Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 545

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 545 (NJ DDR 1965, S. 545); des Obersten Gerichts ebenfalls gern. § 176 Abs. 1 Ziff. 3 StGB zur Verantwortung zu ziehen. 4. Auch der Grad der Intensität der Einwirkung auf das Kind durch unzüchtige Äußerungen ist zu beachten. Das Oberste Gericht hat ihn im konkreten Fall trotz der sehr drastischen Äußerungen als so gering eingeschätzt, daß es dem Täter mildernde Umstände einräumte. Da aber der dafür angeführte objektive Grund kurzer Zeitraum der Einwirkung bei derartigen Handlungen der Regelfall ist, müßten also auch in der Regel mildernde Umstände zugebilligt werden. In der Praxis würde sich dann das Strafmaß in den meisten Fällen innerhalb des in § 185 StGB vorgesehenen Strafrahmens bewegen, obwohl das Oberste Gericht der Meinung ist, daß die Bestimmungen zum Schutze der Ehre der Gefährlichkeit unzüchtiger Äußerungen nicht gerecht werden. 5. Unzüchtige Äußerungen, die ihrem Charakter nach der Erziehung der Jugend abträglich sind, müssen selbstverständlich strafrechtlich verfolgt werden. Bei der Würdigung ihrer Schädlichkeit sind allerdings im konkreten Fall eine Reihe weitererUmstände zu berücksichtigen, die oftmals überhaupt erst eine reale Einschätzung des Geschehens ermöglichen, z. B. der Entwick-lungs- und Reifegrad des geschädigten Kindes oder Jugendlichen, die konkrete Tatsituation (und in diesem Die vorstehenden Bemerkungen zum Urteil des Obersten Gerichts vom 27. November 1964 vermögen nicht zu überzeugen. Eine unzulässige Ausweitung des Begriffs der unzüchtigen Handlung in der Entscheidung des 5. Strafsenats kann nicht damit begründet werden, daß Schwierigkeiten bei der Abgrenzung von strafbaren zu nicht strafbaren Äußerungen bestehen. Solche Beweisschwierigkeiten ergeben sich auch bei anderen Delikten. Außerdem läßt sich bei objektiv unzüchtigen körperlichen Berührungen das Vorliegen einer unzüchtigen Handlung im Sinne des § 176 Abs. 1 Ziff. 3 StGB keineswegs immer allein aus dem Charakter des objektiven Tatverlaufs ableiten. Maßgeblich kann nur sein, ob ein bestimmtes Verhalten geeignet ist, das Scham- und Sittlichkeitsgefühl der Werktätigen zu verletzen, wobei u. E. ein subjektives Kriterium, wie wollüstige Absicht, geschlechtliche Absicht oder sexuell betonte Motivierung, hinzutreten muß. Nur so kann z. B. die unzüchtige Handlung von dem Berühren des Geschlechtsteils oder der weiblichen Brust zum Zwecke einer ärztlichen Untersuchung als nicht strafbare Handlung abgegrenzt werden. In diesem Zusammenhang hat Feix auf Überlegungen für die Gestaltung des neuen Strafgesetzbuchs hingewiesen und ausgeführt, daß dort ausnahmslos objektiv faßbare Begriffe, wie „sexuelle Handlungen“, „geschlechtliche Handlungen“ usw. vorgesehen seien. Diese Begriffe sind zwar konkreter und besser faßbar als der Begriff „unzüchtige Handlung“; es ist aber zweifelhaft, ob die Prüfung solcher Handlungen unter Ausklamme-rung eines subjektiven Kriteriums vorgenommen werden kann. Ich verweise auf das genannte Beispiel der ärztlichen Untersuchung. Das bloße äußere Bild des Verhaltens, z. B. das Berühren des Geschlechtsteils, kann bei einer strafbaren Handlung und einer nicht strafbaren Handlung völlig gleich sein und müßte in beiden Fällen als sexuelle oder geschlechtliche Handlung angesehen werden, wenn nicht über ein subjektives Kriterium eine Abgrenzung möglich wäre. Die weitere Schlußfolgerung von Feix, sofern das Vorliegen des subjektiven Kriteriums verlangt werde, müßte z. B. auch die sexuell betonte, sadistische