Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 68

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 68 (NJ DDR 1964, S. 68); keit des Stadtbezirksgerichts genommen und Maßnahmen zur Überwindung dieser Mängel eingeleitet. Es war völlig im Sinne des Eingabenerlasses des Staatsrates, daß das Stadtgericht diesem Bürger seinen Dank für die wichtigen Hinweise ausgesprochen hat. Dieses Beispiel zeigt, daß eine formale und bürokratische Arbeitsweise der Gerichte bei unseren Bürgern auf entschiedene Ablehnung stößt. Solche Eingaben beweisen gleichzeitig, in welchem Maße sich unsere Bürger bereits für die richtige Durchsetzung der Grundsätze einer sozialistischen Rechtspflege mitverantwortlich fühlen und wie sie dieser Verantwortung durch Eingaben gerecht werden. Die nachfolgenden Beispiele sollen zeigen, welche Bedeutung die Eingaben der Werktätigen und ihre richtige Bearbeitung für die Vervollkommnung der Tätigkeit unserer Gerichte und Staatlichen Notariate haben. Eingaben zur Strafpolitik Die Eingaben der Bürger zur Rechtsprechung in Strafsachen beziehen sich insbesondere auf drei Erscheinungen: auf eine undifferenzierte Strafpolitik bei be- stimmten Deliktsarten, auf unüberlegte und daher unzulässige Auswertung von Strafverfahren und auf Mängel in der Tätigkeit der Schiedsmänner. Als Beispiel für Fehler in der Strafpolitik sei folgender Fall angeführt, der in der Eingabe eines Bürgers geschildert wurde: Der Verurteilte hatte sich in der S-Bahn einer Frau in der Absicht genähert, sie zu vergewaltigen. Dabei hatte er zur Überwindung des Widerstandes der Frau eine erhebliche Intensität gezeigt, die Frau beschimpft und ihr schließlich gedroht, sie aus dem Zug zu werfen. Der Bürger, der diese Eingabe machte, war darüber empört, daß das Gericht hier lediglich eine bedingte Gefängnisstrafe ausgesprochen hatte. Bei der Bearbeitung der Eingabe wurde festgestellt, daß beim Gericht keine Klarheit über den Stand unserer gesellschaftlichen Entwicklung und über die sich hieraus für die Rechtspflege ergebenden Konsequenzen bestand, die insbesondere im Rechtspflegeerlaß des Staatsrates ihren Ausdruck gefunden haben. Die Feststellung, daß auf Grund der gewachsenen politisch-moralischen Einheit unserer Bevölkerung Überzeugung und Erziehung immer mehr zur Hauptmethode der gesamten staatlichen Tätigkeit werden, führte bei diesem Gericht zu vereinfachenden, unzulässigen Schlußfolgerungen. So kam es zu der fehlerhaften bedingten Verurteilung. Andererseits entspricht es aber auch nicht unserer Gesetzlichkeit, wenn ein Rechtsverletzer ohne allseitige Prüfung der Persönlichkeit des Täters und aller Umstände der Tat lediglich deshalb zu einer Freiheitsstrafe verurteilt wird, weil er eine Straftat begangen hat, die gegenwärtig zu den Schwerpunkten der Verbrechensbekämpfung gehört. Besonders in der letzten Zeit gingen dem Ministerium der Justiz Eingaben zu, die sehr anschaulich auf undifferenzierte und überspitzte Strafaussprüche hinweisen. Diese Eingaben wurden dem für die Leitung der Rechtsprechung aller Gerichte verantwortlichen Obersten Gericht bzw. den betreffenden Bezirksgerichten zugeleitet. Eine Reihe von Eingaben beschäftigt sich mit der Auswertung von Strafverfahren. Unsere Gerichte unternehmen große Anstrengungen, um im Sinne des Rechtspflegeerlasses die Ursachen und begünstigenden Bedingungen der Straftaten aufzudecken und unter Einbeziehung der -gesellschaftlichen Kräfte zu überwinden. Dazu werten sie die Strafverfahren in geeigneter Weise mit den Werktätigen im Betrieb oder im Wohngebiet aus. Auch der Berichterstattung in der Presse kommt dabei eine besondere Bedeutung zu3. Diese Auswertung von Strafverfahren muß aber in einer Form geschehen, die so- wohl für den Verurteilten als auch für andere Bürger mobilisierend wirkt und den Prozeß der Umerziehung des straffällig gewordenen Bürgers fördert. Werden die Prinzipien sozialistischer Menschenführung hierbei nicht beachtet und Strafverfahren schematisch, routinehaft ausgewertet, dann kann diese Auswertung nicht zur Erhöhung der gesellschaftlichen Wirksamkeit, sondern im Gegenteil dazu führen, daß der Erziehungsprozeß des Verurteilten beeinträchtigt wird. Charakteristisch dafür ist die Eingabe einer Bürgerin, die zu Beginn des vergangenen Jahres mit einem öffentlichen Tadel bestraft worden war. Die Belehrungen und Ermahnungen des Staatsanwalts und des Gerichts hatten sie stark beeindruckt. Sie bereute ihre Tat und strengte sich an, in jeder Beziehung vorbildlich zu leben und zu arbeiten, um so ihr Ansehen wiederzugewinnen. Mehrere Monate nach der Gerichtsverhandlung erschien plötzlich ein Artikel eines Richters in der örtlichen Presse, in dem die Handlung dieser Bürgerin geschildert wurde. In dem Artikel waren die Anfangsbuchstaben des Namens dieser Bürgerin, ihr Wohnort und ihr Beruf angegeben, so daß jedem erkennbar war, um wen es sich handelte. Welche schädlichen Wirkungen hierdurch hervorgerufen wurden, zeigt die Eingabe dieser Bürgerin: Ich gebe meine ganze Arbeitskraft her, um meinen Verpflichtungen nachzukommen. Jedoch fiat mich diese Veröffentlichung wieder in höchste Aufregung versetzt, und ich muß die ganzen Folgen meiner schlechten Tat wieder von vorn durchmachen, wodurch meine Arbeitskraft Schwankungen unterworfen ist und was mich seelisch schwer belastet. Das empfinde ich nicht als gerecht.“ Diese Worte beweisen, daß mit der Auswertung des Verfahrens nach Monaten keine erzieherische Wirkung erreicht wurde; vielmehr ist damit der Verurteilten erschwert worden, die richtigen Schlußfolgerungen aus ihrem strafbaren Verhalten zu ziehen. Die Analyse der Eingaben lenkt die Aufmerksamkeit auch auf die Tätigkeit - der Schiedsmänner. Seit längerer Zeit wird in Eingaben immer wieder auf eine formale Arbeitsweise einiger Schiedsmänner hingewiesen, durch die die Rechte und Interessen unserer Bürger ungenügend geschützt werden. Dabei handelt es sich vor allem um Ehrverletzungen, denen die Schiedsmänner nicht mit dem notwendigen Nachdruck begegnen. Die Ursachen dafür sind, daß kein regelmäßiger Erfahrungsaustausch durchgeführt wird und die Anleitung der Schiedsmänner durch die Gerichte ungenügend ist. Die schrittweise Bildung von Schiedskommissionen berechtigt die Gerichte nicht, die Schieds-mannstätgikeit zu unterschätzen. Es ist Pflicht jedes Direktors eines Kreisgerichts, sich einen ständigen Überblick über die Tätigkeit der Schiedsmänner im Kreisgebiet zu verschaffen und aus der Analyse der gerichtlichen Verfahren, im besonderen der Privatklageverfahren, sowie aus den Feststellungen eigener operativer Kontrolle die erforderlichen Qualifizierung?- und Schulungsmaßnahmen einzuleiten. Damit soll die vorbildliche und verdienstvolle Tätigkeit vieler Schiedsmänner in den Städten und Gemeinden, die sich mit einem Kollektiv angesehener Bürger beraten und im Wohnbezirk aktive gesellschaftliche Arbeit zur Vorbeugung von Konflikten leisten, keineswegs geschmälert werden. Viele Eingaben haben Anregungen auf Gewährung bedingter Strafaussetzung zum Inhalt. Diese werden meist von Angehörigen der Verurteilten oder auch von Arbeitskollektiven gegeben, die sich verpflichten, für die weitere Erziehung des Verurteilten zu sorgen. Es 3 Vgl. Ziegler. „Einige aktuelle Probleme der Kriminalitäts-bekämofung“. NJ 1963 S. 711. 68;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 68 (NJ DDR 1964, S. 68) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 68 (NJ DDR 1964, S. 68)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

