Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 533

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 533 (NJ DDR 1965, S. 533); Dozent Dr. rer. nat. Dr. med. habil. HANS SZEWCZYK, Oberarzt und Leiter der Abteilungen für Gerichtspsychiatrie und experimentell-klinische Psychologie an der Universitäts-Nervenklinik der Charite Voraussetzungen und Kriterien für die psychologischpsychiatrische Begutachtung jugendlicher Täter Mit der Pubertät, in der der Jugendliche biologisch die Fortpflanzungsreife erlangt und eine Veränderung seines Aussehens mit einem Wachstumsschub erfolgt, wächst er auch sozial stärker in die Gesellschaft hinein. Der Jugendliche erwirbt die Fähigkeit, die Wertnormen der Gesellschaft zu erkennen, sich selbständig Meinungen und Überzeugungen zu bilden sowie die von Elternhaus, Schule, Betrieb und seiner sonstigen Umwelt an ihn herangetragenen Wertnormen einander gegenüberzustellen und zu differenzieren. Dieser Prozeß der Verinnerlichung sozialer Wertnormen, den wir Interiorisation nennen, dauert eine Reihe von Jahren und wird je nachdem, ob die Wertnormen des Elternhauses mit denen der Gesellschaft übereinstimmen oder nicht, und abhängig davon, wie die Einflüsse auf den Jugendlichen aus anderen Bereichen sind, mit Spannungen oder Widersprüchen einhergehen. Dieser Prozeß des Hineinwachsens des Jugendlichen in die Gesellschaft ist Voraussetzung für die Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit in jedem Einzelfall. Die Begriffe des §4 JGG und ihre Voraussetzungen Die Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit jugendlicher Straftäter erfordert, daß die Persönlich-, keit in all ihren Teilabschnitten erfaßt wird1. Dementsprechend enthalten die einzelnen Begriffe des § 4 JGG lediglich Teilaspekte eines dialektischen Gesamten. Der Begriff „Reife", der in § 4 JGG enthalten ist, entspricht nicht dem heutigen Stand unserer Wissenschaft-*. Er ist statisch, geht also von einem zur Zeit erreichten Stand aus, umfaßt aber nicht die gesamte Entwicklung. Aus diesem Grunde sprechen wir in unseren Wissenschaften immer von „Entwicklung“. Dieser Begriff ist dynamisch und schließt das dialektische Ineinander von Persönlichkeit und Einwirkung der verschiedenen Bereiche der gesellschaftlichen Umwelt ein. Zum Begriff „geistige Reife" Mit dem Merkmal geistige Reife bezeichnet man die ausdifferenzierte intellektuelle Leistungsfähigkeit im Hinblick auf die konkrete Tat. Hierbei ist zu berücksichtigen, daß die intellektuelle Leistungsfähigkeit zur Tatzeit nicht immer im Einklang mit der ursprünglichen Begabung und dem Können steht. Mangelnder Antrieb, Depressionen und andere Faktoren können zu einer objektiv verringerten Leistungsfähigkeit bei ursprünglich guter Begabungsdisposition führen. Bei erheblichem Schulschwänzen und einem Mangel an Fleiß wird ebenfalls trotz guter Begabungsdisposition das Können, d. h. die Fertigkeiten des Jugendlichen, relativ gering sein. Entscheidend für die Beurteilung tier Straftat ist aber die intellektuelle Leistungs-fähigkeit, nicht das Ausmaß des erworbenen Wissens. Der Jugendliche muß in der Lage sein, sowohl -die Tat als solche in ihrem Handlungsablauf und ihren -Folgen als auch ihre Bedeutung für die Gesellschaft zu erkennen. Auch die Prüfung der Leistungsfähigkeit muß also tatbezogen sein. Kritik, Unterscheidungs- und Urteilsfähigkeit gehören l * 3 l Vgl. Szewczyk, „Künftige Aufgaben des Psychiaters ln der Rechtspflege“, in: Die Gerichtspsychiatrie in der neuen Rechtspflege, Jena 1964, S. 24 ff.; Szewczyk, „Vorschläge zu den Aufgaben des Arztes in der Strafrechtspflege“, NJ 1963 S. 239 ff. 3 Vgl. dazu Hartmann, „Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit Jugendlicher untrennbarer Bestandteil der Persönlichkeitserforschung“, NJ 1965 S. 476 ff. zur intellektuellen Leistungsfähigkeit. Sie sind im allgemeinen vorhanden, wenn die intellektuelle Leistungsfähigkeit durchschnittlich ist und keine pathologischen Bedingungen existieren. Die intellektuelle Leistungsfähigkeit ist hinsichtlich verschiedener Straftaten unterschiedlich zu beurteilen. Taten, die sich auf einen konkreten Gegenstand beziehen, wie Diebstahl, Körperverletzung usw., pflegen allgemein früher in ihrer gesellschaftlichen Bedeutung begriffen zu werden als Taten mit abstraktem