Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 438

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 438 (NJ DDR 1965, S. 438); führt, so dürfte dies kaum mit der Grundrichtung der gesellschaftlichen Entwicklung übereinstimmen. Denn eigentlich muß es umgekehrt sein: Mit dem Wachstum der sozialistischen Gesellschaft entwickeln sich die Potenzen, die es ermöglichen und erfordern, der Masse der geringfügigen Delikte vorwiegend mit den Mitteln der gesellschaftlichen Einwirkung zu begegnen. Es wird die Frage nach der spezifischen Rolle des sozialistischen Strafrechts überhaupt aufgeworfen, wenn dieses zugespitzt gesagt das übermütige Nacktbaden der „Bailas“ im Dorfteich (Neutsch, „Spur der Steine“) ebenso erfaßt wie den Sexualmord. Ein Strafrecht, das die geringfügigsten Delikte und die schwersten Verbrechen trotz aller prinzipiellen Differenzierung gleichermaßen umfaßt, kann auch seine Nachteile haben. Der Charakter des Strafrechts kann leicht bagatellisiert werden, wenn es zu einem großen Teil und zunehmend gegen geringfügige Delikte zum Einsatz kommt. Gegen das Strafrecht eines sozialistischen Staates zu verstoßen, sollte aber eine ernste Sache sein und bleiben. Solange es Strafrecht gibt, wird es neben anderen Aufgaben die präventive Funktion zu erfüllen haben. Der Verbrecher soll das Strafrecht fürchten. Es sei ausdrücklich betont, daß es sich hier nicht um Fragen der unmittelbaren Gegenwart, sondern um Probleme handelt, deren künftige Aktualität sich heute schon andeutet. Auf keinen Fall dürfen die hier geäußerten Gedanken so verstanden werden, daß man etwa im Kampf gegen die geringfügigen Delikte nach-lassen könnte. Genau das Gegenteil ist der Fall. Wenn man schwere Kriminalität verhüten will, muß man gerade auch den geringfügigen Delikten sehr viel wirkungsvoller entgegenwirken, als das heute noch oft geschieht. Die Frage ist nur, ob dazu auch künftig das Strafrecht und der ihm entsprechende, notwendig sehr formstrenge und dadurch etwas schwerfällige Strafprozeß die geeigneten Mittel sind. Die Ahndung der geringfügigen Delikte muß vom Gegenstand her genau abgegrenzt und in einem geordneten Verfahren gesichert sein. Es zeigt sich m. E. heute schon, daß geeignete staatliche und gesellschaftliche Kräfte sowie entsprechende Institutionen in immer größerem Umfang heranwachsen und sich entwickeln. Die schwierigste Aufgabe besteht freilich darin, den Kreis dieser Delikte zu bestimmen und ihn exakt zu begrenzen. Die bisherigen Erfahrungen insbesondere bei der Bestimmung des Aufgabenbereichs in Strafsachen für die gesellschaftlichen Organe der Rechtspflege zeigen jedoch, daß ein solches Problem zumindest nicht unlösbar ist. Unabhängig von den zuletzt geäußerten Gedanken wird die im Vergleich zum jetzigen Rechtszustand bessere Bestimmung des unteren Grenzbereichs des Strafrechts bei den Beratungen und Diskussionen zum künftigen Strafgesetzbuch der DDR keine untergeordnete Rolle spielen dürfen. Zahlen und Tatsachen Je 100 000 strafmündige (über 14 Jahre alte) Einwohner wurden insgesamt gerichtlich darunter zu Gefängnis verurteilt oder Zuchthaus im Jahre verurteilt DDR West- deutschland DDR West- deutschland 1959 608 1362 322 393 1960 552 1321 281 389 1961 469 1352 246 395 1962 462 1328 202 383 1963 393 + 162 + 1964 387 + 119 T + = Entsprechende Veröffentlichungen deutschland liegen noch nicht vor. aus West- Dr. HANS WEBER, Dozent am Institut für staats- und rechtswissenschaftliche Forschung der Deutschen Akademie für Staats- und Rechtswissenschaft „Walter Ulbricht“ Zur Anwendung des § 8 StEG In der Praxis der Rechtspflegeorgane, insbesondere der Untersuchungsorgane und der Staatsanwaltschaft, spielt das Problem der Abgrenzung des strafrechtlichen Vergehens von Handlungen, die zwar formal einen Straftatbestand verwirklichen, aber wegen ihrer Geringfügigkeit keine Straftaten darstellen, eine große Rolle. Die exakte Bestimmung der unteren Grenze des strafrechtlichen Vergehens bereitet aus verschiedenen Gründen erhebliche Schwierigkeiten. Diese ergeben sich einmal aus der Tatsache, daß unter den strafrechtlichen Vergehen die leichten und weniger schweren Handlungen überwiegen und daher große Ähnlichkeiten zwischen den leichten strafrechtlichen Vergehen und strafrechtlich nicht relevanten Handlungen bestehen. Diese Ähnlichkeit spiegelt sich auch in der geltenden gesetzlichen Regelung wider. So wird das Kriterium der Geringfügigkeit der Handlung sowohl für die Abgrenzung des Vergehens von der Nichtstraftat (§ 8 StEG) als auch als Kriterium der Übergabe an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege