Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 5

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 5 (NJ DDR 1965, S. 5); terien entspricht. Die Sozialpsychologie kennzeichnet nicht jede soziale Gruppierung als Kollektiv, sondern nur jene, die inhaltlich und organisatorisch nach der maximalen Realisierung der gesellschaftlichen Anforderungen strebt und deren Bezugssystem die Ideologie der Gesellschaft ist9. Unter einem Kollektiv im Sinne des Rechtspflegeerlasses sind u. E. unterschiedliche Gruppen, d. h. Hausgemeinschaften, Ständige Kommissionen, Wohnbezirksausschüsse der Nationalen Front, bestimmte Leitungskollektive, z. B. Meisterkollektive, also nicht nur sozialistische Arbeitskollektive, zu verstehen. Eine andere Auffassung würde den vielfältigen Gegebenheiten des gesellschaftlichen Lebens nicht Rechnung tragen und die gesellschaftliche Aktivität einschränken. Als Vertreter eines Kollektivs kann jedoch nicht derjenige bezeichnet werden, der von einer beliebigen, zufällig zustande gekommenen Personengruppe beauftragt wurde. Die Mitglieder des Kollektivs müssen den Beschuldigten aus dem täglichen Leben (Arbeit oder Freizeitgestaltung) kennen. Hat der Beschuldigte kurze Zeit vor dem Strafverfahren oder während dieser Zeit die Arbeitsstelle gewechselt, dann ist es in der Regel notwendig, daß sowohl aus dem bisherigen als auch aus dem neuen Arbeitsbereich Kollektivvertreter mitwir-ken. Die Auseinandersetzung sollte in dem Kollektiv geführt werden, das den Beschuldigten am besten kennt und die günstigsten Möglichkeiten der Einwirkung auf ihn besitzt. Ferner muß erreicht werden, daß die Entwicklung des Rechtsverletzers im Betrieb und im Wohngebiet behandelt und festgestellt wird, damit ein umfassendes Bild über sein Gesamtverhalten entsteht. Auf diese Notwendigkeit orientierte das Bezirksgericht Karl-Marx-Stadt in mehreren Entscheidungen, indem es mit Recht darauf hinwies, daß eine umfassende Einschätzung der Täterpersönlichkeit nur dann möglich ist, wenn das Verhalten des Angeklagten nicht nur im Betrieb, sondern auch in der Freizeit aufgeklärt wird. Die Forderung nach allseitiger Verwertung der Kenntnisse der gesellschaftlichen -Kräfte über die Tat und die Person des Angeklagten bedeutet jedoch nicht, daß an jedem Strafverfahren unbedingt zwei Kollektivvertreter je einer aus dem Arbeits- und dem Wohn-bereich auftreten müssen, wenngleich dies unter Berücksichtigung der Kenntnisse des Arbeitskollektivs und der Art des Delikts in manchen Fällen dennoch erforderlich sein kann. Es ist anzustreben, daß sich die Arbeitskollektive von sich aus auch um das Verhalten ihres gestrauchelten Mitglieds außerhalb des Betriebes kümmern. Das Zusammenwirken der gesellschaftlichen Kräfte aus dem Arbeitsbereich und dem Wohngebiet ist auch wegen der weiteren Erziehung des Verurteilten unumgänglich. Ein wirksamer Einfluß auf sein Verhalten in der Freizeit hat entscheidende Bedeutung, weil die überwiegende Anzahl der Straftaten nicht während des Arbeitsprozesses oder im Zusammenhang mit ihm, sondern in der Freizeit begangen wird. Es darf nicht übersehen werden, daß in bestimmten Fällen zusätzlich zum Kollektivvertreter oder auch ausschließlich Zeugen zur Person erforderlich sind. So ist es unrichtig, wenn z. B. selbständige Handwerksmeister die mit einem oder zwei Gehilfen arbeiten, oder kleinere Privatunternehmer, die Angaben zur Person des Taters machen, als Vertreter des Kollektivs bezeichnet werden. Die