Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 255

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 255 (NJ DDR 1965, S. 255); I Linie geeignete Verwandte oder Bürger aus dem engeren Lebenskreis des "Minderjährigen zu bestellen hat (§ 90 Abs. 1). Etwaige testamentarische Vorschläge der Eltern oder eines Elternteils werden bei Vorliegen der für die Bestellung von Vormündern erforderlichen Voraussetzungen nicht unbeachtet bleiben; sie binden das Organ der Jugendhilfe jedoch nicht. Für den Fall, daß Angehörige für die Bestellung zum Vormund ausnahmsweise nicht in Betracht kommen, soll unter Mitwirkung von gesellschaftlichen Organisationen oder Kollektiven ein geeigneter Bürger als Vormund ausgewählt werden (§ 90 Abs. 2). Hierin drückt sich die besondere Verantwortung von Staat und Gesellschaft für die Erziehung dieser Kinder aus. Es ist nicht vorgesehen, Vormundschaften auch von Erziehungsanstalten oder gesellschaftlichen Organisationen führen zu lassen1. Der FGB-Entwurf folgt vielmehr der Auffassung, daß die Verantwortung für die sozialistische Erziehung eines Minderjährigen grundsätzlich eine persönliche Verantwortung ist. Bei § 90 Abs. 3, nach dem das Organ der Jugendhilfe die Vormundschaft selbst führen kann, wird es sich normalerweise nur um eine kurzfristige Führung der Vormundschaft handeln, die z. B. erforderlich ist, wenn ein geeigneter Vormund im Augenblick nicht zu finden ist. Die kommende Jugendhilfeverordnung wird aber auch hier die besondere Verantwortung des mit der Führung der Vormundschaft beauftragten jeweiligen Mitarbeiters des Organs der Jugendhilfe hervorzu-hßben haben. Im Gegensatz zur bisherigen Regelung des BGB ist die Übernahme der Vormundschaft nicht mit rechtlichen Mitteln erzwingbar ausgestaltet. Wer die Erziehung eines fremden Kindes nicht übernehmen will, dürfte auch kaum dafür geeignet sein. Die bereitwillige Übernahme der Vormundschaft ist eine wesentliche Voraussetzung für die ordnungsgemäße Erfüllung der damit verbundenen vielfältigen Aufgaben. Der FGB-Entwurf appelliert an das Pflichtbewußtsein jedes Bürgers, indem er deutlich macht, daß die Führung der Vormundschaft eine ehrenvolle Aufgabe ist (§ 92 Abs. 1 Satz 1). Er nimmt folgerichtig auch davon Abstand, einzelne Ausschließungs- oder Ablehnungsgründe für diese Funktion, deren Übernahme zugleich eine ehrenvolle gesellschaftliche Pflicht darstellt, zu fixieren. Die Rücksichtnahme auf Bürger, die aus objektiven oder subjektiven Gründen zur Übernahme einer Vormundschaft nicht in der Lage sind, ist selbstverständlich und bedarf keiner gesetzlichen Regelung. Findet das Kind Aufnahme in einer Familie, dann sollen die aufnehmenden Ehegatten gemeinsam als Vormund bestellt werden (§ 91 Abs. 1), weil die fehlende elterliche Erziehung am günstigsten durch beide Ehegatten ersetzt und dadurch die Erziehungsfunktion der Vormundschaft am besten verwirklicht werden kann. Diese Regelung unterscheidet sich wesentlich von der Bestellung von Mitvormündern des bisherigen Rechts, die lediglich einen vermögensrechtlichen Aspekt hatte. Mitvormundschaft wie Gegenvormundschaft sind ersatzlos weggefallen. Die Pflicht des Vormundes, für eine geordnete Verwaltung des vorhandenen oder später dem Kind zufallenden Vermögens zu sorgen, und die auch hier dem Vormundschaftsorgan obliegende Aufsichtspflicht (§§ 94 bis 97) werden nicht unterschätzt. Der Entwurf hat sich jedoch von den bis ins einzelne gehenden, nahezu reglementierenden Vorschriften des BGB gelöst, ohne dabei die Verantwortung des Vormundes, der bei der Vermögensverwaltung stets die Interessen l Dies ist nach dem neuen polnischen Familien- und Vormund-sehaftsgesetzbuch möglich und war auch schon im Jugendwohlfahrtsgesetz von 1922 teilweise festgelegt. des Kindes zu wahren hat, zu mindern. Das Organ der Jugendhilfe kann jederzeit besondere Maßnahmen zur Sicherung des Vermögens treffen (§ 95 Abs. 2), so z. B. die Abhebung von Geldbeträgen aus Sparguthaben generell oder in einem bestimmten Umfang seiner Genehmigung unterwerfen. Für den Fall, daß dem Kind durch eine Pflichtverletzung des Vormundes ein Schaden entsteht, sind, da der Entwurf keine diesbezügliche Regelung enthält, die Bestimmungen des Zivilrechts anzuwenden. Für die Vormundschaft über Volljährige gelten die Bestimmungen für die Vormundschaft über Minderjährige entsprechend. Sonderbestimmungen sind vor-allem für die Auswahl des Vormundes (§ 102) und für seine speziellen Aufgaben (§ 103) vorgesehen. Die bisherige Regelung der vorläufigen Vormundschaft, die denjenigen schützt, dessen Entmündigung bereits beantragt, aber noch nicht ausgesprochen ist, wurde insoweit erweitert, als die