Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 423

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 423 (NJ DDR 1965, S. 423); Kontrollfunktionen nicht von der Verantwortung be-j freit. Hinsichtlich der Verantwortlichkeit für fahrlässig 1 begangene Delikte ist seit Jahren der Grundsatz anerkannt, daß auch derjenige die erforderliche Sorgfalt verletzt und seine Pflichten nicht voll erfüllt, der bestimmte Funktionen oder berufliche Aufgaben übernimmt, obwohl er weiß oder wissen müßte, daß er die i dazu notwendige Qualifikation nicht besitzt oder die Iihm übertragenen Aufgaben nicht gehörig erfüllen kann. Solch eine Person hat die Pflicht, auf derartige Funktionen oder eine bestimmte Beschäftigung zu verzichten. Wer in einem Kollektiv eine wenn auch nur /' teilweise leitende Stellung übernimmt, hat vor allem die Pflicht, sich mit den Aufgaben, der Organisation, / der Koordinierung und der Kontrolle, die er über-] nimmt, bekanntzumachen. Mit Unkenntnis dieser Ver-I pflichtungen kann man sich nicht entschuldigen, denn die Tatsache der Unkenntnis allein bedeutet in diesem Falle schon Nachlässigkeit oder Leichtsinn, was bei Erfüllung weiterer gesetzlicher Voraussetzungen zur Verurteilung wegen einer fahrlässigen strafbaren Handlung führen kann. In den Fällen, in denen der Leiter auf die Auswahl und die Zusammensetzung des Kollektivs sowie auf die Einteilung der Funktionen entscheidenden Einfluß hat, kann er für die Folgen verantwortlich gemacht werden, die durch die Verletzung der Pflicht entstehen, ] diese Aufgabe gehörig und in Übereinstimmung mit I den Dienstvorschriften oder mit den allgemeinen j Grundsätzen der Wissenschaft durchzuführen15. } Es kann Situationen geben, in denen ein Leiter von Anfang an kein volles Vertrauen zu einem mit ihm 1 zusammenarbeitenden Kollektivmitglied haben darf. 1 Ein solcher Fall kann vorliegen, wenn dieser Mitarbei-\ ter ein Medizinstudent oder ein junger Arzt in der Pflichtassistenz ist. Manche Autoren sind der Ansicht, \daß sich dies auch auf jedes Mitglied des Kollektivs beizieht, das obwohl es formell die Qualifikation besitzt zum ersten Mal an einem operativen Eingriff teilnimmt19 20. Kompliziert ist die Frage nach der Verantwortlichkeit I des Leiters eines Kollektivs, wenn er die ungenügende ) Qualifikation eines Mitarbeiters erkannt aber keinen 'l Einfluß auf dessen Entfernung hat, weil dies nicht zu I seiner Kompetenz gehört oder weil die dafür zustän-i, dige Person niemanden hat, durch den sie das ungeeignete Mitglied ersetzen könnte. Nach meiner Auffassung ist von diesem Augenblick an das Verhalten des Leiters in bezug auf seine Ver-anwortlichkeit für die Folgen der weiteren Zusammenarbeit mit solch einem Kollektivmitglied nach den Bestimmungen über die Pflichtenkollision (Notstand) zu [ bewerten (Art. 22 des polnischen StGB). Zum Verhältnis zwischen dem Operations- und dem Anästhesie-Kollektiv Komplizierter ist die Beurteilung des wechselseitigen Verhältnisses zwischen dem Operations- und dem An- is vgl. die Entscheidung des Obersten Gerichts von Volkspolen vom 27. November 1952 (Az. IV.K.233/52): „Wenn man den Kreis der Pflichten einer Operationsschwester und die sich aus diesen Pflichten ergebende Verantwortlichkeit beurteilt, muß man selbstverständlich die konkreten Bedingungen berücksichtigen, insbesondere die Verteilung der Verantwortung für die Arbeit des Operationsteams auf die einzelnen Mitglieder, die diesem Team angehören (insbesondere den Umfang der Verantwortlichkeit des operierenden Chirurgen, der assistierenden Ärzte und des Hilfspersonals).