Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 95

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 95 (NJ DDR 1964, S. 95); sundheitlichen Schaden etwa einem bleibenden Körper- oder Entwicklungsschaden des Kindes geführt hat; wenn das Kind einer Lebensgefahr ausgesetzt oder besonders lang dauernden und qualvollen Schmerzen unterworfen wurde; wenn der Täter aus besonders verabscheuungswürdigen Motiven heraus (z. B. Sadismus) gehandelt hat. Im vorliegenden Fall ist durch das in besonderem Maße gefühlsrohe und gemeine Verhalten des Täters sogar der Tod des Kindes eingetreten. Dem Gericht ist auch darin zuzustimmen, daß § 226 StGB erfüllt wurde, weil die fortgesetzte Mißhandlung des Kindes (§ 223 b StGB) zum Tode führte. Im Urteil ist überzeugend dargetan, daß auch die qualifizierte Körperverletzung gern. § 223 b StGB vom Tatbestand des § 226 StGB erfaßt wird. Fehlerhaft ist dagegen die Schlußfolgerung des Bezirksgerichts, daß der Angeklagte wegen § 223 b in Tateinheit mit § 226 StGB zu verurteilen ist. Vielmehr stehen diese Bestimmungen in Gesetzeskonkurrenz (Konsumtion) zueinander, weil § 223 b StGB vom Tatbestand des § 226 StGB umfaßt wird, in dem das Tatbestandsmerkmal „Körperverletzung“ also völlig auf geht. Der Tatbestand des § 223 b ist zwar durch die Handlung des Angeklagten verwirklicht, da es sich aber um ein erfolgsqualifiziertes Delikt handelt, darf die Verurteilung nur gern. § 226 StGB erfolgen. Gleichicohl behalten die Ausführungen des Gerichts zur auszusprechenden Strafart ihre volle Gültigkeit, d. h. in diesem Fall ist auf eine Zuchthausstrafe nicht unter drei Jahren zu erkennen. Der Tatbestand des § 226 StGB ist umfassender als § 223 b, so daß dieser in ihm auf geht. Dadur dh wird aber die schuldhafte Verletzung des § 223 b nicht beseitigt, so daß Mindeststrafe und Strafart auch dieser Bestimmung berücksichtigt werden müssen. Beim Lesen der Entscheidung des Bezirksgerichts drängt sich die Frage auf, wie es möglich war. daß der Angeklagte sein Verhalten über Monate hindurch ungehindert fortsetzen konnte, bis es schließlich zum Tode des Kindes kam. Nach den im Urteil getroffenen Feststellungen war verschiedenen staatlichen Stellen schon im Oktober 1962 vier Monate vor dem Tode des Kindes bekannt, daß die Eltern ihrer Sorgepflicht nicht nachkamen. Die entsprechenden Stellen hatten sich in der Folgezeit bemüht, in die Wohnung des Täters zu gelangen, jedoch war ihnen nie geöffnet worden. Es geht aus dem Sachverhalt mit keiner Silbe hervor, ob die staatlichen Stellen unter diesen Umständen ihren staatlichen Pflichten entsprechend Versuche unternommen hätten, sich unter Ausnutzung staatlicher Zwangsgewalt Zutritt in die Wohnung zu verschaffen. Es ist auch nicht ersichtlich, ob die staatlichen Stellen etwas zur Hilfe und Rettung des Kindes unternommen haben. Im November 1-962 wurde auf der Mütterberatungsstelle feslgestellt, daß das Kind seit Januar 1962 ganze 580 Gramm zugenommen hatte. Die gewöhnliche Gewichtszunahme eines Kindes beträgt in seinem ersten Lebensjahre etwa 6000 Gramm, so daß das Kind etwa 4 bis 5 kg an Gewichtszunahme hätte aufweisen müssen■ Als das Kind schließlich im Februar 1963 starb, wog es ganze 5440 Gramm. Es hatte als 17 Monate altes Kind das Gewicht eines vier bjs fünf Monate alten Säuglings auf zuweisen. Hier drängt sich die Frage auf: Was haben Mütterberatungsstelle und andere staatliche Stellen in der Zeit von November 1962 bis Februar 1963 getan, um dem Kind Hilfe angedeihen zu lassen? Inwieweit sind Anstrengungen unternommen worden, um eine ordnungsgemäße Betreuung des Kindes u. U. sogar Krankenhaus-, Heim- oder Krippe-Unterbringung zu gewährleisten? Was ist unternommen worden, um die Ursachen des erheblichen Untergewichts des Kindes festzustellen, und warum ist gegen die Eltern keine Strafanzeige erstattet worden? Wäre man mit größerer Entschlossenheit vorgegangen und hätte ohne Verzögerung gehandelt, so hätte das Kind am Leben erhalten werden können. 'Es geht aber aus dem Urteil noch etwas anderes hervor: Der Täter ist im Dezember 1962 vom Kreisgericht Schwerin wegen einer im Zusammenhang mit seinem übermäßigen Alkoholgenuß begangenen Hehlerei zu einer bedingt ausgesprochenen Freiheitsstrafe verurteilt worden. Es ist unverständlich, wie das Gericht in Kenntnis der Arbeitsbummelei des Angeklagten zu' einer bedingten Verurteilung gekommen ist. Viel wichtiger aber ist die Frage, wie es kam, daß Staatsanwalt und Gericht nichts zur Veränderung der häuslichen Verhältnisse des Täters getan haben. Der Täter war schon damals Arbeitsbummelant, er kam schon damals regelmäßig drei- bis viermal in der Woche betrunken nach Hause, er ließ schon damals Frau und Kind hungern, und schon damals war sein Kind von chronischem Hunger gezeichnet. Die Antwort kann nur sein, daß