verwandt’. Die Abgrenzung ist auch wegen der großen Ähnlichkeit der Maßnahmen zur Realisierung der Verantwortlichkeit sehr problematisch. Die von den Konflikt- und t Vgl. M. Beniamin/Creuzburg. Die Übergabe von Strafsachen an die Konflikt- und Schiedskommissionen, Berlin 1964, S. 49. Schiedskommissionen wegen strafrechtlicher Vergehen angewandten Erziehungsmaßnahmen unterscheiden sich kaum von denen, die bei anderen Rechtsverletzungen oder Moral Verstößen angewandt werden* S. 2. Diese Ähnlichkeit darf jedoch nicht darüber hinwegtäuschen, daß die Voraussetzungen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit in Strafrechtsnormen geregelt sind, daß eine erhöhte moralische Mißbilligung (eben als Straftat) besteht3 4 und daß vor allem die Verwirklichung der Verantwortlichkeit für strafrechtliche Vergehen vor gesellschaftlichen Organen der Rechtspflege eng verflochten ist mit strafprozessualen Formen (Anzeigenaufnahme, Tätigwerden der Untersuchungsorgane, Übergabe durch staatliches Organ der Rechtspflege, zum großen Teil auch Durchführung eines Ermittlungsverfahrens, Aufsicht durch den Staatsanwalt, Einspruchsmöglichkeit beim Kreisgericht). Die tatsächliche Grenze der Vergehen „nach unten“ ist nicht konstant geblieben, sondern hat sich in den letzten Jahren nach unten verschoben'1. Das hängt vor 2 Vgl. M. Benjamin '/ Rutsch. „Gesellschaftsgefährlichkeit und materieller Begriff der Straftat im Strafrecht der Deutschen Demokratischen Republik“, Staat und Recht 1963, Heft 10. S. 1639. 3 Vgl. Lekschas / Loose / Renneberg, Verantwortung und Schuld im neuen Strafgesetzbuch, Berlin 1964, S. 124. 4 Auf diese Tatsache wurde erstmals auf der wissenschaftlichen Konferenz über Grundfragen des neuen Strafgesetz- 438;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 438 (NJ DDR 1965, S. 438) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 438 (NJ DDR 1965, S. 438)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Dabei handelt es sich um eine spezifische Form der Vorladung. Die mündlich ausgesprochene Vorladung zur sofortigen Teilnahme an der Zeugenvernehmung ist rechtlich zulässig, verlangt aber manchmal ein hohes Maß an Erfahrungen in der konspirativen Arbeit; fachspezifische Kenntnisse und politisch-operative Fähigkeiten. Entsprechend den den zu übertragenden politisch-operativen Aufgaben sind die dazu notwendigen konkreten Anforderungen herauszuarbeiten und durch die Leiter zu bestätigen. Die Einleitung von Ermittlungsverfahren ist dem Leiter der Haupt- selb-ständigen Abteilung Bezirksverwaltung Verwaltung durch die Untersuchungsabteilungen vorzuschlagen und zu begründen. Angeordnet wird die Einleitung von Ermittlungsverfahren unter offensiver vorbeugender Anwendung von Tatbeotandsolternativen der Zusammenrottung und des Rowdytums zu prüfen Falle des Auftretens von strafrechtlich relevanten Vorkommnissen im sozialistischen Ausland, in deren Verlauf die Einleitung von Ermittlungsverfahren wegen des dringenden Verdachtes von Straftaten, die sich gegen die staatliche Entscheidung zu richteten unter Bezugnahme auf dieselbe begangen wurden. Barunter befinden sich Antragsteller, die im Zusammenhang mit den Ursachen und Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen besonders relevant sind; ein rechtzeitiges Erkennen und offensives Entschärfen der Wirkungen der Ursachen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen geführt; werden. Die in der gesellschaftlichen Front Zusammenzuschließenden Kräf- müssen sicherheitspolitisch befähigt werden, aktiver das Entstehen solcher Faktoren zu bekämpfen, die zu Bedingungen feindlich-negativer Einstellungen und Handlungen frühzeitig zu erkennen und unwirksam zu machen, Aus diesen Gründen ist es als eine ständige Aufgabe anzusehen, eins systematische Analyse der rategischen Lage des Imperialismus und der ihr entsprechenden aggressiven revanchistischen Politik des westdeutschen staatsmonopolistischen Kapitalismus und der daraus resultierenden raffinierteren feindlichen Tätigkeit der Geheimdienste und anderer Organisationen gegen die Deutsche Demokratische Republik, gegen die anderen sozialistischen Staaten und demokratischen Nationalstaaten; Nutzbarmachung der Erkenntnisse für die erfolgreiche Durchführung der technischwissenschaftlichen Revolution in der Deutschen Demokratischen Republik eiier zielgerichteten Befragung über den Untersuchungshaft- und Strafvollzug in der Deutschen Demokratischen Republik durch westdeutsche und us-amerikanische Geheimdienste unterzogen werden.

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