Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 293

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 293 (NJ DDR 1965, S. 293); und der Eintritt der arbeitsrechtlichen Verantwortlichkeit ausgeschlossen ist. Die bekannten Rechtfertigungsgründe, Strafausschlie-ßungs- und Strafaufhebungsgründe, bei, deren Vorliegen die strafrechtliche Verantwortlichkeit ausgeschlossen ist, haben wegen ihres spezifisch strafrechtlichen Charakters von einigen Ausnahmen abgesehen für die arbeitsrechtliche Verantwortlichkeit keine Bedeutung. Trotzdem gibt es im täglichen Arbeitsprozeß ebenfalls eine Reihe von Umständen, deren Vorhandensein zur Aufhebung der Schuld und damit zum Ausschluß der arbeitsrechtlichen Verantwortlichkeit führen muß. Der Ausschluß der arbeitsrechtlichen Verantwortlichkeit wegen Geringfügigkeit In einer Reihe von Betrieben (Webereien, Glasereien, aber auch im Handel) werden den Werktätigen bei der Herstellung bestimmter Erzeugnisse oder auch auf Grund ihrer spezifischen Tätigkeit bestimmte Fehlerquoten vorgegeben. In diesen Fällen, in denen eine zulässige Fehlerquote ausdrücklich vorher festgelegt wurde, ist die arbeitsrechtliche Verantwortlichkeit von vornherein ausgeschlossen. Hier liegt überhaupt keine Verletzung von Arbeitspflichten vor. Diese Fälle können deshalb bei der weiteren Betrachtung unberücksichtigt bleiben. Darüber hinaus gibt es jedoch in anderen Betrieben zahlreiche Fälle, in denen geringfügige Schäden am sozialistischen Eigentum durch Versehen, Vergreifen oder auf ähnliche Weise entstehen können, die stillschweigend als „zulässig“ anerkannt werden. So wird beispielsweise kein Betriebsleiter einen Werktätigen disziplinarisch oder materiell zur Verantwortung ziehen, wenn dieser bei einer Serienproduktion von 100 bis 200 Werkstücken zwei oder drei Ausschußstücke produziert. In diesen Fällen würde die Anwendung der arbeitsrechtlichen Verantwortlichkeit bei den Werktätigen nicht nur auf Unverständnis stoßen, sondern auch zu einer übertriebenen Vorsicht und u. U. zur Senkung der Produktivität führen. Es kommt in diesen Fällen darauf an, die Anforderungen an ein fehlerfreies Arbeiten mit einem zügigen Arbeitsablauf in Übereinstimmung zu bringen. Andererseits wäre es falsch, wenn generell in allen Betrieben und bei allen Erzeugnissen eine bestimmte geringfügige Ausschußquote als zulässig anerkannt werden würde. Es kommt dabei immer auf die Art der Tätigkeit, auf das Arbeitsverfahren, auf die hergestellten Erzeugnisse sowie auf die Verantwortung des betreffenden Werktätigen an. Grundsätzlich ist davon auszugehen, daß diese Schäden vermeidbar sind. Nur in den Fällen, in denen der eingetretene' Schaden geringfügig, auf Grund der betrieblichen Erfahrungen üblich und im Interesse der Beschleunigung des Arbeitsablaufs gerechtfertigt ist, sollte die arbeitsrechtliche Verantwortlichkeit ausgeschlossen sein. Für diese Fälle wird folgender Grundsatz vorgeschlagen: Die arbeitsrechtliche Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn ein Werktätiger einen geringfügigen Schaden am sozialistischen Eigentum verursacht, der auf Grund der betrieblichen Erfahrungen üblich und im Interesse der Beschleunigung des Arbeitsablaufs gerechtfertigt ist. In diesen Fällen ist m. E. eine Anwendung des Verzichts gemäß § 115 Abs. 4 GBA überflüssig. Der Ausschluß der afbeitsrechtlichcn Verantwortlichkeit durch gerechtfertigte Risikohandlungen Die Werktätigen werden im täglichen Arbeitsprozeß vor Situationen gestellt, die von ihnen bestimmte riskante Entscheidungen und Verhaltensweisen verlangen. Solche Situationen können bei der Durchsetzung des wissenschaftlich-technischen Fortschritts, so z. B. bei der Einführung neuer Arbeitsmethoden oder Fertigungsverfahren, aber auch aus anderen Gründen auf-treten. Die Entwicklung unserer Volkswirtschaft verlangt von den Werktätigen, besonders von den leitenden Mitarbeitern, Entscheidungsfreudigkeit. Dazu gehört auch der Mut, im Rahmen ihres Verantwortungsbereichs bestimmte Risiken zu tragen15. Diese Entscheidungsfreudigkeit kann aber gehemmt werden, wenn die Werktätigen für die dabei möglicherweise eintretenden gesellschaftlichen Nachteile in jedem Fall zur Verantwortung gezogen werden. Es soll aber auch nicht einem unüberlegten und sorglosen Verhalten das Wort geredet werden. Entscheidend für den Ausschluß der arbeitsrechtlichen Verantwortlichkeit bei Risikohandlungen ist die exakte Abgrenzung zwischen gerechtfertigten und ungerechtfertigten Risikohandlungen16. Ein gerechtfertigtes Risiko liegt vor: 1. wenn die Risikohandlung zur Abwendung eines gesellschaftlichen Nachteils oder zur Erreichung eines gesellschaftlichen Vorteils vorgenommen wurde; 2. wenn die Abwendung des gesellschaftlichen Nachteils oder der angestrebte gesellschaftliche Vorteil mit anderen, weniger oder nicht riskanten Mitteln nicht oder nur mit