Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 442

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 442 (NJ DDR 1965, S. 442); führung eines konkreten Gefahrenzustandes charakteristisch. An die gesellschaftswidrigen Auswirkungen werden also hier wesentlich höhere Anforderungen gestellt als z. B bei den Eigentumsvergehen. Das hängt neben den konkreten Umständen, unter denen derartige Handlungen begangen werden, auch mit der besonderen Struktur der Schuld zusammen, denn hier wird zwar die Handlung vorsätzlich begangen, in bezug auf die Folgen die Schaffung der Gefahrenlage liegt jedoch Fahrlässigkeit vor. Die strengen Anforderungen an die Auswirkungen sind erforderlich, um der gerade bei solchen Verhaltensweisen naheliegenden Ausweitung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit zu einem allgemeinen Disziplinierungsinstrument entgegenzuwirken. Das gilt z. B. für Vergehen nach § 49 StVO. Hier hat sich immer mehr die Praxis durchgesetzt, in solchen Fällen, in denen die Fahrtüchtigkeit zwar erheblich beeinträchtigt ist, aber durch die Handlung keine konkrete Gefahrenlage entstanden ist, § 8 StEG anzuwenden. Das Fehlen der konkreten Gefahrensituation ergibt sich dabei vor allem daraus, daß der Rechtsverletzer auf abgelegenen Straßen gefahren ist, auf denen durch seine Handlung kaum andere Verkehrsteilnehmer gefährdet werden konnten. Oft handelt es sich dabei nur um kurze Fahrstrecken, so z. B. 400 oder 500 m. Um für solche Handlungen keine strafrechtliche Verantwortung eintreten zu lassen, wurde der Tatbestand des jetzigen § 49 StVO im Entwurf des neuen Strafgesetzbuchs wie folgt präzisiert: „Wer im Straßenverkehr ein Fahrzeug führt, obwohl seine Fahrtüchtigkeit infolge des Genusses von alkoholischer Getränke oder anderer berauschender Mittel erheblich beeinträchtigt ist, und dadurch fahrlässig Leben oder Gesundheit anderer Menschen gefährdet, wird mit Verurteilung auf Bewährung, Geldstrafe oder öffentlichem Tadel bestraft oder vor einem gesellschaftlichen Organ der Rechtspflege zur Verantwortung gezogen.“ Nicht in jedem Falle wird die Geringfügigkeit des Schadens oder das Fehlen einer konkreten Gefahrensituation das Vorliegen eines strafrechtlichen Vergehens ausschließen. Das trifft insbesondere für solche Handlungen zu, die eine große Intensität der Tatausführung zeigen, bei denen aber ohne oder gar gegen den Willen des Täters keine oder nur unbedeutende schädliche Auswirkungen eingetreten sind. Das wird vor allem dann gegeben sein, wenn die Tat geplant oder von mehreren gemeinschaftlich begangen wird oder wenn besondere Werkzeuge dazu bereitgestellt oder besondere Hindernisse überwunden werden. Das gilt z. B. für Einbrüche in Automaten oder Kioske. Es wäre also falsch, bei einem organisierten Einbruch in einen Kiosk § 8 StEG anzuwenden, wenn lediglich deshalb keine größeren Schäden entstanden sind, weil sich zur Tatzeit nur geringe Warenmengen im Kiosk befanden oder die Täter die von ihnen gesuchten Gegenstände nicht vorgefunden haben. Die geringe Intensität der Handlung ist daher ein wesentliches Kriterium für das Nichtvorliegen eines strafrechtlichen Vergehens. Ein weiteres Kriterium ist die Einmaligkeit der Handlung. § 8 StEG sollte daher nicht angewandt werden, wenn der Rechtsverletzer fortlaufend geringe Mengen entwendet. Unbedeutendes Verschulden Diese Überlegungen führen uns an die Probleme der Schuld heran. Zur Anwendung des § 8 StEG ist stets erforderlich, daß auch das Verschulden unbedeutend ist. Da es sich bei den zur Entscheidung stehenden Handlungen, vor allem den Entwendungshandlungen, meist um einfache und unkomplizierte Verhaltensweisen handelt, werden sich aus dem geringen Umfang des Schadens oder aus der unbedeutenden Intensität der Handlung häufig auch Rückschlüsse auf einen geringen Grad des Verschuldens ziehen lassen. Bei größeren Schäden wird daher im allgemeinen auch größeres Verschulden vorliegen. So ist das konkrete Ausmaß der Schuld beim Diebstahl hochwertiger Industriewaren aus einem Geschäft größer als beim Diebstahl von einem Stück Kuchen. Bei Handlungen mit größerer Intensität wird auch das Verschulden größer sein. Auch die fortlaufende Begehung geringfügiger Handlungen erhöht die Schuld. Es kommen aber auch Handlungen vor, bei denen sich der Umfang der gesellschaftswidrigen Auswirkungen und das Maß des Verschuldens nicht decken. So gibt es eine Reihe von Fällen, in welchen das Verschulden über die tatsächlichen gesellschaftswidrigen Auswirkungen hinausgeht. Das ist vor allem dann der Fall, wenn der Täter sein Ziel nicht erreicht oder wenn der herbeigeführte Schaden sofort wieder beseitigt wird. In der Praxis wird manchmal § 8 StEG wegen Nichteintritts eines Schadens angewandt, wenn der Täter sofort nach dem Diebstahl gestellt und ihm das Diebesgut wieder abgenommen wird. Bei solchen Entscheidungen wird einseitig nur auf den Schaden abgestellt, und das Verschulden des Rechtsverletzers bleibt unberücksichtigt. Denn das strafrechtliche Verschulden ist doch nicht beseitigt, wenn z. B. der Täter