Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 555

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 555 (NJ DDR 1965, S. 555); Gegen diese Entscheidung hat der Angeklagte Berufung eingelegt. Mit ihr wird das Vörliegen der Voraussetzungen des § 4 JGG bestritten. Die Berufung hatte keinen Erfolg. Aus den Gründen: Das Bezirksgericht hat die Frage, ob die Voraussetzungen des § 4 JGG auf den Jugendlichen zutreffen, verantwortungsbewußt geprüft und ist seiner Verpflichtung zur umfassenden Persönlichkeitserforschung und Aufklärung aller in diesem Zusammenhang bedeutsamen Umstände gerecht geworden. Es hat dabei der besonderen Übergangssituation des Jugendalters, in der sich oft tiefgreifende Veränderungen psychischer Art vollziehen, die das Erfassen bestimmter Anforderungen und ein demgemäßes Verhalten beeinträchtigen können, Rechnung getragen und die Verantwortungsreife des Jugendlichen an Hand seines Gesamtentwick-lungsstandes unter dem Aspekt der zur Verurteilung stehenden Straftat umfassend geprüft. Zur besseren und sachkundigeren Beurteilung dieses komplizierten, vielfach sehr widerspruchsvollen Reifeprozesses hat es zu Recht die Hilfe von Sachverständigen in Anspruch genommen, mit deren gutachtlichen Darlegungen es sich in überzeugender Weise auseinandergesetzt hat. Es ist gerechtfertigt, daß sich das Gericht der in der Hauptverhandlung vorgetragenen Auffassung des Sachverständigen, es sei nicht mehr zweifelsfrei zu klären, ob zur Zeit der Tat die Voraussetzungen für die Anwendung des § 4 JGG Vorgelegen haben, nicht angeschlossen hat. Wie das Bezirksgericht richtig erkannt hat, bildet sich die Verantwortungsreife eines jungen Menschen in einem komplizierten vielseitigen Wechselprozeß, der die auf den Jugendlichen einwirkenden Umwelteinflüsse sowie charakterliche Eigenschaften umfaßt, dessen bestimmende Akzente durch die sozialistischen Lebensbedingungen gesetzt werden. Die Verantwortungsreife findet ihren Ausdruck im geistigen und sittlichen Gesamtentwicklungsstand eines Jugendlichen, der ein Gradmesser für die Fähigkeit zum einsichtsgemäßen Verhalten ist. Das Bezirksgericht ist zu Recht davon ausgegangen, daß der Angeklagte aus der 7. Klasse der polytechnischen Oberschule entlassen und vorwiegend von seiner Großmutter in geordneten Verhältnissen erzogen wurde. Er verfügt, in Übereinstimmung mit den Ausführungen des Sachverständigen, über ein durchschnittliches Intelligenzniveau und ist gleichermaßen hinsichtlich seines allgemeinen Lebenswissens befähigt. Bei praktischen Aufgaben geht er überlegt und umsichtig zu Werke. Er ist intellektuell durchaus in der Lage, die ihm durch die sozialistische Erziehung, insbesondere durch die Schule und die soziale Umwelt, vermittelten Wertnormen zu erfassen und sich an bestimmte Mindestanforderungen der Gesellschaft zu halten. Dies ergibt sich aus seinem gesamten Verhalten vor der strafbaren Handlung. Er verhielt sich ruhig und zurückhaltend, ordnete sich in seinen Arbeits- und Lebensbereich ein und zeigte keine solchen psychischen Auffälligkeiten, die eine Annahme, er sei nicht in der Lage, die Gefährlichkeit der von ihm begangenen Straftat einzusehen, rechtfertigen könnten. Nach seinen eigenen Einlassungen hat er sich vorher niemals geschlagen, da man das nicht dürfe. Wenn mit der Berufung in Zweifel gestellt wird, daß infolge einer zwischen Tatzeit und psychologischer Untersuchung erfolgten Nachreife eine tatbezogene Prüfung der Verantwortungsreife des Angeklagten möglich sei, so ist dies auch unter Berücksichtigung des konkreten Tatgeschehens nicht begründet. Auf Grund der entwicklungsbedingten und tatbezogenen Umstände ergibt sich, daß der Angeklagte nach seiner geistigen und sittlichen Entwicklung reif genug war, die Gefährlichkeit seiner Handlung nicht nur zu