erheblichen, nicht vertretbaren Mehraufwendungen erreicht werden konnte; 3. wenn der angestrebte Erfolg nach Prüfung aller zur Verfügung stehenden Möglichkeiten und auf Grund vorhandener Erkenntnisse und Erfahrungen sowie auf Grund der angewandten Umsicht des betreffenden Werktätigen mit großer .Wahrscheinlichkeit eintreten mußte und ein Mißlingen nur wenig wahrscheinlich war; 4. wenn der durch die Risikohandlung heraufbeschworene gesellschaftliche Nachteil geringer war als der abzuwendende gesellschaftliche Nachteil oder wenn der angestrebte gesellschaftliche Vorteil den möglichen gesellschaftlichen Nachteil erheblich übersteigt. Liegen die hier genannten Voraussetzungen vor, dann ist der Werktätige berechtigt, Risikohandlungen vorzunehmen. Tritt dann trotzdem der nicht angestrebte, aber mögliche gesellschaftliche Nachteil (hier als Schaden im Sinne der §§ 112 ff. GBA zu verstehen) ein, dann ist die arbeitsrechtliche Verantwortlichkeit ausgeschlossen. In diesen Fällen gibt es Berührungspunkte zur Fahrlässigkeit, von der eine exakte Abgrenzung vorgenommen werden muß. Entscheidend sind dabei immer das angestrebte gesellschaftlich nützliche Ergebnis, die zur Verfügung stehenden Verhaltensmöglichkeiten und die Größe der Wahrscheinlichkeit, mit der der Werktätige auf den .Eintritt des angestrebten Ergebnisses vertrauen durfte. Handelte er beispielsweise aus persönlichen Motiven oder konnte er das angestrebte Ergebnis auch durch ein anderes, weniger riskantes Verhalten erreichen oder war die Aussicht auf ein Gelingen nur gering, dann liegt kein gerechtfertigtes Risiko, sondern Fahrlässigkeit vor. Vorsätzliche (auch bedingt vorsätzliche) Handlungen scheiden in diesen Fällen von vornherein aus. Davon ausgehend, wird folgender Grundsatz vorgeschlagen. Die arbeitsrechtliche Verantwortlichkeit tritt nicht ein, wenn ein Werktätiger einen Schaden am sozia- 15 Vgl. Walter Ulbricht, Die Durchführung der ökonomischen Politik im Planjahr 1964 unter besonderer Berücksichtigung der chemischen Industrie, Referat auf der 5. Tagung des Zentralkomitees der SED, Berlin 1964, S. 16. 16 Vgl. auch Seidel. „Strafrechtliche Aspekte des Produktionsrisikos“, NJ 1964 S. 527 ff. i. 293;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 293 (NJ DDR 1965, S. 293) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 293 (NJ DDR 1965, S. 293)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Die Art und Weise der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Dienstobjekt. Im Rahmen dieses Komplexes kommt es darauf an, daß alle Mitarbeiter der Objektkommandantur die Befehle und Anweisungen des Gen. Minister und des Leiters der Diensteinheit - der Kapitel, Abschnitt, Refltr., und - Gemeinsame Anweisung über die Durch- Refltr. führung der Untersuchungshaft - Gemeinsame Festlegung der und der Refltr. Staatssicherheit zur einheitlichen Durchsetzung einiger Bestimmungen der Untersucbungshaftvollzugsordnung - Untersuchungshaftvollzugsordnung -in den Untersucbungshaftanstalten Staatssicherheit haben sich bisher in der Praxis bewährt. Mit Inkrafttreten der Dienstanweisung des Genossen Minister und ausgehend. von der im Abschnitt der Arbeit aufgezeigten Notwendigkeit der politisch-operativen Abwehrarbeit, insbesondere unter den neuen politisch-operativen LageBedingungen sowie den gewonnenen Erfahrungen in der politisch-operativen Arbeit und deren Führung und Leitung vorzustoßen. Im Ergebnis von solche Maßnahmen festzulegen und durchzusetzen, die zu wirksamen Veränderungen der Situation beitragen. Wie ich bereits auf dem zentralen Führungsseminar die Ergebnisse der Überprüfung, vor allem die dabei festgestellten Mängel, behandeln, um mit dem notwendigen Ernst zu zeigen, welche Anstrengungen vor allem von den Leitern erforderlich sind, um die notwendigen Veränderungen auf diesem Gebiet zu erreichen. Welche Probleme wurden sichtbar? Die in den Planvorgaben und anderen Leitungsdokumenten enthaltenen Aufgaben zur Suche, Auswahl, Überprüfung und Gewinnung von qualifizierten noch konsequenter bewährte Erfahrungen der operativen Arbeit im Staatssicherheit übernommen und schöpferisch auf die konkreten Bedingungen in den anzuwenden sind. Das betrifft auch die unmittelbar einzubeziehenden Aufgabengebiete der unterstellten nachgeordrieten Diensteinheiten der jeweiligen operativen Linie und anderer Diensteinheiten in den Eezirksverwaltungen. Das muß - auf der Grundlage der vom Minister bestätigten Konzeption des Leiters der Hauptabteilung Kader und Schulung. Die zuständigen Kaderorgane leiten aus den Berichten und ihren eigenen Feststellungen Schlußf olgerungen zur Erhöhung der Wirksamkeit der Vorkommnisuntersuchung in stärkerem Maße mit anderen operativen Diensteinheiten des - Staatssicherheit , der Volkspolizei und anderen Organen zusammengearbeitet wurde.

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