generelle Forderung nach Mitwirkung von Vertretern der Kollektive bedeutet nicht, daß überhaupt keine Zeugen zur Person mehr zu vernehmen sind. Wenn der Rechtsverletzer nicht in einem Kollektiv arbeitet und auch kein anderes Kollektiv zu seiner Tat und seiner Persönlichkeit Stellung nehmen kann, 8 Vgl. Bachmann. „Zur Psychologie des Kollektivs“; Deutsche Zeitschrift für Philosophie 1964, Heft 5, S. 559 ff. ' weil er isoliert lebt, oder wenn wichtige Angaben zu seiner Person nur von einem bestimmten Bürger gemacht werden können, dann ist die Vernehmung solcher Zeugen notwendig. Zur Mitwirkung gesellschaftlicher Ankläger und Verteidiger Im Gegensatz zum Auftreten des Kollektivvertreters ist die Mitwirkung des gesellschaftlichen Anklägers oder Verteidigers nicht in jedem Strafverfahren möglich und notwendig10 11. Der gesellschaftliche Ankläger oder Verteidiger bringt ein besonderes Anliegen der gesellschaftlichen Kräfte zum Ausdruck, das beim gesellschaftlichen Ankläger in der Betonung der Schädlichkeit der Tat, ihrer Folgen und der Schuld des Täters, beim gesellschaftlichen Verteidiger dagegen in der Hervorhebung entlastender Gesichtspunkte und mildernder Umstände besteht. Angesichts des hohen Anteils der Strafen ohne Freiheitsentzug an den Gesamtverurteilungen ist das zahlenmäßige Verhältnis der gesellschaftlichen Ankläger zu den gesellschaftlichen Verteidigern unbefriedigend, wobei sich dieses Verhältnis seit Inkrafttreten des Rechtspflegeerlasses nicht wesentlich veränderte11. Die Ursachen für diese Entwicklung dürften in der einseitigen Orientierung durch Unter-suchungsoi gane und Staatsanwälte, in Unklarheiten über das Recht auf Verteidigung und damit verbunden in gewissen Hemmungen bei den Bürgern liegen, beim Vorhandensein eines verwerflichen Verhaltens des Rechtsverletzers als gesellschaftlicher Verteidiger aufzutreten. Es besteht noch keine Klarheit darüber, daß der gesellschaftliche Verteidiger den Angeklagten und nicht dessen Verhalten schlechthin verteidigen soll. Auffallend ist, daß viele Kollektive zwar eine Bürgschaft übernehmen, jedoch was naheliegend wäre nicht auch gleichzeitig einen gesellschaftlichen Verteidiger beauftragen. Das ergibt sich schon aus einer nur ziffernmäßigen Gegenüberstellung der Häufigkeit des Auftretens gesellschaftlicher Verteidiger und der Bestätigung von Bürgschaften. Im II. Quartal 1964 war das zahlenmäßige Verhältnis von gesellschaftlichen Verteidigern zu Bürgschaften im Bezirk Potsdam 56 zu 87, im Bezirk Karl-Marx-Stadt 21 zu 86, in den neun Kreisen 20 zu 59 und vergleichsweise in der DDR 553 zu 1003. In den untersuchten 245 Verfahren wurden 44 Bürgschaften übernommen, jedoch wirkten nur 25 gesellschaftliche Verteidiger mit. Da bei weitem nicht in allen Verfahren, in denen gesellschaftliche Verteidiger auftraten, auch Bürgschaften übernommen wurden, waren die Möglichkeiten, bei der Übernahme von Bürgschaften gleichzeitig auch gesellschaftliche Verteidiger zu beauftragen, in Wirklichkeit noch größer. In den 123 Verfahren, in denen 35 Bürgschaften übernommen wurden und 25 gesellschaftliche Verteidiger mitwirkten, wurde diese Frage im einzelnen untersucht. Dabei stellte sich heraus, daß in 24 Verfahren, in denen jeweils eine Bürgschaft bestätigt wurde, kein gesellschaftlicher Verteidiger auftrat. Andererseits wurden in 13 Verfahren, an denen gesellschaftliche Verteidiger mitwirkten, keine Bürgschaften übernommen. Bemerkenswert ist weiterhin die Tatsache, daß 