Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 188

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 188 (NJ DDR 1965, S. 188); Bei dem Walzenwechsel handelt es sich, wie vom Angeklagten P. bestätigt worden ist, keinesfalls um einen unbedeutenden und unkomplizierten Arbeitsvorgang. Der Walzenwechsel erfolgt in Abständen von ein bis zwei Wochen. Er erstreckte sich in der Vergangenheit über vier Schichten und umfaßt gegenwärtig nach verbesserter Arbeitsorganisation noch eine volle Schicht. Auf Grund dieser Umstände und der Tatsache, daß er nicht ohne Gefahren für die daran Beschäftigten ist, wäre es erforderlich gewesen, für diesen Walzenwechsel eine eingehende Arbeitsinstruktion unter Berücksichtigung des Arbeitsschutzes zu erarbeiten und für deren Durchsetzung zu sorgen. Beide Angeklagten sind den ihnen obliegenden Pflichten, die sich jeweils aus ihrer Punktion in dieser Hinsicht ergeben, nicht im erforderlichen Maße nachgekommen. Zwar hat der Angeklagte P. mit großem Arbeitseinsatz maßgebend zu der Vervollkommnung der Arbeitsorganisation des Walzen Wechsels beigetragen, so daß die dafür aufzuwendende Zeit wesentlich verringert und die Arbeitsproduktivität erhöht werden konnte. Diese Leistungen sollen in keiner Weise geschmälert werden. Die Verbesserung der Arbeitsorganisation und die Erhöhung der Arbeitsproduktivität erfordern aber gleichermaßen die strikte Gewährleistung der Sicherheit am Arbeitsplatz (vgl. OG, Urteil vom 5. Dezember 1963 - 2 Ust 12/63 - NJ 1964 S. 25 ff.). Wie die ergänzende Beweisaufnahme ergeben hat, sind zwar die Arbeitsschutzbelehrungen im Hinblick auf den Walzenwechsel erfolgt. Dem Angeklagten P. ist auch zu glauben, daß bei Arbeitsschutzbelehrungen auf den Umgang mit Anschlagmitteln hingewiesen worden ist. Diese Belehrungen waren jedoch nur allgemein gehalten, ohne die Besonderheiten beim Walzenwechsel zu berücksichtigen, wie sie nachträglich, nachdem der Unfall geschehen war, ihren Niederschlag in der Arbeitsinstruktion vom 20. Dezember 1963 gefunden haben. So. gab es vor dem Unfall keine konkreten Hinweise, wie die Anschlagmittel nach dem Absetzen der Last, insbesondere der Ständerkappen, zu entfernen sind. Erst in dieser Instruktion wurden konkrete Maßnahmen dafür festgelegt und wurde für deren Durchführung gesorgt. Danach sind die Anschlagmittel aus dem Kranhaken herauszunehmen und mit der Hand unter der Ständerkappe herauszuziehen. Diese notwendigen Maßnahmen hätten von beiden Angeklagten schon früher veranlaßt und durchgesetzt werden müssen; dann wäre es nicht zu dem folgenschweren Unfall gekommen. Beide haben jedoch, worauf das Kreisgericht zutreffend hingewiesen hat, die Handhabung der Anschlagmittel als einen nebensächlichem Arbeitsvorgang angesehen, dem sie nicht die ihm zukommende Bedeutung beigemessen haben. Das äußert sich darin, daß die Anschlagmittel nach dem Absetzen der Ständerkappen, wie der Zeuge F. glaubhaft bekundete, mit dem Kran herausgezogen wurden, ohne daß diese mit Gefahren verbundene Praxis von den Angeklagten beanstandet worden ist. Nach den Aussagen des Zeugen F. wurde dies vom Angeklagten W. zum Teil selbst so gehandhabt. Unter Berücksichtigung der Beschaffenheit des Walzengerüstes und des speziellen Arbeitsvorganges beim Aufsetzen der Ständerkappe, wie er von den Walzwerkern vorgenommen wurde, mußte mit der Möglichkeit des Hängen bleibens des Seiles und in dessen Ergebnis mit weiteren Folgen gerechnet werden. Von den mit dem Aufsetzen der Kappern Beschäftigten ist dies zum Teil auch erkannt, jedoch ungenügend berücksichtigt worden. Bei genügender Aufmerksamkeit hätten dies auch die Angeklagten erkennen und die erforderlichen Maßnahmen einleiten müssen. Es wäre nach § 8 Abs. 1 a und Abs. 2 a ASchVO die Pflicht der Angeklagten gewesen, dafür zu sorgen, daß die Seile nicht mit dem Kran, sondern mit der Hand unter den Ständerkappen hervorgezogen werden. Die Verletzung dieser sich aus der vorgenannten Bestimmung ergebenden Pflicht war ursächlich für den folgenschweren Unfall. Hinzu kommt, daß die Angeklagten es unterlassen haben, für die erforderliche Sicherheit bei der Zeichengebung an den Kranführer zu sorgen, wie dies von § 5 Abs. 2 der Arbeitsschutzanordnung 165 Walzwerke vom 1. Juli 1952 (GBl. 1952 S. 589) verlangt wird. Danach sind Anweisungen an den Kranführer über Heben, Senken und Fahren nur vom Walzmeister oder seinem Vertreter zu geben. Dieser Personenkreis hat die Pflicht, sorgfältig auf die Gewährleistung der Sicherheit bei diesen Arbeiten zu achten und die Anschlagmittel stets unter Kontrolle zu halten. Die Angeklagten ließen es jedoch zu, daß jeder am Walzenwechsel Beteiligte derartige Anweisungen gab. Nach den Aussagen des Zeugen F. wurden am Unfalltage die Anweisungen sowohl von ihm als auch vom verunglückten St. gegeben. Der Kranführer selbst kannte bei diesem Arbeitsvorgang nicht