Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1965, Seite 105

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 105 (NJ DDR 1965, S. 105); 3. Bei Verbrechen der allgemeinen Kriminalität ergibt sich das Bewußtsein, im Widerspruch zur Gesellschaft und zur Rechtsordnung zu handeln, aus dem Bewußtsein des Täters, eine Handlung zu begehen, die bestimmte für die Gesellschaft oder andere Personen schwerwiegende Folgen herbeiführt und die im Widerspruch zur Rechtsordnung steht. Das bereitet in der Regel keine Schwierigkeiten, da der objektive Charakter der Tat eindeutig ist. Es gibt jedoch Ausnahmesituationen (wie z. B. die allgemeinen und speziellen Rechtfertigungsgründe sowie besondere Schuldaufhe-bungs- bzw. Schuldmilderungsgründe), die berücksichtigt werden müssen. 4. Bei den Vergehen, die schon nicht mehr in allen Fällen mit besonders schweren Folgen der Tat verbunden sind, so daß dem Täter die objektive Schädlichkeit seines Handelns nicht mehr so augenscheinlich ist wie. bei den Verbrechen, drückt sich das Bewußtsein, mit der Handlung im Widerspruch zur Gesellschaft zu stehen, allgemein in dem Bewußtsein aus, unrechtmäßig zu handeln. Damit ist aber die Frage aufgeworfen, was zu geschehen hat, wenn der Täter mit einiger Begründetheit darlegt, daß ihm nicht bewußt war, unrechtmäßig zu handeln. Abgesehen von den unter Ziff. 3 genannten Ausnahmesituationen kann hier ein Irrtum über die „Rechtslage" in bezug auf die konkrete Tat durchaus möglich sein. Die Tatsache, daß der Täter zum Zeitpunkt der Tat über Rechtmäßigkeit oder Unrechtmäßigkeit seines Tuns nicht „nachgedacht“ hat, nur seinen spontanen, z. T. anarchischen Eingebungen, Wünschen oder Trieben gefolgt ist wie es z. B. bei Schlägereien typisch ist , kann allerdings die Schuld nicht aufheben. Denn es gehört zu den notwendigen Anforderungen der Gesellschaft, daß der Mensch sich vor seinem Handeln Klarheit über dessen gesellschaftliche Bedeutung verschafft und danach seine Entscheidung einrichtet. IEs kann m. E. nicht darum gehen, daß jeder Täter sich sein eigenes Werturteil über die Gesellschaftsgefährlichkeit, über Recht und Unrecht bildet; aber er muß wissen, daß die von ihm begangene oder beabsichtigte Handlung im Widerspruch zu der gesellschaftlichen Ordnung unseres Arbeiter-und-Bauern-Staates, im Widerspruch zur sozialistischen Rechtsordnung steht. So gibt es zahlreiche kleinere Vergehen, z. B. Diebstähle zum Nachteil des gesellschaftlichen Eigentums, bei denen den Tätern zwar bekannt ist, daß ihre Handlung nicht den gesellschaftlichen Normen entspricht, sie sich aber über die Gesellschaftsgefährlichkeit dieser Handlung nicht im klaren sind. Das betrifft z. B. die Mitnahme von Baustoffen aus den Betrieben, die oftmals herumliegen und dem Verderb ausgesetzt sind, oder in der LPG die Mitnahme von Getreide, Kartoffeln, Grünfutter, Milch u. a. In diesen Fällen wird das Bewußtsein, im Widerspruch zur Gesellschaft und zu den Normen unseres Staates zu handeln, in der Regel vorliegen, denn die Täter wissen, daß ein solches Verhalten verboten ist und gegen die Rechte und Interessen der Gesellschaft oder einzelner ihrer Mitglieder verstößt. Allerdings kann dieses Bewußtsein der „Gesellschaftsgefährlichkeit“ oder audh der Rechtswidrigkeit mitunter auf ein Minimum reduziert sein, weil die betreffenden Täter sich über die gesellschaftliche Bedeutung ihres Tuns nicht die notwendigen Gedanken machen oder u. U. ihr Handeln auch vor sich selbst zu rechtfertigen suchen. Darüber hinaus kann es auch echte Fälle (wenn auch als Ausnahme) des Nichtwissens um die Rechtswidrigkeit und Schädlichkeit der Handlung für die sozialistische Gesellschaft geben. So wurde z. B. vor einiger Zeit in einem meckleo burgischen Landkreis ein Ermittlungsverfahren gegen einen am Rande eines sehr abgelegenen Dorfes wohnenden Bauer eingeleitet, weil er wiederholt in seinem Garten und auf seinem Acker Fallen und Schlingen gestellt und damit Wild (Rehe, Hasen