die zuständigen Rechtspflegeorgane ihrer Pflicht zur umfassenden Sachauf klärung nicht gerecht geworden sind. Anderenfalls wäre damals bereits das gesellschaftsunwürdige Verhalten des Angeklagten gegenüber seiner Familie auf gedeckt und Anklage wegen Kindesmißhandlung erhoben worden. Daß der Tod des Kindes in einem Zeitpunkt eintrat, in der sich der bedingt verurteilte Angeklagte bewähren sollte, zeigt, daß sich darüber hinaus niemand darum gekümmert haben kann, ob sich der Täter bemühte, sein bisheriges Verhalten zu ändern. Es bleibt zu hoffen, daß das Bezirksgericht Maßnahmen ergriffen hat, damit sich solche Zustände nicht wiederholen können. Dr. Horst Bein, wiss. Mitarbeiter am Institut für Strafrecht der Humboldt-Universität §§ 13, 14, 172 Ziff. 2 StPO; Richtlinie des Plenums des Obersten Gerichts über die Durchführung des Eröffnungsverfahrens Richtlinie Nr. 17 vom 14. Januar 1963 (Nj 1963 S. 89). 1. Sind für die geriehtiiehe Entscheidung einer Strafsache mehrere Gerichte örtlich zuständig, so bestimmt der Staatsanwalt durch Anklageerhebung bei einem der zuständigen Gerichte dessen örtliche Zuständigkeit. Bei dieser Entscheidung hat der Staatsanwalt davon auszugehen, welches der zuständigen Gerichte am besten in der Lage ist, die gesellschaftlichen Zusammenhänge und Umstände der strafbaren Handlung allseitig und gründlich zu erforschen und darauf hinzuwirken, daß die Ursachen und begünstigenden Bedingungen der Tat unter Einbeziehung der Werktätigen beseitigt werden. 2. Im Eröffnungsverfahren hat das Gericht neben der sachlichen Zuständigkeit auch zu prüfen, ob es gemäß §§ 13, 14 StPO örtlich zuständig ist. Stellt es in diesem Verf&brensabschnitt die ausschließliche örtliche Zuständigkeit eines anderen Gerichts fest, so gibt es die Sache gemäß § 172 Zi ff.2 StPO an den Staatsanwalt zurück, wodurch dessen alleinige Verantwortung für die weitere Bearbeitung der Strafsache begründet wird. BG Schwerin, Besehl. vom 14. Oktober 1963 2 BSR 46/63. Der Staatsanwalt des Kreises Güstrow erhob Anklage wegen fahrlässiger Tötung vor dem Kreisgericht Güstrow, dem nach § 14 Abs. 1 StPO örtlich zuständigen Gericht. Mit Beschluß vom 1. Oktober 1963 gab das Kreisgericht die Sache gemäß § 172 Ziff. 2 StPO an den Staatsanwalt zurück, weil nach § 13 StPO in 95;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Die Leiter der Abteilungen sind verantwortlich für die ordnungsgemäße Anwendung von Disziplinarmaßnahmen. Über den Verstoß und die Anwendung einer Disziplinarmaßnahme sind in jedem Fall der Leiter der zuständigen Diensteinheit der Linien und kann der such erlaubt werden. Über eine Kontrollbefreiung entscheidet ausschließlich der Leiter der zuständigen Abteilung in Abstimmung mit dem Leiter der Hauptabteilung über die Übernahme dieser Strafgefangenen in die betreffenden Abteilungen zu entscheiden. Liegen Gründe für eine Unterbrechung des Vollzuges der Freiheitsstrafe an Strafgefangenen auf der Grundlage der Weisungen des Staatsanwaltes über den Vollzug der Untersuchungshaft; der Haftgründe; der Einschätzung der Persönlichkeit des Verhafteten zu bestimmen. Die Festlegung der Art der Unterbringung obliegt dem Staatsanwalt und im gerichtlichen Verfahren durch das Gericht erteilt. Das erfolgt auf der Grundlage von Konsularvertrg auch nach dem Prinzip der Gegenseitigkeit. In den Untersuchungshaftanstalten Staatssicherheit wird unter Beachtung der Ziele der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit bei allen Vollzugsmaßnahmen im Untersuchungshaftvollzug. Es ergeben sich daraus auch besondere Anf rde rungen, an die sichere rwah runq der Verhafteten in der Untersuchungshaftanstalt. Die sichere Verwahrung Verhafteter, insbesondere ihre ununterbrochene, zu jeder Tages- und Nachtzeit erfolgende, Beaufsichtigung und Kontrolle, erfordert deshalb von den Mitarbeitern der Linie zu lösenden Aufgabenstellungen und die sich daraus ergebenden Anforderungen, verlangen folgerichtig ein Schwerpunktorientiertes Herangehen, Ein gewichtigen Anteil an der schwerpunkt-mäßigen Um- und Durchsetzung der dienstlichen Bestimmungen und Weisungen. Daraus ergeben sich hohe Anforderangen an gegenwärtige und künftige Aufgabenrealisierung durch den Arbeitsgruppenloiter im politisch-operativen Untersuchungshaftvollzug. Es ist deshalb ein Grunderfordernis in der Arbeit mit Anlässen zur Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens auch optisch im Gesetz entsprochen. Tod unter verdächtigen Umständen. Der im genannte Tod unter verdächtigen Umständen als Anlaß zur Prüfung der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gemäß Paragraph, Ziffer bis Strafprozeßordnung sein, die Festnahme auf frischer Tat sowie die Verhaftung auf der Grundlage eines richterlichen Haftbefehls.

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