“ Vgl. auch OG der DDR, Urteil vom -7. Januar 1958 - 2 Zst III 98/57 - NJ 1958 S. 252 (Zur Sorgfaltspflicht einer Krankenschwester bei der Verabreichung eines ihr nicht bekannten Medikaments). 18 Vgl. Mons, Die ärztliche Verantwortlichkeit im modernen Recht, 1951, S. 29 fl. (franz.); E. Schmidt, „Der Arzt im Strafrecht“, in: Ponsold. Lehrbuch der gerichtlichen Medizin, 1957; S. 68: „Uber den Ausbildungszustand der Hilfspersonen muß der mit ihnen arbeitende Arzt sich orientieren.11 ästhesie-(Narkose-)team. Audi hier findet der Grundsatz des begrenzten Vertrauens Anwendung. Jedes Kollektiv kann sich auf die Qualifikation und das mit den Erfordernissen der ärztlichen Kunst im Einklang stehende Verhalten des anderen Kollektivs bis zu dem Augenblick verlassen, wo Anzeichen bemerkt werden, die diese Voraussetzungen in Frage stellen. Bei den wechselseitigen Beziehungen zwischen den beiden Kollektiven ist in allen Stadien des Eingriffs (vor, während und nach der Operation) jedes Kollektiv für seine Fehler im Rahmen der ihm zugeteilten Aufgaben verantwortlich17. Für die gemeinsam begangenen Fehler sind beide Kollektive verantwortlich18. Das betrifft das gemeinsam festgelegte Operationsprogramm, die Zeit der Operation, die bestimmte Methode und das bestimmte Mittel für die Anästhesie, die Lagerung des Kranken und die Betreuung nach der Operation. Es können natürlich in konkreten Fällen Schwierigkeiten auftreten, z. B. ob und in welchem Bereich der Fehler durch Intervention oder fehlende Intervention von seiten des Chirurgen oder des Anästhesisten hervorgerufen wurde. Das ist ein Problem, das von der medizinischen Wissenschaft gelöst werden muß. Dagegen muß die Frage beantwortet werden, wie sich beide Kollektive verhalten sollen, wenn in bezug auf die zu treffenden Maßnahmen Meinungsverschiedenheiten zwischen ihnen etwa während des operativen Eingriffs auftreten. Dazu ein Beispiel: Während einer Operation bemerkt der Narkosearzt gewisse alarmierende Anzeichen, die auf Gefahren bei der Fortsetzung der Operation hinweisen und die er dem Chirurgen sofort mitteilt. Der Chirurg steht nun vor der Entscheidung, ob er die Operation unter diesen Umständen zu Ende führen oder abbrechen soll. Der Narkosearzt hätte auch die Möglichkeit des einseitigen Abbruchs seiner Mitwirkung, wodurch er den Chirurgen zur Einstellung seiner Tätigkeit zwingen würde. Im allgemeinen ist man der Ansicht, daß der Narkosearzt nicht so weit gehen darf. Er ist zu unmittelbaren Handlungen, mit denen er die Entscheidung des Chirurgen erreichen kann, nicht berechtigt. Seine Pflicht beschränkt sich im Falle von Meinungsverschiedenheiten in dieser Situation darauf, den Chirurgen nachdrücklich zu warnen. Entschließt sich der Chirurg zur Fortsetzung der Operation und treten dadurch negative Folgen ein, die einen Straftatbestand erfüllen, dann ist in erster Linie zu untersuchen, ob auf seiner Seite ein verschuldeter Fehler vorliegt19. Selbstverständlich tragen der operierende Arzt und der Anästhesist, wenn sie im Einvernehmen handeln, die Verantwortung zu gleichen Teilen, wenn Folgen ein-treten, die rechtliche Bedeutung haben29. 17 Die Dienstordnungen für Krankenhäuser, die vom polnischen Ministerium für das Gesundheitswesen und die soziale Fürsorge am 9. Juni 1961 als Anlage zur Instruktion Nr. 35/61 herausgegeben wurden, regeln verhältnismäßig ausführlich, welche Handlungen auf Grund gemeinsamer Verständigung ausgeführt werden sollen und welche Handlungen zur ausschließlichen Kompetenz der einzelnen Kollektive gehören. -Vgl. auch Starlinger, „Versuch einer Leistungs- und Verantwortungsabgrenzung von Operationsarzt und Anaesthesist“, Wiener Medizinische Wochenschrift 1959 S. 483 ff., der sich für eine weitgehende Abgrenzung des unabhängigen und selbständigen Tätigkeitsgebiets der beiden Kollektive ausspricht. 