beurteilen, ob das Seil frei war, da es seiner Sicht entzogen war. Der Angeklagte W. war selbst bei dem Absetzen der Kappe zugegen und hätte folglich die notwendigen Anweisungen erteilen können. Zumindest hätte er aber einen verantwortlichen Vertreter damit beauftragen müssen. Das ist jedoch nicht erfolgt. Die Angeklagten haben sich auch insoweit einer Pflichtverletzung schuldig gemacht, die mit ursächlich für den Unfall war. Der vom Kreisgericht getroffene Schuldausspruch unterliegt nach alledem keiner Beanstandung. Aber auch der Strafausspruch erweist sich, soweit es die Art und Höhe der erkannten Strafen sowie die festgesetzte Bewährungszeit betrifft, als richtig. Das Kreisgericht hat hierbei alle Umstände des Tatgeschehens sowie die in der Person der Angeklagten liegenden Umstände sehr sorgfältig geprüft und in ihrem Zusammenhang gewürdigt. Das Kreisgericht hat die Angeklagten im Zusammenhang mit der bedingten Verurteilung verpflichtet, ihren bisherigen Arbeitsplatz auf die Dauer eines Jahres nicht zu wechseln. Der Sinn der Bindung an den Arbeitsplatz besteht darin, die gesellschaftlichen Kräfte, insbesondere die sozialistischen Kollektive, in den Prozeß der gesellschaftlichen Erziehung des Rechtsverletzers einzubeziehen und ihnen die Möglichkeit zu geben, die erzieherische Wirksamkeit der bedingten Verurteilung zu erhöhen. Sie ist insbesondere bei den Tätern auszusprechen, die in ihrer bewußtseinsmäßigen Entwicklung zurückgeblieben und in ihrer Einstellung zur Arbeit und der Achtung der Arbeitsdisziplin noch ungefestigt sind. Das ist bei beiden Angeklagten nicht der Fall. Beide arbeiten seit mehreren Jahren im VEB E. und üben dort eine verantwortungsvolle Tätigkeit aus. Ihr jederzeitiger persönlicher Einsatz, der u. a. darin seinen Ausdruck findet, daß sie viele Stunden ihrer Freizeit für die betrieblichen Belange opfern, läßt erkennen, daß sie mit dem Betrieb und auch mit dem Kollektiv eng verbunden sind. Bei ihnen gibt es keinerlei Anhaltspunkte dafür, daß sie ihren Arbeitsplatz aufzugeben und den Betrieb zu wechseln beabsichtigen. Hinzu kommt, daß die Angeklagten gemeinsam mit den Leitungskräften und der Brigade bereits wichtige Schlußfolgerungen aus dem Unfallgeschehen gezogen und ihre Arbeit dementsprechend verändert haben. Der Senat hält es auf Grund der positiven Einstellung der Angeklagten zu den gesellschaftlichen Belangen nicht für notwendig, neben der bedingten Verurteilung eine Arbeitsplatzverpflichtung auszusprechen. Das Urteil des Kreisgerichts war deshalb insoweit abzuändern. m;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 188 (NJ DDR 1965, S. 188) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 188 (NJ DDR 1965, S. 188)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Die sich aus den Parteibeschlüssen soY den Befehlen und Weisungen des Ministers für Staatssicherheit ergebenden grundlegenden Aufgaben für die Linie Untersuchung zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlunqen Jugendlicher sowie spezifischer Verantwortungen der Linieig Untersuchung und deren Durchsetzung. Die rechtlichen Grundlagen der Tätigkeit der Linie Untersuchung behandelt, deren konsequente und zielstrebige Wahrnehmung wesentlich dazu beitragen muß, eine noch höhere Qualität der Arbeit bei der vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Jugendlicher ergebenden Schlußfolgerungen und Aufgaben abschließend zu beraten. Außerdem gilt es gleichfalls, die sich für die weitere Qualifizierung der beweismäßigen Voraussetzungen für die Einleitung von Ermittlungsverfahren, die im einzelnen im Abschnitt dargelegt sind. Gleichzeitig haben die durchgeführten Untersuchungen ergeben, daß die strafverfahrensrechtlichen Regelungen über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens im Staatssicherheit . Sie stellt an die entscheidungsbefugten Leiter im Staatssicherheit sowie an die an der Entscheidungsvorbereitung beteiligten Diensteinhei ten und Mitarbeiter hohe Anforderungen. Für die Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens zu einer öffentlichkeitswirksamen und häufig auch politisch brisanten Maßnahme, insbesondere wenn sie sich unmittelbar gegen vom Gegner organisierte und inspirierte feindliche Kräfte richtet. Daraus ergibt sich die Möglichkeit, eine Person, die sich an einem stark frequentierten Platz aufhält, auf Grund ihres auf eine provokativ-demonstrative Handlung. hindeutenden Verhaltens mit dem Ziel zu vernehmen Beweise und Indizien zum ungesetzlichen Grenzübertritt zu erarbeiten Vor der Vernehmung ist der Zeuge auf Grundlage des auf seine staatsbürgerliche Pflicht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge nachgewiesen ist. Dazu sind das Resultat des Wahrheitsnachweises sowie die Art und Weise seines Zustandekommens objektiv und umfassend zu dokumentieren.

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