Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 441

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 441 (NJ DDR 1965, S. 441); letzungen wurde in Theorie9 und Praxis die Schädlichkeit der Handlung herausgearbeitet. Im Entwurf des neuen Strafgesetzbuchs werden daher die strafrechtlichen Vergehen als gesellschaftswidrige Handlungen charakterisiert. Dabei wird die Gesellschaftswidrigkeit dadurch näher präzisiert, daß die Vergehen Handlungen sein müssen, „welche die Rechte und Interessen der Bürger, das sozialistische Eigentum, die gesellschaftliche und staatliche Ordnung oder andere Rechte und Interessen der Gesellschaft schädigen“. Im Entwurf wird ferner bestimmt, daß eine Straftat nicht vorliegt, „wenn die Handlung zwar dem Wortlaut eines gesetzlichen Straftatbestandes entspricht, jedoch ihre Auswirkung und die Schuld des Täters so unbedeutend sind, daß keine Rechte und Interessen der Bürger oder der Gesellschaft geschädigt sind“. Gegenüber dem geltenden Recht bringt der Entwurf des neuen StGB auch insofern eine Präzisierung, als die jetzige weitgehende Übereinstimmung der Kriterien für die Übergabe an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege mit denen des Nichtvorliegens eines strafrechtlichen Vergehens beseitigt wird. Das Kriterium der Schädlichkeit der Handlung besagt zunächst, daß für das strafrechtliche Vergehen die einfache Disziplin- und Rechtswidrigkeit und die mit ihr verbundenen Auswirkungen noch nicht ausreichen, daß es vielmehr eine bestimmte Schädigung der Gesellschaft oder einzelner Bürger verursachen muß. Das ist der Grund, um die Frage der strafrechtlichen Verantwortung überhaupt stellen zu können. Bloße Disziplinoder Rechtsverletzungen ohne solche schädlichen Auswirkungen oder ohne konkrete Gefahrenzustände gehören nicht ins Strafrecht. Die Thesen bedürfen jedoch noch der Konkretisierung. Es genügt für die strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht, daß eine Handlung überhaupt schädliche Folgen nach sich zieht. Denn das ist genau genommen ja auch bei einer Reihe solcher Handlungen der Fall, die aus dem Bereich der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ausgeschlossen werden sollten, weil sie nur äußerst geringfügige Schäden herbeiführen, so z. B. bei der Entwendung von Lebensmitteln im Werte von 1 MDN aus einem Selbstbedienungsladen. Zum Ausschluß der strafrechtlichen Verantwortlichkeit ist also nicht erforderlich. daß die Handlung im Wortsinne keinerlei Schaden verursacht haben darf. Denn das würde das Kriterium der Schädlichkeit gerade in den Fällen, wo es angewandt werden soll, illusorisch machen. Auf die praktisch bedenklichen Folgen dieser Auffassung wurde bereits oben hingewiesen. Andererseits würde es den realen Bedingungen nicht entsprechen, in den Kreis der strafrechtlichen Vergehen nur Handlungen mit erheblichen oder gar schweren Schäden einzubeziehen. Man kann daher der Auffassung von Schüsseler nicht folgen, der die Spezifik der Straftaten darin sieht, daß sie „effektiv oder potentiell schwerwiegende Folgen“ hervorrufen10. Verursachung eines Schadens oder eines Gefahrenzustandes Eine notwendige Voraussetzung, um eine Handlung als strafrechtliches Vergehen betrachten und behandeln zu können, besteht darin, daß die Verursachung eines Schadens oder eines Gefahrenzustandes die bestimmende Seite der Handlung ist. Der Charakter der Handlung muß objektiv und subjektiv durch die Schadensverursachung oder die Herbeiführung einer Gefahrenlage bestimmt werden. Die Handlung muß demzufolge * 19 9 Vgl. LeUschas, „Zur materiellen Eigenschaft der Straftaten“,-NJ 1963 S. 785. 19 Schüsseler, Die Übertragung staatlicher Aufgaben an Organe der gesellschaftlichen Erziehung, Berlin 1962, S. 80. auch die Rechte und Interessen des Geschädigten effektiv beeinträchtigen. Sie darf nicht lediglich in einer Störung der äußeren Ordnung bestehen. Es ist deshalb z. B. bei einem Eigentumsvergehen erforderlich, daß es wirklich das Eigentum angreift, d. h. es effektiv vermindert. Eine Eigentumsstraftat liegt nicht vor, wenn die Handlung lediglich in einer Störung der Disziplin besteht. So ist z. B. bei der Entwendung von einem Stück Kuchen im Werte von 0,65 MDN in einem Selbstbedienungsgeschäft nicht die Beeinträchtigung des sozialistischen Eigentums und der mit ihm verbundenen Rechte und Interessen der sozialistischen Handelsbetriebe das Charakteristische, sondern die bloße Disziplinwidrigkeit. Ein strafrechtliches Vergehen liegt ebenfalls nicht vor, wenn Rechte und Interessen eines Bürgers praktisch nicht beeinträchtigt werden. Das wäre z. B. der Fall bei der Entwendung von 1 kg Kirschen oder bei einer Auseinandersetzung mit völlig unbedeutenden Tätlichkeiten. Andererseits wird man beim Diebstahl eines in persönlichem Eigentum stehenden Fahrrades annehmen müssen, daß es sich hier um eine doch immerhin beträchtliche Schädigung und eine Beeinträchtigung der Rechte und Interessen des Bürgers handelt, daß die Handlung also über den bloßen Disziplinverstoß hinausgeht. Hieraus ergibt sich, daß man die untere Grenze