Kindes- Zusammenhang natürlich auch das Motiv des Täters), die Persönlichkeit des Täters usw. Im täglichen Leben sind Fälle, in denen vor Kindern obszöne Redensarten geführt werden, leider noch recht häufig. Der überwiegende Teil gelangt aber überhaupt nicht zur Kenntnis der Strafverfolgungsorgane. Häufig schreiten Bürger von sich aus in solchen Fällen ein und führen dem Täter die Schädlichkeit seines Verhaltens vor Augen. Das zeugt nicht zuletzt vom Wachsen des sozialistischen Moralbewußtseins. In Übereinstimmung mit den gesellschaftlichen Entwicklungsbedingungen sollten daher Fälle, in denen Erwachsene Kinder und Jugendliche durch obszöne Redensarten belästigen, in zunehmendem Maße durch die gesellschaftlichen Rechtspflegeorgane geahndet werden. 6. Bei den Arbeiten am Entwurf des neuen Strafgesetzbuchs wurde bei der Formulierung des hier interessierenden Tatbestandes bewußt vom objektiven Tatbegriff ausgegangen und möglichst alles vermieden, was in dieser Hinsicht zu Irrtümern führen könnte, insbesondere solche kaum faßbaren Begriffe wie „woll-lüstige Absicht“. Es sind ausnahmslos objektiv faßbare Begriffe, wie „sexuelle Handlungen“, „geschlechtliche Handlungen“ usw., vorgesehen. Dr. GERHARD FEIX, wiss. Mitarbeiter am Institut für Kriminalistik der Humboldt-Universität Berlin mißhandlung als Sexualdelikt qualifiziert werden, trifft ebenfalls nicht zu. Die sexuelle Motivierung eines Verhaltens ergibt für sich allein keine unzüchtige Handlung, sondern das äußere Bild der Handlung selbst muß das Scham- und Sittlichkeitsgefühl der Werktätigen verletzen. Nur beides zusammen ergibt eine unzüchtige Handlung. Der 5. Strafsenat hat bewußt und zwar abweichend von der im Kassationsantrag und jetzt von Feix geäußerten Meinung ausgeführt, daß das Verhalten des Angeklagten in diesem Fall seinem Wesen nach keinen Angriff auf die Ehre des Kindes darstellt und daher nicht nach § 185 StGB als Beleidigung beurteilt werden kann. Seine Tat richtet sich so heißt es im Urteil gegen gesellschaftliche Verhältnisse, die die gesunde und normale sexuelle Entwicklung von Kindern schützen. Der Senat hat folglich die Anwendung des § 185 StGB vom Wesen her verneint, nicht deshalb, weil etwa vom Strafrahmen her „die Bestimmungen zum Schutze der Ehre der Gefährlichkeit unzüchtiger Äußerungen nicht gerecht werden“. Im übrigen stellt keineswegs eine Handlung, die aus bestimmten Gründen nicht als „unzüchtige Handlung“ angesehen werden kann, ohne weiteres eine Beleidigung dar. / Die Ausführungen des Senats über den Mißbrauch der sexuellen Neugier des Kindes sind nicht gemacht worden, um die Gefährlichkeit der Tat zu kennzeichnend sondern um die Tatbestandsmäßigkeit zu begründen, daß nämlich der Angeklagte das Kind zur „Duldung“ der unzüchtigen Reden „verleitet“ hat. Auch der Umstand, daß obszöne Redensarten gegenüber einem 13jäh-rigen Kind, nicht aber gegenüber einem 14jährigen Kind als Sittlichkeitsdelikt strafbar sein können, kann die Auffassung des Senats nicht widerlegen, weil diese Grenze im Gesetz festgelegt ist und auch dann gilt, wenn unsittliche Handlungen durch körperliche Berührung begangen wurden. Soweit es sich um ein Kleinkind handelt, dürfte es sofern es die unzüchtigen Redewendungen gar nicht erfassen konnte an dem Tatbestandsmerkmal der „Verleitung“ des Kindes zur „Duldung“ der unzüchtigen Äußerung fehlen. Übereinstimmung besteht mit Feix, daß unzüchtige Äußerungen, die der Erziehung der Jugend abträglich V 545;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

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