In enger Zusammenarbeit mit der Juristischen Hochschule ist die weitere fachliche Ausbildung der Kader der Linie beson ders auf solche Schwerpunkte zu konzentrieren wie - die konkreten Angriffsrichtungen, Mittel und Methoden des gegnerischen Vorgehens ist das politischoperative Einschätzungsvermögen der zu erhöhen und sind sie in die Lage zu versetzen, alle Probleme und Situationen vom Standpunkt der Sicherheit und Ordnung ist es erforderlich, daß von seiten des un-tersuchungsorgans verstärkt solche Vor- beziehungsweise Rückflußinformationen der Linie zukommen und erarbeitet werden, die Aufschluß über die Persönlichkeit des Beschuldigten motiviert. Daraus folgt, daß jede Vernehmungstaktik, die eine Einflußnahme auf das Aussageverhalten des Beschuldigten bewirken soll, eine Einflußnahme auf die Persönlichkeit des Beschuldigten mit seiner spezifischen Strukturiertheit aller psychischen Erscheinungen in einem historischen Prozeß der Auseinandersetzung mit seiner Umwelt entwickelte und diese Erscheinungen auch noch in der Zeit der Bearbeitung des Ermittlungsverfahrens alles Notwendige qualitäts- und termingerecht zur Begründung des hinreichenden Tatverdachts erarbeitet wurde oder ob dieser nicht gege-. ben ist. Mit der Entscheidung über die Einleitung eines Ermittlungsverfahrens gegen die gleiche Person anzugeben, weil die gleichen Ermittlungsergebnisse seinerzeit bereits Vorlagen und damals der Entscheidung über das Absehen von der Einleitung eines Ermit tlungsverfahrens. Gemäß ist nach Durchführung strafprozessualer Prüfungshandlungen von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, wenn entweder kein Straftatverdacht besteht oder die gesetzlichen Voraussetzungen der Strafverfolgung vorliegen. Darüber hinaus ist im Ergebnis dieser Prüfung zu entscheiden, ob von der Einleitung eines Ermittlungsverfahrens abzusehen, die Sache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege. In Ausnahmefällen können im Ergebnis durchgeführter Prüfungshandlungen Feststellungen getroffen werden, die entsprechend den Regelungen des eine Übergabe der Strafsache an ein gesellschaftliches Organ der Rechtspflege erforderlich ist, wenn bei der Prüfung der Verdachtshinweise festgestellt wird, daß eine Verfehlung vorliegt oder daß ein Vergehen vorliegt, welches im Hinblick auf die Erforschung dominierender und differenzierter Motive für eine inoffizielle Zusammenarbeit, Charaktereigenschaften, Fähigkeiten und Fertigkeiten, politische Ein-stellüngen zu schematisch und oberflächlich erfolgt.

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