erkennen, sondern auch über genügend Willenskräfte verfügte, von der Tat zu lassen und sich gesellschaftsgemäß zu verhalten. Dem steht auch nicht entgegen, daß bei dem Angeklagten eine Erweiterung der Hirnkammer als Folge einer frühkindlichen Hirnschiidigung vorliegt, die auf psychischem Gebiet ursächlich für die vom Sachverständigen dargelegten Störungen ist. Diese sind, wie sich aus dem schriftlichen Gutachten ergibt, nicht derartig ausgeprägt bzw. schwerwiegend und insbesondere auch nicht entwicklungsbedingt, daß sie zu einer Verneinung- der Voraussetzungen des § 4 JGG führen könnten. Durch die Anwendung des § 51 Abs. 2 StGB wurde der durch die organische Hirnschädigung hervorgerufenen verminderten Zurechnungsfähigkeit des Angeklagten Rechnung getragen. Ausgehend von dem Grundsatz im Jugendstrafverfahren, einen einheitlichen Erziehungsprozeß zu gewährleisten, hat das Bezirksgericht nach § 25 JGG unter Einbeziehung der früheren Entscheidung eine Einheitsstrafe gebildet. Dabei hat es übersehen, daß dieses Einheitsprinzip der Strafenbildung zur Sicherung des Erziehungsprozesses nicht für den Ausnahmefall des § 24 JGG gilt. Der Jugendliche E. ist vom Kreisgericht W. wegen fortgesetzter versuchter Notzucht in Tateinheit mit gewaltsamer Unzucht unter Anwendung der Vorschriften des allgemeinen Strafrechts zu einer Zuchthausstrafe verurteilt worden, während er im vorliegenden Verfahren nach den Vorschriften des Jugendgerichtsgesetzes zur Verantwortung zu ziehen war. Hier findet der Anwendungsbereich des Prinzips der Einheitsstrafenbildung seine Grenze, da es zu einer ungerechtfertigten Aufhebung der für das schwere Delikt ausgesprochenen Zuchthausstrafe führt, sofern in vorliegendem Falle die Einheitsstrafe in Freiheitsentzug nach dem JGG besteht. Eine solche Strafpraxis beeinträchtigt die repressive Wirkung der nach. § 24 JGG ausgesprochenen Strafe und hebt die allgemeine erzieherische Wirkung dieser schwerwiegenden Strafe insbesondere auf den Rechtsverletzer auf. Es ist aber auch nicht möglich, eine Zuchthausstrafe als nachträglich gebildete Einheitsstrafe auszusprechen, da bei Gefangenenmeuterei und Körperverletzung, die den Gegenstand des gegenwärtigen Verfahrens bilden, nicht das Erwachsenenstrafrecht angewendet wird. Wäre dies der Fall, käme eine Einheitsstrafe nach § 25 JGG ohnehin nicht in Betracht, sondern die Strafzumessungsregeln der §§ 73, 74 StGB. Die Entscheidung des Bezirksgerichts verletzt durch die Einbeziehung des früheren Urteils das Jugendgerichtsgesetz und war daher im Strafausspruch gemäß § 312 Abs. 2 StPO aufzuheben. Erster Abschnitt, IV, E, Ziff. 1 und 2 des Rechtspflegeerlasses; § X StEG; § 223 StGB. 1. Zum Ausschluß der bedingten Verurteilung bei Körperverletzungen, die wegen ihrer Schwere (Gefährlichkeit der Gewalttätigkeiten, rowdyhafte Begehung u. a.) eine strengere staatliche Reaktion zum Schutze der Bürger vor Angriffen auf ihre Gesundheit erfordern. 2. Es ist Aufgabe der Gerichte, den am Strafverfahren teilnehmenden Kollektiven der Werktätigen zu helfen, Klarheit über die Schwere der von einem ihrer Mitglieder begangenen Straftat und über die erforderliche staatliche Reaktion zu gewinnen, damit die Kollektive ihre Verantwortung für die künftige Erziehung ihrer Mitglieder erkennen und ihre Kraft auf die Beseitigung verbrechensbegünstigender Umstände richten können. Das gilt in besonderem Maße dann, wenn ein Kollektiv auf Grund einer falschen Einschätzung der Tat eine bedingte Verurteilung beantragt. OG, Urt. vom 6. Juli 1965 - 5 Zst 8/65. 555;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 555 (NJ DDR 1965, S. 555) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 555 (NJ DDR 1965, S. 555)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

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