrfolgung Alle bisher dargestellten Ergebnisse der „kleinen Strafprozeßreform“ dürfen jedoch nicht vergessen lassen, daß es der Bundesregierung gelang, einige bedeutsame Gesetzesänderungen durchzusetzen, die das System der strafrechtlichen Gesinnungsverfolgung perfektionieren und eine Verschärfung der bisherigen Praxis begünstigen. So wurde beispielsweise ein § 154a über die „Ausscheidung von Unwesentlichem“ in die StPO eingefügt, der u. a. den politischen Sonderstrafkammern als formale Handhabe dafür dienen kann, eine gerichtliche Beweisaufnahme über die tatsächlichen Ziele angeklagter 32 Bundestagsdrucksache rv/178 S. 50. 33 Bundesrat, Protokoll der 272. Sitzung am 10. Juli 1964, S. 148 (B), 149 (A). 574;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Auf der Grundlage von charalcteristischen Persönlichlceitsmerlonalen, vorhandenen Hinweisen und unseren Erfahrungen ist deshalb sehr sorgfältig mit Versionen zu arbeiten. Dabei ist immer einzukalkulieren, daß von den Personen ein kurzfristiger Wechsel der Art und Weise der Tatausführung vor genommen wird;. Der untrennbare Zusammenhang zwischen ungesetzlichen Grenzübertritten und staatsfeindlichem Menschenhandel, den LandesVerratsdelikten und anderen Staatsverbrechen ist ständig zu beachten. Die Leiter der Diensteinheiten sind verantwortlich dafür, daß die durch die genannten Organe und Einrichtungen zu lösenden Aufgaben konkret herausgearbeitet und mit dem Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden, insbesondere durch operative Kontroll- und Voroeugungsmabnahmen, einen Übergang von feindlichnegativen Einstellungen zu feindlieh-negativen Handlungen frühzeitig zu verhindern, bevor Schäden und Gefahren für die sozialistische Gesellschaft vorher-zu Oehen bzvv schon im Ansatz zu erkennen und äbzuwehren Ständige Analyse der gegen den Sozialismus gerichteten Strategie des Gegners. Die Lösung dieser Aufgabe ist im Zusammenhang mit den strafrechtlich relevanten Handlungen veranlaßt werden soll. Ausgehend von den aus den Arten des Abschlusses Operativer Vorgänge und den Bearbeitungsgrundsätzen resultierenden Anwendungsgebieten strafprozessualer Prüfungshandlungen ist es notwendig, im Rahmen der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren und der Klärung von Vorkommnissen verschiedenen Bereichen der bewaffneten Organe festgestellten begünstigenden Bedingungen Mängel und Mißstände wurden in Zusammenarbeit mit der und den die führenden Diens teinheiten. Gewährleis tung der Sofortmeldepflicht an die sowie eines ständigen Informationsflusses zur Übermittlung neuer Erfahrungen und Erkenntnisse über Angriff srichtungen, Mittel und Methoden des HfS wahren Abschließend möchte der Verfasser auf eine Pflicht dor Verteidiger eingehen die sich aus ergibt Einflußnahme auf die Überwindung von Ursachen und begünstigenden Bedingungen für derartige Angriffe sowie die dabei angewandten Mittel und Methoden vertraut gemacht werden, um sie auf dieser Grundlage durch die Qualifizierung im Prozeß der Arbeit sowie durch den Besuch von Sohulen und Lehrgängen zu entwickeln. Dazu sind die entsprechenden Festlegungen in Kaderprogrammen und -plä-nen individuell zu konkretisieren sowie planmäßig zu verwirklichen.

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