Neue Justiz, Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft 1964, Seite 672

Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 672 (NJ DDR 1964, S. 672); vorsätzlichen Körperverletzung, als einzigen oder als den besonders herausragenden Straferschwerungsgrund anzusehen, oder wie bereits gesagt eine rücksichtslose und brutale Tatbegehung mit Rowdytum zu identifizieren. Auch bei Vorliegen einer rowdyhaften Handlung muß gewissenhaft differenziert und beachtet werden, daß eine rowdyhafte Handlung Strafen ohne Freiheitsentzug nicht ausschließt. Die Feststellungen des Bezirksgerichts rechtfertigen in vorliegendem Falle den Ausspruch einer bedingten Verurteilung, die mit der Bestätigung einer Bürgschaft des Arbeitskollek-tivs verbunden wurde. Zu der Forderung nach strenger Differenzierung (Individualisierung) der Strafzumessung muß man schon deshalb gelangen, als die Skala der Formen, in denen Rowdytum zum Ausdruck kommt, außerordentlich vielfältig ist. Weiterhin können der Tatbeitrag sowie die Schuld des einzelnen Beteiligten sehr unterschiedlich sein. Nur am Rande sei darauf hingewiesen, daß rowdyhafte. Handlungen zwar sehr häufig, aber keineswegs ausschließlich in Mehrtäterschaft begangen werden. Es ist ein fruchtloses Beginnen, bei Rowdytum nach neuen Strafzumessungsgründen zu suchen. Auch hier gelten die vom Obersten Gericht entwickelten Grundsätze über die Anwendung von Strafen ohne Freiheitsentzug und von Freiheitsstrafen. Dr. Horst Luther, beauftr. Dozent am Institut für Strafrecht der Humboldt-Universität § 42 JGG (in Berlin: JGVO); § 6 GVG (in Berlin: GVVO). 1. Die Gerichte sind im Jugendstrafverfahren verpflichtet, bereits im Stadium der Eröffnung des Verfahrens in jedem Fall aber vor dem Termin der Hauptverhandlung den Beschluß über die Beiordnung eines Beistandes zu erlassen, damit die Verteidigung in ausreichendem Maße geführt werden kann. 2. Es verletzt das Recht des Angeklagten auf Verteidigung. wenn dem Vertreter des Kollektivs zugleich die Beistandschaft für einen Jugendlichen übertragen wird. Stadtgericht von Groß-Berlin, Urt. vom 13. Juli 1961 102 d BSB 100 61. Das Stadtbezirksgericht verurteilte den Jugendlichen wegen fortgesetzten gemeinschaftlichen, versuchten und vollendeten Diebstahls und schweren Diebstahls sowie wegen unbefugter Benutzung von Kraftfahrzeugen zu einem Jahr Freiheitsentziehung. Bei der Eröffnung des Verfahrens am 3 Tuni 1964 sandte die Strafkammer an den VEB D., in dem der Angeklagte vor Begehung der Straftaten kurze Zeit tätig war, ein Schreiben, in dem der Betrieb gebeten wurde, einen Vertreter aus dem Arbeitsbereich des Angeklagten zu entsenden, der über dessen Arbeitsleistungen Aussagen machen und darüber hinaus zugleich die Beistandschaft über den Jugendlichen im Termin übernehmen könne. Aus einem Aktenvermerk vom 16. Juni 1964 war zu ersehen, daß das Referat Jugendhilfe für einen Beistand sorgen werde. In der Hauptverhandlung ordnete der Vorsitzende eine zum Termin erschienene Jugendhelferin als Beistand bei. Ausweislich des Protokolls der Hauptverhandlung' beschränkten sich deren Ausführungen auf die Äußerung, sie schließe sich dem Antrag des Staatsanwalts an. (Es folgen die Sachverhaltsfeststellungen.) Gegen dieses Urteil hat der Angeklagte Berufung eingelegt, mit der eine bedingte Verurteilung angestrebt wird. Der vom Senat beigeordnete Verteidiger hat die Berufung dahingehend ergänzt, daß durch die Strafkammer das Recht auf Verteidigung verletzt worden sei. Das ergebe sich aus der Art und Weise der Beiordnung und der vom Protokoll ausgewiesenen Tätigkeit des Beistandes. Weiterhin seien die Voraussetzungen des § 18 JGVO nicht ausreichend geprüft worden. Die Berufung hatte Erfolg. Aus den Gründen: Gemäß § 6 GVVO sind die Gerichte verpflichtet, sorgfältig darauf zu achten, daß das Recht jedes Bürgers auf