Gegenstand, z. B. Untreue, Unterschlagung, Paßvergehen und Staatsverbrechen. Bei den letzteren muß die Bedeutung des Staates wirklich erkannt werden, was in der Entwicklung des Jugendlichen in der Regel erst einige Jahre nach dem Begreifen der Bedeutung eines Diebstahls geschieht. Der Entwicklungsstand der intellektuellen Leistungsfähigkeit läßt sich noch relativ einfach nachweisen. Bei Straftaten, die sich auf einen konkreten Gegenstand beziehen, wird man bei einem normalen Schulverlauf bereits bei einem 14jährigen mit dem Bestehen der „geistigen Reife“ rechnen können. Handelt es sich um Taten mit abstraktem Gegenstand, so muß geprüft werden, wieweit der Täter sich mit diesen Fragen beschäftigt hat und wieweit die Fähigkeit vorhanden war, in diesem Bereich zu selbständigen Ansichten zu gelangen. Zum Begriff „sittliche Reife“ Unter dem Begriff „sittliche Reife“ versteht man den Bereich, „der von außen, also von der Gesellschaft her, determinierten inneren Bedingungen des Verhaltens und der Entwicklung, die zu den persönlichkeitskonstituierenden Eigenschaften einer Person führen“ (Rubinstein), den Bereich der unterbewußten oder bewußten Einstellungen, Bereitschaften und Instanzen der Persönlichkeit, die von dem Normenkodex unserer Gesellschaft in spezifischer Weise geprägt werden und die Lenkung des Verhaltens im Sinne dieses Kodex allgemein garantieren kurz: den Bereich der sozial-kulturell bedingten Leitlinien des Verhaltens, der Haltungsstile und der Wertnormen der Gesellschaft. Sie bilden die Regeln des gesellschaftlichen Lebens, nach denen sich der Bürger bei allen seinen Handlungen richten soll, wobei er dies durchaus nicht in Form einer ständigen Auseinandersetzung mit den präzisierten Forderungen der Gesellschaft tut. Vielmehr sind ihm diese Forderungen gleichsam als Sitten und Gebräuche bekannt und anerzogen; sie leiten also gleichsam nebenbewußt sein Verhalten. Voraussetzung ist allerdings, daß die Entwicklung des Jugendlichen zu einer selbständigen Auseinandersetzung mit den Forderungen der Gesellschaft geführt hat, so daß er die Fähigkeit besitzt, sich der Gesellschaft gegenüber verantwortlich zu fühlen. Es sei daran erinnert, daß die Wertnormen eines Kindes weitestgehend von seinem Elternhaus abhängen bzw. in der Schulzeit von mehreren Bereichen der Geselschaft und der Jugendliche erst nach der Pubertät fähig ist, sich selbständig und konkret mit den Forderungen der Gesellschaft auseinanderzusetzen und diese als für sich verbindlich zu akzeptieren. Eine solche „sittliche Reife“ besteht z. B. nicht, wenn der 14jährige Jugendliche als Kind wegen des zerstrittenen häuslichen Milieus Aggressionen gegen das Elternhaus 5 33;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 533 (NJ DDR 1965, S. 533) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 533 (NJ DDR 1965, S. 533)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rück Verbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rah- inen der Absicherung des Reise-, Besucherund Trans tverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Spitzengeheimnisträger in staatlichen und bewaffneten Organen, in der Volkswirtschaft, in Forschungseinrichtungen einschließlich Universitäten und Hochschulen; Einschätzung der Wirksamkeit der politisch-operativen Aufklärung, Überprüfung und Kontrolle der Rück Verbindungen durch den Einsatz der GMS. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rah- inen der Absicherung des Reise-, Besucherund Trans tverkehrs. Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen !; Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer !j Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtun- nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspiration und ihrer Person erfolgen? Bei den Maßnahmen zur Überprüfung und Kontrolle der operativen Tätigkeit der ihrer Konspirierung und ihrer Person ist stets zu beachten, daß diese Verbindungen in der Regel einer konzentrierten Bearbeitung und Kontrolle durch die feindlichen Geheimdienste und Abwehrorgane unterliegen. Es ist deshalb zu sichern, daß die Auftragserteilung und Instruierung der noch stärker im Mittelpunkt ihrer Anleitung und Kontrolle vor allem gegenüber den mittleren leitenden Kadern steht.

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