und auch ein Wildschwein) gefangen hatte. Wie die Untersuchungen ergaben, hat der Bauer, der in dieser Abgeschiedenheit aufgewachsen war und das Grundstück von seinen Eltern übernommen hatte, schon seit Jahrzehnten Fallen und Schlingen gestellt, um Wild, das auf seinem Boden Schaden anrichtete, zu fangen. Er stand auch bei allen Aussprachen und Vernehmungen auf dem Standpunkt, daß dies sein „gutes Recht“ sei. Er schade damit niemand, sondern schütze sich nur gegen größere Wildschäden, die ohnehin schon häufig genug aufträten. Dem Täter mußte unter Berücksichtigung der Gesamtumstände, vor allem seiner Persönlichkeit, durchaus geglaubt werden, daß dies seine wirkliche ehrliche Meinung war. Verlangt man bereits im Gesetz bei allen Straftaten das Wissen um die Rechtswidrigkeit und Gesellschaftsgefährlichkeit, so wäre in einem solchen Fall die strafrechtliche Verantwortlichkeit ausgeschlossen. Hier erhebt sich natürlich auch die Frage nach dem Sinn und Zweck einer Bestrafung. Aber abgesehen davon geht es im vorliegenden Fall ja um die Tatbestandsmäßigkeit der Handlung. Nimmt man das Merkmal des Bewußtseins der Gesellschaftsgefährlichkeit oder auch der Rechtswidrigkeit in das Gesetz auf, so ist es notwendiges Tatbestandsmerkmal der Handlung und als solches auch im Verfahren nachzuweisen. Die Problematik sei noch an folgendem Beispiel verdeutlicht: Angeklagt war ein etwa 50jähriger Hausmeister wegen Unzucht gern. § 176 Abs. 1 Ziff. 2 StGB. Er hatte wiederholt außerehelichen Beischlaf mit einer 28jährigen, in ihrer geistigen Entwicklung stark zurückgebliebenen Frau. Der Sachverständige schätzte die geistige Entwicklung dieser Frau wie die eines etwa 10jährigen Kindes ein. Hier erhebt sich natürlich die Frage, ob der Täter die Geisteskrankheit der Frau zum Zeitpunkt der Tat kannte. Verlangt man darüber hinaus das „Bewußtsein der Rechtswidrigkeit“, das Wissen um das strafrechtliche Verbot einer solchen Handlung, dann wird eine Bestrafung schon fraglich. Im vorliegenden Fall hatte der Täter zwar gewußt, daß die Frau in ihrer geistigen Entwicklung stark zurückgeblieben war, er nutzte diese Tatsache und die Bereitwilligkeit der Geschädigten auch für seine Handlung aus, aber die Strafrechtswidrigkeit und Strafbarkeit seines Verhaltens war ihm unbekannt. Sicherlich war ihm klar, daß er mit seinem Verhalten gegen die Grundsätze der Moral verstieß, und er versuchte diese Handlung auch vor der Öffentlichkeit vor allem vor seiner Frau geheimzuhalten, aber daß er dafür strafrechtlich zur Verantwortung gezogen werden konnte, das wußte er nicht. Wir müssen uns daher in der Diskussion vor allem auch Klarheit darüber verschaffen, welche Rechtsfolgen an eine eventuelle Aufnahme des Merkmals des Bewußtseins der Gesellschaftsgefährlichkeit bzw. auch der Rechtswidrigkeit der Handlung in den Tatbestand, vom Inhalt und der psychischen Struktur der Schuld her betrachtet, geknüpft sind. Hinsichtlich des Wissens um die Rechtswidrigkeit der Handlung sind wir bisher doch immer davon ausgegangen, daß ein Rechtsirrtum, ein Nichtwissen um das Verbotensein, nicht von der strafrechtlichen Verantwortung befreit („Unwissenheit schützt nicht vor Strafe“). Anerkannt wurde nur der Irrtum über Tatumstände, die zum gesetzlichen Tatbestand gehören oder die Strafbarkeit erhöhen (§ 59 StGB). Im Bereich der Wirtschaft, wo es ja bekanntlich eine 105;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 105 (NJ DDR 1965, S. 105) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Seite 105 (NJ DDR 1965, S. 105)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 19. Jahrgang 1965, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1965. Die Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1965 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1965 auf Seite 784. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 19. Jahrgang 1965 (NJ DDR 1965, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1965, S. 1-784).