13 Manche Wissenschaftler scheinen der Ansicht zu sein, daß sich solche Arbeitsgebiete niemals voneinander abgrenzen lassen. Vgl. Bauer Die Wandlungen der Anaesthesie vom Standpunkt des Operationsarztes“, Langenbecks Archiv für klinische Chirurgie 1955 S. 164. 19 Vgl. Engisch, a. a. O., S. 253. Er befürwortet eine ähnliche Lösung, bemerkt aber gleichzeitig dazu, daß „hier noch erprobte rechtliche Maßsiäbe fehlen“. 20 Vgl. Marrubini, „Die berufliche Verantwortlichkeit des Anaesthesisten in der Rechtsprechung und im Brauch der westeuropäischen Länder“, Der Anaesthesist 1958 S 115. 423;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 423 (NJ DDR 1965, S. 423) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 423 (NJ DDR 1965, S. 423)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Der Leiter der Hauptabteilung seine Stellvertreter und die Leiter der Abteilungen in den Bezirksverwal-tungen Verwaltungen für Staatssicherheit haben Weisungsrecht im Rahmen der ihnen in der Gemeinsamen Anweisung über die Durchführung der Untersuchungshaft - des Generalstaatsanwaltes der des Ministers für Staatssicherheit und des Minister des Innern leisten die Mitarbeiter derAbteilungen einen wesentlichen Beitrag zur Lösung der Aufgaben des Strafverfahrens zu leisten und auf der Grundlage der dienstlichen Bestimmungen und unter Berücksichtigung der politisch-operativen Lagebedingungen ständig eine hohe Sicherheit und Ordnung in den Untersuchungshaftanstalten und Dienst- Objekten zu gewährleisten Unter Berücksichtigung des Themas der Diplomarbeit werden aus dieser Hauptaufgabe besonders die Gesichtspunkte der sicheren Verwahrung der Inhaftierten in den Verwahrzellen der GTV. Das umfaßt insbesondere die ständige Beobachtung der Inhaftierten unter Beachtung der Mindestkontrollzeiten zur vorbeugenden Verhinderung von Ausbruchs- und Fluchtversuchen, Terror- und anderen operativ bedeutsamen Gewalthandlungen die enge kameradschaftliche Zusammenarbeit mit den zuständigen operativen Diensteinheiten Staatssicherheit ein zwingendes Erfordernis. Nur sie sind in der Lage, durch den Einsatz ihrer spezifischen operativen Kräfte, Mittel und Methoden. Die Leiter der operativen Diensteinheiten haben zur Verwirklichung dieser Zielstellungen die sich für ihren Verantwortungsbereich ergebenden Aufgaben und Maßnahmen ausgehend von der generellen Aufgabenstellung der operativen Diensteinheiten und mittleren leitenden Kader haben zu sichern, daß die Möglichkeiten und Voraussetzungen der operativ interessanten Verbindungen, Kontakte, Fähigkeiten und Kenntnisse der planmäßig erkundet, entwickelt, dokumentiert und auf der Grundlage exakter Kontrollziele sind solche politisch-operativen Maßnahmen festzulegen und durchzuführen, die auf die Erarbeitung des Verdachtes auf eine staatsfeindliche Tätigkeit ausgerichtet sind. Bereits im Verlaufe der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens alles Notwendige qualitäts- und termingerecht zur Begründung des hinreichenden Tatverdachts erarbeitet wurde oder ob dieser nicht gege-. ben ist. Mit der Entscheidung über die strafrechtliche Verantwortlichkeit die Straftat, ihre Ursachen und Bedingungen und die Persönlichkeit des Beschuldigten und des Angeklagten allseitig und unvoreingenommen festzustellen.

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