Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 111

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 111 (NJ DDR 1965, S. 111); wahren und zu manifestieren. In diesem Sinne sei heute der staatliche Strafanspruch als sozial-ethische Strafverpflichtung auch existentiell vom Menschen her begründet (S. 93)15. Von dieser Position aus tritt Lange als Verteidiger des im StGB-Entwurf verankerten Strafen- und Maßregelsystems auf, wobei er speziell das Maßregelrecht durch seine Einordnung ins Gesamtgefüge des Strafgesetzbuchs rechtsstaatlich hinreichend abgesichert glaubt. Ebenso wie sich die konstruierte „abstrakte Menschenwürde“ als Trugbild erwiesen hat, läuft auch Nolls „ethische Begründung“ der Strafe auf eine Loslösung des Menschen von der Wirklichkeit hinaus. Sie unterwirft die westdeutschen Bürger unter der Devise einer abstrakten „Mitverantwortung“ der im Kern unbegründet gebliebenen Strafgewalt des Staates, der in seiner Allmacht rücksichtslosen Gebrauch davon machen kann. Der Hauptfrage, wofür und welchen Klassen und Schichten der Bevölkerung gegenüber der einzelne eigentlich Verantwortung trägt, geht Noll aus dem Wege. Deshalb gehen seine Darlegungen zum Inhalt der Strafe letztlich am Wesen der Dinge vorbei. Wie die politische Gesinnungsverfolgung in Westdeutschland zeigt, besteht die politische Ausrichtung der Strafziele sogar darin, jedes wahre, d. h. historisch begründete, auf die progressive gesellschaftliche Weiterentwicklung in Westdeutschland gerichtete Verantwortungsgefühl rigoros zu unterdrücken. Daß Lange das reine Zweckstrafrecht ablehnt, hindert ihn zugleich aber nicht, sich für das kriminalpolitische Programm des StGB-Entwurfs einzusetzen. Fast möchte man meinen, daß hier nicht derselbe Verfasser spricht. In seinen Schlußfolgerungen zur ausgebreiteten „Legitimation“ des Strafanspruchs hebt er hervor: „Die Strafen müssen sozial-ethisch genügend differenziert sein , die Maßregeln den spezifischen Zwecken immer feiner angepaßt werden Allein die gewaltigen Fortschritte, die der Entwurf in diesem Bereich bringt, rechtfertigen und fordern die Gesamtreform. Nicht minder gilt dies von dem kriminalpolitisch zentralen Postulat, daß Strafen und Maßregeln Vikariieren können Während Strafe Zurechnungsfähigkeit i. S. von Schuldfähigkeit voraussetzt, sollte man bei Maßregeln prüfen, ob man nicht darauf verzichtet Da den Maßregeln mehr als der Strafe Übel-charakter innewohnt, müssen sie schärfer als nach geltendem Recht, das bei der Sicherungsverwahrung nur auf die Zweckerreichung abstellt, unter dem Aspekt der Verhältnismäßigkeit begrenzt werden Nicht nur, daß der Anlaß erhebliche Taten sein müssen , auch das Ausmaß ist zu begrenzen Deshalb sieht der Entwurf Sicherungsverwahrung bei erstmaliger Verhängung nur bis zehn Jahre vor.“ (S. 96 97) Obwohl nach Lange die „Bäume der gesellschaftlichen Zweckmäßigkeit um der Gerechtigkeit und Rechtssicherheit“ willen nicht in den Himmel wachsen dürfen, kann man seine Einlassungen nur so verstehen: Der Rechtsstaatlichkeit sei Genüge getan, wenn man die Verhängung von Maßregeln an Straftatbestände knüpft, sie durch Richter aussprechen läßt und allenfalls darauf achtet, daß keine allzu großen Disproportionen entstehen. Lange yerkennt, daß die von ihm, erhobenen Einwände gegen das reine Zweckstrafrecht im Kern auch für das Maßregelrecht innerhalb der „Zweispurigkeit“ und damit für seine eigene Konzeption gelten. )5 Noll legt in seiner Schrift näher dar, daß in erster Linie aus Verantwortung für die Gemeinschaftsordnung gestraft werde. Als Repression sei die Strafe ausdrückliche und öffentliche Mißbilligung des Rechtsbruches und des Rechtsbrechers und damit Manifestation des Rechts, nicht Vergeltung des üblen mit Üblem. Ein rein präventives Strafrecht, das den Rechtsbruch bagatellisiere, nehme den Schutz der Rechtsordnung zu leicht und unterhöhle seine eigenen Grundlagen. A. a. O., S. 17 f. Zahlen und Tatsachen t Die Verfolgung und Bestrafung der Nazi- und Kriegsverbredien in den beiden deutschen Staaten ln der Deutschen Demokratischen Republik wurden in der Zeit vom Mai 1945 bis Dezember 1964 wegen Nazi- und Kriegsverbrechen insgesamt 16 572 Personen angeklagt. Davon wurden 12 807 Personen verurteilt, 1578 freigesprochen und gegen 2187 angeklagte Personen das Verfahren wegen Abwesenheit, Tod oder auf Grund des durch die damalige sowjetische Militär-Administration erlassenen Amnestiebefehls Nr. 43/48 vom 18. März 1948 eingestellt, weil keine höhere Freiheitsstrafe als ein Jahr zu erwarten war. Von den 12 807 gerichtlich zur Verantwortung gezogenen Personen haben 5088 Verurteilte eine höhere Freiheitsstrafe als drei Jahre erhalten, 118 wurden zum Tode und 231 zu lebenslangem Zuchthaus verurteilt. Unter den 12 807 in der Deutschen Demokratischen Republik Verurteilten befinden sich folgende hervorzuhebende Personengruppen: - 3115 Personen wegen Massenverbrechen gegen Antifaschisten im Jahre 1933, in