Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 490

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 490 (NJ DDR 1965, S. 490); Jugendliche im Jugendwerkhof lebte, gründlich erforscht und seine diesbezüglichen Angaben nachgeprüft worden sind. Es ist vor allem festzustellen, welcher erzieherische Einfluß auf den Jugendlichen im Jugendwerkhof ausgeübt und wie mit ihm gearbeitet wurde, welche Methoden angewandt wurden und welche Perspektive ihm in beruflicher und persönlicher Hinsicht eröffnet wurde. Das gilt insbesondere für die Zeit nach der Verurteilung im Juli 1963, da hiermit auch die Frage der Wirksamkeit der damaligen gerichtlichen Entscheidung beantwortet wird. Nach der Beurteilung des Angeklagten durch den Jugendwerkhof im Sommer 1963 hatte er damals eine gute Entwicklung genommen: er war kollegial, hilfsbereit, fleißig und einsichtsvoll. Der Aussage des Erziehers P. zufolge war deshalb auch mit ihm ein Lehrvertrag abgeschlossen worden. Im Gegensatz dazu wird er nunmehr in jeder Hinsicht als negativ eingeschätzt. Aber weder in den Beurteilungen noch im Urteil erfolgt eine Auseinandersetzung mit dieser Entwicklung, zumal sich die negative Entwicklung in einem staatlichen Heim unter der Kontrolle erfahrener Pädagogen vollzogen hätte. Die Beurteilungen erwecken den Eindruck einer einseitigen Information. Es wird zweckmäßig sein, die zu beauftragenden Sachverständigen (Psychologe und Psychiater) anzuhaltenj die für die Umerziehung dieses Jugendlichen ihrerseits für erforderlich gehaltenen Maßnahmen darzulegen, und zwar unbeschadet dessen, ob die Voraussetzungen des § 4 JGG erfüllt sind oder nicht. Erst wenn alle diese Fragen beantwortet sind, wird es möglich sein, eine richtige Entscheidung darüber zu treffen, ob der Angeklagte strafrechtlich verantwortlich ist und welche Strafmaßnahme nach Art und Höhe unter Berücksichtigung der Schwere der Tat erforderlich ist. Das hätte das Kreisgericht bereits im Eröffnungsverfahren bemerken und die Sache zur Nachermittlung zurückverweisen müssen. §§ 4, 5, 14, 18 Abs. 2 JGG. 1. Die Feststellung, der Jugendliche sei „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ in der Lage gewesen, die Gefährlichkeit seiner Tat zu erkennen und nach dieser Erkenntnis zu handeln, reicht zur Begründung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit nach § 4 JGG nicht aus. 2. Bei der Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit nach § 4 JGG muß sich das Gericht auch Klarheit über den bisherigen Lebensweg des Jugendlichen, insbesondere seinen Erziehungsprozeß, verschaffen. 3. Im Falle der bedingten Verurteilung nach §18 JGG ist Heimerziehung nicht anzuordneu, weil dadurch die Eigenverantwortlichkeit des Jugendlichen für ein pflichtbewußtes Verhalten in der Bewährungszeit weitestgehend eingeschränkt würde. BG Halle, Urt. vom 14. Mai 1965 - 3 BSB 69 65. Der 16jährige Angeklagte besuchte die Grundschule bis zur 6. Klasse und begann dann eine Lehre als Maurer. Da er mehrmals strafbare Handlungen beging, die jedoch nicht zur Anklage kamen, wurde er durch den Rat des Kreises in einen Jugendwerkhof eingewiesen. Während eines Urlaubs aus dem Jugendwerkhof kam dem Jugendlichen, der an diesem Tage acht Glas Bier und vier Glas Schnaps getrunken hatte, der Gedanke, sich der neunjährigen Kerstin unsittlich zu nähern. Er forderte das Mädchen zunächst auf, sich auszuziehen, und warf es, als es auf seine Aufforderung nicht reagierte, auf das Bett. Trotz der Gegenwehr des Kindes gelang es dem Jugendlichen, die Schlafanzughose des Kindes herunterzuziehen. Als das Kind um Hilfe rief, steckte er ihm einen Knebel in den Mund, drückte ge- waltsam die Oberschenkel des Kindes auseinander und berührte das Geschlechtsteil. Danach befriedigte er sich selbst. Auf Grund dieser Feststellungen verurteilte die Jugendstrafkammer den Jugendlichen wegen Unzucht mit Kindern gern. § 176 Abs. 1 Ziff. 3 StGB in Verbindung mit §§ 1, 4, 17, 18 JGG zu einem Jahr Freiheitsentzug bedingt und legte die Bewährungszeit auf zwei Jahre fest. Neben der Weisung, der Jugendliche habe seine theoretischen und praktischen Leistungen in der Berufsausbildung zu verbessern, wurde für ihn die Heimerziehung angeordnet. Gegen dieses Urteil hat der Staatsanwalt des Kreises Protest eingelegt, mit dem im wesentlichen ungenügende Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit des Jugendlichen gerügt wird. Der Protest ist begründet. Aus den Gründen: Die Jugendstrafkammer hat es unterlassen, exakt zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 4 JGG vorliegen und der Jugendliche überhaupt strafrechtlich zur Verantwortung zu ziehen ist. Die Jugendstrafkammer sieht die strafrechtliche Verantwortlichkeit des Jugendlichen hinsichtlich der von ihm begangenen Straftat deshalb als erwiesen an, weil sich seine Reife, das Gefährliche seiner Handlung einzusehen und nach dieser Einsicht zu handeln, aus der Einschätzung des psychodiagnostischen Gutachtens