einen Staubsauger im Werte von 98 MDN stiehlt und der Diebstahl sofort entdeckt wird. Sehr modifiziert kann das Verschulden bei Vergehen gegen § 49 StVO sein. Nähere Angaben darüber machen Lutzke/Petasch/Schubert. Nach ihren Untersuchungsergebnissen hatten in Berlin-Köpenick 25,8% der untersuchten Täter vor dem Alkoholgenuß die Absicht, danach mit dem Fahrzeug zu fahren, und 18 % hatten die Fahrt erst einige Stunden nach dem Alkoholgenuß in der Überzeugung begonnen, nicht mehr unter alkoholischer Beeinflussung zu stehen. Die Verfasser schreiben dazu: „Bei vielen ist der Unfall unter Alkoholeinwirkung mit der Vorstellung von einem sinnlos betrunkenen, verantwortungslosen und haltlosen Menschen verknüpft. Das rührt z. T. daher, weil die publizierten und damit verallgemeinerten Beispiele meistens solche Fälle zum Inhalt haben. Diese gibt es, und sie müssen noch schärfer angeprangert und verurteilt werden. Wir dürfen aber nicht nur die krassen Beispiele zum Zwecke der Mahnung und Abschreckung auswerten, denn viel häufiger sind die Fälle, wo sonst verantwortungsbewußte Menschen in einer bestimmten Situation das nötige Verantwortungs- und Pflichtbewußtsein nicht aufbrachten, weil sie anderen einen Gefallen tun wollten, weil sie sich überreden ließen, weil sie irrtümlicherweise der Meinung waren, die genossene Alkoholmenge sei abgebaut usw. Ein Teil hatte vorher gar nicht die Absicht, nach dem Alkoholgenuß zu fahren, oder hatte beim Antritt der Fahrt nicht die Absicht, Alkohol zu trinken. Sie entschlossen sich dann aus den angeführten Gründen, aus Bequemlichkeit oder unter der enthemmenden Wirkung des Alkohols, doch noch das Fahrzeug zu benutzen. In nicht wenigen Fällen ist nur eine geringe oder mittlere alkoholische Beeinflussung vorhanden.“" Nach den Feststellungen der Verfasser liegen jedoch bei einem erheblichen Teil der Verkehrsdelikte unter Alkohol hochgradiger Leichtsinn oder Verantwortungslosigkeit vor. 11 11 Lutzke l Petasch / Schubert. Die Ursachen und Bedingungen der durch Übertretungen herbeigeführten Straßenverkehrsunfälle im Großstadtverkehr und ihre Bekämpfung aus politischer Sicht (dargestellt am Unfallgeschehen in der Hauptstadt der DDR. Berlin, unter besonderer Berücksichtigung der Kraftfahrer), Dissertation, Babelsberg 1965, Teil A, S. 156 ff. 442;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 442 (NJ DDR 1965, S. 442) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 442 (NJ DDR 1965, S. 442)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Der Vollzug der Untersuchungshaft hat der Feststellung der objektiven Wahrheit im Strafverfahren zu dienen. Die Feststellung der Wahrheit ist ein grundlegendes Prinzip des sozialistischen Strafverfahrens, heißt es in der Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts der zu Fragen der gerichtlichen Beweisaufnahme und Wahrheitsfindung im sozialistischen Strafprozeß. Untersuchungshaftvollzugsordnung -. Ifläh sbafij.ng ; Änderung vom Äderung. Ordnungs- und Verhaltensregeln für Inhaftierte und Ausübung der Kontrolle ihrer Einhaltung; alle Unregelmäßigkeiten in den Verhaltensweisen der Inhaftierten und Strafgefangenen festzustellen und sofort an den Wachschichtleiter zu melden. Die Aufgaben des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen ergebenen Aufgabenstellung, Der politisch-operative Wach- und Sicherungsdienst beim Vollzug der Untersuchungshaft Bestimmungen für die operative Durchführung und Organisation des Wach- und Sicherungsdienstes und organisiert die Kontrolle. Der Leiter der Abteilung hat durch eine wirksame politischoperative Anleitung und Kontrolle im Prozeß der täglichen Dienstdurchführung die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen der Befehle und Weisungen des Leiters der Abteilung und seines Stellvertreters, den besonderen Postenanweisungen und der - Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft und den dazu erlassenen Anweisungen die Kräfte und Mittel des Wach- und Sicherungsdienstes der Abteilung Dem Wachschichtleiter sind die Angehörigen des Wach- und Sicherungsdienstes in den Abteilungen Grundsätze des Wach- und Sicherungs- dienstes - Aufgaben des Wachschichtleiters, Aufgaben des Stellvertreters des Wachschichtleiters, Aufgaben und Befugnisse des Wach-. und Sicherungsdienstes Einsatzformen des Wach- und Sicherungsdienstes sind: Die gesetzlichen Bestimmungen wie Strafgesetz, Strafprozeßordnung, Strafvollzugs- und Wiedereingliederungsgesetz; Befehle und Anweisungen des Ministers für Staatssicherheit, des Leiters der Bezirksverwaltungen Verwaltungen und des Leiters der Hauptabteilung unter Berücksichtigung der konkreten KlassenkampfSituation. die äußere Sicherheit des Dienstobjektes im engen Zusammenwirken mit den Sicherungskräften des Wachregiments Feliks Dsierzynski unter allen Lagebedingungen zu verhindern, daß der Gegner Angeklagte oder Zeugen beseitigt, gewaltsam befreit öder anderweitig die ordnungsgemäße Durchführung der gerichtlichen Hauptverhandlung ernsthaft stört.

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