den Konzentrationslagern des Naziregimes, während der „Kristallnacht“ im November 1938 oder gegen Kriegsgefangene bzw. die Zivilbevölkerung in den zeitweise okkupierten Gebieten Europas, - 2426 Personen, die als Denunzianten oder Spitzel dem Naziregime dienten, - 901 Angehörige des Reichssicherheitshauptamtes, der Gestapo, des SD, der Polizeipräsidien und anderer Polizeidienststellen, - 147 Nazirichter und -Staatsanwälte der Sonder- und Kriegsgerichte Hitlers, des Reichsgerichts und des Volksgerichtshofes, - 424 Personen, die leitende Funktionen in der Kriegsund Rüstungsindustrie des Nazistaates bekleideten, - 77 leitende Beamte des zentralen faschistischen Staatsapparates, z. B. aus dem ehemaligen „Reichsministerium des Innern“, dem „Ministerium für die besetzten Ostgebiete", dem „Reichsjustizministerium“, dem „Propagandaministerium", dem „Auswärtigen Amt", dem „Reichsarbeitsministeriums" usw„ - 120 leitende Nazibeamte der örtlichen Organe, Mitarbeiter der Gauleitungen, Kreisleiter usw. In Westdeutschland, wurden nach Angaben des Bonner Justizministeriums bis zum 1. Januar 1964 12 457 Personen wegen Nazi- und Kriegsverbrechen angeklagt. Davon wurden lediglich 5234 Personen rechtskräftig verurteilt. 3872 Personen - also fast ein Drittel - wurden freigesprochen. Hinzu kommt, daß in 2539 Fällen das Verfahren durch gerichtliche Entscheidung eingestellt wurde, und zwar in 216 Fällen wegen angeblicher Verjährung und in 1890 Fällen nach dem Straffreiheitsgesetz vom 17. Juli 1954. In 673 weiteren Fällen haben es die westdeutschen Gerichte abgelehnt, die Hauptverhandlung überhaupt erst zu eröffnen bzw. anzuordnen. Von den bis zum 1. Januar 1964 verurteilten 5234 Naziverbrechern wurden lediglich 160 Personen wegen Mordes und 248 Personen wegen Totschlags für schuldig befunden. Die Höchststrafe, d. h. Todesstrafe bzw. lebenslängliche Zuchthausstrafe, wurde nur in 9 bzw. 71 Fällen ausgesprochen. Die große Masse der angeklagten Nazi- und Kriegsverbrecher erhielt wegen sonstiger strafbarer Handlungen, wie Freiheitsberaubung, körperliche Mißhandlung usw. außerordentlich niedrige, der Schwere der Verbrechen völlig unangemessene zeitige Freiheitsstrafen bzw. Geldstrafen. (Zusammengestellt noch der Dokumentation „Die Haltung der beiden deutschen Staaten zu den Nazi- und Kriegsverbrechen", herausgegebeo vom Generalstaatsanwalt der DDR und vom Ministerium der Justiz, Berlin 1965.) 111;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 111 (NJ DDR 1965, S. 111) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 111 (NJ DDR 1965, S. 111)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Von besonderer Bedeutung ist in jedem Ermittlungsverfahren, die Beschuldigtenvernehmung optimal zur Aufdeckung der gesellschaftlichen Beziehungen, Hintergründe und Bedingungen der Straftat sowie ihrer politisch-operativ bedeutungsvollen Zusammenhänge zu nutzen. In den von den Untersuchungsorganen Staatssicherheit bearbeiteten Verfahren umfaßt das vor allem die Entlarvung und den Nachweis möglicher Zusammenhänge der Straftat zur feindlichen gegen die sozialistische Staats- und Gesellschaftsordnung der sowie ihre Bürger negative Folgen hervorrufen. Zu den wichtigsten Erscheinungsformen des Mißbrauchs gehören Spionageangriffe gegen alle Bereiche des gesellschaftlichen Lebens, die Verbreitung subversiver Propaganda, die Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit und die Schaffung einer antisozialistischen inneren Opposition in der Vertrauliche Verschlußsache - Grimmer, Liebewirth, Meyer, Möglichkeiten und Voraussetzungen der konsequenten und differenzierten Anwendung und offensiven Durchsetzung des sozialistischen Strafrechts sowie spezifische Aufgaben der Linie Untersuchung im Prozeß der Vorbeugung und Bekämpfung von Versuchen des Gegners zur Konspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit in der Forschungsergebnisse, Vertrauliche Verschlußsache Aufgaben und Möglichkeiten der Untersuchungsarbeit im Staatssicherheit zur vorbeugenden Verhinderung des subversiven Mißbrauchs Ougendlicher sind auch unter den spezifischen politisch-operativen und untersuchungstaktischen Bedingungen einer Aktion die Grundsätze der Rechtsanwendung gegenüber Ougendlichen umfassend durchzusetzen. Konsequent ist auch im Rahmen von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Gegners zum subversiven Mißbrauch Sugendlicher und gesellschaftsschädlicher Handlun-gen Jugendlicher. Die Durchführung von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte Grundlegende Anforderungen an die Vorbereitung und Durchführung von Aktionen und Einsätzen zu politischen und gesellschaftlichen Höhepunkten Anforderungen an die im Rahmen von Aktionen und Einsätzen sind hohe Anforderungen an die Informationsübermittlung zu stellen, zu deren Realisierung bereits in der Phase der Vorbereitung die entsprechender. Maßnahmen einzuleiten sind.

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