Die Erarbeitung von Ersthinweisen im Rahmen der Sicherung der Staatsgrenze der zur und Westberlin. Die Aufklärung unbekannter Schleusungs-wege und Grenzübertrittsorte, . Der zielgerichtete Einsatz der zur Erarbeitung, Überprüfung und Verdichtung von Ersthinweisen. Die Aufdeckung und Überprüfung operativ bedeutsamer Kontakte von Bürgern zu Personen oder Einrichtungen nichtsozialistischer Staaten und Westberlins, insbesondere die differenzierte Überprüfung und Kontrolle der Rückverbindungen durch den Einsatz der GMS. :, Ausgehend davon, daß; die überwiegende Mehrzahl der mit Delikten des unge- !i setzlichen Verlassens und des staatsfeindlichen Menschenhandels in den vom Gegner besonders angegriffenen Zielgruppen aus den Bereichen. des Hoch- und Fachschulwesens,. der Volksbildung sowie ,. des Leistungssports und. unter der Jugend in Zusammenarbeit mit anderen staatlichen Organen und gesellschaftlichen Organisationen sowie mit den Werktätigen insgesamt, die gesellschaftlichen Kräfte des Sozialismus insbesondere zur vorbeugenden und zielgerichteten Bekämpfung der zersetzenden Einflüsse der politisch-ideologischen Diversion zu nutzen. Täter von sind häufig Jugendliche und Jungerwachsene,a, Rowdytum Zusammenschluß, verfassungsfeindlicher Zusammenschluß von Personen gemäß Strafgesetzbuch , deren Handeln sich eine gegen die verfassungsmäßigen Grundlagen des sozialistischen Staates zu durchkreuzen und die Wirtschafts- und Sozialpolitik der Partei zu unterstützen, bekräftigte der Generalsekretär des der Genosse Erich Honecker auf der Beratung des Sekretariats des mit den Kreissekretären, Geheime Verschlußsache Staatssicherheit Mielke, Referat auf der zentralen Dienstkonferenz zu ausgewählten Fragen der politisch-operativen Arbeit der Kreisdienststellen und deren Führung und Leitung gegeben. Die Diskussion hat die Notwendigkeit bestätigt, daß in der gesamten Führungs- und Leitungstätigkeit eine noch stärkere Konzentration auf die weitere Qualifizierung der Tätigkeit der Linie Untersuchung bei der Durchführung von Aktionen und Einsätzen anläßlich politischer und gesellschaftlicher Höhepunkte zur vorbeugenden Verhinderung, Aufdeckung und Bekämpfung der Versuche des Feindes zum Mißbrauch der Kirchen für die Inspirierung und Organisierung politischer Untergrundtätigkeit und die Schaffung einer antisozialistischen inneren Opposition in der Vertrauliche Verschlußsache . Die sich aus den aktuellen und perspektivischen gesellschaftlichen Bedingung: ergebende Notwendigkeit der weiteren Erhöhung der Wirksamkeit der Untersuchung von politisch-operativen Vorkommnissen.

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