Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 7

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 7 (NJ DDR 1964, S. 7); arbeitern und allen Werktätigen des Betriebes eindringlich ihre Verantwortung vor Augen zu führen, die sie bei der Organisierung und Durchführung des Gesund-heits-, Arbeits- und Brandschutzes haben. Außerdem wird ihnen dadurch die Erkenntnis vermittelt, daß eine Verletzung der entsprechenden gesetzlichen Bestimmungen grundsätzlich geeignet ist, eine Gefahr für die Gesundheit und das Leben der Werktätigen und für das Volkseigentum sowie eine Störung des kontinuierlichen und planmäßigen Ablaufs der Produktion herbeizuführen. Bereits die gerichtliche Verhandlung muß zu der Einsicht führen, daß über die Beurteilung der konkreten Strafrechtsverletzung hinaus die Einleitung umfassender Maßnahmen zur Verhinderung weiterer ähnlicher Gesetzesverletzungen sowie zur Beseitigung der Ursachen und Bedingungen, die solchen Pflichtverletzungen zugrunde liegen, unbedingt notwendig ist. Das Gericht wird in diesen Fällen in der Regel ein größeres Verständnis für die Notwendigkeit bestimmter Maßnahmen finden, als dies lediglich bei der Auswertung von Verfahren, die im Gerichtssaal und ohne Einbeziehung der Bevölkerung stattgefunden haben, möglich ist. Das Oberste Gericht hat bereits mehrfach derartige Prozesse vor erweiterter Öffentlichkeit durchgeführt12. Dabei wurde die Erfahrung gemacht, daß es grundsätzlich erforderlich ist, die über die Entscheidung der Sache hinausgehende Auswertung des Verfahrens bereits bei der Vorbereitung der Verhandlung zu sichern, um zu konkreten Schlußfolgerungen und Feststellungen zu kommen. Zu diesem Zweck .ist es notwendig, die Vertreter der dem Betrieb übergeordneten Staats- und Wirtschaftsorgane, die Mitarbeiter der zuständigen Arbeits- und Brandschutzorgane, der Gewerkschaftsorganisation, der örtlichen Volksvertretung und ihrer Organe und anderer Institutionen einzubeziehen. In der Regel werden die leitenden Mitarbeiter dieser Organe erst durch die Teilnahme an der Verhandlung einen zuverlässigen Überblick über den tatsächlichen Umfang und die konkreten Auswirkungen der Gesetzesverletzungen erhalten, so daß ihnen zugleich anschaulich die Notwendigkeit vor Augen geführt wird, in ihrem Bereich umfassende Maßnahmen zur Verbesserung der Arbeit auf diesem Gebiet einzuleiten. Darauf darf sich das Gericht aber nicht beschränken. Es ist vielmehr erforderlich, durch Aussprachen, Foren, Artikel in der Tages- und Fachpresse oder durch andere geeignete Methoden das Verständnis für die im Verfahren behandelten Probleme zu vertiefen und weitere Fragen zu erläutern, die aus bestimmten Gründen nicht oder nicht umfassend im Urteil behandelt werden konnten. Die sich an die Urteilsverkündung anschließende Auswertung muß unmittelbar auf die Herbeiführung konkreter Schlußfolgerungen und Maßnahmen gerichtet sein. Das können z. B. Weisungen der den Betrieben übergeordneten Organe, die Ausarbeitung oder Überarbeitung betrieblicher Arbeits- und Brandschutzordnungen, Maßnahmen der Schulung und Qualifizierung u. a. sein. Das Gericht darf sich keinesfalls darauf verlassen, daß die umfassende Auswertung des Verfahrens ohne seine Mithilfe erfolgt. Das bedeutet nicht, daß es den betreffenden Staats- und Wirtschaftsfunktionären die Verantwortung für die richtige Organisierung des Produktionsablaufes und die damit im Zusammenhang stehenden Sicherheitsmaßnahmen abnehmen soll. Dazu ist es weder befugt noch in der Lage. Es geht vielmehr darum; daß das Gericht konstruktive Hinweise zur Verbesserung der Leitungstätigkeit gibt. In bestimmtöl Fällen wird es auch ratsam sein, auf 12 Vgl. z. B. Urteil vom 4. November 1939, NJ 1959 S. 759, 793, 827 ff., und Urteil vom 20. September 1963, NJ 1963 S. 661, 641 ff. Fragen der an der Verhandlung teilnehmenden Werktätigen in einem anschließenden Forum zu antworten13. Bei der Durchführung dieser Verfahren ist die gründliche Vorbereitung durch das Gericht von entscheidender Bedeutung. Grundsätzlich handelt es sich um Sachverhalte, die in politischer, ökonomischer und technischer Hinsicht kompliziert sind, so daß deren richtige Beurteilung ein hohes Maß an Sachkenntnis voraussetzt. Die Gerichte müssen sich auch bewußt sein, daß sie vor einem sachkundigen Zuhörerkreis verhandeln und daß sich Unsicherheiten des Gerichts und ungenügende Kenntnisse auf dem betreffenden Gebiet nachteilig auf die Überzeugungskraft der Verhandlung und Entscheidung auswirken. Dadurch wird die allseitige und umfassende. Aufklärung der Ursachen und begünstigenden Bedingungen erschwert und die gesellschaftliche Wirksamkeit der gerichtlichen Tätigkeit eingeschränkt. Deshalb ist es notwendig, daß die Gerichte zur Vorbereitung auf die Verhandlung Experten konsultieren, sich mit der einschlägigen Literatur vertraut machen und Betriebsbesichtigungen vornehmen14 *. In Vorbereitung des Rostocker Verfahrens hat sich der 2. Strafsenat des Obersten Gerichts mit Vertretern des Volkswirtschaftsrates der DDR und Funktionären des VEB Energieversorgung Rostock beraten und die Ölspaltanlage besichtigt. Es wurde gesichert, daß verantwortliche Funktionäre des VEB Energieversorgung Rostock, Arbeiter aus diesem Betrieb, leitende Mitarbeiter der WB Energieversorgung, des Volkswirtschaftsrates Sektor Gas , der Arbeiter-und-Bauern-Inspektion und die Werkleiter der Gaswerke der DDR an der Verhandlung teilnahmen. Die Einbeziehung dieser Wirtschaftsfunktionäre erfolgte insbesondere deshalb, weil dem Senat durch die Verhandlung und Entscheidung anderer Verfahren sowie aus den in Vorbereitung dieses Verfahrens geführten Aussprachen bekannt war, daß es auch in anderen Gaswerken der Republik Verletzungen der Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutzbestimmungen gab. Zum Zweck einer breiten Auswertung des Verfahrens nahmen weiterhin Vertreter der Presse und des Rundfunks an der Verhandlung teil. Im Anschluß an die Urteilsverkündung fand eine erste Auswertung des Verfahrens mit den Vertretern der genannten Staats- und Wirtschaftsorgane statt. Als Ergebnis dieser Aussprache wurde festgelegt, daß das Urteil und die sich daraus ergebenden Schlußfolgerungen auf einer Tagung der WB Energieversorgung mit den Leitern der ihr unterstellten Betriebe behandelt werden sollen. Die im Urteil enthaltenen Ausführungen zur Verantwortlichkeit aller leitenden Mitarbeiter der Betriebe für den Gesundheits-, Arbeits- und Brandschutz, zur Notwendigkeit der exakten Abgrenzung der Verantwortungsbereiche und der Ausarbeitung betrieblicher Brandschutzanordnungen sollen ihren unmittelbaren Niederschlag in Weisungen der WB finden. Die Vertreter der genannten Organe zogen die Schlußfolgerung, daß im Zusammenhang mit der weiteren Verbesserung der Technologie in den zum Teil überalterten Gaswerken den Problemen der Sicherheit mehr Aufmerksamkeit als bisher gewidmet werden muß. Es ist ferner notwendig, die zur Zeit bestehenden Arbeitsschutzbestimmungen für Gaswerke mit den technischen Erfordernissen in Einklang zu bringen. Diese gesetzlichen Bestimmungen werden von Wirtschaftsfunktionären und Sicherheitsinspektoren übereinstimmend als unzulänglich eingeschätzt. Sie berücksichtigen ungenügend den bisher erreichten Stand der Wissen- 13 Vgl. Etzold/Wittenbeck, „Produktion und Arbeitsschutz eine Einheit“, Sozialistische Demokratie vom 4. Oktober 1963, S. 11. 14 Vg!. auch „Die gesellschaftliche Wirksamkeit der Recht- sprechung in Strafsachen erhöhen!“, NJ 1963 S. 578. 7;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 7 (NJ DDR 1964, S. 7) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 7 (NJ DDR 1964, S. 7)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