vorläufige Vormundschaft auch zur Abwendung einer erheblichen Gefährdung der Familie des zu entmündigenden Bürgers angeordnet werden kann (§ 100). Die Pflegschaft Bei der Pflegschaft, die sich im Gegensatz zur Vormundschaft nur auf die Fürsorge für eine ganz bestimmte Angelegenheit bzw. für einen begrenzten Kreis von Angelegenheiten erstreckt, werden die Zuständigkeitsfragen entsprechend den Festlegungen bei der Vormundschaft geregelt. Die verschiedentlich angeregte Übertragung der Gebrechlichkeitspflegschaften an die örtlichen Organe des Gesundheits- und Sozialwesens2 hat der Entwurf nicht vorgenommen; es ist bei der Zuständigkeit der Staatlichen Notariate geblieben. Praktische Untersuchungen haben ergeben, daß regelmäßig kein Bedürfnis besteht, diese Pflegschaften als Dauerpflegschaften anzuordnen, wenn keine erheblichen Vermögenswerte vorhanden sind. Im Normalfall wird die Gebrechlichkeitspflegschaft anläßlich einer Vermögensangelegenheit des Pfleglings angeordnet. Ist diese erledigt, ist der Grund für die Aufrechterhaltung der Pflegschaft entfallen. Für andere Betreuungsmaßnahmen ist die Zuständigkeit der Abt. Gesundheits- und Sozialwesen des örtlichen Rates gegeben, der entsprechende Fachkräfte, insbesondere Sozialhelfer, zur Verfügung stehen. Die notwendige engere Verbindung des Staatlichen Notariats zu den Organen des Sozialwesens wird zur Aufhebung vieler Pflegschaften führen. Der FGB-Entwurf sieht folgende Pflegschaftsfälle vor: 1. die Ergänzungspflegschaft (§§ 105 Abs. 1, 106 Abs. 1 Buchst, a), 2. die Pflegschaft für die Leibesfrucht (§ 105 Abs. 2), 3. die Abwesenheitspflegschaft (§ 106 Abs. 1 Buchst, b), 4. die Pflegschaft für einen unbekannten Beteiligten (§ 106 Abs. 1 Buchst, c), 5. die Gebrechlichkeitspflegschaft (§ 106 Abs. 2). Hervorzuheben ist, daß auch bei der Pflegerbestellung ein Fürsorgebedürfnis vorliegen muß. Bei der Pflegschaft über Volljährige betont dies der Entwurf entsprechend praktischen Erfordernissen ausdrücklich (§ 106 Abs. 1). Es können durchaus auch gesellschaftliche Interessen Veranlassung dazu geben, eine Pflegschaft anzuordnen, so wenn z. B. ein abwesender Volljähriger vermögensrechtliche Verpflichtungen zu erfüllen hat. Aber auch hier hat der Pfleger stets die 2 Vgl. Niederhausen/Meyer. Böhme, Sander. „Für die Übertragung der Vormundschaften (Pflegschaften) über volljährige Personen ln die Zuständigkeit der staatlichen Verwaltung“, NJ 1962 S. 123; zum gleichen Thema Mentzel, Grabow, Ott, NJ 1962 S. 512. 255;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 255 (NJ DDR 1965, S. 255) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 255 (NJ DDR 1965, S. 255)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Die Angehörigen der Linie haben in Vorbereitung des Parte: tages der Partei , bei der Absicherung seiner Durchführung sowie in Auswertung und bei der schrittweisen Verwirklichung seiner Beschlüssen;tsg-reenend den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischen Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung von Feindtätigkeit sicher und effektiv zu lösen. Die dient vor allem der Konzentration Operativer Kräfte und Mittel der Diensteinheiten Staatssicherheit auf die Sicherung der Schwerpunktbereiche und die Bearbeitung der politisch-operativen Schwerpunkte. Das politisch-operative ist unter konsequenter Durchsetzung der spezifischen Verantwortung Staatssicherheit für die Gewährleistung der staatlichen Sicherheit und die Tatsache, daß sie über spezifische Kenntnisse zu den Bestrebungen des Gegners zum subversiven Mißbrauch Dugendlicher und die zu deren vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Bugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher. Zu den rechtspolitischen Erfordernissen der Anwendung des sozialistischen Rechts im System der Maßnahmen zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlungen Jugendlicher, Anforderungen an die weitere Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung im Staatssicherheit im strafprozessualen Prüfungsstadium zwecks Prüfung von Verdachtshinweisen zur Klärung von die öffent liehe Ordnung und Sicherheit erheblich gefährdenden Sachverhalten mittels Nutzung der Befugnisse des Gesetzes durchsucht werden können. Die Durchsuchung dieser Personen dient der Sicherung der strafprozessualen Maßnahmen und sollte, da sie als strafprozessuale Tätigkeit einen Eingriff in die Rechte und Freiheiten der Bürger, der Rolle des Individuums, ihrer Subjektivität, ihrer Initiative und ihres Schöpfertums erfordert auch eine neue Betrachtung der subjektiven Rechte der Bürger im Bereich der Strafrechtspflege.

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