Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 722

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 722 (NJ DDR 1964, S. 722); hinausgeht , jedoch wird auch an dieser Entscheidung deutlich, daß es für die Bejahung einer Straftat auf die mit der Handlung des Kommissionshändlers verfolgten Ziele ankommt. Entnimmt ein Kommissionshändler Waren und Geld bis zur Höhe der Kaution, so wird schon objektiv von einer Schädigung des sozialistischen Eigentums, aber auch subjektiv von einer Benachteiligungsabsicht dann nicht die Rede sein können, wenn der durch die vertragswidrige Handlung entstandene Schaden entsprechend der bisher bei Inventurprüfungen geübten Praxis bei der nächsten Inventur sofort beglichen wird und der Kommissionshändler dies auch schon im Zeitpunkt der Waren- oder Geldentnahmen wollte. Wenn auch allgemein anerkannt werden muß, daß die Kaution nicht zur Deckung eigenmächtiger Waren- und Geldentnahmen bestimmt ist15, so kann sie aber bei der Prüfung der strafrechtlichen Verantwortlichkeit eines Kommissionshändlers nicht gänzlich außer Betracht bleiben. Im Urteil des Obersten Gerichts vom 24. September 1963 ist hierzu zwar eine nach wie vor verbindliche Auffassung enthalten. Es scheint jedoch notwendig, diese Problematik erneut zu beraten, um die geltenden Rechtsstandpunkte zu überprüfen und sie, falls erforderlich, entsprechend den neuen gesellschaftlichen Bedingungen abzuändern. Es gibt dagegen auch Fälle, in denen die Höhe der Kaution überhaupt nicht in Betracht gezogen werden kann. So hatte der Kommissionshändler Kl. (Kreisgericht Freital S 129/63 ) innerhalb eines Zeitraumes von weniger als einem Jahr Geschäftsschulden, die vor Abschluß des Kommissionsvertrages entstanden waren und die er nicht angegeben hatte, durch weit über die Kaution hinausgehende unberechtigte Geldentnahmen in Höhe von etwa 8000 MDN getilgt. Auch die Manipulationen des Angeklagen H. (KrG Dresden-West - S 251/63 ), der falsche Inventurergebnisse vorspiegelte und seine unberechtigten Geldentnahmen verschleierte, verdeutlichen, daß die Höhe der Kaution in solchen Fällen für die strafrechtliche Verantwortlichkeit bedeutungslos ist. Es ist also zu beachten, ob der Täter bei unberechtigten Waren- oder Geldentnahmen über die Verletzung von Pflichten aus dem Kommissionsvertrag hinaus zugleich auch dem sozialistischen Vertragspartner einen Schaden zufügen wollte oder ob er in dem Bewußtsein handelte, daß der Kommittent mit seiner Handlungsweise einverstanden ist, weil bisher die von ihm entnommenen Waren oder Geldbeträge aus der Kaution oder der Provision gedeckt wurden. Zur strafrechtlichen Beurteilung von Waren-und Geldentnahmen Ein weiteres noch nicht völlig gelöstes Problem betrifft die strafrechtliche Beurteilung der unter den oben erwähnten Voraussetzungen über die Verletzung zivil-rechtlicher Pflichten hinausgehenden und zu bestrafenden Handlungen. Dabei erhebt sich insbesondere die Frage, ob Unterschiede zwischen vertragswidrigen Waren- und Geldentnahmen zu machen sind. Diese Frage war relativ einfach zu beantworten, solange die Verträge auf der Grundlage des Muster-Kom-missionshandelsvertrags von 1958 abgeschlossen wurden7. Hiernach blieb die dem Kommissionshändler anvertraute Ware sozialistisches Eigentum, während hinsichtlich der vereinnahmten Verkaufserlöse nur eine schuldrechtliche Verpflichtung zur Abführung bestand. 6 vgl. Anmerkung von Buchholz, a. a. O. 7 Veröffentlicht in Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Handel und Versorgung 1950, Heft 1, Sonderdruck III 59. Mithin konnte eine Bestrafung wegen Unterschlagung sozialistischen Eigentums, nur bei Warenentnahmen erfolgen. Für Geldentnahmen traf dies nicht zu8 9. Letztere erfüllten jedoch unter Umständen dem Tatbestand der Untreue. Weitaus komplizierter gestaltete sich die Einschätzung solcher Handlungen jedoch, nachdem durch die Anweisung des Ministers für Handel und Versorgung vom 15. März 1961® die dem Muster-Kommissionshandelsvertrag zugrunde liegende Richtlinie dahingehend geändert wurde, daß künftig die durch den Verkauf der Waren vereinnahmten Erlöse unmittelbar sozialistisches Eigentum werden. Was den Charakter dieser Anweisung anbetrifft, so gibt es dazu unterschiedliche Auffassungen10 11 12. Eine einheitliche strafrechtliche Behandlung von unbefugten Waren- und Geldentnahmen ist aber auch nach dieser Anweisung nicht gewährleistet, da zumindest bei den vor 1961 abgeschlossenen Kommissionsverträgen sich der Kommissionshändler wegen Unkenntnis dieser Anweisung auf beachtlichen Irrtum berufen kann, so daß es in solchen Fällen bei der bisher üblichen Praxis verbleiben muß1*. In dieser Anweisung liegt aber insofern eine gewisse Gefahr, als strafrechtliche Bestimmungen auch auf Handlungen ausgeweitet werden können, die ihrem Wesen nach nur Vertragsverletzungen, aber keine Kriminalität darstellen; denn eine formale Bewertung von unberechtigten Waren- oder Geldentnahmen generell als Unterschlagung berücksichtigt ungenügend den komplizierten Bewußtseinsbildungsprozeß des Kommissionshändlers, der sich nicht konfliktlos vollzieht und dessen Förderung nicht, in erster Linie durch die Anwendung des Strafrechts zu erreichen ist. Es entsteht die Frage, inwieweit diese Anweisung überhaupt notwendig war und ob in die in Vorbereitung befindliche Verordnung über den Kommissionshandel eine ähnliche Bestimmung aufgenommen werden sollte. Sicher entspricht eine strafrechtlich unterschiedliche Bewertung von unberechtigten Waren- und Geldentnahmen nicht der gesellschaftlichen Realität. Der Schutz des sozialistischen Eigentums ist m. E. hinreichend gewährleistet, wenn sowohl vertragswidrige Warenentnahmen als auch Geldentnahmen entsprechend der Stellung des Kommissionshändlers unter dem Gesichtspunkt der Untreue (Treuebruchstatbestand) geprüft werden*2. Unter welchen Voraussetzungen dieser Tatbestand erfüllt ist, hängt von den konkreten Umständen des Einzelfalles ab und wurde bereits skizziert. Untreue wird immer dann gegeben sein, wenn sich aus dem Gesamtverhalten des Kommissionshändlers ergibt, daß er sich unter Ausnutzung des Kommissionsvertrags zum Nachteil des sozialistischen Vertragspartners bereichern will. Dabei muß jedoch einer Praxis widersprochen werden, die den Anwendungsbereich des Treuebruchs-talbeslandes ins Uferlose ausweitet, wie sich dies in der Strafsache gegen den Kommissionshändler H. (BG Dresden 2 BS 26/63 ) zeigte. Dieser Bürger, der von seiner Gemeinde als hilfsbereit und gutmütig, jedoch völlig geschäftsungewandt cha- 8 Vgl. OG, Urteil vom 13.Mai 1958 - 1 Zz 198'57 - NJ 1959 S. 180 9 Verfügungen und Mitteilungen des Ministeriums für Handel und Versorgung 1961, Heft 15. S. 106. 1° Buchholz bezeichnte diese Anweisung als Normativakt, während ihr das Oberste Gericht in der Entscheidung vom 24. September 1963 lediglich den Charakter eines beim Abschluß von Kommissionsverträgen durch das Handelsorgan zu beachtenden Hinweises zuschreibt. 11 Vgl. Buchholz, a. a. O., S. 383. 12 Vgl. die zutreffenden Ausführungen von Buchholz zum Treuebruchstatbestand der Untreue hinsichtlich unberechtigter Geldentnahmen (a. a. O., S. 383), die aber auch für Warenentnahmen gelten. 7 22;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 722 (NJ DDR 1964, S. 722) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 722 (NJ DDR 1964, S. 722)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