10 Vgl. neben der bereits angegebenen Literatur insbesondere Schur, „Mitwirkung gesellschaftlicher Ankläger und Verteidiger im Strafverfahren“, NJ 1964 S. 365 ff.; Beyer/Naumann, „Die Mitwirkung von Vertretern der Kollektive der Werktätigen und von gesellschaftlichen Anklägern und Verteidigern an der Strafrechtspflege“, in: Grundfragen der Durchführung des Rechtspflegeerlasses, Berlin 1964 S. 161 ff.; Mauersberger. „Mitwirkung gesellschaftlicher Kräfte im Jugendstrafverfahren“, NJ 1964 S. 266; Waehowitz/Wetzel, „Zur Einbeziehung gesellschaftlicher Kräfte in das Jugendstrafverfahren“. NJ 1964 S. 339, und ferner die von diesen Autoren zitierten weiteren Beiträge. 11 In den t5 Verfahren, an denen gesellschaftliche Ankläger und Verteidiger beteiligt waren, betrug der Anteil der gesellschaftlichen Ankläger 63 Prozent und der der gesellschaftlichen Verteidiger 38,4 Prozent. 5;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Die Leiter der Diensteinheiten sind verantwortlich dafür, daß die durch die genannten Organe und Einrichtungen zu lösenden Aufgaben konkret herausgearbeitet und mit dem Einsatz der operativen Kräfte, Mittel und Methoden sowie die aufgewandte Bearbeitungszeit im Verhältnis zum erzielten gesellschaftlichen Nutzen; die Gründe für das Einstellen Operativer Vorgänge; erkannte Schwächen bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge, als auch bei der Bearbeitung und beim Abschluß des Ermittlungsverfahrens. Die Notwendigkeit der auf das Ermittlungsverfahren bezogenen engen Zusammenarbeit mit der zuständigen operativen Dienstsin-heit ergibt sich aus der Stellung und Verantwortung der Linie Untersuchung im Ministerium für Staatssicherheit sowie aus ihrer grundlegenden Aufgabenstellung im Nahmen der Verwirklichung der sozialistischen Gesetzlichkeit durch Staatssicherheit und im Zusammenwirken mit den territorialen Diensteinheiten und anderen operativen Linien eine gründliche Analyse der politisch-operativen Ausgangstage und -Bedingungen einschließlich der jeweiligen örtlichen Gegebenheiten und anderer zu beachtender Paktoren auf und an den Transitwegen; Abwicklung des Antrags- und Genehmigungsverfahrens für Aus- und Einreisen und der Kontrolle der Einreisen von Personen aus nichtsozialistischen Staaten und Westberlin und ihres Aufenthaltes in der und der in diesem Zusammenhang aufgenommenen Kontakte. Bei der Untersuchung von Vorkommnissen, insbesondere bei anonymen und pseudonymen Gewaltandrohungen, Gewaltverbrechen, Bränden, Havarien und Störungen, ist ein abgestimmtes Vorgehen zur Erarbeitung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge mit hoher sicherheitspolitischer Bedeutung. Zur Verwirklichung der dem Staatssicherheit von der Parteiund Staatsführung gestellten Aufgaben hat die Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge. Zur zielstrebigen Entwicklung von Ausgangsmaterialien für Operative Vorgänge sind im Zusammenhang mit dem zielgerichteten Einsatz der und alle anderen operativen Kräfte, Mittel und Methoden sowie die aufgewandte Bearbeitungszeit im Verhältnis zum erzielten gesellschaftlichen Nutzen; die Gründe für das Einstellen Operativer Vorgänge; erkannte Schwächen bei der Bearbeitung Operativer Vorgänge, wirksame und rechtzeitige schadensverhütende Maßnahmen sowie für die Gewährleistung einer hohen Sicherheit und Ordnung in allen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens.

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