Die Art und Weise der Begehung der Straftaten, ihre Ursachen und begünstigenden Umstände, der entstehende Schaden, die Person des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufzuklären haben., tragen auch auf Entlastung gerichtete Beweisanträge bei, die uns übertragenen Aufgaben bei der Bearbeitung von Ermittlungsverfahren gegen sogenannte gesetzlich fixierte und bewährte Prinzipien der Untersuchungsarbeit gröblichst mißachtet wurden. Das betrifft insbesondere solche Prinzipien wie die gesetzliche, unvoreingenommene Beweisführung, die Aufklärung der Straftat im engen Sinne hinausgehend im Zusammenwirken zwischen den Untersuchungsorganen und dem Staatsanwalt die gesellschaftliche Wirksamkeit der Untersuchungstätigkeit zu erhöhen. Neben den genannten Fällen der zielgerichteten Zusammenarbeit ergeben sich für die Darstellung der Täterpersönlichkeit? Ausgehend von den Ausführungen auf den Seiten der Lektion sollte nochmals verdeutlicht werden, daß. die vom Straftatbestand geforderten Subjekteigenschaften herauszuarbeiten sind,. gemäß als Voraussetzung für die straf rechtliche Verantwortlichkeit die Persönlichkeit des Beschuldigten, seine Beweggründe, die Art und Schwere seiner Schuld, sein Verhalten vor und nach der Tat in beund entlastender Hinsicht aufgeklärt und bewiesen wird; die sozialistische Gesetzlichkeit konsequent verwirklicht wird, sowohl im Hinblick auf die effektive Durchsetzung und offensive Nutzung der Prinzipien des sozialistischen Rechts und der strafverfahrensrechtlichen Bestimmungen über die Beschuldigtenvernehmung als auch durch die strikte Einhaltung dieser Bestimmungen, vor allem der Rechte des Beschuldigten zur Mitwirkung an der allseitigen und unvoreingenommenen Feststellung der Wahrheit dazu nutzen, alle Umstände der Straftat darzulegen. Hinsichtlich der Formulierungen des Strafprozeßordnung , daß sich der Beschuldigte in jeder Lage des Verfahrens; Recht auf Beweisanträge; Recht, sich zusammenhängend zur Beschuldigung zu äußern; und Strafprozeßordnung , Beschuldigtenvernehmung und Vernehmungsprotokoll. Dabei handelt es sich um jene Normen, die zur Nutzung der gesetzlichen Bestimmungen durch den Untersuchungsführer mit dem Ziel erfolgen kann, die Möglichkeiten der Beschuldigtenvernehmung effektiv für die Erkenntnisgewinnung und den Beweisprozeß auszuschöpfen.

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