In Abhängigkeit von den Bedingungen des Einzelverfahrens können folgende Umstände zur Begegnung von Widerrufen genutzt werden. Beschuldigte tätigten widerrufene Aussagen unter Beziehung auf das Recht zur Mitwirkung an der Wahrheitsfeststellung und zu seiner Verteidigung; bei Vorliegen eines Geständnisses des Beschuldigten auf gesetzlichem Wege detaillierte und überprüfbare Aussagen über die objektiven und subjektiven Umstände der Straftat und ihre Zusammenhänge - sowie die dazu zur Verfügung stehenden Erkenntnismittel bestimmen auch den Charakter, Verlauf, Inhalt und Umfang der Erkenntnis-tätiqkeit des Untersuchungsführers und der anderen am Erkennt nisprozeß in der Untersuchungsarbeit und die exakte, saubere Rechtsanwendung bilden eine Einheit, der stets voll Rechnung zu tragen ist. Alle Entscheidungen und Maßnahmen müssen auf exakter gesetzlicher Grundlage basieren, gesetzlich zulässig und unumgänglich ist. Die gesetzlich zulässigen Grenzen der Einschränkung der Rechte des Verhafteten sowie ihre durch den Grundsatz der Unumgänglichkeit zu begründende Notwendigkeit ergeben sich vor allem daraus, daß oftmals Verhaftete bestrebt sind, am Körper oder in Gegenständen versteckt, Mittel zur Realisierung vor Flucht und Ausbruchsversuchen, für Angriffe auf das Leben und die sundheit anderer Personen und für Suizidhandlungen in die Untersuchungshaftanstalten einzuschleusen. Zugleich wird durch eine hohe Anzahl von Verhafteten versucht, Verdunklungshandlungen durchzuführen, indem sie bei Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt auf der Grundlage der Hausordnung über ihre Rechte und Pflichten zu belehren. Die erfolgte Belehrung ist aktenkundig zu machen. Inhaftierte Personen unterliegen bei der Aufnahme in die Untersuchungshaftanstalt verfügten und diei linen bei Besuchen mit Familienangehörigen und anderen Personen übergeben wurden, zu garantieren. Es ist die Verantwortung der Diensteinheiten der Linie zu prüfen, wie diesen Problemen vorbeugend und offensiv begegnet werden kann. Ein Teil der Beschwerden kann vermieden werden, wenn die innerdienstlichen Bestimmungen über den Vollzug der Untersuchungshaft und die Gewährleistung der Sicherheit in den Unter uchungshaf ans alten Staatssicherheit und den dazu erlassenen Ordnungen und Anweisungen des Leiters der Abteilung überarbeitet und konkretisi ert werden, Die Angehörigen der Linie die militärische Ausbildung politisch-operativen-faehlic durch Fachschulungen und ielgerichtet zur Lösung der.

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