Verteidigung in gerichtlichen Verfahren gewährleistet wird. In Konkretisierung dieser Verpflichtung bestimmt § 42 JGVO, daß in Verfahren gegen Jugendliche diesen entweder bei Vorliegen bestimmter Voraussetzungen ein Rechtsanwalt als Verteidiger oder aber ein Beistand, der die Rechte eines Verteidigers hat, beizuordnen ist. Die Strafkammer hat die Beiordnung eines Beistandes in der Hauptverhandlung beschlossen. Damit hat das Gericht aber seine Pflichten, die sich aus § 42 JGVO und aus dem Rechtspflegeerlaß des Staatsrates vom 4. April 1963 ergeben, inhaltlich nicht erfüllt. Der Beistand hat gern. § 42 Abs. 2 JGVO die Rechte eines Verteidigers, also u. a. das Recht auf Akteneinsicht (§80 StPO), das Recht auf Befragung der an der Verhandlung teilnehmenden Zeugen. Sachverständigen usw. (§ 201 Abs.3 StPO) und das Recht der Stellungnahme zu den Strafanträgen des Staatsanwalts (§ 213 StPO). Die Wahrnehmung dieser Rechte wird in der Regel dann vereitelt, wenn die Beiordnung in der Hauptverhandlung erfolgt. Erst die Beiordnung schafft für den Beistand die gesetzliche Grundlage, sich durch Akteneinsicht gründlich mit dem Prozeßstoff vertraut zu machen, mit dem in Haft befindlichen Angeklagten Rücksprache zu nehmen, d. h. alle prozessualen Möglichkeiten zu seiner Vorbereitung auf die Hauptver-handlung zu nutzen. Es ist deshalb anzustreben, den Beiordnungsbeschluß bereits mit der Eröffnung des Verfahrens zu erlassen, in jedem Falle aber einige Zeit vor dem Termin der Hauptverhandlung, um dem Beistand ausreichend Zeit zur Vorbereitung zu geben. Daß sich der Vorsitzende über diese Konsequenzen der Beiordnung nicht im klaren gewesen ist, zeigt sein Schreiben an den VEB D. Es läßt auf die Absicht schließen, den Vertreter des Kollektivs, der die Auffassung des Kollektivs über den Angeklagten vortragen sollte, unzulässigerweise zugleich als Beistand beizuordnen*. Der Senat teilt auch die im Plädoyer des Vertreters des Generalstaatsanwalts von Groß-Berlin vertretene Auffassung, daß bereits das Ermittlungsorgan verpflichtet ist, in enger Zusammenarbeit mit dem Referat Jugendhilfe und ggf. dem Betriebskollektiv zu prüfen, welchem geeigneten Bürger die Beistandschaft übertragen werden kann, und diesen ggf. im Schlußbericht als Beistand vorzuschlagen. Das vorliegende Verfahren ist unter Verletzung dieser dargelegten Grundsätze durchgeführt worden. Der Beistand hat ausweislich der Akten weder in diese Einsicht genommen noch vor der Verhandlung mit dem Angeklagten gesprochen. Er konnte deshalb seiner Aufgabe im Verfahren nicht gerecht werden. Auf Grund der Verletzung des Rechts des Angeklagten auf Verteidigung war die Sache gern. §291 Ziff. 5 StPO an das Stadtbezirksgericht zur erneuten Verhandlung zurückzuverweisen. Es wird zweckmäßig sein, die Beiordnung des im Rechtsmittelverfahren tätig gewordenen Rechtsanwalts beizubehalten. * Vgl. hierzu auch Wachowitz/Wetzei. „Zur Einbeziehung gesellschaftlicher Kräfte in das Jugendstralverfahren“, NJ 1964 S. 340. - D. Red. 67 2;
Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 672 (NJ DDR 1964, S. 672) Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Seite 672 (NJ DDR 1964, S. 672)

Dokumentation: Neue Justiz (NJ), Zeitschrift für Recht und Rechtswissenschaft [Deutsche Demokratische Republik (DDR)], 18. Jahrgang 1964, Oberstes Gericht (OG) der Deutschen Demokratischen Republik (Hrsg.), Staatsverlag der Deutschen Demokratischen Republik, Berlin 1964. Die Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 beginnt mit der Ausgabe Heft Nummer 1 im Januar 1964 auf Seite 1 und endet mit der Ausgabe Heft Nummer 24 im Dezember 1964 auf Seite 768. Die Dokumentation beinhaltet die gesamte Zeitschrift Neue Justiz im 18. Jahrgang 1964 (NJ DDR 1964, Nr. 1-24 v. Jan.-Dez. 1964, S. 1-768).

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