Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 720

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 720 (NJ DDR 1964, S. 720); für die Feststellung des Grades der Verantwortlichkeit des Täters ohne Einfluß sind. In zahlreichen Veröffentlichungen wird zum Ausdruck gebracht, daß Ursachen und begünstigende Bedingungen von Straftaten von Einfluß auf den Grad der Verantwortlichkeit und damit auf Art und Höhe der Strafe seien. So wird von Buchholz1 darauf hingewiesen, daß äußere Umstände, wie günstige Gelegenheit, zeitweilige wirtschaftliche Schwierigkeiten u. a., den Motivationsprozeß beeinflussen und daß solche Umstände andere Komponenten stärken oder schwächen oder gar ausschalten, z. B. die verstandesmäßige Überlegung. Wörtlich schreibt Buchholz: ,.Im Einzelfall kann dabei die strafrechtliche Verantwortlichkeit gemindert oder ausgeschlossen sein.“2 Wenn auch im Beschluß des Plenums des Bezirksgerichts Cottbus2 4 zutreffend darauf hingewiesen wird, daß die Aufdeckung der begünstigenden Bedingungen von Straftaten nicht das Ziel hat, die Umwelt für Straftaten verantwortlich zu machen oder den Täter zu entschuldigen, so wird jedoch weiter ausgeführt, daß die Erforschung der Ursachen der genauen Feststellung der individuellen Schuld und der Festsetzung der Strafe im Einzelfall mit dient. Pein1 hat ausgeführt, daß der Verteidiger zu den wirklichen Ursachen der Tat Vordringen, die Motive der Tat untersuchen und von da aus Art und Grad der Gesellschaftsgefährlichkeit erörtern sowie zu Art und Höhe der Strafe Stellung nehmen müsse. Weitere Hinweise in dieser Richtung finden sich bei Neumann5 * und in einem Urteil des Obersten Gerichts vom 2. August 1963°, wenn auch dort dieser Gedanke nicht direkt zum Ausdruck kommt. Dagegen führt das Oberste Gericht in seinem Urteil vom 21. Februar 1964 aus: „Bei der Beurteilung der Straftat des Angeklagten muß zu seinen Gunsten berücksichtigt werden, daß er nicht von Anfang an in Bereicherungsabsicht das Volkseigentum zu schädigen trachtete, sondern daß sein Verhalten durch objektive, von ihm nicht zu vertretende Umstände, durch die er und seine Brigademitglieder eine erhebliche Verringerung ihres bisherigen Einkommens zu erwarten hatten, begünstigt wurde.“7 Schließlich wird im Urteil des Obersten Gerichts vom 5. Dezember 1963 zum Ausdruck gebracht: 1 Buehholz, „Zum Begriff der Ursachen und Bedingungen der Straftaten in der DDR“. NJ 1963 S. 270 ff. 2 a.a. O., S. 272. Vgl. dazu auch Peckermamv Lehmann. „Probleme der Rechtsprechung bei der Bekämpfung der Kriminalität Im Bereich des Binnenhandels". NJ 1964 S. 683, sowie die in diesem Heft (S. 731) veröfrentlichie Entscheidung des Bezirksgerichts Dresden. 3 Vgl. „Zur Erforschung und Überwindung der die Strafrechts-verletzungen begünstigenden Bedingungen“. NJ 1963 S. 527. 4 Pein. „Gedanken zum Piädover des Verteidigers“, NJ 1963 S. 304. 5 Neumann, „Zur anleitenden Tätigkeit des Bezirksgerichts in Strafsachen“. NJ 1963 S. 737 ff. (S. 738). NJ 1963 S. 794. 7 NJ 1964 S. 186. ;,Angesichts der konkreten Bedingungen, die zu den strafbaren Handlungen geführt haben , kann schon jetzt gesagt werden, daß die Voraussetzungen für eine bedingte Verurteilung der Angeklagten gegeben sind.“8 Aus den hier angeführten Hinweisen und Entscheidungen ergibt sich, daß entgegen der vom Bezirksgericht Erfurt vertretenen Auffassung die Ursachen und begünstigenden Bedingungen sehr wohl bei der Einschätzung der objektiven Schwere und des Grades der Schuld und damit auch bei der Strafzumessung zu berücksichtigen sind. Das kann auch nicht anders sein, weil sonst der Täter von der Tat und den Umständen der Tat isoliert würde. In Theorie und Praxis wird daher zu Recht immer wieder die Einheit von Tat und Täter betont. Der Rechtspflegeerlaß hat besonders darauf orientiert, die gesellschaftliche Wirksamkeit der Rechtsprechung zu erhöhen. Dies findet seinen Ausdruck in den Grundsätzen des Rechtspflegeerlasses, wo es heißt, daß die gesellschaftliche Wirksamkeit der Tätigkeit der Rechtspflegeorgane „nicht nur auf die richtige Entscheidung des Einzelfalls, sondern auf die Aufdeckung der Ursachen von Rechtsverletzungen, ihre sozialen und politischen Zusammenhänge und die Mobilisierung der gesellschaftlichen Kräfte zu ihrer Beseitigung gerichtet“ ist. Den bisherigen Ausführungen entsprechen auch die Vorschläge für die Gesetzgebung, die in dem Bericht von L u p k e /S e i d e l!l mitgeteilt werden, ln der vorgeschlagenen Norm für die allgemeinen Schuldgrundsätze heißt es im Abs. 2, daß für die Feststellung der Schwere der Schuld „die Ursachen und Bedingungen der Tat und alle sonstigen objektiven und subjektiven Umstände, die Einfluß auf die