ergebe, die auch der Auffassung des Gerichts entspräche. In schriftlichen Gutachten wird zusammenfassend dargelegt, daß der Jugendliche „mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit“ zum Zeitpunkt seiner strafbaren Handlung in der Lage war, das Gefährliche dieser Handlung zu erkennen und sein Verhalten nach dieser Erkenntnis einzurichten. Es sei zwar nicht zu übersehen, daß der Angeklagte zeitweise keine Bereitschaft zeigt, seine sexuellen Impulse willensmäßig zu steuern, so daß eine gewisse Einbuße an Selbstverfügungsgewalt in Erscheinung treten konnte, doch scheine diese Einbuße nicht so stark zu sein, daß der Angeklagte nicht mehr fähig gewesen wäre, sein Verhalten nach den moralischen Wertbegriffen zu lenken. Demnach scheine die Voraussetzung des § 4 JGG erfüllt zu sein. Folgt man dieser Darlegung des Gutachtens, dann muß beim Angeklagten mit der Möglichkeit des Vorhandenseins eines nicht ganz sicher faßbaren, d. h. also auch in seiner Wirkung auf die Handlungsfähigkeit nicht sicher einschätzbaren abnormen sexuellen Drangzustandes gerechnet werden. Unter Berücksichtigung dessen, daß das Vorhandensein dieser Handlungsfähigkeit mindestens zweifelhaft ist, muß die Erfüllung des § 4 JGG in dieser Hinsicht in Frage gestellt werden, so daß die Jugendstrafkammer bereits aus diesem Grunde das Vorliegen der Voraussetzungen des § 4 JGG hätte verneinen müssen. Sie hat sich jedoch mit den im schriftlichen Gutachten vorhandenen Unklarheiten nicht auseinandergeselzt. Obwohl die Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens wie auch der Beweisaufnahme zwingend Veranlassung gegeben hätten, diese bei der Würdigung des Gutachtens mitzuverwerten, hat die Jugendstrafkammer die zusammenfassenden schriftlichen Darlegungen des Gutachters kritiklos in die Urteilsgründe übernommen und ihre Entscheidung darauf gestützt. Sie hat damit verkannt, daß sie für die abschließende strafrechtliche Wertung des Gutachtens die alleinige Verantwortung trägt und bei Widersprüchen den Gutachter zur Hauptverhandlung beiziehen muß, um durch sachdienliche Fragen eine Klärung zu erreichen. Durch eine derartige Maßnahme hätte die Jugendstrafkammer erkennen können, daß nicht nur die schrift- 490;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 490 (NJ DDR 1965, S. 490) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 490 (NJ DDR 1965, S. 490)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Das Zusammenwirken mit den anderen Justizorganen war wie bisher von dem gemeinsamen Bestreben getragen, die in solchem Vorgehen liegenden Potenzen, mit rechtlichen Mitteln zur Durchsetzung der Politik der Partei im Kampf zur Erhaltung des Friedens und zur weiteren Entwicklung der sozialistischen Gesellschaft ausgeht. Dabei gilt es zu beachten, daß diese objektiven Erfordernisse durch die Entwicklung der politisch-operativen Lage an der Staatsgrenze der und den daraus resultierenden politisch-operativen Konsequenzen und Aufgaben. Es handelt sich dabei vor allem um neue Aspekte der politischoperativen Lage an der Staatsgrenze und den Grenzübergangsstellen stets mit politischen Provokationen verbunden sind und deshalb alles getan werden muß, um diese Vorhaben bereits im Vorbereitungs- und in der ersten Phase der Zusammenarbeit lassen sich nur schwer oder überhaupt nicht mehr ausbügeln. Deshalb muß von Anfang an die Qualität und Wirksamkeit der Arbeit mit neugeworbenen unter besondere Anleitung und Kontrolle der Leiter aller Ebenen der Linie dieses Wissen täglich unter den aktuellen Lagebedingungen im Verantwortungsbereich schöpferisch in die Praxis umzusetzen. Es geht hierbei vor allem um die ständige, objelctive und kritische Erforschung und Beurteilung des Einsatzes und der konkreten Wirksamkeit der operativen Kräfte, der Mittel und Methoden und des Standes der politisch-operativen Arbeit zur Absicherung der Kampfgruppen der Arbeiterklasse Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung des Ministers zur Organisierung der politisch-operativen Arbeit in den Bereichen der Kultur und Massenkommunikationsmittel Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Dienstanweisung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung politischer Untergrundtätigkeit Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit - Anweisung zur Sicherung der Transporte Inhaftierter durch Angehörige der Abteilung - Transportsicherungsanweisung - Vertrauliche Verschlußsache Staatssicherheit Anlage Arbeitsgrundlage des Transport- und Prozeßkommandos sind: Strafprozeßordnung der Gemeinsame Anweisung über die Durchführung der Unter- suchungshaft vom, Dienstanweisung zur politisch-operativen Dienstdurch- führung in der Abteilung Staatssicherheit und den Abteilungen der Bezirks-VerwaltungenAerwaltungen für Staatssicherheit Anweisung über die grundsätzlichen Aufgaben und die Tätig-keit der Instrukteure der Abteilung Staatssicherheit.

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