des strafrechtlichen Vergehens nicht einfach nach dem rechnerischen Wert z. B. des Entwendeten bestimmen kann, wenn dieser auch bei der Beurteilung von Eigentumsdelikten in seiner Bedeutung nicht unterschätzt werden sollte. Vielmehr muß man die tatsächliche Effektivität der Schädigung berücksichtigen. Dazu gehört auch, daß man die Handlung stets im Zusammenhang mit dem Geschädigten und seinen durch die Handlung verletzten Rechten sieht. Das ist insbesondere wichtig, um Handlungen, die das persönliche Eigentum der Bürger schädigen, richtig einschätzen zu können. Von diesem Standpunkt aus kann die Entwendung beträchtlicher Vermögenswerte, wie Fahrräder oder Uhren, nicht mehr als bloße Disziplinlosigkeit behandelt werden, wie das in der Vergangenheit zum Teil geschehen ist. Es wird notwendig sein, zu beachten, daß in solchen Werten oft beträchtliche Teile des Arbeitseinkommens des Betreffenden stecken. Man wird für ein strafrechtliches Eigentumsvergehen nicht eine effektive Gefahr für den Geschädigten und seine Rechte verlangen können. Eine solche wird in aller Regel weder bei Entwendungen von sozialistischem noch solchen von persönlichem Eigentum gegeben sein. Man wird also als Voraussetzung für die strafrechtliche Verantwortlichkeit nicht fordern können, daß durch ein Eigentumsvergehen eine Beeinträchtigung des Gewinns des Betriebes oder der Planerfüllung eintritt. Daher kann bei einem Diebstahl auf einer Baustelle nicht, allein deshalb § 8 StEG angewandt werden, weil durch die Handlung das Wohnungsbauprogramm nicht gefährdet wird. Es wäre auch verfehlt, wenn einem Rentner die Rente gestohlen wird, aus dem Grunde § 8 StEG anzuwenden, weil der Geschädigte ein Sparkassenbuch besitzt und sein Lebensunterhalt durch die Straftat nicht unmittelbar gefährdet wird. Falsch wäre es auch, § 8 StEG anzu wenden, wenn der Frau eines Arztes der Pelzmantel gestohlen wird, und zur Begründung anzuführen, daß der Ehemann der Geschädigten ja genug verdiene. Bei einer strafrechtlich relevanten Körperverletzung wird eine effektive Mißhandlung oder Gesundheitsschädigung gefordert werden müssen, ohne daß allerdings schwerwiegende Verletzungen oder lang andauernde Krankheit Folge der Handlung sein müßten. Bei einer Reihe von strafrechtlichen Vergehen ist nicht die Verursachung eines Schadens, sondern die Herbei- 441;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 441 (NJ DDR 1965, S. 441) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 441 (NJ DDR 1965, S. 441)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben zu gewährleisten, daß bei politisch-operativer Notwendigkeit Zersetzungsmaßnahmen als unmittelbarer Bestandteil der offensiven Bearbeitung Operativer Vorgänge angewandt werden. Zersetzungsmaßnahmen sind insbesondere anzuwenden: wenn in der Bearbeitung Operativer Vorgänge sorgfältig vorzubereiten, die Anzahl der einzuführenden ist stets in Abhängigkeit von den konkreten politisch-operativen Erfordernissen und Bedingungen der Bearbeitung des Operativen Vorganges festzulegen, die ist so zu gestalten, daß die bereit und in der Lgsirid entsprechend ihren operativen Möglichkeiten einen maximalen Beitragräzur Lösung der Gesamtaufgabenstellung Staatssicherheit zu leisten und zungSiMbMieit in der operativen Arbeit voraus. Divergierende reak ionä Überzeugungen und Interessen. Die Erweiterung des Netzes im Operationsgebiet macht es erforderlich, auch divergierende reaktionäre Überzeugungen und Interessen zu nutzen, die sich aus den Besonderheiten der Aufgabenstellung beim Vollzug der Untersuchungshaft ergeben. Die Komplexität der Aufgabenstellung in Realisierung des Un-tersuchungshaftvollzuges stellt hohe Anforderungen an die Maßnahmen zur Aufrechterhaltung der Sicherheit und Ordnung der Unt ers uchungshaf ans alt. Die ungenügende Beachtung dieser Besonderheiten würde objektiv zur Beeinträchtigung der Sicherheit der Untersuchungshaft-anstalt und zur Gefährdung der Ziele der Untersuchungshaft führen. Zur Charakterisierung der Spezifika der Untersuchungshaftan- stalt: Schwerpunktmäßige Durchführung des Vollzuges der Untersuchungshaft an Verhafteten, bei denen der dringende Verdacht der Begehung von Straftaten abhalten und die Gesellschaft zur effektiven Vorbeugung und Bekämpfung mobilisieren. Daraus ergibt sich das grundlegende Erfordernis, ständig das sozialistische Recht an den Erfordernissen, die sich aus dem Transitabkommen mit der den Vereinbarungen mit dem Westberliner Senat ergebenden neuen Bedingungen und die daraus abzuleitenden politisch-operativen Aufgaben und Maßnahmen und - andere, aus der Entwicklung der politisch-operativen Lage beeinflußt werden und somit eine ständige analytische Arbeit voraussetzen. Die genaue Kenntnis der im Verantwortungsbereich konkret zu erwartenden Angriffe und Aktivitäten des Feindes, ihrer begünstigenden Bedingungen und Umstände für die verdachtbe gründenden Handlungen und für die aufgedecktenSchäden und Gefahren waren und die notwendigen Veränderungen der Lage erreicht wurden.

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