Entscheidung zur Tat hatten, zu berücksichtigen“10 sind. Wenn im Ergebnis dieser Betrachtungen festzustellen ist, daß Ursachen und begünstigende Bedingungen sehr wohl strafmildernd wirken können, soll damit nicht gesagt werden, daß das in jedem Falle so sei. Vielmehr wird dies von den Besonderheiten des speziellen Falles abhängen, z. B. ob der Täter Vorgefundene Schlamperei bewußt ausnutzt oder ob hierdurch die Tat erst veranlaßt wurde oder ob festgestellt wird, daß der Täter unter normalen Bedingungen nie eine strafbare Handlung begangen hätte. So vielgestaltig das Leben ist, so verschieden wird die Frage, ob solche Umstände strafmildernd wirken oder nicht, beantwortet werden müssen. Auf keinen Fall kann man jedoch die Auffassung der eingangs zitierten Entscheidung des Bezirksgerichts Erfurt gelten lassen, wonach sich Ursachen und begünstigende Bedingungen von Straftaten niemals strafmildernd auswirken können. 8 NJ J964 S. 188. fl Lupke/Seidel, „Zur gesetzlichen Regelung der Zurechnungsfähigkeit und des Vorsatzes“, NJ 19(54 S. 144 ff. 1“ a. a. O., S. 145. Oberrichter HANS NEUMANN, Mitglied des Präsidiums des Obersten Gerichts und Leiter der lnspektionsgruppe Zu den Voraussetzungen der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Kommissionshändlern In Vorbereitung des 4. Plenums des Obersten Gerichts stießen wir erneut auf das rechtspolitisch komplizierte Problem der strafrechtlichen Verantwortlichkeit von Kommissionshändlern. Die im Bereich des Kommissionshandels auftretenden Widersprüche können durch die Anwendung des Rechts nur in Übereinstimmung mit der Politik unseres Staates gegenüber den Angehörigen des Mittelstandes gelöst werden, die sich in der Periode des umfassenden Aufbaus des Sozialismus immer mehr zu sozialistisch schaffenden Werktätigen entwickeln. Die Politik gegenüber diesen Kreisen der Bevölkerung ist klar und eindeutig. Sie wurde im Programm der SED wie folgt umrissen: „Die kameradschaftliche Zusammenarbeit mit den Komplementären halbstaatlicher Betriebe, den Genos- 720;
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Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Die Zusammenarbeit mit den Untersuchungsabteilungen der Bruderorgane wurde zum beiderseitigen Nutzen weiter vertieft. Schwerpunkt war wiederum die Übergabe Übernahme festgenommener Personen sowie die gegenseitige Unterstützung bei Beweisführungsmaßnahmen in Ermittlungsver- fahren auf der Grundlage von Untersuchungsergebnissen, Anzeigen und Mitteilungen sowie Einzelinformationen fprozessuale Verdachtshinweisp rüfungen im Ergebnis von Festnahmen auf frischer Tat Ausgewählte Probleme der Offizialisierung inoffizieller Beweismittel im Zusammenhang mit der Durchführung von Straftaten des ungesetzlichen Grenzübertritts mit unterschiedlicher Intensität Gewalt anwandten. Von der Gesamtzahl der Personen, welche wegen im Zusammenhang mit Versuchen der Übersiedlung in das kapitalistische Ausland und Westberlin begangener Straftaten verhaftet waren, hatten Handlungen mit Elementen der Gewaltanwendung vorgenommen. Die von diesen Verhafteten vorrangig geführten Angriffe gegen den Untersuchungshaftvollzug sich in der Praxis die Fragestellung, ob und unter welchen Voraussetzungen Sachkundige als Sachverständige ausgewählt und eingesetzt werden können. Derartige Sachkundige können unter bestimmten Voraussetzungen als Sachverständige fungieren. Dazu ist es notwendig, daß sie neben den für ihren Einsatz als Sachkundige maßgeblichen Auswahlkriterien einer weiteren grundlegenden Anforderung genügen. Sie besteht darin, daß das bei der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens erzielten Ergebnisse der. Beweisführung. Insbesondere im Schlußberieht muß sich erweisen, ob und in welchem Umfang das bisherige gedankliche Rekonstrukticnsbild des Untersuchungsführers auf den Ergebnissen der strafprozessualen Beweisführung beruht und im Strafverfahren Bestand hat. Die Entscheidung Ober den Abschluß des Ermittlungsverfahrens und über die Art und Weise der Unterbringung und Verwahrung verhafteter Personen ist stets an die Erfüllung der Ziele der Untersuchungshaft und an die Gewährleistung der Ordnung und Sicherheit im Untersuchungshaftvollzug Staatssicherheit Aufgaben zur Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit während des gesamten Untersuchungshaftvollzuges Grundanforderungen an die Gewährleistung von Ordnung und Sicherheit. Die Gewährleistung der Einheit von Parteilichkeit, Objektivität, Wissenschaftlichkeit und Gesetzlichkeit erfordert, daß auch die Beschuldigtenvernehmung in ihrer konkreten Ausgestaltung diesem Prinzip in jeder Weise entspricht.

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